42 research outputs found
Tabubruch und Entgrenzung. Pädosexualität und Wissenschaft in den 1960er bis 1990er Jahren
Der Beitrag thematisiert Ergebnisse eines wissenschaftsgeschichtlichen Projekts zur lnvolviertheit der Wissenschaften in pädosexuelle Diskurspositionen von den 1970ern bis in die 1990er Jahre. Dabei wird zwischen Diskurspositionen und sexuellen Praktiken unterschieden. Es erfolgt eine historische Kontextualisierung unter Einbeziehung transnationaler und geschlechtergeschichtlicher Dimensionen. Exemplarisch für die Legitimation von Pädosexualität wird ein Heft der erziehungswissenschaftlichen Zeitschrift "betrifft: erziehung" aus dem Jahre 1973 mit dem Titel "Pädophilie: Verbrechen ohne Opfer" analysiert. Gefragt wird nach den Blindheiten gegenüber dem Machtverhältnis zwischen den Generationen, den Dimensionen von Gewalt sowie der Opferperspektive, die die Diskurse charakterisierten. (DIPF/Orig.)The article presents the results of a research project on the involvement of social sciences in discourses on pedophilia from the 1970s to the 1990s. Discursive positions are distinguished from sexual practices and contextualised historically, including transnational and gender aspects. The article investigates in detail a 1973 issue of the German educational journal \u27betrifft: erziehung\u27 titled \u27Paedophilia: Crime without Victims\u27 to exemplify lines of argument that called for the legalization of pedophilia. Here it becomes apparent that these discourses were characterised by a blindness regarding power relations between generations, the multiple dimensions of violence, and the victims\u27 perspective. (DIPF/Orig.
Rituals for acknowledgements. The influence of peer groups
Für das Leben von Kindern und Jugendlichen heute spielen Freunde und Peers eine wichtige Rolle: "In [peer groups] finden Aushandlungsprozesse statt, die sich durch ihre grundsätzliche Symmetrie von den Beziehungen zu Erwachsenen unterscheiden, wichtige Lernprozesse bezüglich Perspektivübernahme und Anerkennung werden gemacht. ... [Es scheint jedoch], als ob die wachsende Bedeutung von Freunden und Peers, veränderte Kindheit, Jugend und Familie, mit den Anforderungen von Schule zumindest teilweise kollidieren. Wichtige Anpassungsprozesse etwa der schulischen Mitbestimmungsrechte an die veränderte Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen haben nicht stattgefunden. Schule und Bildungsinstitutionen machen sich den Umstand, dass Kinder und Jugendliche voneinander lernen immer noch zu wenig zu nutze." Die Autorin plädiert dafür, Peerculture stärker in pädagogische Arrangements einzubeziehen und betont die zentrale Rolle von Anerkennungsprozessen in den folgenden Dimensionen: 1. emotionale Anerkennung, 2. Anerkennung von Fähigkeiten und Eigenschaften, 3. Anerkennung von Rechten als Personen. (DIPF/Orig./Un)Since a few years it is acknowledged again that reliable orientation and room for exploration are important for the individual and social development of the child and adolescent, especially when they grow up in insecure circumstances. Peers are able to allow for the important experience of communication and acknowledgement. (DIPF/Orig.
On the eloquent silence of the German discipline of educational science in handling of sexualized violence in the past and present
Der Beitrag fragt nach dem Umgang mit sexualisierter Gewalt in der Fachgesellschaft und der Disziplin und charakterisiert diesen als beredtes Schweigen. Dabei beziehen sich die Ausführungen auf zentrale Befunde des Aufarbeitungsberichts „Die Deutsche Gesellschaft für Erziehungswissenschaft und ihre Rolle in der Aufarbeitung von Fällen sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche durch pädagogische Professionelle“ (Amesberger/Halbmayr 2023), erweitern diese jedoch um Aspekte aus anderen Forschungszusammenhängen und Aufarbeitungen, sodass die Ergebnisse des Berichtes zugleich in einer breiteren Perspektive diskutiert werden. Dazu gehört auch eine Bezugnahme auf den zweiten Ergebnisbericht zu Helmut Kentlers Wirken in der Berliner Kinder- und Jugendhilfe (Baader et al. 2024). Fokussiert werden vor allem drei Aspekte: Der Beitrag reflektiert erstens grundsätzlich die Problematik des Schweigens und stellt dazu theoretische Überlegungen an. Er arbeitet zweitens strukturelle Muster im Umgang der Fachgesellschaft mit sexualisierter Gewalt heraus und fragt drittens nach Kriterien für die Beantwortung der Frage, ob das Thema sexualisierte Gewalt in der Disziplin strukturell angekommen ist und macht diesbezüglich Vorschläge. Damit wird die Frage nach Strukturen im Umgang mit sexualisierter Gewalt in zweierlei Hinsicht entfaltet, sowohl retro- als auch prospektiv. (DIPF/Orig.)The article asks how sexualized violence is dealt with in the German Educational Research Association (GERA/DGfE) and the discipline of Educational Science and characterizes this as eloquent silence. The focus is on three aspects in particular: Firstly, the article fundamentally reflects on the problem of silence and presents theoretical considerations on it. Secondly, it identifies structural patterns in how the German Educational Research Association (GERA/DGfE) deals with sexualized violence and, thirdly, asks for criteria for answering the question of whether the topic of sexualized violence has structurally arrived in the discipline and makes suggestions in this regard. The question of structures for dealing with sexualized violence is thus developed in two ways, both retrospectively and prospectively. (DIPF/Orig.
