37 research outputs found
Die Kontrolle der "Anderen": Intersektionalität rassistischer Polizeipraktiken
»Wir haben kein ›Racial Profiling‹-Problem«, behauptet Max Hofmann vom Verband Schweizerischer Polizeibeamter in einem Interview mit dem öffentlich-rechtlichen Schweizer Radiosender SRF. Denn die Polizei kontrolliere keinesfalls einzelne Personen oder Gruppen aufgrund deren Hautfarbe. Solche und ähnliche Behauptungen äußern zahlreiche Vertreter* innen der Polizei, aber auch der Politik - nicht nur in der Schweiz.1 Problematisch daran ist nicht nur die Behauptung selbst, sondern auch, dass solche Aussagen noch immer die öffentliche Auseinandersetzung um Racial Profiling dominieren und damit sowohl eine längst überfällige Debatte als auch notwendige Sanktionen gegen rassistische Polizeipraktiken weitgehend blockieren.2 Diese Form der Bagatellisierung aber hat System: Mittels Abwehr und Verdrängung wird nicht nur jegliche Verantwortung zurückgewiesen, sondern zudem die Benennung diskriminierender Praktiken verunmöglicht. Rassismus und Polizei werden als undenkbare Verbindung begriffen und damit wird verhindert, Praktiken der Polizeikorps als strukturell rassistisch identifizieren zu können. Eine zentrale Einsicht gesellschaftskritischer Ansätze der Rassismusforschung besteht aber darin, dass sich Rassismus sowohl durch intentional oder unbewusst agierende Individuen artikuliert, als auch in vielfältiger Weise durch institutionelle Prozesse, in gesellschaftlichen Strukturen und in allgemeinen Werten und Normen wirkt. Solche als institutionell, strukturell oder auch systemisch bezeichnete Rassismen finden alltäglich statt, werden aber oft nicht direkt sichtbar, weil sie nicht als hate speech, Beleidigungen oder Ausschlüsse daherkommen, sondern sich in den als normal geltenden Entscheidungen und Handlungen gesellschaftlicher Institutionen verstecken.3 In gewisser Weise liegt dem Rassismus eine »Banalität« inne, schreibt Mark Terkessidis4 in Anlehnung an Hannah Arendt, um die Verwobenheit von Rassismus in die alltäglichen Funktionsmodi von Gesellschaft zu bezeichnen. Racial Profiling stellt in diesem Sinne eine Praxis dar, die sowohl bei der Polizei als auch in der Mehrheitsgesellschaft überwiegend als »normale« Polizeikontrolle angesehen wird, während sie bei den immer wieder Kontrollierten immens negative Wirkungen hervorruft
Tabu, Problem oder Standard? Die Ethnisierung von race-Klassifikationen in der deutschen Medizin- und Gesundheitsforschung
Der Beitrag widmet sich dem Phänomen des medizinischen und medizinnahen Forschens mit der – so ein für ein Interview angefragter Mediziner – „delikaten“ Kategorie race unter besonderer Berücksichtigung deutscher Perspektiven. Zu diesem Zweck wird zunächst quantitativ dargestellt, wie häufig und abhängig von welchen Bedingungen race-Klassifikationen in medizinischen und gesundheitswissenschaftlichen Forschungsprojekten eingesetzt werden, wenn Wissenschaftler*innen deutscher Forschungseinrichtungen beteiligt sind. Datengrundlage bildet hier eine 546 Forschungsartikel umfassende Metastudie. Danach wendet sich der Beitrag der Frage zu, ob race-Klassifikationen diese Forscher*innen vor Probleme stellen. Berührt ihr Gebrauch ein Tabu oder gehört er für diese vielmehr zum Standard gegenwärtiger Medizinforschung und wird als unproblematisch angesehen? Ausgehend von einer qualitativen Studie, zu der neben den Publikationen auch 15 Autor*inneninterviews gehören, werden drei Formen der Ethnisierung von race vorgestellt, die das Ziel verfolgen den Gebrauch von race-Klassifikationen zu entproblematisieren
Racial Profiling: Erfahrung, Wirkung, Widerstand
Racial Profiling ist eine diskriminierende und rechtswidrige polizeiliche Praxis, die nur wenig öffentliche Beachtung findet. Im Zentrum der Studie der Kollaborativen Forschungsgruppe Racial Profiling stehen Menschen in der Schweiz, für die rassistische Polizeikontrollen zum Alltag gehören. Hierzu führten wir Interviews mit Personen, die sich selbst als Schwarze*r, Person of Color, Jenische*r, Sinto*Sintezza, Rom*ni, Muslim*in, Asiat*in oder als Migrant*in bezeichnen sowie als Sexarbeiterin tätig sind. Sie alle sind von ähnlichen Formen der Kriminalisierung betroffen, unterliegen jedoch auch spezifischen polizeilichen Praktiken – je nach Geschlecht, Aufenthaltsstatus, Staatsangehörigkeit und sozioökonomischem Status. Neben den konkreten Erlebnissen kommen auch die Folgen und Wirkungen der Kontrollen für die Kontrollierten, betroffene Communitys sowie die Gesellschaft zur Sprache. Thematisiert werden zudem verschiedene Taktiken im Umgang mit der ständigen Gefahr, ins Visier der Polizei zu geraten sowie Strategien, um sich individuell, aber auch kollektiv gegen diese rassistische Praxis zur Wehr zu setzen
Humor in radiological breast cancer screening: a way of improving patient service?
