28 research outputs found
ZusammenhÀnge zwischen sozialer Selektion und schulischen Lernumwelten
Im Zentrum der vorliegenden Arbeit stehen die ZusammenhĂ€nge und Wechselwir-kungen zwischen schulklimatischen Bedingungen, Lernumfeldern und Selbstwahrnehmung sowie Leistungen von SchĂŒlerInnen. Das Augenmerk liegt sowohl auf schulischen Institutions- und Kompositionsmerkmalen als auch auf unerwarteten Konsequenzen des Systems gegliederter Schulformen in diesem Bereich. Der fĂŒr Deutschland formulierte Befund einer âVerarmung von Lernumweltenâ an Hauptschulen wird fĂŒr Ăsterreich anhand der PISA-Daten des Jahres 2003 untersucht
"Ich glaube, wenn man Filme macht, muss man etwas vom Theater verstehen."
Rainer Werner Fassbinder war in seinen frĂŒhen Jahren in einem kleinen MĂŒnchner Kellertheater als Schauspieler, mehr jedoch als Regisseur und Autor tĂ€tig, dem so genannten action-theater und spĂ€teren antiteater. Ganz im Sinne der antiautoritĂ€ren Bewegung, die in der
BRD in den sechziger und siebziger Jahren von verschiedenen Gruppierungen getragen wurde, versuchten die Mitglieder der Truppe von 1967 bis 1971 die Utopie einer Arbeits- und Lebensgemeinschaft zu verwirklichen, die in beiden Bereichen an dem autoritÀren Charakter
Rainer Werner Fassbinders scheiterte. Diese Freie Gruppe lehnte den Betrieb eines institutionalisierten Theaters ab und arbeitet ohne funktionierende Theatermaschinerie im Hintergrund. Die sich daraus ergebende oft finanzielle prekĂ€re Lage schrĂ€nkte die kĂŒnstlerische Arbeit jedoch keineswegs ein, man arbeitet mit den zu VerfĂŒgung stehenden Mitteln und erklĂ€rte das Experiment sowohl in formaler als auch inhaltlicher Sicht zum höchsten Gut. Getrieben von Rainer Werner Fassbinder und seinem wahnsinnigen Produktionsrausch entstanden viele heterogene StĂŒcke, die sich wie Fassbinder als TheaterkĂŒnstler selbst nicht als Einheit fassen lassen. Fassbinder nahm von vielen
bestehenden Theatertraditionen und âkonzeptionen Anleihen (dem VolksstĂŒck der Marieluise FleiĂer, Antonin Artaud und auch Brecht) und scheute nicht davor zurĂŒck, Klassiker der Weltliteratur, entweder mit oder ohne Respekt, zu zertrĂŒmmern und nach seinem Sinne neu
zusammenzusetzen. So geschehen unter anderem bei Iphigenie auf Tauris nach Johann Wolfgang von Goethe, deren PrÀtext Goethes Iphigenie auf Tauris er mit zeitgenössischem Material wie Zitaten von Mao Tse Tung oder der Kommune 1 neu montierte und so in seinen
zeitgeschichtlichen Kontext transferierte. Fassbinder vertrat keine bestimmte politische Ansicht, in deren Dienste er seine Arbeit stellte; er war ein politischer Freigeist, der in alle Richtungen seinen kritischen Blick warf und MissstÀnde, vor allem in gesellschaftlichen
Mechanismen, aufzeigte, gleich wessen Unmut er damit provozierte. Dabei stand ihm ein relativ konstantes Team zur VerfĂŒgung, das ihm ebenso bei dem kurzen Ausflug an eine staatliche BĂŒhne sowie spĂ€ter in das Medium Film folgte. Fassbinders Zeit beim action-theater
und antiteater wird oft marginalisiert und als unbedeutend dargestellt, darf aber in keiner Weise unterschÀtzt werden. Neben der Bekanntschaft von einigen lebenslagen Wegbegleiten wie Hanna Schygulla, Kurt Raab oder Irm Hermann bereitete die dortige Arbeit
ihn auf sein weiteres Schaffen vor, ja schuf die Basis fĂŒr seinen Erfolg als einer der bedeutendsten deutschen Filmemacher.Rainer Werner Fassbinder is mainly known for his achievements in the medium film, whereas the crucial point of his career can be dated in the 1970s when the German filmmaker started his artistic career in another discipline, the theatre. Working in a Munich âKellertheaterâ from
1967 â 1971 he not only learned important techniques and artistic practices he could apply to his later main discipline, the film, but also he met those people, who would follow both his personal and artistic path throughout the years. The action-theater and later antiteater
