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    Mediale Konstruktionen der Bürgerkriege in Britannien (1637-1651). Eine kultursemiotische Analyse der narrativen Modellierung kollektiver Gedächtnisschemata in Dokumentarfilmen der jüngeren Gegenwart

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    Zumbansen N. Mediale Konstruktionen der Bürgerkriege in Britannien (1637-1651). Eine kultursemiotische Analyse der narrativen Modellierung kollektiver Gedächtnisschemata in Dokumentarfilmen der jüngeren Gegenwart. Bielefeld: Universität Bielefeld; 2016.Bürgerkriege sind in der Geschichte von Nationen einschneidende Ereignisse. Sie eignen sich aber selten für die Konstruktion von Nationalstolz oder identitätsstiftenden Merkmalen. Die vorliegende Dissertation beschäftigt sich mit der medialen Repräsentation und narrativen Darstellung der Bürgerkriegszeit (1637-1651) in Britannien. Hierbei werden historische Dokumentarfilme einschließlich Teilen aus Doku-Serien wie "A History of Britain", die diese Zeit fokussieren und in der jüngeren Gegenwart produziert worden sind, mit Hilfe der kultursemiotischen Grenzüberschreitungstheorie nach Jurij M. Lotman analysiert. Dieser sonst bei der Analyse von fiktionalen Texten verwendete Ansatz bietet sich für die Untersuchung der nicht-fiktionalen historischen Dokumentationen an, da die Grenzüberschreitungstheorie Analysekategorien wie semantische Räume für die Präsentation der ideologischen Oppositionskonstellationen der Hauptkriegsparteien und der anderen involvierten Gruppen bereitstellt. Folglich werden die Gegnerschaft zwischen den Befürwortern des Königs und den Anhängern des Parlaments sowie die Opposition zwischen geschichtlichen Figuren wie König Charles I und Oliver Cromwell oder zwischen den verschiedenen Nationen Britanniens systematisch dargestellt. In diesem Zusammenhang identifiziert und strukturiert die Dissertation unter Rückgriff auf die Analysekategorien der Grenzüberschreitungstheorie die rekonstruierten Ereignisse der Bürgerkriegszeit in den Dokumentarfilmen, die zugleich in ihren Modellierungen der Geschichte Zugänge zum kollektiven Gedächtnis Britanniens eröffnen. Insgesamt zeigt die Analyse, wie die verschiedenen Dokumentationen in der medialen Narration erinnerungskulturelle Schemata auf Basis von historiographischen Ansätzen wie der Whig-Interpretation der Geschichte oder der Auslegung der revisionists berücksichtigen. Hinweise bezüglich des kollektiven Gedächtnisses Britanniens mit Blick auf die Bürgerkriegszeit liefert neben der dramaturgischen Zurichtung der Kriegsszenarien der sehr bedeutende Ereigniskomplex des Prozesses gegen den König sowie die anschließende Hinrichtung des Monarchen. Zwar fungieren die Bürgerkriege in Britannien ungeachtet ihrer Bedeutung im Vergleich mit anderen Ereignissen der britischen Geschichte nicht als identitätsstiftende Symbole der nationalen Einheit mit heroischen Persönlichkeiten als Vorbildern. Jedoch erwecken einige der historischen Dokumentationen den Eindruck, als ob trotz der zwischenzeitigen Abschaffung der Monarchie Werte des Königtums im Sinne einer Kontinuitätskonstruktion fortgeführt bzw. durch ursprünglich antagonistische Akteure wie beispielsweise Cromwell inkorporiert wurden. Neben diesen Aspekten wird innerhalb der Narrationsanalyse der Interaktion zwischen den Kommentaren des Erzählers und der Ebene der bildhaften Vermittlung (d.h. dem Zusammenspiel von nachgestellten Reenactment-Sequenzen und heutigen Aufnahmen sowie Einstellungen von zeitgenössischen Bildern oder Artefakten) in den Dokumentarfilmen Beachtung geschenkt, denn gerade visuell werden einerseits Authentizitätssignale und ein Gefühl von Unmittelbarkeit erzeugt. Gleichzeitig werden aber andererseits die Medialität und ein Spannungsverhältnis zwischen Gegenwart und Vergangenheit zum Ausdruck gebracht. Die historischen Dokumentationen versuchen also den Rezipienten mit der historischen Bürgerkriegszeit vertraut zu machen, ohne die Betonung ihrer Medialität oder die Distanz zur thematisierten vergangenen Epoche zu vernachlässigen. Dieser Umstand wird am Ende der Arbeit mit dem neu eingeführten Begriff der "famedialisation" beschrieben

