29 research outputs found

    Welterbe - Auftrag Zukunft gestalten

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    Die Welterbekonvention der UNESCO misst der Vermittlung des gemeinsamen Erbes der Menschheit eine ebenso große Bedeutung bei wie dem Schutz und der Erhaltung der weltweit 1.154 Welterbestätten, von denen sich 51 in Deutschland befinden. Vorliegende Broschüre fasst die Ergebnisse der digitalen Tagung „Welterbe – Auftrag Zukunft gestalten!“ vom 27. und 28. April 2021 zusammen, bei der mit jungen Menschen diskutiert wurde, wie das Welterbe zeitgemäß interpretiert werden kann. Die zahlreichen Beispiele in der Broschüre (darunter auch Sachsens jüngste Welterbestätte, die Montanregion Erzgebirge/Krušnohoří) zeigen, welchen wesentlichen Beitrag das Welterbe zu einer nachhaltigen Entwicklung von Regionen leisten kann und welche wichtige Rolle junge Menschen dabei spielen. Redaktionsschluss: 04.11.202

    Vegetation and climate history of the southern Levant during the last 30,000 years based on palynological investigation

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    Paleo-vegetation of northern Israel is reconstructed from palynological data over the Late Pleistocene and Holocene, and related to climate variation in the Levant, as well as anthropogenic impact on vegetation. Being located in the arid-to-semi-arid climatic transitional zone, the modern and past vegetation in northern Israel comprises both, mediterranean macchia, and Irano-Turanian steppe assemblages, and thus is highly sensitive to climate change. Palynological analyses were carried out on two lacustrine sediment profiles obtained during drilling campaigns, at Lake Kinneret in northern Israel (17.8 m composite core length), and at Birkat Ram in the Golan Heights (10.96 m composite core length). A chronological model was developed for both profiles based on radiocarbon dates. Variations in the composition of pollen assemblages were recorded. Spanning ~30,000 years, and thus reaching further back than any other record in the southern Levant, the new Birkat Ram pollen record reflects predominating steppe vegetation indicating dry and cold climatic conditions during the Pleniglacial and the Last Glacial Maximum (23,000-19,000 cal BP). Deposition of sediments was very low and even discontinuous during the Late Glacial from around 17,000 cal BP to 10,000 cal BP suggesting low lake levels to the point of desiccation of Birkat Ram by increased evaporation. Distinct peaks of Artemisia and Chenopodiaceae pollen yet reflect a characteristic eastern Mediterranean Younger Dryas-pattern (12,900-11,700 cal BP) in the Birkat Ram pollen record. A conspicuous increase of Mediterranean taxa is slightly delayed, and occurs after the onset of the Holocene (~11,700 cal BP) reflecting increased precipitation. There is strong evidence that the ‘8.2 ka Climate Event’ can be verified in the Birkat Ram pollen record. A sharp decrease of Mediterranean taxa indicates distinct deterioration of climatic conditions. The Lake Kinneret pollen record encompasses the past ~8,000 years. Moderately low ratios of Mediterranean taxa indicate relatively dry conditions from the bottom of the profile, and which slightly change to mesoclimatically more favoured condition until 6,500 cal BP. The Birkat Ram record, on the contrary, is characterised by high values of Mediterranean vegetation assemblages reflecting higher availability of precipitation in the Golan Heights over the entire early Holocene. Increased ratios of olive pollen both from Birkat Ram and Lake Kinneret point to periods of enhanced human interference with vegetation between ~6,500 and ~4,700 cal BP (Chalcolithic period - Early Bronze Age), and between ~2,200 and ~1,500 cal BP (Hellenistic - Roman / Byzantine period). Regeneration of the vegetation after the first wave of olive cultivation was predominated by high-stemmed deciduous oaks whereas abandoned areas after the second wave of olive cultivation were re-occupied by multistemmed evergreen oaks which are less vulnerable for anthropogenic impact (e.g., grazing, logging) than deciduous oaks. From 19th to 20th century, pollen assemblages at Birkat Ram and Lake Kinneret pollen record indicate Pine afforestation, and the introduction of Eucalyptus and Casuarina being Neophytes from Australia. The results of this study contribute to the discussion on temporal and geographical occurance of vegetation changes, as well as settlement periods in the Levant, and improve the data base for a better understanding of the development of vegetation changes over the climatically variable transition from Late Pleistocene to the Holocene. In addition, understanding interdependencies of past societies and their environments is indispensable to better asses and develop strategies for agriculture and food production during times of environmental and climate change, in particular in highly climate-sensitive areas such as the Levant.Basierend auf palynologischen Daten wurde die spätpleistozäne und holozäne Paläovegetation Nordisraels rekonstruiert und bezüglich ihrer Abhängigkeit von Klimavariationen in der Levante sowie von anthropogenem Einfluss diskutiert. Da das Untersuchungsgebiet im Übergangsbereich von aridem zu semi-aridem Klima liegt, wirken sich schon kleine Veränderungen der klimatischen Bedingungen auf die geographische Ausbreitung der vorkommenden Mediterranen Macchia und der Irano-Turanischen Steppenvegetation aus. Die analysierten Sedimentkerne wurden im Rahmen einer Bohrkampagne im Norden Israels abgeteuft. Im See Genezareth konnte ein Kompositprofil von 17,8 m Länge gewonnen werden, das Kompositprofil aus dem Kratersee Birkat Ram umfasst 10,96 m. Für beide Profile wurde ein Altersmodell entwickelt, das sich auf Radiokarbondatierungen stützt. Die Veränderung der Pollenzusammensetzung entlang der Profile wurde erfasst. Der Pollenrekord des Birkat Ram umfasst die letzten ~30.000 Jahre und reicht somit weiter zurück als die bisher in der südlichen Levante untersuchten Profile. Die Pollenzusammensetzung während des Hochglazials und des letzten glazialen Maximums (23.000-19.000 cal BP) deutet auf das vorherrschen von Steppenvegetation und damit auf kalte, trockene Bedingungen hin. Da die Sedimentation während des Spätglazials zwischen ~17.000 und ~10.000 cal BP schwach bis diskontinuierlich war, kann auf sehr niedrige Seespiegel bis hin zur Austrocknung des Birkat Ram durch erhöhte Evaporation geschlossen werden. Ein für die Jüngere Dryas (12.900 - 11.700 cal BP) im ostmediterranen Raum charakteristisches Muster, bestehend aus deutlichen Maxima von Artemisia und Chenopodiaceae Pollen, kann dennoch im Birkat Ram Pollenrekord eindeutig nachgewiesen werden. Ein drastischer Anstieg der Pollen Mediterraner Taxa, der leicht verzögert nach dem Einsetzen des Holozän (11.700 cal BP) auftritt, spricht für eine erhöhte Verfügbarkeit von Niederschlag. Ein rapider Rückgang der Mediterranen Taxa in Pollenrekord des Birkat Ram, der eine deutliche Verschlechterung der Klimabedingungen anzeigt, resultiert vermutlich aus dem „8,2 ka-Klima-Event“. Der Pollenrekord des See Genezareth umfasst die letzten ~8.000 Jahre. Im unteren Abschnitt des Profils deuten moderate Anteile Mediterraner Taxa an der Pollenzusammensetzung auf relativ trockene Bedingungen hin, die sich bis ~6.500 cal BP geringfügig hin zu mesoklimatisch günstigeren Bedingungen verändern. Der Birkat Ram Pollenrekord dagegen weist hohe Werte mediterraner Taxa auf, die für eine erhöhte Verfügbarkeit von Niederschlag während des gesamten Frühholozän in den Golan Höhen sprechen. Sowohl im Profil des See Genezareth als auch in dem des Birkat Ram zeigen erhöhte Anteile von Olivenbaum-Pollen Perioden von intensivierten Wechselwirkungen zwischen Menschen und Vegetation von ~6.500 bis 4.700 cal BP (Chalkolitikum bis Frühbronzezeit) sowie zwischen ~2.200 und ~1.500 cal BP (Hellenistische bis Römisch / Byzantinische Periode) an. Die Regeneration der Vegetation nach der ersten Welle des Olivenanbaus war von hochstämmigen sommergünen Eichen geprägt, während aufgegebene Flächen nach der zweiten Phase des Olivenanbaus durch mehrstämmige immergrüne Eichen, die weniger anfällig für anthropogenenen Einfluss (z.B. Beweidung, Rodung) sind, wiederbesiedelt wurden. Seit dem 19. bis 20. Jahrhundert können in den Pollenzusammensetzungen des See Genezareth und des Birkat Ram Hinweise auf Aufforstung von Kiefern sowie für die Einführung von Eucalyptus und Casuarina, beides Neophyten aus Australien, gefunden werden. Die Ergebnisse dieser Untersuchung tragen zur Diskussion möglicher zeitlicher und geographischer Vorkommen von Vegetations- und Siedlungsphasen in der Levante bei und erweitern die Datenbasis für ein besseres Verständnis der Entwicklung von Vegetationsveränderungen während des klimatisch variablen Überganges vom Spätpleistozän zum Holozän. Darüber hinaus sind Kenntnisse über Wechselwirkungen zwischen Bevölkerung und ihrer Umwelt insbesondere in klimatisch sensitiven Gebieten wie der Levante unerlässlich, um Strategien für Landwirtschaft und Nahrungsmittelproduktion in Zeiten von Umwelt- und Klimaänderungen zu entwickeln und einzuschätzen