provided him with ground he could nurture his artistic skills on and bring to perfection in his later career. To provide an insight of this time and its social matters and patterns the sociocultural background in the FRG (Federal Republic of Germany) during the 1970s is examined. The time was influenced by the movement of the so called âflower power
generationâ in 1968 that fought for different objects and matters, mainly national political matters, in the FRG. Anti-authority and freedom were proclaimed in many different areas of life and work. Not only time-historical events but also the theatrical situation is important to constitute the context, in which Fassbinder started to work in this free group of theatre makers. Hence, the theatre landscape in the FRG is drawn to a closer look, which consisted of the public theatres, following the system of subscription and tradition, of student theatre,
street theatre, free groups without any institutional and hence financial backup and not to forget the theatrical forms of the protest of the anti-authoritarian movement, like the members of the "Kommune 1" in Berlin became famous of. Fassbinders collective work in the
underground theatre in Munich (another claim of the 68er movement) turned out to be impossible due to Fassbinderâs authoritarian character. The author Rainer Werner Fassbinder wasnât afraid to pick up existing theatre traditions, concepts and even works (melodrama, concepts of the critical VolksstĂŒck, works from Sophocles, Goethe or Marieluise FleiĂer) and use them for his own, be it in a respectful or criticising way. With each work he started a new concept, a new aesthetic, which makes it so difficult to demonstrate his own style, its characteristics. Fassbinderâs style was that of an experiment and hence never coherent to anything he has done before. As an example of a KlassikerzertrĂŒmmerung, the destruction of a classical literary work, Fassbinderâs Iphigenie auf Tauris nach Johann Wolfgang von
Goethe, which he constructed with current material such as citations to contextualize it to his present time, is analyzed. With this method, Fassbinder not only satirises the original of Goethe but also makes it relevant to his time, the FRG in the 1970s
Analyse des Einflusses ausgewÀhlter Gestaltungsparameter einer Fahrsimulation auf die FahrerverhaltensvaliditÀt
Die Bedeutung von Fahrsimulatoren als Untersuchungsumgebung fĂŒr Fahrversuche steigt zunehmend. Eine wesentliche Voraussetzung fĂŒr den RĂŒckgriff auf eine Simulation anstelle eines realen Versuchsumfelds ist jedoch die GewĂ€hrleistung der Ăbertragbarkeit des Fahrer-verhaltens auf die RealitĂ€t. Das Forschungsfeld der FahrerverhaltensvaliditĂ€t eines Fahrsimu-lators, das sich mit dieser Frage befasst, gewinnt entsprechend an Relevanz. Es existieren be-reits zahlreiche Untersuchungsreihen in diesem Bereich. Dabei lassen sich jedoch Schwach-stellen in der Untersuchungsmethodik sowie insbesondere ein stark divergierender Erkennt-niswert hinsichtlich der ValiditĂ€t von Fahrsimulatoren erkennen. Als eine mögliche Ursache dieser Abweichungen können die sich zwischen den Studien unterscheidenden Versuchskons-tellationen gesehen werden.
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, das komplexe Feld der FahrerverhaltensvaliditĂ€t von Fahr-simulatoren nĂ€her zu erforschen, indem die Fragen des Einflusses ausgewĂ€hlter Gestaltungs-parameter eines Fahrsimulators und des Untersuchungsszenarios auf die Fahrerverhaltensva-liditĂ€t beantwortet werden. Hierzu wird zunĂ€chst im Rahmen einer modellbasierten Betrach-tung die Wirkungskette von Szenario und Gestaltungsparameter auf die einzelnen ValiditĂ€tskennwerte theoretisch hergeleitet. Der Fokus der Betrachtung liegt dabei auf der Wahrnehmungsphysiologie des Menschen. AnschlieĂend wird eine empirische Validierungs-studie vorgestellt, die den zuvor theoretisch hergeleiteten Einfluss nĂ€her quantifiziert und so evaluiert. Dabei wird auf eine methodisch saubere UntersuchungsdurchfĂŒhrung Wert gelegt, um die angesprochenen MethodikschwĂ€chen bisheriger Studien gezielt zu vermeiden.
