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Weisenräte als Reformmodell für die Europäische Union? Einfluss und Erfolgskriterien
Ausgangspunkt der Überlegungen des Autors ist die Dialektik aus Krise und Reform, welche den europäischen Integrationsprozess immer begleitet hat. Die Weisenräte haben hierbei teilweise als Impulsgeber für Wege aus der Krise fungiert, indem sie ein Orientierungswissen für die langfristige Planung generierten, dessen sich die Politik bedienen konnte. Der Autor identifiziert vier Erfolgskriterien, welche den Einfluss einer solchen Beratergruppe bestimmen: (1) das Vorhandsein eines Problembewusstseins bei allen beteiligten Akteuren, (2) die Fähigkeit zu strategischem Denken über das Situative hinaus, (3) die Existenz von politischer Macht sowie (4) die Schaffung einer entsprechenden politischen Infrastruktur. Die Bedeutung dieser Kriterien und deren Zusammenwirken verdeutlicht der Autor in einem historischen Rückblick - angefangen mit der Spaak-Gruppe von 1956. Seit den 1980er Jahren ist der Bedarf an strategischer Expertise noch gestiegen, wie z.B. der Werner-Plan, der Tindemans-Bericht oder der Delors-Bericht verdeutlichen. Als Konsequenz für die Reflexionsgruppe zieht der Autor folgende Bilanz: Die politische Infrastruktur ist schwach, der politische Wille zu weiteren Reformen ist nach dem Reformmarathon der letzten Jahre verbraucht und die Erfolgschancen der Gruppe um Gonzalez sind verglichen mit früheren Erfolgsmodellen wie den Delors-Initiativen relativ gering. (ICI2
Die deutsche Europa-Diskussion - Auf der Suche nach einer klaren Kontur
Die seit Jahren andauernde Krise Europas setzt die Politik des ganzen Kontinents unter Spannung. Die Herausforderung ist höchst komplex. Helmut Schmidt erklärt das Problem mit unverblümter Direktheit: "Was fehlt, ist Führung". Immer intensiver wird dazu der Blick auf Deutschland gerichtet. Welche Zukunftsperspektive wird für Europa eröffnet und welche Rolle wird Deutschland dabei übernehmen
Doppelte strategische Ratlosigkeit: Deutschland und Europa
Der Bedarf an kollektiver Identität der Deutschen und der Europäer insgesamt ist heute offenbar nicht in ausreichender Weise befriedigt. Jede moderne Massengesellschaft, gekennzeichnet durch technologische Produktionsbedingungen, durch abstraktes Spezialwissen, durch Anonymität der Beziehungen, durch plurale Lebenswelten, hat einen hohen Bedarf an kollektiver Identität, an gesellschaftlicher Orientierungsleistung. Diese wird mitgeprägt von den großen Themen und Aufgaben einer Zeit. Bezeichnenderweise wird die Frage nach der deutschen Identität wieder nachdrücklicher in der Bundesrepublik Deutschland in einer Zeit gestellt, in der gewissermaßen die Kataloge der Nachkriegsaufgaben erschöpft sind. Die alten prägenden Ideen und Aufgaben haben ihre Schubkraft verbraucht, ohne dass neue an ihre Stelle getreten wären. Dies bedeutet, dass ein eher höherer Bedarf an kollektiver Identität der Menschen in Deutschland und Europa besteht. Wenn man davon ausgeht, dass es in Deutschland gegenwärtig einen hohen Bedarf an Gemeinschaftsbewusstsein und Gemeinschaftserfahrung gibt, der nicht voll befriedigt wird, sondern sich eher in Distanzierungen und Rückzugsbewegungen äußert, dass es ein vagabundierendes Identitätsbedürfnis gibt, von dem man noch nicht weiß, wo es sich festmachen wird, dann wird die Zukunft Deutschlands und Europas wesentlich davon abhängen, ob und wie es gelingt, die kulturellen Interpretationsordnungen der neuen Epoche zu entwerfen. Ohne diese Leistungen gerät die moderne Gesellschaft aus den Fugen. Die doppelte Ratlosigkeit wird fatale Konsequenzen haben. Das leise Verschwinden der Politik wird dann explosive Folgen zeigen - in Deutschland und Europa. (ICF2
Die strategischen Antworten Europas
Europa hat zwei Gesichter. Es gab Zeiten, da waren die Europäer vom Wunder der Integration verzaubert. Nach Jahrhunderten leidvoller Erfahrung kriegerischer Gegnerschaften, nach imperialen Verwüstungen, nach nationalistischen Eruptionen hatten die Völker des Kontinents den inneren Hebel gleichsam komplett gewendet. Diese europäische Erfolgsgeschichte setzt sich heute fort. Gleichzeitig aber erscheint die Erfolgsgeschichte Europas gegenwärtig wie die Beschreibung einer entfernten Epoche. Die Rückkehr nationaler Egoismen und eine Erosion der Zustimmung prägen vielfach die Wahrnehmung der Europäischen Union.