    "Stets ist es die Wahrheit, die über alles gebietet, doch ihre Bedeutung wandelt sich" - Zur Konzeptualisierung von Forschungsobjekt, Forschungssubjekt und Forschungsprozeß in der Geschichte der Wissenschaften

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    Im Rahmen meiner Dissertation habe ich mich mit der Frage nach der Beziehung zwischen Erkenntnissubjekt und Erkenntnisobjekt, nach historischen, zeitgenössischen und persönlichen Lösungsversuchen und nach deren Konsequenzen für die Möglichkeiten und Grenzen gültiger wissenschaftlicher Aussagen beschäftigt. Zur Hinführung skizziere ich zunächst meine eigene Annäherung an ein Verständnis dieses Phänomens (Kapitel II). In Kapitel III werden in der Begegnung mit der griechischen "Geburtsstunde der Wissenschaften" in einem ersten Schritt explizite und implizite Vorstellungen von den Gegenständen herausgearbeitet, denen sich diese frühen Forscher(innen) zugewandt bzw. die sie (mit-) geschaffen haben, dann die von diesen angewendeten bzw. vorausgesetzten methodischen Herangehensweisen beschrieben. Dass es dabei von Beginn an um (disziplinäre) soziale Bezugnahmen und Abgrenzungen geht, versuche ich durch einen dramaturgischen Trick zu verdeutlichen: Ich diskutiere am Ende des Kapitels nicht wie üblich unterschiedliche, in der Literatur vorfindbare Positionen, sondern lasse im Rahmen einer Inszenierung die von mir bemühten Autor(inn)en in ein fiktives Gespräch treten. In Kapitel IV skizziere ich für das heute vorherrschende Wissenschaftsverständnis wesentliche, historische Entwicklungslinien und die dabei sukzessive weiter vollzogene Unsichtbarmachung der wissenschaftlichen Subjekte hinter vermeintlichen "Fakten". Ich schließe mit einem Gespräch über problematische Beziehungen (Kapitel V) - um in Worte zu fassen und nach dem zu suchen, was sich an Psychologischem, Sozialem und Disziplinärem hinter einigen Zufällen dieser Arbeit verbergen mag

    Diskursforschung. Ein interdisziplinäres Handbuch. Band 1 : Theorien, Methodologien und Kontroversen

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    ENGLISH The two-volume Discourse Studies. An Interdisciplinary Handbook (1269 pages) gives a systematic overview over the new field of Discourse Studies. The first volume presents national and international tendencies and questions in Discourse Studies. The second volume discusses important discourse analytical methods by applying them to the discourse on the neoliberal higher education reforms. With its focus on discourse analytical research practices, on theories and methods in an interdisciplinary context the Handbook, produced by the DiscourseNet group, addresses research-oriented students and all those working at the nexus of language and society. GERMAN Das zweibändige Handbuch zur interdisziplinären Diskursforschung gibt einen systematischen und umfassenden Überblick über das neue Feld der Diskursforschung. Der erste Band versammelt nationale und internationale Tendenzen, Entwicklungen und Fragen der Diskursforschung. Der zweite Band stellt wichtige diskursanalytische Methoden am Beispiel des Diskurses über die neoliberalen Hochschulreformen vor. Mit seinem Schwerpunkt auf theoretischen Modellen und Strategien der diskursanalytischen Forschungspraxis im disziplinären und interdisziplinären Kontext richtet sich dieses Referenzwerk der Gruppe DiskursNetz an forschungsorientierte Studierende und alle Diskursforschenden, die sich für den Zusammenhang von Sprache und Gesellschaft interessieren

