Fachgeschichte im Generationenfokus: Überlegungen zu einer generationsgeschichtlichen Heuristik für die Fachgeschichte der Kommunikationswissenschaft

"Die Wissenschaftsgeschichte unterscheidet in ihren Forschungen die historische, kognitive und soziale Identität eines Faches (Wolf Lepenies). Der Vortrag soll das auf die Ebene der Geschichte einer Disziplin herabbrechen, die am Beginn des 20. Jahrhunderts aus der Gemengelage von frühen (vor-)wissenschaftlichen Bemühungen zur Erforschung der Presse, Nationalökonomie und Soziologie entstand: der Zeitungswissenschaft. Ihre 'Nachfolgedisziplin', die heutige Kommunikationswissenschaft, richtet den Blick auf ihren 'Urahn' aus ähnlichen Perspektiven. Ideen- und Sozialgestalt stehen im epistemologischen Zentrum der kommunikationswissenschaftlichen Fachgeschichte. Im Vortrag soll entlang dieser Leitlinien die Genese kommunikationswissenschaftlicher Fachgeschichtsschreibung nach 1945 nachgezeichnet werden. Dabei fallen insbesondere mit dem Blick auf die Auseinandersetzung um die Geschichte des Fachs in der NS-Zeit (phasenabhängige) Generationenspezifika auf: Anfänglich herrschte das Beschweigen der als 'NS-Führungswissenschaft' belasteten Disziplin vor. Dies ist teils aus den kontinuierlichen Karrieren ihrer Wissenschafts-'Eliten' erklärbar. Die nächste Epoche der Fachgeschichtsschreibung ist gekennzeichnet von einem Aufbrechen dieser Strukturen. Diese Generation fragte erstmals kritisch nach der Vergangenheit ihres Fachs und ihrer 'Lehrer'. Vom Bruch mit dem 'Establishment' gekennzeichnet, trug dies oftmals den Charakterzug einer abschätzig auch als 'Nazi-Zählen' zu bezeichnenden Handlungsqualität. Eine nunmehr zu konstatierende 'dritte Generation' scheint sich von beiden Extremen zu lösen. Einerseits sind die Netzwerke und Strukturen 'Ehemaliger' lückenhaft geworden. Das bot Raum für ein zunehmend kritisches Fachverständnis. Beides mündete in einer distanzierten, differenzierten Form von kommunikationswissenschaftlicher Fachgeschichtsschreibung. Die 'Erinnerungsarbeit' im Fach weist also in allen oben skizzierten Phasen spezifische Merkmale auf. Ziel des Vortrags ist es, anhand der (dominanten und essentiellen) biographischen Forschung des Fachs Perspektiventriangulationen zu identifizieren. Dabei sollen die Besonderheiten der generationenspezifischen Fragestellungen je nach Art und Reichweite der erzielbaren/ erzielten Erkenntnisse, Epoche, Forschungsethik und verwandter Methodik in Abgleich zueinander gebracht werden. Im Umkehrschluss ergeben sich vielleicht auch Kriterien für die ethisch-normative Qualität von Fachgeschichte im Kontext 'belasteter' Disziplinen." (Autorenreferat

Auf Schleichwegen in die neue Zeit? Anmerkungen zur Re-Konstituierung der Zeitungswissenschaft als Publizistik(wissenschaft) nach 1945

