43 research outputs found

    Großer Dissens, großer Konsens: Die EU-Dienstleistungsrichtlinie - Ein typischer Fall der EU-Gesetzgebung?

    Get PDF
    Großer Dissens, großer Konsens – die Dienstleistungsrichtlinie, die als eines der ersten Gesetzesvorhaben in der erweiterten Europäischen Union (EU) im Jahre 2004 diskutiert wurde, zeigte beide Merkmale der EU-Gesetzgebung, die typischerweise Gegenstand der wissenschaftlichen Auseinandersetzung und (bisweilen auch) der öffentlichen Aufmerksamkeit sind. Die Mitgliedstaaten hatten sehr unterschiedliche Interessen darüber, wie die Dienstleistungsfreiheit im europäischen Binnenmarkt verwirklicht werden sollte. Am Ende der Beratungen im Jahre 2006 einigten sie sich schließlich auf einen Kompromiss, dem nahezu alle Regierungen zustimmen konnten. Die Fallstudie des Entscheidungsprozesses der Dienstleistungsrichtlinie hat zwei Motivationen. Sie soll zum Verständnis eines Falles beitragen, der als besonders kritisch galt, weil der Regelungsanspruch des Gesetzesvorhabens sehr umfassend formuliert ist und weil mit der Verwirklichung des EU-Binnenmarktes für Dienstleistungen große Wachstumshoffnungen verbunden sind. Die zweite Motivation ist, zu überlegen, inwiefern aus diesem Fall Schlussfolgerungen für die Gesetzgebung in der erweiterten EU gezogen werden können. Vielfach war im Vorfeld der Erweiterung erwartet worden, dass die Aufnahme der acht mittel- und osteuropäischen Transformationsstaaten sowie Zyperns und Maltas die Gemeinschaft deutlich heterogener machen würde und sich dies auch auf die Interessenkonstellation in der Gesetzgebung auswirken würde. Es gab Befürchtungen, dass es in einer EU der 25 statt 15 Mitglieder deutlich schwieriger sein müsste, Einigungen zu erzielen oder dass zumindest keine weit reichenden Entscheidungen mehr getroffen werden könnten. Ein Reformstau drohte. Am Beispiel der EU-Dienstleistungsrichtlinie überprüft die Arbeit, wie der Themenraum der erweiterten EU aussieht, d.h. welche Akteurskonstellationen es gibt. Die Daten zu den Idealpositionen der 25 Regierungen (sowie der Kommission und der Fraktionen des Europäischen Parlaments) stammen aus standardisierten Interviews, die im Januar 2006 erhoben wurden. Wie sich die Akteure im Konfliktraum zueinander verorten, lässt sich mittels einer Item-Response-Modellierung schätzen. Man kann sie in der hier angewandten Form als das Pendant zur Faktorenanalyse sehen, für die metrische Daten vorausgesetzt werden. Aufgrund der Tatsache, dass in der Regel ein bayesianischer Schätzalgorithmus verwendet wird, wird auch der Begriff "bayesianische Faktorenanalyse" verwendet. Es zeigt sich, dass die Interessensunterschiede zwischen den Akteuren zu den 23 Themen der Dienstleistungsrichtlinie zwei grundlegende Konfliktmuster bilden. Diese, so lässt sich zeigen, stellen ein typisches Gesetzgebungsszenario dar, wie es für die Binnenmarkt-Gesetzgebung nach der Erweiterung erwartet werden kann. Generell kann festgestellt werden, dass die Erweiterung das Lager der liberalisierungsfreundlichen Mitgliedstaaten gestärkt hat. Nimmt man an, dass dies wie im Fall der Dienstleistungsrichtlinie bedeutet, dass diese Staaten mehr substanziellen Politikwandel befürworten, so könnte das zumindest theoretisch bedeuten, dass die EU nach der Erweiterung weit reichendere Entscheidungen treffen kann. Dies steht im Gegensatz zu den Befürchtungen einer Reformblockade. Die vorliegende Analyse sowie die laufende Diskussion der Forschung zur Erklärung des Abstimmungskonsenses deuten außerdem darauf hin, dass informale Institutionen für den Konsens zwischen den Mitgliedstaaten ausschlaggebend sind und dass diese auch nach der Erweiterung funktionieren. Allerdings kommt es nicht allein auf den Konflikt zwischen den Mitgliedstaaten an. Bei der Dienstleistungsrichtlinie findet der zweite Hauptkonflikt zwischen den Organen, insbesondere zwischen Rat und EP statt. Die unterschiedlichen Handlungslogiken der Organe und insbesondere die Rolle des EP, das im Mitentscheidungsverfahren formal ein gleichberechtigter Gesetzgeber neben dem Rat ist, machen dieses Ergebnis plausibel. Eine Prozessanalyse des Entscheidungsprozesses zeigt, dass der Kompromiss über die Dienstleistungsrichtlinie deutlich die Handschrift des EP trägt