    Surenenpass. Archäologie und Geschichte in Attinghausen

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    In den Jahren 2009 bis 2013 führten Marion Sauter und Walter Imhof im Kanton Uri Prospektionskampagnen mit Studierenden der Hochschule Luzern – Technik & Architektur durch. Ziel war es, alpine Wüstungen zu inventarisieren. Der Geissrüggen in Attinghausen (1911 m ü.M.), eine von über 700 Fundstellen, wurde für eine archäologische Forschungsgrabung ausgewählt. Ein Team freiwilliger Experten brachte hier die Überreste eines hallstattzeitlichen Gebäudes zum Vorschein. Den Kern dieses Bandes bildet die Dokumentation der Prospektionskampagnen und der Grabung unter der Leitung von Urs Leuzinger, die interdisziplinär begleitet wurden: Palynologie, Radiokarbondatierungen, Mikromorphologie und Anthrakologie. Ergänzt werden die alpinen Forschungsergebnisse um einen Beitrag aus dem Tal, einer Untersuchung der Burgruine Attinghausen

    Totenabbilder bei den Chanten und Mansen

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    Bibliografija o Slavku Ostercu

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    Bibliografija o Slavku Osterc

    Naturrecht und die vorgrundgesetzlichen Würdebegriffe deutscher Länderverfassungen

