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Spitzentechnologie und Datensicherheit: [Arbeitsübersetzung]
Diese Stellungnahme wurde von den Nationalen Akademien der Wissenschaften der G7-Staaten unter Federführung der Royal Society of Canada zur Beratung des Gipfeltreffens der Staats- und Regierungschefinnen und -chefs der G7 Staaten in Kanada im Jahr 2025 erarbeitet. In den letzten zwei Jahrzehnten haben Anzahl, Umfang, Nutzen und Einsatz von Datenerfassungssystemen, Datenverarbeitungs- und Datenarchivierungstechnologien, einschließlich Systeme mit Künstlicher Intelligenz (KI), die Daten nutzen, um Schlussfolgerungen zu ziehen oder Handlungen auszuführen, erheblich zugenommen. Laut dem International Scientific Report on the Safety of Advanced AI stehen dem Potenzial der KI zum Nutzen der Menschheit potenziell schwerwiegende Risiken gegenüber. Daher ist ein mehrstufiger, ganzheitlicher, auf den Menschen ausgerichteter und intelligenter Governance- und Regulierungsansatz erforderlich, um die Vorteile dieser Technologien nicht zu schmälern und gleichzeitig die Probleme anzugehen
Grenzen
Die Bedeutung von Grenzen – ihre Markierung, ihre Kontrolle und ihre Überschreitung – nimmt derzeit in den unterschiedlichsten Lebensbereichen signifikant zu. Im Politischen war beispielsweise in den 1990er-Jahren mit der Einführung des Schengen-Raums die Vorstellung einer grenzfreien europäischen Zone noch weit verbreitet und fand allgemeinen Zuspruch. Inzwischen werden an allen deutschen Grenzen sowie an denen weiterer Mitgliedsstaaten vorübergehend wieder Kontrollen durchgeführt, was mit der gestiegenen Migration und einer sich dadurch verschlechternden nationalen Sicherheitslage begründet wird. Vor allem die Kriege und Repressionen in Syrien und Afghanistan sowie der Angriffskrieg des Putin- Regimes gegen die Ukraine haben viele Menschen zur Flucht nach Europa gezwungen. Dadurch ist die Debatte um die Kontrolle der europäischen Außengrenzen und das Asylverfahren für Geflüchtete erneut in den Mittelpunkt politischer und gesellschaftlicher Diskussionen gerückt. Grenzziehungen und Grenzüberschreitungen haben derzeit also Konjunktur. Sie sind zentrale Aspekte unserer Sprache, sie bestimmen verstärkt unseren Umgang miteinander, sie kennzeichnen den menschlichen Gestaltungswillen und prägen die mediale Kommunikation. All diese Bereiche verändern sich aktuell massiv durch technische Innovationen, wie künstliche Intelligenz sowie durch soziale und ökologische Herausforderungen, wie dem Klimawandel. Ihnen nachzugehen ist eine der zentralen Aufgaben engagierter Wissenschaften. Schließlich gilt: Die Art und Weise, wie wir über Grenzen und Grenzüberschreitungen nachdenken, bestimmt unser Handeln; ihre Reflexion verleiht unserem Agieren einen übergeordneten Rahmen – sei dieser moralisch, rational oder humanitär. Das Nachdenken über Grenzen erfordert eine interdisziplinäre Auseinandersetzung, der sich die Autor*innen dieses Heftes aus der Perspektive der Politik, der Architektur, der Klima- und Krisenforschung, der Philosophie, der Psychologie sowie der Sprachwissenschaften widmen. Einen weiteren zentralen Beitrag zum Umgang mit dem Liminalen können die Künste liefern, und zwar hinsichtlich der Themen menschlicher Verfügungsgewalt, Lebenswelten und Lebensweisen. Die Junge Akademie zeigt zu dieser Thematik darum eine Ausstellung mit dem Titel Unendlichkeit, Leere, Lebendigkeit im Hamburger Planetarium, die sich mit den Potenzialen und Gefahren der Vorstellung eines grenzenlosen Universums befasst. Auch die in der vorliegenden Publikation versammelten Autor*innen werfen einen facettenreichen Blick auf das Thema der Grenzüberschreitung zwischen Kunst und Wissenschaft. Dem Verhältnis von internationalen Verhältnissen zu den Belangen der einzelnen Nationalstaaten widmet sich Hanna Pfeifer. Die Politikwissenschaftlerin verdeutlicht, dass dringliche Fragen in Bezug auf internationale Menschenrechte, Migration und Klimawandel immer häufiger in Konflikt geraten mit den Interessen der Nationen. Insbesondere Kriege lassen Ländergrenzen sowohl manifest als auch porös werden, wobei regelmäßig die Grenze von dem überschritten wird, was innerhalb von Menschlichkeit vorstellbar ist. Aus künstlerisch-kreativer Perspektive beschreibt der Architekt Benedikt Hartl in seinem Beitrag, wie