Ein Abgleich der empirischen Ergebnisse mit den theoretisch aufgestellten Annahmen zeigt, dass die FahrsimulatorvaliditĂ€t durchaus von den EinflussgröĂen Untersuchungsszenario und Gestaltungsparameter abhĂ€ngig ist. Die Richtung und StĂ€rke dieser EinflĂŒsse lĂ€sst sich jedoch weder theoretisch herleiten noch pauschal von einer empirischen Studie bestimmen, da es sich bei der FahrerverhaltensvaliditĂ€t um ein Ă€uĂerst komplexes Konstrukt handelt. Es existieren vielfĂ€ltige ZusammenhĂ€nge zwischen einzelnen EinflussgröĂen und ValiditĂ€tsaspekten. So zeigt sich im Rahmen der empirischen Studie das interessante Ergebnis, dass eine Gestal-tungsparameter-Erweiterung nicht zwangslĂ€ufig zu einer positiven oder zumindest neutralen Beeinflussung des ValiditĂ€tsergebnisses fĂŒhrt. Vor allem ein vergleichbares MaĂ an QualitĂ€t und Harmonie einzelner dargebotener Reize in einem Fahrsimulator scheint eine hohe Bedeu-tung fĂŒr die FahrerverhaltensvaliditĂ€t und die Immersion des Probanden in das Verkehrsge-schehen zu haben.
Um dieser Vielfalt und KomplexitĂ€t an ZusammenhĂ€ngen zu begegnen, liefert die vorliegende Arbeit beispielhafte erste wichtige Erkenntnisse dahingehend, welcher Kennwert sich unter RĂŒckgriff auf welches Parameterset und in welchem Szenario valide abbilden lĂ€sst
Schönes alltÀglich erleben
Ăsthetisierung als das Streben, Schönes zu erleben, hat die Entwicklung der Menschheit vorangetrieben - heute bestimmt sie als Megatrend den Alltag. In Auseinandersetzung mit dem Ăsthetisierungsmodell von Andreas Reckwitz zeichnet Kaspar Maase diese Entwicklung bis in die Gegenwart nach. Welche Rolle spielt dabei Kunst, welche Rolle sinnlich anregende Umwelt? Was macht die AlltĂ€glichkeit Ă€sthetischen Erlebens aus, bei der Zerstreuung als Praxis verteilter Aufmerksamkeit dominiert? Und wie verbinden sich VergnĂŒgen und sinnliche Erkenntnis, FĂŒhlen und Wissen, Empfinden und DarĂŒber-Reden? Potenziale und Grenzen heutiger Ăsthetisierung werden aus der Perspektive gewöhnlicher Alltagsakteur*innen erörtert
Politik in Fernsehserien: Analysen und Fallstudien zu House of Cards, Borgen & Co.
The analysis of political series is not interesting as a comparison of fiction with reality but rather because of the images and narratives they contain, which provide more information about politics.House of Cards, Borgen und Co. - seit einiger Zeit boomen Fernsehserien, die explizit den politischen Betrieb fokussieren. Diese erreichen nicht nur ein akademisches Nischenpublikum, sondern erzielen insgesamt hohe Zuschauerquoten. Die BeitrĂ€ge des Bandes analysieren, wie der Gegenstand Politik in den Serien aufgegriffen und als Material fĂŒr ihre auf Unterhaltung ausgerichteten ErzĂ€hlungen aufgearbeitet wird. Ăber die Auseinandersetzung mit popkulturellen Produkten zeigen sie, wie politische Bilder in populĂ€ren Filmen und Serien konstruiert und reproduziert werden und wie diese sich auf Wahrnehmungen und Vorstellungen von Politik auswirken. Das Interesse gilt dabei den konstruierten Bildern von Politik im Allgemeinen, aber auch den sich darin Ă€uĂernden nationalen Besonderheiten
Politik in Fernsehserien
House of Cards, Borgen und Co. â seit einiger Zeit boomen Fernsehserien, die explizit den politischen Betrieb fokussieren. Diese erreichen nicht nur ein akademisches Nischenpublikum, sondern erzielen insgesamt hohe Zuschauerquoten. Die BeitrĂ€ge des Bandes analysieren, wie der Gegenstand Politik in den Serien aufgegriffen und als Material fĂŒr ihre auf Unterhaltung ausgerichteten ErzĂ€hlungen aufgearbeitet wird. Ăber die Auseinandersetzung mit popkulturellen Produkten zeigen sie, wie politische Bilder in populĂ€ren Filmen und Serien konstruiert und reproduziert werden und wie diese sich auf Wahrnehmungen und Vorstellungen von Politik auswirken. Das Interesse gilt dabei den konstruierten Bildern von Politik im Allgemeinen, aber auch den sich darin Ă€uĂernden nationalen Besonderheiten
Gemengelage. Moralisch-ethischer Wandel im europÀischen Musiktheater um 1700: Paris, Hamburg, London: Open Access-Ausgabe
Der Wandel des moralisch-ethischen Denkens in den Dekaden um 1700 ist eine black box. Denn gedruckte Morallehren und Rechtstheorien dokumentieren vorrangig die etablierten, nicht die neuen, zukunftsweisenden Auffassungen. Darauf, was sich verĂ€ndert und Menschen bewegt, haben die Zeitgenossen in der Transformationsphase kaum verbalsprachlichen Zugriff. In diesem Dilemma bietet das Musiktheater einen Ausweg an. In der barocken und frĂŒhaufklĂ€rerischen Oper wurden nicht nur absolutistische FĂŒrsten verherrlicht und politisch-amouröse Intrigen inszeniert. Die MusiktheaterbĂŒhne war vor allem auch progressive moralische Anstalt. Hier bildeten sich mit rein dramatischen, impliziten Mitteln neue, visionĂ€re ethische Ideen aus und wurden einem gröĂeren Publikum vorgestellt.