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    Die zentrale Frage der Arbeit lautet: steht ein naturrechtliches Gedankensystem hinter den Begriffen der Würde in den vorgrundgesetzlichen Länderverfassungen und des GG? Nachgewiesen wird, dass die aus verschiedenen Philosophien und Theorien zusammengesetzte, in Vergessenheit geratene Staatsphilosophie des Sozialdemokraten Carlo Schmid, sowie dessen Rechtsidee nicht nur für die Länderverfassung Württemberg-Badens, sondern auch für das GG den Hintergrund bildet. Der Rechtsphilosoph und ehemaliger Reichstagsabgeordneter der SPD Gustav Radbruch kritisierte in der unmittelbaren Nachkriegszeit das positivistische Rechtsdenken wirkmächtig. Dessen gesetzespositivistische Prinzip ‚Gesetz ist Gesetz' habe den Missbrauch von Gesetz und Recht in der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland erst ermöglich. Künftig müsse ein fester Bestand von Rechtsgrundsätzen des Rechts stärker als jede positive Setzung sein. Für diese käme es nicht darauf an, wie sie früher philosophisch oder theologisch begründet wurden. Wichtig sei, dass sie im Laufe der Weltgeschichte von vielen Seiten übernommen wurden. Diese Rechtsgrundsätze seien die Menschen-, respektive Bürgerrechte. Man könne auch Natur- oder Vernunftrecht zu ihnen sagen. Durch das Bekenntnis zum Natur- oder Vernunftrecht für die Grundsätze des Rechts bewirkte Gustav Radbruch absichtlich, dass das positivistische Rechtsdenken diskreditiert wurde und unbeabsichtigt, dass sämtliche hinter dem Natur- und Vernunftrecht stehenden philosophischen oder theologischen Lehren in den Mittelpunkt der wissenschaftlichen Diskussion gerückt wurden. Zudem waren die Nationalsozialisten keine Positivisten oder Rechtspositivisten. Sie ließen die offen begründbare, nationalsozialistische Rechtsidee zu dem deutschen völkischen Wesen durch Interpretation in die von ihnen übernommenen, positiven Gesetze der Weimarer Republik hineinwirken. Die Richtigkeit ihrer neuen Sinndeutung der positiven Gesetze begründeten einige ihrer Autoren philosophisch anhand des Hegelianismus, mit der Wertlehre, der Methode der dialektischen Synthese oder übernahmen die Methode der Phänomenologie des Erschauens. Rechtsphilosophisch kam die nationalsozialistische Weltanschauung durch den juristischen Neuhegelianismus oder durch das institutionelle Rechtsdenken u.a. zu Worte. Gemeinsames Ziel war es, die Rechtsgrundsätze des nationalsozialistischen Rechts Führer, Volk, Rasse und Antisemitismus in die apriorische Wirklichkeit zu setzen. Einige nannten diesen Bereich oberhalb von Recht und Gesetz plakativ Neues Naturrecht. Der vormalige Reichstagsabgeordnete der SPD und spätere Ministerpräsident von Bayern, Wilhelm Hoegner, verbrachte im Schweizer Exil seine Zeit auch mit dem Austromarxisten Rudolf Hilferding. Dieser war der Ansicht, dass der historische Materialismus um ein Naturrecht aus Kulturwerten des Abendlandes ergänzt werden müsste. An dessen Gedanken knüpfte Wilhelm Hoegner am 26.11.1945 auf einer Kundgebung der SPD Bayern in München an. Künftig müsse wider den Erfurter Parteitagsbeschlüssen der Mensch zum Maß aller Dinge werden; d.h. der Mensch müsse wieder zu seinem gemeinschaftlichen Wert und zu seiner persönlichen Würde, seinem Selbstzweck, erhöht werden. Am 10.02.1946 entwickelte Carlo Schmid während einer gehaltenen Rede in Südwürttemberg-Hohenzollern vor Parteifreunden den Ansatz weiter. Er verlangte nach einer neuen wissenschaftlichen Methodik für das politische Wollen der Sozialdemokratie. Wilhelm Hoegner habe erklärt, dass ihm der letzte große Theoretiker des Marxismus, Rudolf Hilferding, vermacht habe, dass der historische Materialismus um die Anerkennung von idealistischen und ethischen Willenskräften ergänzt werden müsste. Während der 3. Sitzung des Verfassungsausschusses der Vorläufigen Volksvertretung für Württemberg-Baden am 05.04.1946 erklärte Carlo Schmid, dass