Grenzen in der Architektur sinnlich erfahrbar werden. Allerdings sind diese Momente materieller Absolutheit auch diejenigen, in denen die Architektur über ihre eigenen Vorgaben hinauswächst und neue Möglichkeiten des Lebens und Denkens schafft. Leonie Wenz markiert in ihrem Text die Bedeutung von Ländergrenzen für den Umgang mit menschengemachten ökologischen Veränderungen. Da der Klimawandel sich nicht an Ländergrenzen hält, verschärft sich aktuell ein Spannungsverhältnis zwischen lokalen Vereinbarungen und globalen Regelungen im politischen Bereich, was die Notwendigkeit eines kollektiven und solidarischen Handelns deutlich macht. Radin Dardashti beleuchtet die Grenzen wissenschaftlicher Forschung anhand der Theorien von Thomas S. Kuhn und Karl R. Popper. Er zeigt, wie Paradigmen sowohl Orientierung als auch Einschränkungen bieten und dass deren bewusste Hinterfragung neue wissenschaftliche Perspektiven eröffnen kann. Die Reflexion über diese Grenzen betont zudem die Parallelen zwischen wissenschaftlichem Denken und der Komplexität menschlicher Weltanschauungen. Welche Auswirkungen, Erkenntnisse und Erfindungen im Bereich der neurowissenschaftlichen Forschung bezüglich der Ich-Erfahrung haben, zeigt der Psychologe Jakub Limanowski in seinem Beitrag. Im Zentrum stehen dabei die Mechanismen körperlicher Selbstidentifikation und Selbst-Fremd-Unterscheidung. Ziel der Studien ist die Frage nach den Grenzen menschlicher Selbstwahrnehmung, ihrer Flexibilität und Ausdehnung innerhalb einer zunehmend technologisierten Welt. Garvin Brod und Kathrin Wittler stellen in ihrem Artikel fest, dass die Grenzen menschlicher Imagination und Erfahrung auch die Möglichkeiten ihrer Verbalisierung bestimmen. Die Autor*innen widmen sich den Momenten, in denen die Grenzbereiche von Sprache(n) bewusst werden. Diese spielen auch im interdisziplinären Austausch zwischen den Wissenschaften eine große Rolle, wenn – wie innerhalb der Jungen Akademie – Vertreter*innen unterschiedlicher Fächer gemeinsam ein Thema v erhandeln. Visuell fängt das Poster auf der Rückseite das diesjährige Magazinthema in seiner thematischen und sinnlichen Vielfalt ein. Das Puzzle mit den unterschiedlichen Symbolen eröffnet den Blick auf eine kartografische Landschaft zum Liminalen, die mit ihrem Fassettenreichtum zahlreiche individuelle Assoziationen und Verknüpfungen anregt
Laudatio 90 Jahre Volker ter Meulen – zum 19. Juni 2024
In einem 90-jährigen Leben gibt es viele Höhen und Tiefen, selbst in dem, was ich ein gewöhnliches Leben nennen würde. Aber unser heutiger Jubilar hat alles andere als ein normales Leben geführt. Aus dessen wahrhaft ungewöhnlichem Wirken möchte ich nur drei Facetten hervorheben, die ihn, so hoffe ich, in besonderem Maße charakterisieren, nämlich die Virologie, die Leopoldina und das Alter
Vorwelt für die ganze Familie: Paläontologisches Wissen in der Zeitschrift Die Gartenlaube
Im Laufe des 19. Jahrhunderts erobert die Vorwelt zunehmend auch das bürgerliche Wohnzimmer. Nach 1848 gewinnen die naturwissenschaftliche Berichterstattung und damit auch Themen rund um die Gebiete Paläontologie, Geologie, Erdgeschichte, Fossilienfunde oder neueste Erkenntnisse und Lehren wie der Darwinismus in nichtwissenschaftlichen, publizistischen und literarischen Medien an Bedeutung. Der Beitrag widmet sich der Vermittlung und Präsentation paläontologischen Wissens in der im 19. Jahrhundert überaus populären Familienzeitschrift Die Gartenlaube. Im Zentrum steht die Frage, inwiefern vielgelesene und weitverbreitete Zeitschriften wie Die Gartenlaube eine neue Dimension der Wissenskommunikation und Wissenspopularisierung im 19. Jahrhundert eröffnen, auf welche Heraus- und Anforderungen sie reagieren und welche (zuweilen auch politischen) Intentionen sie verfolgen. Nähere Betrachtung findet das Spannungsfeld zwischen anschaulich-narrativer und naturkundlich-fundierter Berichterstattung, zwischen Publizistik, Populärprosa und Fachwissenschaft, in dem die verschiedenen Zeitschriftenartikel angesiedelt sind. Zudem rücken Vermittlungs- und Darstellungsstrategien von Naturforscherpersönlichkeiten wie Emil Adolph Rossmässler (1806 –1867), Christian Gottfried Giebel (1820 –1881) und Carl Ernst Bock (1809 –1874) in den Fokus, die mit mehreren paläontologischen Artikeln in der Gartenlaube vertreten