In dieser Situation ist es hilfreich, das eigentliche Kernproblem der Integration in den Blick zu nehmen: das konzeptionelle Schisma zwischen den Mitgliedstaaten. Unvereinbare Perspektiven über die Zukunft des Kontinents prallen aufeinander. Vordergründig wird um Vertragstexte gestritten, im Kern geht es jedoch um antagonistische Zukunftsfixierungen. Ohne die Verständigung über die künftige politische Ordnung des Kontinents könnte das Europa der 25 und bald mehr Staaten erodieren, möglicherweise sogar zerfallen. Solange dies nicht offen angesprochen wird, kann es keine positive Klärung der Problemlage geben.
Die zentrale strategische Frage zur Zukunft der EU bleibt bis heute unbeantwortet: Wozu neue Anstrengungen unternehmen, warum neue Kräfte mobilisieren? Die Antwort auf diese Frage liegt in den neuen Konstellationen und Bedingungen der Weltpolitik: Es geht um die künftige Gestaltungskraft Europas in einer neuen globalen Ordnung. Die Zukunft Europas wird zunehmend durch Entwicklungen außerhalb des alten Kontinents entschieden. Es droht die Gefahr einer schleichenden Marginalisierung Europas. Europa muss nicht nur auf diese Entwicklungen reagieren, es hat vielmehr das Potenzial, die Regeln der neuen ökonomischen und politischen Weltordnung nach seinen Vorstellungen mitzugestalten.
Die Gestaltungsfähigkeit Europas und die Zukunft des europäischen Kontinents werden sich an der Frage entscheiden, ob es den Europäern gelingt, die "europäische Antwort" so zu erneuern, dass sie zukunftsfähig wird. Die Neubegründung Europas erfordert, dass sich der Kontinent nach innen sowie nach außen behauptet und sich gegenüber seinen Bürgern erklärt und rechtfertigt
Europe's strategic responses
"Europe has two faces. On the one hand, there was a time when Europeans were enchanted by the miracle of integration. After having experienced bitter centuries of war and enmity, imperial devastation, and outbursts of nationalism, the nations of Europe had begun to move in precisely the opposite direction.Yet, although the European success story continues to this day, it also resembles the description of a distant epoch. Perceptions of the European Union are increasingly characterized by a resurgence of national egoism and declining levels of public approval. In this situation it is helpful to recall the problem at the heart of the issue of integration, which is the conceptual schism among the member states. Contradictory and irreconcilable attitudes toward the future of Europe confront each other. The arguments are ostensibly about treaty texts, though deep down it is a matter of antagonistic views of the shape of things to come. If it proves impossible to reach some kind of agreement about the future political order of the continent, the Europe of 25 and soon more member states may well go into decline, and may possibly even fall apart. This problem cannot be resolved until the issue has been openly discussed. The principal strategic question concerning the future of the EU continues to remain unanswered.Why is there a need to undertake new efforts, why is it necessary to mobilize new powers? The answer to this question is linked to the new constellations and conditions of world politics. It has to do with Europe’s ability to shape developments in a new global order. Europe’s future is increasingly being determined by developments taking place beyond its borders. There is a danger that the old continent will gradually become marginalized. Europe must not only react to these developments, it also has the potential to inject its own ideas into the formulation of the rules governing the new economic and political world order. Both Europe's ability to exert its influence and the fate of the European continent depend on whether the Europeans will be able to renew the 'European answer' in a manner that enables them to respond effectively to future challenges. Providing Europe with a new raison d’être requires the EU to assert itself both internally and externally, and to clearly communicate the reasons for further European integration to citizens." (author's abstract
Nach dem EU-Gipfel in BrĂĽssel: Wie sieht die Zukunft Europas aus?