    Von der Freiheit zur Strafe

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    Die Dissertation thematisiert aus der Perspektive des christlichen Glau¬bens-verständ¬nisses die Möglichkeitsbedingungen für eine ethische Legitimation ge-richt¬licher Stra¬fen, insbesondere Freiheitsstrafen, sowie die Delegitimation der Todesstrafe. Den An¬satz zu diesen Überlegungen bilden die Freiheit in ihrer Dimension als Willensfreiheit und das damit korrelierende Recht. Unmittelbarer Ausgangspunkt ist das reformatori¬sche Verständnis der Willensfreiheit, wie es in den 1520 und 1525 durch Martin Luther verfassten Schriften „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ und „De servo arbi¬trio“ expliziert wurde. Unmittelbare Zugänge zur Rechtfertigung bzw. Delegitimation von Strafe und Todes¬strafe sind das Recht und die Menschenwürde, wobei die diesbezüglichen Theoreme von Walter Benjamin über den Zusammenhang von Gewalt und Recht, von Paul Ricœur über die Komptabilität von Recht und Liebe bis zur un¬überschreitbaren Grenze der Todesstrafe und von Emile Durkheim über die mo¬derne Sakralisierung des Men¬schen eine wichtige Rolle spielen. Es werden die mögliche Universalisierungsfähigkeit der christlichen Interpreta-mente der Men¬schenwürde in Gestalt der Gottebenbildlichkeit, Geschöpflichkeit und Er¬lösungs¬bedürftigkeit erörtert und die Gefährdungen von Recht und Men¬schenwürde durch die neuesten Deutungen der Befunde aus hirnphysiolo¬gischen Experimenten (neu¬ronaler Determinismus) aufgezeigt. Beim Thema Strafe werden insbesondere die dominierenden Straftheorien auf ihre Kompatibilität mit der Menschenwürde und den daraus erfließenden Menschenrechten hinterfragt. Schließlich wird nach möglichen Ursachen und Erklä¬rungen für die ununterbrochene und partiell exzessiv-grausame Praxis der Ver¬hängung und des Vollzugs der Todesstrafe im Christentum und deren theolo¬gischer Rechtfertigung bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts Ausschau gehalten

    Scheinprobleme - Ein explikativer Versuch

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    The traditional use of the expression 'pseudoproblem' is analysed in order to clarify the talk of pseudoproblems and related phenomena. The goal is to produce a philosophically serviceable terminology that stays true to its historical roots. This explicative study is inspired by and makes use of the method of logical reconstruction. Since pseudoproblems are usually expressed by pseudoquestions a formal language of questions is presented as a possible reconstruction language for alleged pseudoproblems. The study yields an informal theory of pseudoproblems whose presuppositions are critically investigated right away. At least one result remains: Claims of pseudoproblemship and their refutations must not be voiced casually - they are to be relativized and need substantial interpretive effort

    Das falsch vermessene Kunstwerk:zur kunstgeographischen Bestimmung stilistischer Stetigkeit im zeitlichen Wandel, wissenschaftsgeschichtlich nach den Quellen dargestellt

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    Die Kunstgeographie hat derzeit in der deutschen Kunsthistoriographie einen schweren Stand. Ihre methodologische Annahme eines Raumstiles machte sie vordergründig mit den nationalsozialistischen Raumphantasien gemein. Diese bis in die Gegenwart anhaltende Perhorreszenz freilich verkennt, daß die Vorstellung eines Zusammenspiels landschaftlichen Wesens und eines daraus emergierenden sittlichen wie künstlerischen Geschehens, die Vorstellung mithin einer „Daseinsursprünglichkeit überindividueller Zusammenhänge“ (Thomas Mann) auf die Antike zurückgeht und sich bis in die Moderne durchgehalten hat. Vor allem die Fundamentalontologie Martin Heideggers erweist die deutsche kunstgeographische Forschung der 1920er und 30er Jahre (Dagobert Frey, Paul Pieper, Hans Erich Kubach u.v.m.) als eine phänomenologisch-hermeneutische Wissenschaft, der es um die Aufzeigung einer sich in den Kunstwerken aussprechenden „Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen“ (Wilhelm Pinder) im Kunstgeschehen angelegen ist

    Die Darstellung von Tod und Trauer im deutschsprachigen und schwedischen Bilderbuch