"Man sollte meinen, dass der Begriff 'Anpassung' in der historischen Forschung zur Frage der Diskontinuität und Kontinuität von Eliten in Deutschland nach 1945 eine zentrale Bedeutung besitzt. Meist wird er aber nur dort benutzt, wo es um das flüchtige Erklären und Verstehen-Wollen von Anpassungsakten einzelner (meist prominenter) Persönlichkeiten geht. An einer systematischen Auseinandersetzung mit dem Begriff, der letztlich ein wesentliches Movens für Elitenkontinuität(en) ist, fehlt es bislang. Genau dies ist in der Diskussion um ein allgemeines Erklärungsmodell der Diskontinuitäten und Kontinuitäten von Karrieren in unterschiedlichen politischen Systemen vonnöten. Insofern sollte seine heuristische Erklärungskraft auch für die fach- und wissenschaftshistorische Forschung geprüft werden. Der Vorschlag des Verfassers ist, mit 'Anpassung' erst einmal nicht einzelne Handlungsweisen zu fassen, sondern - mit Hilfe eines ideen- und institutionenhistorischen Zugangs - das Klima und den Kontext zu untersuchen, in denen 'Anpassung' gefördert oder gestört wird. Das ermöglicht dann im Vergleich mit der Entwicklung verschiedener Fächer, Muster diskursiver und institutioneller Strategien herauszustellen, die die Kontinuität von Wissenschaften nach 1945 getragen haben. Mittlerweile ist die disziplingeschichtliche Auseinandersetzung innerhalb der Kommunikationswissenschaft (biographisch und institutionengeschichtlich) soweit gediehen, dass ein systematischer Blick auf die Mechanismen und Prozesse, die es ihrer Vorläuferdisziplin Zeitungswissenschaft trotz ihrer 'Überanpassung' an den NS-Staat erlaubten, nach 1945 Kontinuität zu wahren, möglich wird. Ziel des Vortrags ist es, nach einer Systematisierung der institutionellen Mechanismen und Prozesse des 'Überlebens' der Zeitungswissenschaft nach 1945, der Frage nachzugehen, mit welchen Ideen das Fach sich seinen Bestand in der Nachkriegszeit zu sichern suchte. Dabei zeigt sich aus der Perspektive der longue durée die Auseinandersetzung um den Wandel des Fachs von einer Geistes- zu einer Sozialwissenschaft. Die von den arrivierten Eliten des Fachs nach 1945 immer noch transportierte 'konservative Dogmatik' (Stefanie Averbeck) wurde immer weniger der Erkenntnis von Medien und Öffentlichkeit in einer demokratischen Gesellschaft gerecht. Erst mit Neugründungen von Instituten in den 1960er Jahren sicherte sich das Fach mit einer sozialwissenschaftlichen Neuorientierung von Erkenntnisinstrumentarien und Erkenntnisperspektiven sein 'Überleben'." (Autorenreferat

Kritische Perspektiven und Potentiale historischer Kommunikations- und Medienforschung im digitalen Zeitalter: Erfahrungen und Herausforderungen

"Kommunikationsgeschichte Digitalisieren" ist eine 2017 gegründete Initiative, die im Feld der deutschsprachigen kommunikations- und medienhistorischen Forschung aktiv ist. Neben der fachpolitischen Bewusstseinsbildung und Selbstreflexion innerhalb des kommunikations- und medienhistorischen Gebiets sowie der praktischen Kompetenzvermittlung von Digital Literacy für Kommunikations- und Medienhistoriker*innen ist die Vermittlung von Historical Literacy für die Kommunikationswissenschaft ein wesentliches programmatisches Anliegen der Initiative. Vor diesem Hintergrund versteht sich die Initiative als ein interventionistisches und kritisches Projekt, dessen Kritikverständnis und kritisches Potential im Beitrag vorgestellt werden."Digitizing Communication History" is an initiative founded in 2017 that is active in the field of German-language research in communication and media history. In addition to raising awareness and self-reflection within the field of communication and media history as well as the practical teaching of digital literacy skills for communication and media historians, the transfer of historical literacy for communication studies is a key programmatic concern of the initiative. Against this background, the initiative sees itself as an interventionist and critical project, whose critical understanding and potential are presented in the paper

International Comparison of Guarded Hot Plate Facilities at Low Temperature on Mineral Wool Insulation Material