als volonté générale ein zeitgenössischer Gemeinwille durch die Verfassung zu Worte kommen müsse, um diese zu legitimieren. Der lebendige Gemeinwille bilde eine Wertordnung ab, welche sich im Volk manifestiert habe und zu der sich das Volk bekennen würde. Als Wertfundament hätten die Werte der Wertordnung in die Verfassung zu fließen. Aufgabe der Repräsentanten des Volkes sei es, das Wertgefühl des Volkes, dessen Selbstverständnis in einer bestimmten Epoche zu ermitteln, um eine Wertordnung für die Zukunft aufstellen zu können. Mit der Wertordnung und der Verfassung könne der Mensch als freiwollendes Wesen zum Staat ins Verhältnis gebracht werden. Dies könne methodisch dadurch erreicht werden, indem die höchste Reflexionsstütze der praktischen Vernunft, die Freiheit a priori, auf die neu zu schaffende Wertordnung des Volkes und durch diese hindurch auf die künftige Verfassung gerichtet wird. Halten die Grundrechte und die weiteren Verfassungsregeln einer solchen Überprüfung stand, könne mit ihnen als Maßstab dem Menschen ein Leben in der Würde der freien Entscheidung ermöglicht werden. Dann könne der Mensch seine Gaben in Freiheit und in Erfüllung des Sittengesetzes entfalten. Dabei ging Carlo Schmid davon aus, dass nichts von dem christlichen Sittengesetz aufgehoben wird, wenn sich die Verfassungsgesetzgeber auf den kategorischen Imperativ einigen würden. Kant hätte gezeigt, dass über den Menschen und dem Volk der kategorische Imperativ und die kategorische Vernunft stehen würden. Angelehnt an die phänomenologische Wertethik nach Max Scheler erschaute Carlo Schmid das Wertgefühl des Volkes; es seien 7 Werte auszumachen: die Würde des Menschen nebst Menschenrechten, soziale Gerechtigkeit, Demokratie, Ablehnung der Staatsallmacht, Völkerrecht und Verzicht auf Krieg. Als höchste Wertregel erschaute er die Würde des Menschen. Der heutige Mensch wolle künftig nicht mehr als Objekt, als ein Zweckding, eines Staates ein Leben führen müssen. Vielmehr zeichne sich der Mensch durch die Würde der Person und deren Selbstzweckhaftigkeit aus. Der zweite Wert der Wert- und Kulturordnung umfasse die Menschenrechte, wobei die Würde des Menschen ihren Niederschlag in den Menschenrechten findet. Die Menschenrechte sind dem Menschen nicht durch den Staat, sondern ob ihrer eigenen Existenz gegeben. Sie müssen als geschlossenes System von Menschen - oder Bürgerrechten als geltendes Recht am Anfang der Verfassung stehen. Dabei darf das Menschenrecht der Freiheit keine schrankenlose Anwendung auf die Wirtschaftsordnung finden, weil sich ansonsten ein wirtschaftlicher Liberalismus einstellen würde. Nach den Werten Demokratie und Ablehnung der Staatsallmacht nahm Carlo Schmid das Völkerrecht als letzten Wert in die Wertordnung auf. Er begründete dies mit einem Verweis auf die Kantschrift zum ewigen Frieden, wonach ein Individuum nur in einem Rechtsstaat zur Entfaltung seiner sittlichen Freiheit kommen kann, wenn dieser auch in das Völkerrecht eingebettet ist. Während der 2. Sitzung der Beratenden Landesversammlung des Volksstaates Württemberg-Hohenzollern am 02.12.1946 wies Carlo Schmid darauf hin, dass sich der Verfassungsgesetzgeber theoretisch in ein zoon politikon zu versetzen habe, wenn er nach den Legitimationsgrundsätzen der Verfassung sucht. Beim Erfühlen der Grundwerte muss sich der Verfassungsgesetzgeber vorstellen, als künftiges Wesen durch den Staat bestimmt zu werden. Der Verfassungsgesetzgeber muss sich dabei bewusst sein, dass eine Verfassung durch ein Volk dann nicht legitimiert wird, wenn sie theokratische oder theologische Grundzüge trägt, wenn sie durch ein Gottesgnadentum, das christliche Naturrecht, die lutherische Staatstheologie oder die Staatsmetaphysik Calvins legitimiert wird. Der Verfassungsgesetzgeber erreicht eine Legitimation durch das Volk nur dann, wenn er den Konsens aller findet, an die sich die Verfassung wendet. Diesen sah