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    Der Bereich von Sterben, Tod und Trauer gehört als indirekte oder auch direkte Todeswirklichkeit zum Alltag von Vor- und Grundschulkindern. Seit den 1990er Jahren finden diese Themen zunehmend Eingang in die deutschsprachigen Bilderbücher und werden dort anhand verschiedener literarästhetischer Erzählstrategien auf der Text- sowie Bildebene und deren Wechselverhältnis diskutiert. Die vorliegende Untersuchung ordnet das Primärtextkorpus deutschsprachiger Bilderbücher zu Sterben, Tod und Trauer anhand eines untersuchungseigenen inhaltsbezogenen Rubrikenmodelles. Der für die qualitative Beurteilung der untersuchten Bilderbücher entwickelte Katalog von Analysekriterien berücksichtigt sowohl gattungsspezifische Forschungsarbeiten als auch Studien zum Verhältnis von Kind und Tod. Um in den Bilderbüchern tabuisierte, kanonisierte und innovative Erzählstrategien von Tod und Trauer nicht nur herauszuarbeiten, sondern auch komparatistisch in einen europäischen Kontext einzuordnen, wird der Untersuchung deutschsprachiger Bilderbücher die Diskussion der Entwicklung des Themenfeldes im schwedischen Bilderbuch gegenüber gestellt. Das Innovationspotenzial, das ausgewählte seit den 1970er Jahren veröffentlichte schwedische Bilderbücher für die Entwicklung des Themenbereiches Tod und Trauer im deutschsprachigen Bilderbuchmarkt besitzen, wird insbesondere in den Grenzbereichen zwischen tradierten sowie innovativen Erzählstrategien deutlich. Sowohl in den zusammenfassenden Betrachtungen der einzelnen inhaltsbezogenen Unterrubriken, die das deutschsprachige sowie schwedische Primärtextkorpus gliedern, als auch in den einzelanalytischen Abschnitten werden bestehende Kanonisierungs- sowie Tabuisierungstendenzen in Bezug auf die Darstellung einzelner Themenaspekte von Tod und Trauer deutlich, wenngleich diese zunehmend in Auflösung begriffen und in einigen Unterrubriken stärker ausgeprägt sind als in anderen.Dying, death and grief are a direct or indirect part of the reality of preschool and primary school children. Since the 1990s, these topics increasingly find their way into German picture books, where they are discussed using different literary-aesthetic narrative strategies through text and images as well as their interrelationship. The present study maps the primary text corpus of German picture books on dying, death and grief by means of a research-based content-related category model. The catalogue of analytic criteria developed for the qualitative assessment of the examined picture books takes into account both genre-specific research and studies on the attitudes of children toward death. In order not only to elaborate on tabooed, canonized and innovative narrative strategies of death and grief in picture books, but also to place them in a comparative European context, the study of German picture books is set against the discussion of the development of these topics in Swedish picture books. The innovation potential, which selected Swedish picture books published since the 1970s contain for the development of the theme of death and grief in the German picture book market, becomes particularly evident in the border areas between traditional and innovative narrative strategies. Both in the summary of the individual content-related subcategories, which classify the German and Swedish primary text corpuses, as well as in the individual analytic sections, existing tendencies to canonize or taboo with regard to the representation of individual aspects of death and grief become clear, though they are in a process of disintegration and are more pronounced in some subcategories than in others