BACKGROUND
Breast cancer screening is essential in detecting breast tumors, however, the examination is stressful. In this study we analyzed whether humor enhances patient satisfaction.
METHODS
In this prospective randomized study 226 patients undergoing routine breast cancer screening at a single center during October 2020 to July 2021 were included. One hundred thirty-two were eligible for the study. Group 1 (66 patients) received an examination with humorous intervention, group 2 (66 patients) had a standard breast examination. In the humor group, the regular business card was replaced by a self-painted, humorous business card, which was handed to the patient at the beginning of the examination. Afterwards, patients were interviewed with a standardized questionnaire. Scores between the two study groups were compared with the Mann-Whitney U test or Fisher's exact test. P-values were adjusted with the Holm's method. Two-sided p-values < 0.05 were considered significant.
RESULTS
One hundred thirty-two patients, 131 female and 1 male, (mean age 59 ± 10.6 years) remained in the final study cohort. Patients in the humor group remembered the radiologist's name better (85%/30%, P < .001), appreciated the final discussion with the radiologist more (4.67 ± 0.73-5;[5, 5] vs. 4.24 ± 1.1-5;[4, 5], P = .017), felt the radiologist was more empathetic (4.94 ± 0.24-5;[5, 5] vs.4.59 ± 0.64-5;[4, 5], P < .001), and rated him as a humorous doctor (4.91 ± 0.29-5;[5, 5] vs. 2.26 ± 1.43-1;[1, 4], P < .001). Additionally, patients in the humor group tended to experience less anxiety (p = 0.166) and felt the doctor was more competent (p = 0.094).
CONCLUSION
Humor during routine breast examinations may improve patient-radiologist relationship because the radiologist is considered more empathetic and competent, patients recall the radiologist's name more easily, and value the final discussion more.
TRIAL REGISTRATION
We have a general approval from our ethics committee because it is a retrospective survey, the patient lists for the doctors were anonymized and it is a qualitative study, since the clinical processes are part of the daily routine examinations and are used independently of the study. The patients have given their consent to this study and survey
Smoking trends and health equity in Switzerland between 1992 and 2017: dependence of smoking prevalence on educational level and social determinants
BackgroundSwitzerland ranks among the top three healthcare systems in the world with regards to healthcare access, suggesting a high degree of health equity. However, Switzerland has few preventive strategies against smoking abuse. The aim of this study is to clarify whether educational level and citizenship status have an influence on the prevalence of smoking in Switzerland and whether there is health inequity related to a lack of preventive strategies.MethodsWe based our analysis on publicly available health data published in the Swiss government's Swiss health survey (1992–2017). We compared the prevalence of smoking across the years and correlated these data with levels of educational attainment, citizenship status and age.ResultsA continuous significant decline in smokers is observed in the highest education group (TERT). Over time, prevalence was reduced from 29% in 1992 to 23% in 2017 (p < 0.001). The intermediate-level educational group (SEK 2) showed smaller but also significant decline on a 0.05 sigificance level over the same period, from 31% to 29% (p = 0.003). The lowest educational group showed a nonsignificant decline from 28% to 27% (p = 0.6). The population who holds Swiss citizenship showed a decrease in smoking from 28% to 26% within the time frame (p < 0.001). People without Swiss citizenship had a much higher prevalence of smokers, at 38% in 1992 and declining to 32% in 2017 (p < 0.001). All cohorts from age 15 to age 64 have a far higher prevalence of smokers than cohorts at an older age, with the highest prevalence in the 25–34 age group.ConclusionIn Switzerland, individuals with lower levels of education and non-Swiss populations are more susceptible to health risk of smoking. This is despite the existence of a high-quality healthcare system that has nevertheless failed to negated health inequities
‘Race’ and ‘Gender‘: A Perpetual Mobile of Scientific Production
Christine Hanke untersucht die Differenzproduktion in der physischen Anthropologie um 1900. Ergebnis ihrer diskurs- und medientheoretischen Analyse ist vor allem die Sichtbarmachung des performativen Charakters naturwissenschaftlicher Forschungen. Die Arbeit bietet eine differenzierte Behandlung und Kritik der Herstellung von ‚Rasse‘ und ‚Geschlecht‘. Darüber hinaus ermöglicht sie eine Fülle von Einblicken, die in anthropologischen Publikationen durch Reinigungsprozesse in den Hintergrund treten und im Mainstream der Wissenschaftsgeschichte und Wissenschaftsforschung üblicherweise nicht wieder zum Vorschein gebracht werden.Christine Hanke examines the production of difference in physical anthropology around 1900. Her approach, which uses discourse analysis and media theory, displays the performative character of natural scientific research. The work facilitates a differentiated approach to and critique of the creation of ‘race’ and ‘gender.’ In addition, it offers a wealth of insight that often retreats to the background of anthropological publications due to streamlining and that normally does not surface again in mainstream scientific history and research
Effects of racial profiling: the subjectivation of discriminatory police practices
This paper addresses the effects and consequences of police checks in Swiss cities. In our participatory and collaborative research, we focus on the perspectives of those for whom racial profiling is part of everyday life. Using a theoretical perspective of subjectivation, we draw on thirty qualitative interviews with members of racialized minorities. We analyse not only the immediate effects of stop and searches such as feelings of humiliation, powerlessness and self-accusation but also long-term consequences such as the restriction of one's own movement in public spaces, fear of police, social withdrawal and loss of trust in state authorities. Ultimately, we examine the tactics and forms of resistance comprising elements of specific subjectivities that individuals use to deal with racial profiling