In 2000, the Institute for Reference Materials and Measurements (IRMM) proposed the creation of a new European certified reference material for the thermal conductivity measurements IRMM-440. A specific production batch of high density (64–78 kg/m3) resin-bonded glass fiber boards was manufactured and characterized by a group of six leading European laboratories with long-standing expertise in thermal conductivity measurements, including four national measurements institutes. The IRMM-440 has since been used as the European certified reference material for thermal conductivity measurements on thermal insulation covering temperatures between –10°C and 50°C, and most frequently to calibrate Heat Flow Meter apparatus making measurements at 10°C. The aim of this article is to present an international interlaboratory comparison of thermal conductivity measurements made on IRMM-440 at temperatures between –170°C and 20°C. This is the first step to define an insulation reference material for low temperature applications. Indeed, there is currently no reference material available with certified thermal conductivity values for temperatures below –10°C. Furthermore, a legal requirement for European conformity marking (CE) was introduced in the European Economic Area in August 2012 for thermal insulation products intended for use in building equipment and industrial installations. The manufacturers of these products are required to declare a “curve” of thermal conductivity against temperature for the whole temperature range at which the product is intended to be used. The values used to produce these “curves” need to be verified by an independent notified laboratory. The data presented in this article comes from a report from the European Commission (2015): “Certification of a Resin-Bonded Glass Fibre Board for Thermal Conductivity between –10ºC and 50ºC, IRMM-440” (European Commission, 2000), which gives the thermal conductivity values of Dipartimento di Fisica Tecnica (DFT) from Italy. It also includes additional measurements made by National Physical Laboratory (NPL) from UK, Laboratoire National de Métrologie et d’Essais (LNE) from France, Forschungsinstitut für Wärmeschutz (FIW) from Germany and Instytut Mechanizacji Budownictwa i Górnictwa Skalnego (IMBiGS) of Poland. These last four laboratories have each made measurement on their own specimens of the IRMM-440 certified reference material. All measurements were carried out using Guarded Hot Plate apparatus designed for low temperature measurement and following specifications given in the (International Organization for Standardization [ISO] 8302)

Comparative Testing of Thermal Conductivity for Thermal Insulation Products: The European Keymark Experience for More Than 50 Equipment at 25 Test Institutes

This article describes comparative testing of thermal conductivity on a range of thermal insulation products used in the construction of buildings. This testing was arranged by the CEN Keymark scheme for voluntary certification of insulation within Europe, and measurements have been performed using over 50 instruments in more than 25 registered laboratories. The uniformity of the material and a unique thermal conductivity value for each set of test specimens that were used in the comparison have been established according to the Keymark scheme rules, which were developed by experts from the most respected European laboratories. These experts include most of the laboratories responsible for characterizing the European certified reference material (IRMM 440) for thermal conductivity measurements on thermal insulation products (Quin, Venuti, De Ponte, & Lamberty, 2000). The sets of test specimens that have been characterized by the expert group were circulated and measured by the laboratories registered within the Keymark scheme, and the results are presented in this article and compared to the results of the first comparative testing in the Keymark scheme carried out up to August 2003 and presented at ITCC 27 (Rasmussen & ITCC 27 Paper, 2003). The voluntary Keymark scheme works alongside the mandatory CE conformity mark (CE mark) used within the European Union and includes rigorous auditing and assessment of measurement capability, which provides a high level of confidence in measured thermal conductivity values produced by registered laboratories. Information on this Keymark scheme can be found on the website: www.insulation-keymark.org

Historizing international organizations and their communication – institutions, practices, changes

The Thematic Section focuses on a topic that has thus far received little attention from communication and media researchers: the history of international organizations and their communication. Since the second half of the 19th century, for numerous and diverse areas of social life, globally active international organizations of varying degrees of institutionalization and scope, both non-governmental and intergovernmental, have been founded and have dedicated themselves to the global challenges of the first modern age (Herren, 2009). The most famous of these is certainly the League of Nations, which was established in 1919 as the predecessor institution of the United Nations

Phylogenomic assessment prompts recognition of the Serianthes clade and confirms the monophyly of Serianthes and its relationship with Falcataria and Wallaceodendron in the wider ingoid clade (Leguminosae, Caesalpinioideae)