Carlo Schmid erreicht, wenn der künftige Staat den Menschen nicht mehr verstaatlicht, vielmehr müsse dessen Aufgabe die Vermenschlichung des Staatsbürgers sein. Dies könne dadurch erreicht werden, wenn man zu einer alten Auffassung zurückfinden würde, nämlich zu der, dass dem Menschen die Attribute Würde und Freiheit ob seines Menschseins und nicht von Staat wegen anhaften. Die von Carlo Schmid formulierte Rechtsidee floss unzweifelhaft in den Wortlaut der Präambel und des Art. 1 WBV hinein. Durch diesen wird dem künftigen Gesetzgeber erklärt, von welchem Leitbild das württemberg-badische Volk ausgeht. Danach gilt, dass der Mensch in der ihn umgebenden Gemeinschaft seine Gaben in Freiheit und in der Erfüllung des ewigen Sittengesetzes zu seinem und das andere Wohl zu entfalten hat. Diesem Menschenbild hat der künftige Staat bei all seinen Entscheidungen aus Pflicht zu dienen, da dem Menschen, ausgedrückt durch den Vorspruch der Verfassung, Würde zukommt. Die durch Art. 1 WBV zu Worte kommende Staatsphilosophie von Carlo Schmid wurde durch die Verfassung von Hessen übernommen, jedoch nicht dessen Rechtsidee. In Übereinstimmung mit der Verfassung von Württemberg-Baden stehen die Grundrechte in der Verfassung von Hessen an dem Anfang des Verfassungstextes. Die Präambel wurde jedoch neu gefasst und Art. 1 WBV ersatzlos gestrichen. Die hessische Verfassung übernimmt mit ihrem Wortlaut des Art. 1 HV den Wortlaut aus Art. 2 WBV, der wiederum an Art. 109 WV erinnert. Zwar erscheint der Würdebegriff bereits in Art. 3 HV, jedoch nachrangig gesetzt nach den Gütern Leben, Gesundheit und Ehre. Die Staatsphilosophie und die Rechtsidee von Carlo Schmid kommt in der Landesverfassung der Freien Hansestadt Bremen in Art. 1 BremV ansatzweise zu Worte. Der Verfassungstext beginnt mit den Grundrechten, jedoch werden sie, wie in der bayerischen Verfassung und der Weimarer Verfassung, um Grundpflichte ergänzt. Zudem besagt Art. 1 BremV lediglich, dass Bremen an die Gebote der Sittlichkeit und Menschlichkeit gebunden ist. Das Vorbild zu Art. 5 BremV, wodurch die Würde der menschlichen Persönlichkeit anerkannt wird, ist hingegen Art. 100 BV a. F. Eine Einwirkung der Staatsphilosophie nach Carlo Schmid auf die Verfassung von Bayern kann von vornherein ausgeschlossen werden, weil diese den Aufbau der Verfassung der Weimarer Republik übernimmt. Außerdem kommt in dem Grundrechtsteil in dem ersten Artikel nur die Sittlichkeit und nicht die Menschlichkeit zu Worte. Außerdem schützt Art. 100 BV a.F. nicht die Würde des Menschen, sondern die Würde der menschlichen Persönlichkeit. Dem gemäßigten Gesetzespositivismus ihres Verfassers folgend, ist der Begriff von der Würde der menschlichen Persönlichkeit durch die positive Setzung von sämtlichen Begründungsphilosophien befreit worden. Durch Umdeutung des Art. 100 BV a.F. kam später nicht menschliche Persönlichkeiten, sondern Personen Würde zu; seit 2003 ist der Wortlaut des Art. 100 BV mit dem des Art. 1 Abs. 1 GG identisch. Einwirkungen der Staatsphilosophie von Carlo Schmid auf die Verfassung des Landes Baden und auf die Verfassung von Rheinland-Pfalz können nur anhand des Aufbaus ausgemacht werden. Beide Verfassungen beginnen mit der Grundrechtsordnung, die Verfassung des Landes Baden sogar nur mit den Grundrechten, während die Verfassung von Rheinland-Pfalz, wie die Weimarer Verfassung, noch Grundrechte und Grundpflichte kennt. Wie die WBV setzt die BadV ein Menschenbild dem Verfassungstext voran, jedoch handelt es sich um das eines Christen. Die Verfassung von Rheinland-Pfalz geht noch einen Schritt weiter, für diese ist das katholische Naturrecht maßgebend. In der Verfassung des Saarlandes, die wie die Weimarer Verfassung mit den Grundrechten und Grundpflichten beginnt, ist kein Menschenbild mit genauen Konturen dem Verfassungstext vorausgestellt worden, vielmehr wird der Mensch als Einzelperson anerkannt. Welches