Am 21. und 22. Juni 2007 trafen sich die Staats- und Regierungschefs der 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Das Ergebnis des 35-stündigen Verhandlungsprozesses bewertet Werner Weidenfeld, Centrum für angewandte Politikforschung, Universität München, durchaus positiv. Seiner Meinung nach wurde mehr erreicht als viele erwartet hatten. Europa habe es noch einmal geschafft, nicht in den Abgrund des Scheitern zu stürzen, in den es während des Gipfels mehrfach habe blicken müssen. Im Vergleich zum geltenden Vertrag von Nizza sei die demokratische Legitimation und Handlungsfähigkeit erheblich gestärkt sowie weltpolitisches Handeln ermöglicht worden. Dafür habe die deutsche Ratspräsidentschaft eine feste Grundlage geschaffen. Wolfgang Wessels und Verena Schäfer, Universität zu Köln, sehen die Ergebnisse skeptischer. In dem Textentwurf für den Reformvertrag werde ein »doppeltes Dilemma« der Mitgliedstaaten deutlich, das von Beginn an den Ausbau des EU-Systems geprägt habe. Als »Ebenendilemma« könne man die Situation bezeichnen, dass nationalstaatliche Probleme nur durch die Übertragung von nationalstaatlichen Zuständigkeiten bzw. die Abgabe der De-jure-Souveränität an die europäische Ebene zu lösen seien. Das »Entscheidungsdilemma« bestehe darin, dass eine effiziente Problemlösung auf europäischer Ebene mit der Abgabe von nationalstaatlicher Handlungsautonomie verbunden sei. Auch dieser Reformvertrag biete keine eindeutige Antwort auf die Frage nach der Zukunft Europas im Sinne einer »klar formulierten Finalität«. Für Andreas Maurer, Stiftung Wissenschaft und Politik, Berlin, deutet vieles auf verstärkte Flexibilisierungs-, aber auch Fragmentierungstendenzen hin. Zusätzlich werden die »Abdriftungstendenzen« einiger EU-Mitgliedstaaten durch die eingetretene Schwächung der Europäischen Kommission noch verstärkt
Europas Potenziale im Zeichen der Krise
"Die Europäische Union (EU) steht im Jahr 2009 in Schlüsselbereichen ihrer Politik vor wichtigen Entscheidungen. Der Druck, gemeinsam nach Lösungen zu suchen, hat die Mitgliedstaaten der EU bereits näher zusammenrücken lassen – sei es mit Blick auf die Neugestaltung der transatlantischen Beziehungen, die Formulierung einer integrierten Energie- und Klimaschutzpolitik, die globale Finanz- und Wirtschaftskrise oder einen gemeinsamen wissenschafts- und forschungspolitischen Ansatz. Die Bewältigung all dieser Herausforderungen erfordert die Klärung grundlegender konzeptioneller Fragen. Europa benötigt Orientierung, einen Konsens über eine tragende Idee. Gelingt es der EU nicht, sich darauf zu verständigen, steht vieles auf dem Spiel. Es geht um Europas weltpolitische Mitverantwortung, seine Handlungsfähigkeit und seine Möglichkeit, Identität zu stiften. Europa braucht daher eine neue perspektivische Klarheit." (Autorenreferat
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