14 research outputs found

    Fernbeziehungen

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    Multilokale Lebensführungen und räumliche Entwicklungen: ein Kompendium

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    Multilokale Lebensführung - das Wohnen und Leben an mehreren Orten - ist ein aktuelles gesellschaftliches und räumliches Phänomen. Multilokalität ist nicht grundsätzlich neu, wandelt sich aber mit den gesellschaftlichen Lebensbedingungen und -verhältnissen. Dabei geht es um sich verändernde räumliche Mobilität, die sich in einem Spannungsfeld zwischen Bewegung und Verankerung einordnen lässt und in zahlreichen Ausprägungen vorzufinden ist. Das Spektrum umfasst beispielsweise arbeitsbedingt Wochenendpendelnde, Paare in Doppelhaushalten ("Living Apart Together"), "Expatriates", transnationale Pflegekräfte, Menschen mit Ferienunterkünften oder pendelnde Kinder in Nachtrennungsfamilien. Dabei stellen sich einzelne Formen hybrid und nicht trennscharf dar. In diesem Forschungsbericht wird Multilokalität in 45 Einzelbeiträgen aus verschiedenen Perspektiven wissenschaftlich neu gefasst, beleuchtet und analysiert. Der Bericht enthält theoretische Konzeptionen, die von methodologischen Fragen bis hin zu möglichen Typologisierungen reichen. Zudem werden wichtige Schlüsselbegriffe der Multilokalitätsforschung pointiert erläutert. In empirischen Studien der jüngeren Multilokalitätsforschung werden exemplarisch konkrete gesellschaftliche und räumliche Ausprägungen und Implikationen multilokaler Lebensführung analysiert.Multilocality - residing and living in multiple places - is a current social and spatial phenomenon. It is not fundamentally new, but changes with societal living conditions and situations. It is about changing spatial mobilities that can be classified in a field of tension between mobility and anchoring and can be found in various forms. The spectrum includes, for example, weekend commuters for work-related reasons, couples in double households (Living Apart Together), expatriates, transnational carers, people with holiday homes or commuting children in post-separation families. Individual forms of multilocality are not clearly distinct but appear to be hybrid. In this ARL Research Report, multilocality is scientifically redefined, explored and analysed from different perspectives in 45 individual contributions. The report comprises theoretical concepts ranging from methodological questions to possible typologies. In addition, important key terms of multilocality research are presented. In empirical studies of recent multilocality research, specific societal and spatial characteristics and implications of multilocal everyday life are analysed

    Familiäre Strukturen in Fernsehserien als Spannungsfeld zwischen privatem und öffentlichem Raum

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    Die vorliegende Arbeit mit dem Thema "„Familiäre Strukturen in Fernsehserien als Spannungsfeld zwischen privatem und öffentlichem Raum – Darstellung, Wertevermittlung und potentiellem Nutzen am Beispiel von Desperate Housewives und Gilmore Girls“ setzt sich mit der Darstellung des im privaten angesiedelten Bereichs der Familie im öffentlichen Forum des Mediums und im Speziellen in der Familienserie auseinander. Hierbei werden sowohl spezifische familiäre Konstruktionsmuster der gewählten Unterhaltungsprodukte sichtbar gemacht als auch in einen gewissen Vergleich zu Gegebenheiten einer realen Gesellschaft gesetzt. Es werden in diesem Zuge auch spezielle Rollenzuschreibungen getätigt, die nicht nur Stereotypisierungen und Vorurteile sichtbar machen bzw. umgekehrt, sondern vor allem auch auf Innovationen in den Verteilungen der einzelnen Aufgaben und Beziehungen untereinander hinweisen. Es wird auf der Basis einer Filmanalyse gearbeitet. Darüber hinaus werden wichtige Werte und Umgangsformen beschrieben, die diesen familiären Kontext skizzieren, und im Zuge einer Rezeption vermittelt werden. Sie komplimentieren das komplexe Umfeld des sozialen Gefüges Familie und geben Aufschluss über Tendenzen, die hierbei zu finden sind. Es kann dadurch auch ein Bild davon gewonnen werden, wie einzelne Altersgruppen innerhalb eines familiären Bundes medial wahrgenommen werden bzw. welche Missstände im Sinne solcher Darstellungen angesprochen werden. Letztendlich werden in prägnanter Form potentielle Nutzungsmotive von Familienserien präsentiert, die sich aus den Ergebnissen der empirischen Studie ergeben haben. Da die Verbindung der Medien und des Alltags in einer hohen positiven Korrelation zueinander steht, zeigt sich eine Beschäftigung mit diesem Themenbereich als relevant, da Dokumente über die Situationen in einer Gesellschaft geschaffen werden können