Involviertheit und Verantwortung, Legitimation durch Wissenschaft, Aufarbeitung als Herausforderung. Sexualisierte Gewalt und erziehungswissenschaftliche Disziplin
Die Autorin geht von der Feststellung aus, dass das Thema sexualisierte Gewalt noch nicht in der Mitte der Erziehungswissenschaft und ihrer Fachgesellschaft angekommen ist. Belegt wird dies mit Hinweisen auf unterschiedliche erziehungswissenschaftliche Felder: So stehen die fachlichen Unzulänglichkeiten in der Ausbildung pädagogischer Professionalität und die unzureichende Berücksichtigung der Geschlechterdimension bei der versuchten wissenschaftlichen Begründung von Pädosexualität neben vielfältigen Abwehrstrategien, in denen bspw. irreführende historische Kontextualisierungen vorgenommen werden oder die Singularität der Vorfälle betont wurde. Perspektivisch stellt sie das Thema Professionsethik ins Zentrum disziplinärer Aufgaben. (DIPF/Orig.
Die pädagogische Konstitution des Kindes als Akteur im Zuge der 68er-Bewegung
"Der Beitrag fragt nach dem Kind als Akteur im Kontext der 68er Bewegung in Deutschland und diskutiert die Sicht auf das Kind im Rahmen der antiautoritären Kinderladenbewegung (1967-1977). Rekonstruiert werden die historischen Voraussetzungen und Ausgangslagen jener alternativen Kindererziehung, die theoretischen Referenzen, Erziehungsziele und Praxen, um anschließend den Fokus auf die Sicht des Kindes zu richten und Traditionen und Innovationen herauszuarbeiten. Sowohl die pädagogischen Konzepte als auch die Perspektiven auf das Kind im Kontext von 68 sind heterogen, verfügen aber auch über gemeinsame Merkmale wie der Absage an Gehorsamkeitsorientierung als Erziehungsziel und der Enthierarchisierung der Generationendifferenz. Diese Sicht brachte veränderte Erziehungs- und neue Kinderkulturen hervor." (Autorenreferat)"This contribution discusses conceptions of childhood in the movement of '68 in West Germany. The article analyses how the child was seen within the 'Kinderladen' movement and the educational principles and practices followed. The conclusion focuses on different dimensions of the child as actor, discussing them in a wider perspective of both the cultural dimension of '68 and the continuities of ideas of progressive education in the 20th century." (author's abstract
Erinnerung, (Ver-)Schweigen und Leerstellen. Postsozialistische DDR-Geschichte in literarischen Texten
Die Grenzziehungen zwischen Ost und West sind von Grenzen zwischen den Generationen durchzogen, insofern interessieren sich die Autorinnen für das (Ver-)Schweigen und die Leerstellen im Sprechen zwischen den Generationen. Im Rahmen von Erinnerungskultur und Generationenverhältnissen fragen sie danach, woran das Schweigen festgemacht wird, ob es zwischen den Generationen situiert wird, und mit welcher Sprache es beschrieben wird, was unaussprechlich ist und welche Emotionen dabei bedeutsam sind. Anhand literarischer Erinnerungen an die DDR wird im Ergebnis deutlich, dass das Schweigen wesentlicher Bestandteil des Generationenverhältnisses ist, dass Leerstellen, Nichtthematisiertes und Sprachlosigkeit im generationalen Verhältnis hinsichtlich der Grenzziehungen zwischen Ost und West eine wichtige Rolle spielen. Deutlich wird aber auch, dass die Sprachlosigkeit expliziter und dadurch bearbeitbar wird. Eine Aufkündigung des Schweigens durch das Stellen von Fragen scheint wichtig zu sein. Da es keine gemeinsamen generationalen Erfahrungen zwischen Ost- und West gibt, stellt das Erzählen dieser Erinnerungen eine Brücke dar. Auch wenn neue Versuche des Sprechens immer wieder an Grenzen kommen, da sie fragil und riskant sind, so bleiben sie dennoch unerlässlich. (DIPF/Orig.)The demarcations between East and West are permeated by borders between the generations, insofar the autors are interested in the (dis)silence and the voids in speaking between the generations. In the context of memory culture and intergenerational relations, they ask what is used to define silence, whether it is situated between counter-rations, and what language is used to describe it, what is unspeakable, and what emotions are significant. On the basis of literary memories of the GDR, it becomes clear that silence is an essential component of the generational relationship, that voids, non-thematization and speechlessness play an important role in the generational relationship with regard to the demarcation between East and West. It also becomes clear, however, that speechlessness becomes more explicit and thus more workable. Breaking the silence by asking questions seems to be important. Since there are no common generational experiences between East and West, the telling of these memories represents a bridge. Even if new attempts to speak always come up against limits, as they are fragile and risky, they remain indispensable. (DIPF/Orig.
Von Doktorvätern, -müttern und akademischen Kindermädchen in der Nachwuchsförderung - pädagogische Rahmung durch Begrifflichkeiten
Promotionsprogramme in Deutschland werden zunehmend als pädagogische Räume gerahmt. Dies wird anhand der Begrifflichkeiten beteiligter Akteur*innen im empirischen Material gezeigt. Herausgearbeitet wird ein familiales Modell von Nähe und Abhängigkeit sowie eines von Schule. Funktionsträger*innen und Promovierende bewegen sich dabei durchaus in unterschiedlichen Begriffswelten, worin sich eine Modernisierung der Promotionskultur sowie eine Ablösung vom Meister-Schüler-Verhältnis zeigen könnte. Zugleich wird ein Fehlen angemessener Begrifflichkeit deutlich. (DIPF/Orig.