The Indo-Pacific legume genus Serianthes was recently placed in the Archidendron clade (sensu Koenen et al. 2020), a subclade of the mimosoid clade in subfamily Caesalpinioideae, which also includes Acacia, Archidendron, Archidendropsis, Falcataria, Pararchidendron, Paraserianthes and Wallaceodendron. Serianthes comprises ca. 18 species, five subspecies and two varieties that are characterised by bipinnately compound leaves with alternate sessile leaflets, branched axillary corymbiform panicles and woody indehiscent pods. Generic relationships, as well as species relationships within genera in the Archidendron clade, remain uncertain. While the sister relationship between Serianthes and the genus Falcataria is strongly supported by molecular data, the distinction between Serianthes and the monotypic genus Wallaceodendron has been questioned, based on their similar flower and fruit morphologies. We combined three gene-enriched hybrid capture DNA sequence datasets (generated from the 964 mimobaits v1 probe set, the expanded 997 mimobaits v2 probe set and the GoFlag angiosperm 408 probe set) and used their overlapping markers (77 loci of the target exonic and flanking regions) to test the monophyly of Serianthes and to investigate generic relationships within the Archidendron clade using 55 ingoid plus two outgroup taxa. We show that Serianthes is monophyletic, confirm the Serianthes + Falcataria sister relationship to Wallaceodendron and recognise this combined clade as the Serianthes clade within the Archidendron clade. We also evaluated the use of overlapping loci across datasets in combination with concordance analyses to test generic relationships and further investigate previously unresolved relationships across the wider ingoid clade. Concordance analysis revealed limited gene tree conflicts near the tips of the Archidendron clade, but increased discordance at the base of the clade, which could be attributed to rapid lineage divergence (radiation) and/or incomplete lineage sorting

Dilemmas in generic delimitation of Senegalia and allies (Caesalpinioideae, mimosoid clade): how to reconcile phylogenomic evidence with morphology and taxonomy?

Senegalia comprises 219 species distributed in tropical and subtropical regions of North and South America, Africa, Asia and Australia. Two sections are currently recognised within Senegalia and these are most readily distinguished by the differences in disposition of their cauline prickles, i.e. sect. Senegalia with prickles at or near leaf nodes and sect. Monacanthea with mostly internodal prickles. Previous phylogenetic studies, based primarily on small numbers of plastid DNA loci, found Senegalia to be monophyletic with two large subclades corresponding to the sections. Here, we present new phylogenomic evidence from 997 single-copy nuclear gene sequences for a small, but representative set of species. These new analyses show that Senegalia is non-monophyletic, but instead, forms a grade that is paraphyletic with respect to the remainder of the ingoid clade (i.e. Ingeae + Acacia s.s. + Acaciella), comprising two well-supported subclades most likely representing the same clades as found in previous phylogenetic studies of the genus and, interspersed between these, a third, moderately supported clade, comprising the genera Mariosousa, Pseudosenegalia and Parasenegalia. In marked contrast to the nuclear phylogeny, the two Senegalia clades are sister groups in the plastid phylogeny, based on analyses of 72 chloroplast genes, rendering the genus monophyletic, based on plastid data alone. We discuss this new evidence that Senegalia is non-monophyletic in relation to the marked cytonuclear discordance, high gene tree conflict and lack of resolution across this senegalioid grade and review the consistency of the key morphological characters distinguishing the two sections of Senegalia. We conclude that it is likely that Senegalia will need to be split into two (or possibly more) genera: a re-circumscribed Senegalia s.s. that corresponds to the existing Senegalia sect. Senegalia plus the S. ataxacantha group (Senegalia sect. Monacanthea s.s.; future studies may show that this group warrants generic status) and a new genus corresponding to the remainder of sect. Monacanthea (here designated as Senegalia sect. Monacanthea p.p.). However, re-delimiting Senegalia now would be premature given that the key morphological characters are not fully congruent with the two sections and pending denser phylogenetic sampling of taxa. A judiciously selected list of critical taxa is presented to facilitate future phylogenomic studies. Finally, we discuss the identity of Albizia leonardii, which is also placed in this senegalioid grade in these new phylogenomic analyses and place it in synonymy with Parasenegalia vogeliana