    The production of urban spaces in a perpetuated crisis: Austerity, the reconfiguration of social reproduction and municipalist alternatives in Barcelona

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    Seit der Wirtschaftskrise 2008 haben sich Zwangsräumungen von einem temporären Krisenphänomen zum Hauptausdruck einer dauerhaften Wohnraumkrise im spanischen Staat entwickelt. Eine politische Folge dieser verstetigten Krise ist der Aufstieg der munizipalistischen Listen. Diese Listen setzen sich aus Akteur*innen sozialer Bewegungen und kleiner Parteien zusammen und erprobten den Ansatz eines neuen Munizipalismus, der ausgehend von der lokalstaatlichen Ebene soziale Verbesserungen und eine Demokratisierung der politischen Institutionen umzusetzen versucht. Katalysiert von den Krisenprotesten und Platzbesetzungen 2011 konnten in vielen spanischen Städten solche Listen vier Jahre später in die kommunalen Rathäuser einziehen. So auch in der katalanischen Hauptstadt, wo Barcelona en Comú seit zwei Legislaturperioden die Bürgermeisterin stellt. Die vorliegende Arbeit verknüpft diese Momente vor dem Hintergrund raumtheoretischer Ansätze. Ausgehend von den krisentheoretischen Überlegungen David Harveys wird verdeutlicht, wie Kapitalismus auf die Produktion von Raum angewiesen ist, um systemimmanente Krisen temporär zu überwinden. Anschließend an theoretische Leerstellen Harveys, wird diese Annahme durch materialistische staatstheoretische und feministische Theorieansätze erweitert. Im Mittelpunkt der Arbeit steht die Frage, wie urbane Räume in einer verstetigten Krise produziert werden. Damit zusammenhängend geht die Arbeit darauf ein, wie verschiedene Krisen mit Prozesen der kapitalistischen Urbanisierung verbunden sind, inwieweit die Sphäre der sozialen Reproduktion dadurch rekonfiguriert wurde und welche Handlungsmöglichkeiten es für die munizipalistischen Listen gibt. Eingebettet in eine umfassende Datenanalyse wurden dafür problemzentrierte Interviews sowie teilnehmende Beobachtungen in Barcelona-Sants durchgeführt.Since the 2008 economic crisis, forced evictions have evolved from a temporary crisis phenomenon to the main expression of a permanent and consolidated housing crisis in the Spanish state. A political consequence of this consolidated crisis is the rise of the socalled municipalist lists. These lists are made up of actors from social movements and small parties, which attempt to implement social improvements and a democratization of political institutions starting from the local scale and the local state. Catalyzed by the crisis protests and occupations of squares in 2011, such lists were able to enter municipal city halls in many Spanish cities four years later. This was also the case in the Catalan capital, where Ada Colau has now been the mayor for Barcelona en Comú for two legislative periods. This thesis links such moments against the backdrop of spatial theory. Starting from the crisis-theoretical considerations of David Harvey, it illustrates how capitalism depends on the production of space in order to temporarily overcome system-immanent crises. Following Harvey’s theoretical gaps, this assumption is extended through materialist state-theoretical and feminist theoretical approaches. The work focuses on the question of how urban spaces are produced in a perpetuated crisis. It addresses how various crises relate to processes of capitalist urbanization, to what extent the sphere of social reproduction has been reconfigured as a result, and what possibilities for action exist for the municipalist lists. In terms of the dialectical method, empirical observations were abstracted by means of the aforementioned theories and, in turn, the theories were complemented by the empirical realities. Embedded in a comprehensive data analysis problem-centered were conducted in Barcelona-Sants