    Das Paradigma der Schwelle

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    Diese Dissertation setzt sich mit dem Denken Giorgio Agambens und seinen Implikationen für die politische Theorie auseinander. Nicht zuletzt in diesem Feld wird die Relevanz seiner Thesen mit Fokus auf ihre inhaltlichen Probleme und ihren provokanten Gestus in Frage gestellt. Ausgehend von der im Forschungsstand unterrepräsentierten Überzeugung, dass Agambens Werk fruchtbare Einsichten in Bezug auf den aktuellen Politikbegriff liefert, da seine Studien tradierte Theoreme – seien sie von Aristoteles oder Hobbes – einer kritischen Revision unterziehen, wird diese Arbeit Agambens Vorgehensweise rekapitulieren, um zu erfahren, wie er diese Perspektivverschiebungen erreicht. Für Darstellung und Analyse seines Denkmodells entwickelt diese Untersuchung die Formel vom Paradigma der Schwelle, die sowohl Agambens zentrale Denkfigur als auch seinen methodischen Leitfaden darstellt, und es erlaubt, Agambens weit gefächertes Ideennetz zugänglich zu machen, seine Binnenrelationen zu erhellen und für externe Beobachter zu adaptieren. Das Paradigma ist in Agambens Verständnis selbst eine Schwelle und jedes der von ihm betrachteten Felder wird zu einem Beispiel, d. h. Paradigma für die Funktions- und Seinsweise der Schwelle als Ort einer Unterscheidung. Die Schwelle wird als rekurrente Denkfigur zum Paradigma für Agambens Denken und in Agambens Werk. Seine Gegenstände sind von der Art, wie sie erfasst werden, ununterscheidbar. Im Verlauf dieser Arbeit wird nicht nur behauptet, dass darin der Schlüssel zu Agambens Thesen liegt, sondern auch erwartet, dass sich auf dieser Ebene eigene Forschungsvorhaben umsetzen lassen. Dieses Anliegen verwirklicht diese Dissertation in zwei Varianten. Sowohl die Auseinandersetzung mit der (bio-)politischen Anthropologie des französischen Ethnologen Pierre Clastres als auch die kritische Analyse der Funktionalität von Schwellenbegriffen im Rahmen des Deutschen Staatsrechtsdiskurses gehen aus dem Potential von Agambens Denken von Schwellen in Paradigmen hervor. Beide Beispielanalysen nutzen, die Schwellenperspektive als Beobachtungshaltung und Analyseraster, um mögliche Ergänzungen oder Erweiterungen der von Agamben vorgegebenen Themenfelder zu zeigen. Darüber hinaus werden dort zentrale Schwellenaspekte im Denken Agambens reflektiert, um ihre analytische Bedeutung für die Revision politischer Theorie zu erproben. Während der erste Teil die Einordnung und Abgrenzung meiner Agambeninterpretation im Kontext der Agambenrezeption besorgt, wird im zweiten Teil Agambens Denkmodell in verschiedene Aspekte und anhand mehrerer Beispiele aufgefaltet, um schließlich die Hauptfragen dieser Arbeit im dritten Teil praktisch zu beantworten: Wie kann Agambens Denken fruchtbar werden? Was kann diese Perspektive zeigen bzw. welche Anwendungsmöglichkeiten bietet sie? Ich rekapituliere und interpretiere Agambens Methode also weniger um ihrer selbst willen, denn als Mittel und Ausgangsbasis eigener Forschungsperspektiven

    Schuld, Kategorie, Kompetenz und Prinzip

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    In der Arbeit wird untersucht, welche Rolle Schuld in der Aufbereitung und Bearbeitung zwischenmenschlicher Konflikte spielt. Dazu wird in einem ersten, interdisziplinären Teil eine Art Forschungsstand erarbeitet, mit dem sich drei Bedeutungen der Schuld konturieren lassen: als funktionale Kategorie steht Schuld dafür, daß Konflikte auf ihre sozialverträgliche Beendigung hin orientiert werden; als differenzierende Kompetenz erlaubt Schuld, Konflikte nach Maßgabe reflexiver Handlungseinstellungen zu prozessieren; und als konstitutives Prinzip schließlich zeigt Schuld die Erfahrung eines Bruchs an, die eine retrospektive Bewegung der Identifizierung eines Grundes und eine prospektive Bewegung der Überwindung des Bruchs motiviert. In einem zweiten Teil der Arbeit wird dann untersucht, welche Rolle das Beschuldigen und Vorwerfen sowie die sachliche Bestimmung und Begründung des Schuldhaften spielen. Mit Blick auf diese intersubjektive und referentielle Hinsicht wird erarbeitet, daß sich Schuld als Versuch bestimmen läßt, „soziale und intersubjektive Konflikte – die als Überwältigung und Verletzung der Integrität erlebt und wahrgenommen werden – zu artikulieren, zu adressieren, zu prozessieren und zu solvieren“, und Schuld so für die Fähigkeit einzelner steht, „aus ihrer Sicht ungerechtfertigte Einschränkungen und insbesondere Verletzungen ihres Handlungs¬vermögens bestimmend und begründend zu artikulieren und sie intersubjektiv-sozial unter Inanspruchnahme der geschichtlichen Lernfähigkeit – Partialität – von Individuen und Kollektiven zu prozessieren“ (S. 464). Abschließend wird die methodische Hypothese von der integral komplexen und kulturell integrierten Bedeutung der Schuld diskutiert, zudem wird die These entfaltet, das Böse zeige sich als innere Entgrenzung und Zersetzung der Schuld, so daß noch die Versuche der Auf- und Bearbeitung von Konflikten durch Schuld mit ihrem Scheitern konfrontiert werden
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