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Simulationsmethode zur Beurteilung der Maßhaltigkeit von rollgefalzten Karosseriebaugruppen im Zusammenbau
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der digitalen Absicherung der Maßhaltigkeit von Zusammenbaugruppen im Karosseriebau. Fokussiert werden dabei die Fügeprozesse Clinchen und Rollfalzen von mehreren Pressteilen für Klappen- und Anbauteile. Übergreifendes Ziel dieser Arbeit stellt dabei die numerische Simulation der Produktionsprozesse im Presswerk sowie im Karosseriebau dar mit dem Ziel einer Maßhaltigkeitsprognose. Die Rückfederungsberechnung, wie sie bei Pressteilen schon seit einigen Jahren etabliert ist, wird dabei auf mehrteilig gefügte Baugruppen erweitert. Einen Schwerpunkt bildet der Rollfalzprozess, der die Beplankung mit dem Innenteil verbindet.
In Kapitel 2 wird der derzeitige Stand der Technik im Karosseriebau aufgezeigt. Die zentralen Aspekte bildeten dabei zunächst die Bauweisen der Karosserie, der Produktentstehungsprozess, die verfahrenstechnischen Grundlagen, die heutigen Qualitätskriterien im Karosseriebau, Ursachen für Maßabweichungen sowie die Simulationsmethoden, welche heutzutage zur digitalen Absicherung der Fertigungsprozesse im Einsatz sind.
Am Beispiel des Zusammenbaus einer Motorhaube, welche im vorliegenden Fall aus insgesamt neun Pressteilen aufgebaut ist, wurde in Kapitel 4 der Fertigungsprozess von der Platine bis zum fertig lackierten Zusammenbau beschrieben. Optische Messungen nach jedem einzelnen Prozessschritt geben Aufschluss darüber, wie sich die Maßhaltigkeit im Laufe der Produktentstehung entwickelt und wie diese beeinflusst wird. Von besonderer Bedeutung sind dabei das Zusammenwirken aus der Einzelteilabweichung und die sich daraus ergebenden Auswirkungen auf den Zusammenbau.
Auf Basis der Messergebnisse entlang der Fertigung der Motorhaube aus Kapitel 4 wurden in Kapitel 5 Methoden entwickelt, um den Produktionsprozess mit Hilfe numerischer Prozesssimulationen digital abzubilden. Die essentiellen Bausteine bestehen darin, die wesentlichen Fertigungsschritte in einzelne Simulationsschritte zu transferieren. Im Bereich des Karosseriebaus sind dies vor allem die Spann- und Ausrichtkonzepte der Pressteile zueinander sowie die Abbildung der einzelnen Fügeverfahren. Herausfordernd war es, die Fügeprozesse derart vereinfacht abzubilden, dass bei derzeitig verfügbarer Rechenleistung die wesentlichen Einflussgrößen auf die Maßhaltigkeit hinreichend genau abgebildet werden konnten. Eine weitere Anforderung an die Simulationsmethode stellte die schnellstmögliche Generierung des Simulationsinputs aus den vorhandenen Produkt- und Prozessdaten, wie sie derzeit im PLM-System oder den CAD-Daten abgelegt sind, dar. Nur dadurch konnte gewährleistet werden, dass die Simulationsmethodik in den derzeitigen digitalen Absicherungsprozess integriert und zukünftig im Serieneinsatz verwendet werden kann.
Die Validierung der Simulationsmethodik zur ganzheitlichen numerischen Maßhaltigkeitsbetrachtung erfolgte in Kapitel 6. Die Simulationsergebnisse für die untersuchte Motorhaube werden dabei den Messungen aus Kapitel 4 gegenübergestellt. Für die einzelnen Pressteile standen für die Zusammenbausimulation jeweils drei unterschiedliche Varianten zur Verfügung. Mit der ersten wurden Einzelteile auf Basis der CAD-Daten idealisiert, mit der zweiten auf Basis von vorangegangenen Umformsimulationen und mit der dritten Variante wurden Einzelteile verwendet, die aus den optischen Einzelteilmessungen aufbereitet wurden.
Die besten Ergebnisse für die rollgefalzte Rückfederungsberechnung konnten mit den Eingangsdaten der Pressteile aus den optischen Messungen erzielt werden. Durch die Zusammenbausimulation konnte die Maßhaltigkeit bis auf Abweichungen kleiner als 0,3 mm prognostiziert werden. Doch auch aus den Umformsimulationen konnten im Zusammenbau Ergebnisse erzielt werden, die sich für eine Einflussanalyse verwenden lassen. Dies ist vor allem dann wichtig, wenn die Gesamtprozesskette eines Zusammenbaus vollständig digital abgesichert werden soll. Es hat sich jedoch gezeigt, dass Fehler bei der Rückfederungsberechnung der Pressteile auch die Aussagequalität der Zusammenbausimulation verschlechtern.
Im letzten Kapitel wurden anhand einer zweiten Motorhaube mit Hilfe der in dieser Arbeit entwickelten Simulationsmethode numerische Einflussanalysen durchgeführt, um den Zusammenhang zwischen der Maßhaltigkeit der Pressteile des Innenteils sowie der Beplankung zu analysieren. Die Ergebnisse zeigen, dass sich Einzelteile mit Hilfe der Simulation identifizieren lassen, die für die Gesamtmaßhaltigkeit der Baugruppe von besonderer Bedeutung sind. Dadurch ist es möglich, Toleranzen am Einzelteil gezielt festzulegen oder beispielsweise Kompensationsmaßnahmen am Pressteil zu definieren, die aus der Zusammenbausimulation abgeleitet werden. Darin ist mit Sicherheit das größte zukünftige Potenzial der Simulationsmethode zu sehen. In der vorliegenden Arbeit wurde dieses exemplarisch für eine zweite untersuchte Motorhaube angewendet und validiert. Gezielte Einzelteilüberwölbungen haben in der Simulation zu einer schnellen Verbesserung der Maßhaltigkeit des Zusammenbaus geführt.
Im Rahmen dieser Doktorarbeit konnte somit eine Methode entwickelt werden, die den sequentiellen Aufbau einer Zusammenbausimulation zur Bestimmung der Maßhaltigkeit gefügter Pressteile beschreibt. In der digitalen Phase des Produktentstehungsprozesses ergeben sich dadurch neue bzw. erweiterte Möglichkeit frühzeitig auf die Verbesserung der Maßhaltigkeit Einfluss zu nehmen. Insbesondere kann durch die ganzheitliche Betrachtung der Produktionsprozesse im Presswerk und Rohbau die Definition der Kompensationsstrategie auf Basis der Zusammenbausimulation erfolgen