    Medea im Zeitalter der Globalisierung

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    Ziel dieser interdisziplinär angelegten Arbeit ist die Rekonstruktion des Umgangs binationaler Paare mit ethnisierenden Zuschreibungen. Diese erfolgt sowohl über eine theoretische Auseinandersetzung mit dem Phänomenbereich als auch über eine empirische Paarinterview-Analyse und der Interpretation der Trilogie 'Das goldene Vließ' von Franz Grillparzer. Der gesamten Studie liegt die Annahme zugrunde, dass bezüglich binationaler Paarkonstellationen nicht von einer von vorneherein erhöhten Problembelastetheit ausgegangen werden kann, wie dies im Common Sense unterstellt wird. Im Gegensatz dazu wird davon ausgegangen, dass in heutigen hochdifferenzierten Gesellschaften zwischen Partnern unterschiedlicher nationaler Herkunft nicht zwangsläufig größere kulturelle Differenzen bestehen. Außerdem wird gezeigt, dass aufgrund begrifflicher und konzeptueller Unschärfen der Konstrukte 'Kultur' und 'Ethni-zität' nicht von einem ursächlichen Wirkungszusammenhang zwischen 'kulturellen' Unterschieden und partnerschaftlichen Konflikten ausgegangen werden kann, sondern der Zuschreibungscharakter solcher ethnisierender Annahmen bei einer adäquaten Auseinandersetzung mit diesem Themenbereich zu bedenken ist. Bezüglich des Umgangs binationaler Paare mit ethnisierenden Zuschreibungen geht diese Arbeit davon aus, dass dabei sowohl kommunikativ-reflexiv ablaufende Prozesse, als auch vor allem habituelle und performative Anteile der Wirklichkeitskonstitution eine Rolle spielen. Mit ihrer Fokussierung auf habituelle Prozesse sozialer Realitätskonstitution, bietet die dokumentarische Methode nach Bohnsack die Grundlage der empirischen Interpretationen. Für den dramatischen Text wird angenommen, dass sich in diesem bestimmte Orientierungsrahmen abbilden, die sich historisch und kollektiv formieren und den individuellen erfahrungsbiographischen Kontext des Autors überlagern. Im kulturpsychologischen Theorieteil werden gesellschaftliche und wissenschaftliche (Diskurs-)Rahmen identifiziert, in denen es zu ethnisierenden Fremdzuschreibungen an binationale Paare kommt. Das Auftreten binationaler Ehen und deren gesellschaftliche Bewertung werden in historischer und aktueller Perspektive und vor allem unter Bezugnahme auf die entsprechend vorgefundene Begrifflichkeit rekonstruiert. Im theaterwissenschaftlichen Theorieteil werden die in vielen Arbeiten erwähnte 'psychologische' Darstellungsweise Grillparzers, sein Streben nach einer gegenwartsorientierten Aktualisierung sowie die thematische Fokussierung auf Geschlechterverhältnis und 'kulturelle' Unterschiede bezüglich ihrer Anschlussfähigkeit an den thematischen Rahmen dieser Arbeit untersucht. Im Methodenkapitel werden Prinzipien der qualitativ-rekonstruktiven Sozialforschung im Allgemeinen und in Abgrenzung zur quantitativ-hypothesenprüfenden Forschungslogik dargestellt und für Leser verschiedener Disziplinen transparent gemacht. Der metatheoretische Überbau, durch den sich avancierte qualitative Sozialforschung auszeichnet, wird vor allem auch in Zusammenhang mit wissenssoziologischen, kulturpsychologischen sowie performanztheoretischen Ansätzen erarbeitet. Es wird ein Transfer des forschungspraktischen Vorgehens auf einen dramatischen Text vorgenommen und das interdisziplinäre Vorgehen wird metatheoretisch reflektiert und für diese Arbeit festgelegt. Der Psychologie erschließt sich in der Interpretation des Dramas ein Blick auf die historische Dimension des Phänomens binationaler Beziehungen und es konnten Kontinuitäten zu auch im heutigen gesellschaftlichen Common Sense enthaltenen Sinn- und Zuschreibungsstrukturen aufgefunden werden. Gerade für die wissenschaftliche Beschäftigung mit gesamtgesellschaftlich verankerten Zuschreibungen eröffnet die Analyse dramatischer Texte ein spannendes Feld. Im Empiriekapitel wird zunächst die Entwicklung von Erkenntnisinteresse und Forschungsfragen im Rahmen des zirkulären Forschungsprozesses dargestellt und das eigene Vorgehen einer kritischen Selbstreflexion unterzogen. In einer ausführlichen Falldarstellung werden Ergebnisse der Interviewinterpretation hinsichtlich des sich abbildenden Geschlechterverhältnisses und des Umgang mit ethnisierenden Fremd- und Selbstidentifizierungen dargelegt und hinsichtlich Inkongruenzen zwischen theoretischen Konstruktionen und handlungspraktisch verankerten Orientierungen vervollständigt. Die Erhebungsform des narrativ-biographischen Paarinterviews, die Anteile des Gruppendiskussionsverfahrens und des narrativen Interviews nach Schütze integriert, wird hier erprobt und durch Hinweise auf sich abzeichnende strukturelle Besonderheiten erweitert. In der Interpretation des Dramas werden anhand der dramaturgischen und stilistischen Ausgestaltung zur Konstruktion des Kulturunterschieds zwischen Griechenland und Kolchis gesellschaftliche Sinnkonstruktionen und im Common Sense verankerte ethnisierende Zuschreibungen herausgearbeitet. Anhand der Dramenanalyse werden exemplarische Einblicke in die prinzipielle Möglichkeit eines so gelagerten Vorgehens bei der Beschäftigung mit dem Phänomenbereich binationaler Paarbeziehungen aufgezeigt. Insgesamt wird in dieser thematisch sehr weitläufigen Arbeit eine ausführliche theoretische und empirische Annäherung an den interessierenden Phänomenbereich möglich, die durch die durchgehende thematische und methodologische Reflexion des Forschungsprozesses eine Reihe von Ansatzpunkten für eine weitere Beschäftigung mit diesem Thema und eine Weiterentwicklung der hier erprobten Erhebungs- und Auswertungsmethoden aufzeigt