Gedankensystem hinter Art. 1 Abs. 1 S. 1 GG steht, kann nicht eindeutig beantwortet werden. Nicht überliefert wurde, was der geistige Urheber, nämlich der damalige Redaktionsausschuss, ursprünglich unter der These, dass die Würde des Menschen unantastbar ist, verstanden hat. Nur eine wörtliche und systematische Auslegung des gesamten Art. 1 GG liefert Hinweise, um die in Frage kommende, vorbildgebende Konstruktion bestimmen zu können. Zweifellos deutet der Aufbau des Grundgesetzes auf die Staatsphilosophie von Carlo Schmid hin. Zudem übernimmt die in dem deutschen Grundgesetz niedergeschriebene Rechtsidee meiner Ansicht Vorgaben aus den von Carlo Schmid Anfang 1946 in Süd-Württemberg-Hohenzollern und in Württemberg-Baden gehaltenen Referaten ‚Grundgedanken zur Schaffung einer neuen Verfassung für Nordwürttemberg-Nordbaden' und ‚Die Grundzüge für den organisatorischen Teil der neuen Verfassung für Nordwürttemberg-Baden'. Beide wurden in Schriftform auf einer Länderkonferenz der amerikanischen Zone, bei der über die künftigen Länderverfassungen beraten wurde, den Teilnehmern im April 1946 übergeben. Dem folgend ist die Wertordnung des Grundgesetzes und mit ihr die Würde des Menschen nach Art. 1 Abs. 1 S. 1 GG im Lichte der apriorischen Freiheit zu verstehen. Zwar ist die Würde des Menschen die oberste Wertregel, jedoch steht hinter ihr die Freiheit. Ein Rückgriff auf das Naturrecht und das unkritische Vernunftrecht, somit auch auf die Theologie, mit ihr auf die Gottebenbildlichkeit oder auf die Metaphysik schließt sich dadurch aus. Dies gilt auch für das kritische Vernunftrecht, es sei denn, dass es neukantianisch angewandt wird. Da weder der Ausgangspunkt des zusammengesetzten neukantianischen Konzepts von Carlo Schmid (SPD), nämlich die Freiheit apriori, noch sozialistische Werte als Zielvorstellungen in Art. 1 GG aufgenommen wurden, wurde im Ergebnis nur Teile des Schmidschen Urkonzepts übernommen. Dies hatte zur Folge, dass die, insbesondere um die Freiheit, entkleidete Würde des Menschen zur isolierten, inhaltslosen Supernorm des deutschen Grundgesetzes wurde, nach Manfred Baldus eine „Norm aller Normen und zugleich eine große Unbekannte“ blieb. Da auch noch der Neukantianer Gustav Radbruch (SPD) zum Natur- oder Vernunftrecht aufrief und sich anschließend eine naturrechtliche Renaissance im Kampf gegen den Gesetzespostivismus einstellte, entbrannte der Kampf um die Deutungshoheit über den Satz von der unantastbaren Würde des Menschen auf dem grundgesetzlichen Schlachtfeld des Art. 1 Abs. 1 GG. Damit ist auch die Frage beantwortet, ob die Würde des Menschen ursprünglich ein Grundrecht verkörperte. Da der Neukantianer Carlo Schmid der Marburger Rechtsschule zuzuordnen ist, diese Form und Inhalt voneinander trennt, hat die gesamte in Art. 1 Abs. 1 und Abs. 2 GG stehende theoretische Rechtsidee nach Carlo Schmid lediglich einen formalen Charakter. Sie dient als Leitbild für den deutschen staatlichen Gesetzgeber, damit dieser durch einen an der Freiheit reflektieren Blick in das Grundgesetz erkennen kann, welches Menschenbild durch die mit Art. 1 Abs. 3 GG angekündigten und Art. 1 GG folgenden Grundrechte zum Ausdruck kommt. Aus Sicht der Rechtsidee handelt es sich bei den Werten konsequenterweise nicht um ewige Werte, sondern um wandlungsfähige, objektiv richtige Werte. Demgemäß ist die Würde des Menschen kein Grundrecht des wirklichen Menschen, sondern höchster Wert der Wertordnung. Im Übrigen kann deren Inhalt mit dem Anspruch der universellen Richtigkeit niemals definiert werden; wie Carlo Schmid richtig erkannte, kann nur die Intuition wirklich weiterhelfen. Dies ist das sakrale Geheimnis der Würde des Menschen in Art. 1 Abs. 1 GG, weil durch dieses Gefühl die Verfassung nicht nur von den Vertretern des deutschen Volkes und des deutschen Volkes selbst, sondern durch dieses hindurch durch jeden Menschen auf deutschen Boden legitimiert wird