    Ignoring the Non-ignorables? Missingness and Missing Positions

    Full text link
    Missing or incomplete data on actors’ positions can cause significant problems in political analysis. Research on missing values suggests the use of multiple imputation methods rather than case deletion, but few studies have yet considered the non-ignorable problem - positions that are hidden for strategic purposes. We examine this problem and discuss the advantages and drawbacks of (i) multiple imputation as implemented in AMELIA; (ii) a computationally easy but, in the context of spatial modelling, straightforward measure of indifference and (iii) a conditional averaging algorithm, LDM, which seeks to reasonably fix actors’ positions in the policy space pre- and post-imputation. The analysis suggests that actors biased by the status quo strategically hide their more supportive positions. Although none of the existing methods - which produce quite different results - is perfectly suited for imputing hidden positions, LDM has the highest hit rate for the conjectured more supportive position

    ERA Fabric Map - Second Edition

    Get PDF
    This ERA fabric map gives a snapshot of the ERA today. It looks at the division of responsibilities between EU and Member States, and at institutions and bodies involved in the European research system. Starting from the six ERA dimensions described in the ERA Green Paper, the report then looks where we are today, and which direction the future is taking, given the policy context of Europe 2020. Involvement of stakeholders in further building the ERA is looked at by analysing their involvement in a number of existing ERA instruments, using a taxonomy of stakeholder roles and functions. The report has been written as part of the FP7 project Forward Visions on the European Research Area (VERA). This first edition will be updated twice as part of the VERA project.JRC.J.2-Knowledge for Growt

    Joint declaration on mainstreaming RRI across Horizon Europe

    Get PDF
    Leading RRI researchers and practitioners, together with policymakers and stakeholder organisations, discussed the state-of-the-art and future perspectives for RRI at the ‘Pathways to Transformation’ conference in June 2019, an event which was extended beyond Brussels, for instance by ca. 330 original tweets and ca. 840 retweets from ca. 160 unique accounts. In the conference, many participants expressed their concern about an uncertain future for RRI in the EC. As a result, numerous large-scale EU-funded RRI projects signed a Joint Declaration, urging the European Commission to make RRI a key objective of the upcoming framework programme, Horizon Europe – a plea to both mainstream the approach across the programme and provide specific resources for strengthening the RRI knowledge base. As the Horizon Europe programme is being forged, it is timely to present the Declaration for a broader audience

    New HoRRIzon: D5.5 Actions and Activities to Realize RRI in Diversity of Approaches

    Get PDF
    This Deliverable tells about the journey of the Social Labs from their very beginning, in which we struggled to first get an understanding of the particular Funding Line of H2020 and tried to “diagnose” its uptake of RRI, continuing with the identification of our stakeholders and our attempt to incentivize them to participate in the Social Labs. In this Deliverable, we explain which methods we used in our Social Lab Workshops to raise and discuss the question of responsibility in research and innovation and to generate ideas for Pilot Actions, which experiences we made with these group methods and, most importantly, which Pilot Actions the Social Lab participants created, developed, changed and implemented in order to realize their ambitions of RRI and a responsible research and innovation system

    Großer Dissens, großer Konsens: Die EU-Dienstleistungsrichtlinie - Ein typischer Fall der EU-Gesetzgebung?