Die Monographie rekonstruiert die damalige Gemengelage aus alten und neuen moralisch-ethischen Anschauungen, wie sie sich im Musiktheater in drei europĂ€ischen Kulturzentren manifestiert: Paris/Versailles, Hamburg und London. Sie zeigt, dass an der Neugestaltung der moralisch-ethischen Visionen nicht nur die Librettisten der zu vertonenden Verse, sondern auch die Komponisten â und zwar mit musikalischen Mitteln â mitwirkten
Publikumsinvolvierung im immersiven Theater
PhĂ€nomene der Immersion gehen hĂ€ufig mit dem Wirkungsversprechen einher, Rezipierende möglichst komplett in eine Umgebung, Fiktion oder Parallelwelt einzutauchen. Insbesondere der Topos einer âtotalenâ Immersion suggeriert, dass Rezipierende physisch, psychisch oder emotional derart eingenommen werden, dass sie nicht nur das Vermögen verlieren, zwischen RealitĂ€t und Fiktion zu unterscheiden, sondern auch, dass ihr Reflexionsvermögen zugunsten eines unmittelbaren, intensiven Erlebens eingeschrĂ€nkt werde. Die vorliegende Studie zeigt am Beispiel immersiven Theaters jedoch, dass es gerade die emotionale Involvierung ist, die Prozesse der Reflexion auslöst â und eine solche, den Diskurs prĂ€gende, binĂ€re Denkfigur die KomplexitĂ€t zahlreicher ImmersionsphĂ€nomene deshalb nicht angemessen erfassen kann.
Vor dem Hintergrund der transdisziplinĂ€ren Immersionsforschung differenziert die Studie zunĂ€chst zwischen immersiven AuffĂŒhrungsdispositiven und immersivem Theater im engeren Sinn. Letzteres zeichnet sich dadurch aus, dass Zuschauer:innen nicht nur in einen multisensorischen Erfahrungsraum, sondern zugleich in eine geschlossene, gestaltete Weltversion eingelassen werden. FĂŒr die Analyse der Publikumsinvolvierung im immersiven Theater wird eine polyperspektivische Szenen- und Situationsanalyse vorgeschlagen. Diese fokussiert anhand ausgewĂ€hlter Sequenzen die Relation von AuffĂŒhrungsdispositiv und Zuschauer:innen im Hinblick auf konstellierte Selbst-/WeltverhĂ€ltnisse. Ausgehend von der These, dass die verschiedenen Modi der Involvierung (rĂ€umlich, haptisch-taktil, olfaktorisch, figurenperspektivisch oder handlungsbezogen etc.) wirkungsĂ€sthetisch auf Vereinnahmung zielen, zeigen die Analysen, wie Zuschauer:innen z.B. von Geruchs- oder Soundwahrnehmungen derart affiziert werden können, dass es sie situativ zu einer bestimmten Re-Aktion drĂ€ngt. Prozesse der Vereinnahmung werden dabei nicht nur konstitutiv reziprok gedacht, sondern in ihren vielschichtigen, hochgradig ambivalenten Wirkungen beschrieben.
Ăber das Konzept der Vereinnahmung und die Analyse vereinnahmender Publikumsinvolvierung wird eine affekttheoretische Perspektive auf immersives Theater plausibilisiert. Die Studie nimmt damit nicht nur eine wichtige, korpusgebundene PrĂ€zisierung des umbrella-PhĂ€nomens immersive theatre vor. Sie leistet nicht zuletzt ĂŒber die Integration von Zuschauer:innen-Interviews zudem eine methodische Erweiterung etablierter Strategien der AuffĂŒhrungs- und Inszenierungsanalyse und zielt mit dem Konzept der Vereinnahmung auf eine Theoriebildung fĂŒr Prozesse der Publikumsinvolvierung im Gegenwartstheater