    Komik im Kontext von Kultur, Gender und Macht

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    Komik ist ein universelles Phänomen des menschlichen Lebens, sie lässt sich auf allen Ebenen sozialer Interaktion finden – im Freundeskreis genauso wie am Arbeitsplatz oder auf der Bühne. Als ein anthropologisches Phänomen ist Komik variabel und hängt ab von der jeweiligen Zeit, Gesellschaftsform, Kultur, dem Milieu, der sozialer Situation und den beteiligten Akteuren. Gerade dank dieser Variabilität sowie den vielfältigen Funktionen (kommunikativen, sozialen, psychischen) gibt Komik Auskunft über die jeweilige Zeit, Kultur und ihre Subjekte. Die Fragen der gegenwärtigen Komikpraxis standen im Fokus der zwischen 2010 und 2012 von der Herausgeberin an der WWU Münster durchgeführten Seminare. Den Studierenden wurde die Möglichkeit geboten, sich 1) mit den theoretischen und empirischen Grundlagen der interdisziplinären Komikforschung im Kontext von Macht, Gender und Kultur zu beschäftigen und 2) ihre eigenen empirischen Mikroanalysen durchzuführen (Bühnenkomik, Kommunikation im Freundeskreis/am Arbeitsplatz). Die vorliegende Publikation stellt das Ergebnis dieser Analysen dar, die aufgrund ihres innovativen Charakters der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden

    Schuld, Kategorie, Kompetenz und Prinzip

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    In der Arbeit wird untersucht, welche Rolle Schuld in der Aufbereitung und Bearbeitung zwischenmenschlicher Konflikte spielt. Dazu wird in einem ersten, interdisziplinären Teil eine Art Forschungsstand erarbeitet, mit dem sich drei Bedeutungen der Schuld konturieren lassen: als funktionale Kategorie steht Schuld dafür, daß Konflikte auf ihre sozialverträgliche Beendigung hin orientiert werden; als differenzierende Kompetenz erlaubt Schuld, Konflikte nach Maßgabe reflexiver Handlungseinstellungen zu prozessieren; und als konstitutives Prinzip schließlich zeigt Schuld die Erfahrung eines Bruchs an, die eine retrospektive Bewegung der Identifizierung eines Grundes und eine prospektive Bewegung der Überwindung des Bruchs motiviert. In einem zweiten Teil der Arbeit wird dann untersucht, welche Rolle das Beschuldigen und Vorwerfen sowie die sachliche Bestimmung und Begründung des Schuldhaften spielen. Mit Blick auf diese intersubjektive und referentielle Hinsicht wird erarbeitet, daß sich Schuld als Versuch bestimmen läßt, „soziale und intersubjektive Konflikte – die als Überwältigung und Verletzung der Integrität erlebt und wahrgenommen werden – zu artikulieren, zu adressieren, zu prozessieren und zu solvieren“, und Schuld so für die Fähigkeit einzelner steht, „aus ihrer Sicht ungerechtfertigte Einschränkungen und insbesondere Verletzungen ihres Handlungs¬vermögens bestimmend und begründend zu artikulieren und sie intersubjektiv-sozial unter Inanspruchnahme der geschichtlichen Lernfähigkeit – Partialität – von Individuen und Kollektiven zu prozessieren“ (S. 464). Abschließend wird die methodische Hypothese von der integral komplexen und kulturell integrierten Bedeutung der Schuld diskutiert, zudem wird die These entfaltet, das Böse zeige sich als innere Entgrenzung und Zersetzung der Schuld, so daß noch die Versuche der Auf- und Bearbeitung von Konflikten durch Schuld mit ihrem Scheitern konfrontiert werden

    Normal - anders - krank?

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    Der Band versammelt ein breites Spektrum von Problemfeldern, die allesamt die soziale Verantwortung der Medizin und der in der Heilkunde tätigen Akteure berühren. Behandelt werden - aus historischer, wissenschaftstheoretischer und ethischer Sicht - Themen wie Transsexualität, Homosexualität, Körperidentitätsstörungen, körperliche und geistige Behinderung, Zwangsbehandlung und Hochbegabung. Dabei wird unter anderem untersucht, inwieweit die Medizin über Akzeptanz, Stigmatisierung und Pathologisierung von bestimmten Minderheiten und Personen mit abweichenden Lebensentwürfen mit entscheidet bzw. inwiefern ihr eine Rolle als „Deutungsmacht“ zukommt. Zugleich soll herausgearbeitet werden, dass der Heilkunde gerade im Umgang mit Menschen, deren körperliche oder geistige Disposition von der Allgemeinheit als ,anders’ empfunden wird, eine besondere Verantwortung zukommt

    Mehr Kinder durch weniger Familie? : Die Politik der Defamilialisierung und die niedrige Fertilität in Deutschland

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    In der deutschen Familienpolitik fand seit 2002/2003 ein tiefgreifender Paradigmenwechsel statt. Bis dato galt der Ausgleich von Lasten und Leistungen der Kindererziehung als das zentrale Anliegen der Familienförderung. Für die neue, „nachhaltig“ genannte Familienpolitik spielt dieses Anliegen keine Rolle mehr; ihr Maßstab sind „kontinuierliche Erwerbsverläufe“ beider Eltern, von Müttern wie von Vätern. Auf dieses neue gesellschaftspolitische Leitbild sind die Reformen der letzten Dekade ausgerichtet – neben den der Familienpolitik im engeren Sinne kommt dem neuen Unterhaltsrecht hierfür eine Schlüsselrolle zu. Im Kern zielt diese Politik darauf, die Kindererziehung von der Familie hin zu öffentlichen Einrichtungen zu verlagern, um Erwerbstätigkeit und Familie insbesondere für Mütter vereinbar zu machen. Erklärtes Ziel dieser "Defamilialisierung" ist es, Geburten zu fördern: die Geburtenrate sollte "mittelfristig" auf 1,7 Kinder pro Frau steigen. Diese Erwartung beruhte auf der Annahme, dass Mängel der Vereinbarkeit von Beruf und Familie der zentrale Grund für das niedrige Geburtenniveau in Deutschland sind. Demgegenüber stellt diese Arbeit dar, dass die niedrige Fertilität in Deutschland nicht in "falschen" institutionellen Rahmenbedingungen, sondern langfristigen Prozessen sozialen Wandels begründet ist, die sich einer politischen Steuerung weitgehend entziehen. Die „Steuerungsresistenz“ des Geburtenverhaltens in hochzivilisierten Gesellschaften ist der zentrale Grund dafür, dass die „nachhaltige Familienpolitik“ ihr Ziel eines deutlichen Anstiegs des Geburtenniveaus verfehlt
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