    No full text
    Großer Dissens, großer Konsens – die Dienstleistungsrichtlinie, die als eines der ersten Gesetzesvorhaben in der erweiterten Europäischen Union (EU) im Jahre 2004 diskutiert wurde, zeigte beide Merkmale der EU-Gesetzgebung, die typischerweise Gegenstand der wissenschaftlichen Auseinandersetzung und (bisweilen auch) der öffentlichen Aufmerksamkeit sind. Die Mitgliedstaaten hatten sehr unterschiedliche Interessen darüber, wie die Dienstleistungsfreiheit im europäischen Binnenmarkt verwirklicht werden sollte. Am Ende der Beratungen im Jahre 2006 einigten sie sich schließlich auf einen Kompromiss, dem nahezu alle Regierungen zustimmen konnten. Die Fallstudie des Entscheidungsprozesses der Dienstleistungsrichtlinie hat zwei Motivationen. Sie soll zum Verständnis eines Falles beitragen, der als besonders kritisch galt, weil der Regelungsanspruch des Gesetzesvorhabens sehr umfassend formuliert ist und weil mit der Verwirklichung des EU-Binnenmarktes für Dienstleistungen große Wachstumshoffnungen verbunden sind. Die zweite Motivation ist, zu überlegen, inwiefern aus diesem Fall Schlussfolgerungen für die Gesetzgebung in der erweiterten EU gezogen werden können. Vielfach war im Vorfeld der Erweiterung erwartet worden, dass die Aufnahme der acht mittel- und osteuropäischen Transformationsstaaten sowie Zyperns und Maltas die Gemeinschaft deutlich heterogener machen würde und sich dies auch auf die Interessenkonstellation in der Gesetzgebung auswirken würde. Es gab Befürchtungen, dass es in einer EU der 25 statt 15 Mitglieder deutlich schwieriger sein müsste, Einigungen zu erzielen oder dass zumindest keine weit reichenden Entscheidungen mehr getroffen werden könnten. Ein Reformstau drohte. Am Beispiel der EU-Dienstleistungsrichtlinie überprüft die Arbeit, wie der Themenraum der erweiterten EU aussieht, d.h. welche Akteurskonstellationen es gibt. Die Daten zu den Idealpositionen der 25 Regierungen (sowie der Kommission und der Fraktionen des Europäischen Parlaments) stammen aus standardisierten Interviews, die im Januar 2006 erhoben wurden. Wie sich die Akteure im Konfliktraum zueinander verorten, lässt sich mittels einer Item-Response-Modellierung schätzen. Man kann sie in der hier angewandten Form als das Pendant zur Faktorenanalyse sehen, für die metrische Daten vorausgesetzt werden. Aufgrund der Tatsache, dass in der Regel ein bayesianischer Schätzalgorithmus verwendet wird, wird auch der Begriff "bayesianische Faktorenanalyse" verwendet. Es zeigt sich, dass die Interessensunterschiede zwischen den Akteuren zu den 23 Themen der Dienstleistungsrichtlinie zwei grundlegende Konfliktmuster bilden. Diese, so lässt sich zeigen, stellen ein typisches Gesetzgebungsszenario dar, wie es für die Binnenmarkt-Gesetzgebung nach der Erweiterung erwartet werden kann. Generell kann festgestellt werden, dass die Erweiterung das Lager der liberalisierungsfreundlichen Mitgliedstaaten gestärkt hat. Nimmt man an, dass dies wie im Fall der Dienstleistungsrichtlinie bedeutet, dass diese Staaten mehr substanziellen Politikwandel befürworten, so könnte das zumindest theoretisch bedeuten, dass die EU nach der Erweiterung weit reichendere Entscheidungen treffen kann. Dies steht im Gegensatz zu den Befürchtungen einer Reformblockade. Die vorliegende Analyse sowie die laufende Diskussion der Forschung zur Erklärung des Abstimmungskonsenses deuten außerdem darauf hin, dass informale Institutionen für den Konsens zwischen den Mitgliedstaaten ausschlaggebend sind und dass diese auch nach der Erweiterung funktionieren. Allerdings kommt es nicht allein auf den Konflikt zwischen den Mitgliedstaaten an. Bei der Dienstleistungsrichtlinie findet der zweite Hauptkonflikt zwischen den Organen, insbesondere zwischen Rat und EP statt. Die unterschiedlichen Handlungslogiken der Organe und insbesondere die Rolle des EP, das im Mitentscheidungsverfahren formal ein gleichberechtigter Gesetzgeber neben dem Rat ist, machen dieses Ergebnis plausibel. Eine Prozessanalyse des Entscheidungsprozesses zeigt, dass der Kompromiss über die Dienstleistungsrichtlinie deutlich die Handschrift des EP trägt
    corecore