    Über die Kunst der Kulturförderung

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    Die vorliegende Arbeit behandelt das System der Wiener Kunst- und Kulturförderung im Zuge der Theaterreform im Zeitrahmen von 2004 bis 2008. Zunächst wird im ersten Teil der Arbeit versucht, die breit gefassten Begriffe wie „Kultur“ und „nationale Identität“ definitorisch festzulegen, um die Entwicklungen Österreichs als Kulturnation zu erfassen. Anschließend wird in geschichtlichen Etappen die Entwicklung der österreichischen Kulturpolitik ab 1945 dargestellt. Parallel dazu wird ein kurzer Überblick über die Geschehnisse in der Theaterlandschaft gegeben. Weiterführend werden das Kunstförderungsgesetz sowie die Stellung des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur thematisiert. Im Hauptteil wird die im Jahr 2003 von Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny initiierte Wiener Theaterreform erörtert. Anhand ausgewählter Beispiele von Wiener Mittelbühnen sollen die Auswirkungen der Theaterreform dargestellt werden. Im Folgenden werden die Subventionierungen an die Groß- und Mittelbühnen analysiert und aufgezeigt. Schlussendlich soll die Frage beantwortet werden, inwieweit die Transparenz in der Fördervergabe gegeben ist und wie frei die „Freien Theater“ tatsächlich sind

    Bergglöckchen: Zeitschrift des Sächsischen Landesverbandes der Bergmanns-, Hütten- und Knappenvereine

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    Lernschwierigkeiten für deutschsprachige TschechischlernerInnen in Österreich unter besonderer Berücksichtigung von Orthoepie und Orthographie

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    Ziel meiner Diplomarbeit war es, die Lernschwierigkeiten der Orthographie, Orthoepie und ergänzend dazu jene der Substantivdeklination im Tschechischen herauszuarbeiten. Noch bevor ich in den Kapiteln fünf, sechs und sieben zu diesen Kernaufgaben kam, war es mir im zweiten Kapitel wichtig, die tschechische Sprache allgemein zu charakterisieren, um dem Leser erste Einblicke in eine Materie zu verschaffen, mit der wohl nur die wenigsten vertraut sind. Im überwiegend theoretisch ausgerichteten dritten Kapitel wurden Sprachlaute klassifiziert, anschließend verglichen und in der Folge das tschechische Vokal- und Konsonantensystem genauer beschrieben. Der eigentliche Hauptteil, nämlich die Lernschwierigkeiten, zeigt, dass es sich bei diesem Bereich der Sprachwissenschaft um ein sehr umfangreiches Thema handelt, dem bisher bedauerlicherweise zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde, obwohl es viele Bereiche gäbe, zu denen man forschen könnte. Denn schließlich sind die Phonetik und durch ständig neu hinzukommende Reformen und Regeln auch die Orthographie und die Substantivdeklination Gebiete, die bei erreichten Ergebnissen nicht stehen bleiben. Durch Veränderungen der Gesichtspunkte, unter denen die Sprache betrachtet wird, verändern sich auch die Fragestellungen. In den letzten Jahrzehnten ging die Tendenz dahin, im Zuge neuer Problemstellungen einzelne, eng umrissene Themen aus dem Gesamtgebiet herauszugreifen und einer eingehenden Analyse zu unterziehen. Durch Gegenüberstellung der Ergebnisse älterer Arbeiten wurde versucht, die Resultate präziser zu skizzieren. Abschließend weise ich alle Leser darauf hin, dass ich danach strebte, nur die wichtigsten Punkte der auserwählten Kapitel möglichst vollständig zu bearbeiten. In diesem Sinne möchte ich die vorliegende Diplomarbeit aufgefasst wissen als Werk, das die wesentlichen Lernschwierigkeiten im Bereich der Orthographie, Orthoepie und Substantivdeklination im Tschechischen strukturiert und nachvollziehbar zusammenfasst

    Commitment and Beyond

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    This book is about the relations between literature, society and politics in the Arab world. It is an attempt to come to terms with the changing conceptualizations of the political in Arabic literature (and to a certain extent theater and the visual arts) in recent modern history. It examines historical and contemporary conceptions of literary commitment (iltizām) and how notions of ‘writing with a cause’ have been shaped, contested, re-actualized since the 1940s until today. Starting with the present day, it looks at literary practices during the ‘Arab Spring,’ then tracks back to the beginnings of literary politicization during the 1940s and 1950s, subsequently crosses the historical caesura of the late 1960s to consider competing re-conceptualizations of literary engagement in the 1970s and 1980s, before finally returning to the 1990s through to 2011. The chapters reexamine critically both current and historical notions of the political in modern Arabic literature as well as the legacy of iltizām as a term and an agenda. They discuss literary commitment not solely as a (completed) period in Arabic literary history but also as a vivid, changing and continuing idea that questions the role of literature and the author in and for a society. Even though a number of seminal research volumes have been published on the conceptual history of Arab literary engagement in English language, there remain no book-length studies on the ongoing relationship between the literary and the political from the 1940s until today. Therefore, what makes this volume unique and outstanding is, firstly, its point of departure in approaching the question of the ‘new political’ in Arabic literature through an interrogation of iltizām’s longevity as both a historically adaptable and adaptive literary concept—something which the ‘Arab Spring’ has forcefully brought back to our minds. Secondly, this volume brings together the attempts, propositions, and research results of both established and upcoming scholars in the field of modern Arab literary and cultural history, all of whom have initiated and undertaken exceptional contributions regarding the issue. As such, this book fills a gap in the field of Arabic Literary Studies as it explicitly reconsiders the legacy of Arab literary commitment and its manifold and heterogeneous conceptions in the light of recent and present day developments
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