sind.In the course of the 19th century, the prehistoric world increasingly conquers the bourgeois living room as well. After 1848, scientific reporting and thus also topics related to the fields of paleontology, geology, earth history, fossil discoveries, or the latest findings and doctrines such as Darwinism gain importance in non-scientific, journalistic, and literary media. The article is dedicated to the mediation and presentation of paleontological knowledge in the family magazine Die Gartenlaube, which was extremely popular in the 19th century. The focus is on the question to what extent widely read and distributed journals such as Die Gartenlaube opened up a new dimension of knowledge communication and knowledge popularization in the 19th century, which challenges and demands they responded to, and which (sometimes also political) intentions they pursued. The field of tension between descriptive-narrative and natural history-based reporting, between journalism, popular prose, and specialized science, in which the various journal articles are situated, is examined more closely. In addition, the mediation and presentation strategies of natural scientists such as Emil Adolph Rossmässler (1806 –1867), Christian Gottfried Giebel (1820 –1881) and Carl Ernst Bock (1809 –1874), who are represented with several paleontological articles in the Gartenlaube, come into focus
Hypothetische Abbildungen: Paläobotanische Landschaftsbilder in Franz Ungers und Josef Kuwassegs Die Urwelt in ihren verschiedenen Bildungsperioden sowie Alexander von Humboldts Ansichten der Natur
Der Artikel untersucht Abbildungen von erdgeschichtlichen Epochen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts und erläutert den Einfluss von Alexander von Humboldts Ansichten der Natur auf den Bildzyklus Die Urwelt in ihren verschiedenen Bildungsperioden, der aus der Zusammenarbeit des Paläobotanikers Franz Unger und des Landschaftsmalers Josef Kuwasseg entstanden ist. Dabei betone ich die besondere Bedeutung von Pflanzen in beiden Werken. In einem ersten Schritt arbeite ich anhand von Humboldts Ansichten und Kosmos einen metaphorischen, an Tableau und Physiognomie orientierten Bildbegriff heraus. Humboldt stellt spezifische Landschaften in den holistischen Zusammenhang von Verhältnissen und Prozessen, die sich räumlich über die gesamte Erde und zeitlich über deren geologische Geschichte erstrecken. In einem zweiten Schritt erläutere ich, wie dieser doppelte Verweiszusammenhang in Ungers und Kuwassegs Bildungsperioden als einer zusammenhängenden Sequenz von Lithographien über die paläobotanische Pflanzengeschichte der Erde umgesetzt ist. In beiden Fällen, so die Prämisse des Aufsatzes, orientieren sich die Darstellungsstrategien an einem Organismus-Konzept, das sich in der Paläontologie Georges Cuviers findet, und das auf eine Rekonstruktion von ganzheitlichen Zusammenhängen aus einzelnen Bruchstücken abzielt.The article examines illustrations of geological epochs from the first half of the 19th century and reconstructs the influence of Alexander von Humboldt’s Ansichten der Natur on the image cycle Die Urwelt in ihren verschiedenen Bildungsperioden, which resulted from the collaboration of the palaeobotanist Franz Unger and the landscape painter Josef Kuwasseg. As I argue, both works put a particular emphasis on the role of plants. The first part analyses Humboldt’s Ansichten and Cosmos and thereby elaborates on a metaphorical concept of the image that is oriented towards tableau and physiognomy. Humboldt’s understanding of the image places specific landscapes in the holistic context of relationships and processes that extend spatially over the entire Earth and temporally over its geological history. The second part shows how Unger and Kuwasseg implement this holistic principle in their Bildungsperioden, a sequence of lithographs on the paleobotanical history of plants on planet Earth. As I argue, both Unger and Humboldt draw on Georges Cuvier’s palaeontology, in particular his principle of organic organisation that assumes that holistic contexts can be reconstructed from individual fragments
Feldforschung und Silur: Eine Fallstudie zu Graptolithenfunden in der Oberlausitz/Sachsen um 1850
Mit dem enormen Zuwachs empirischer Daten aus der Feldforschung hatte nach 1800 nicht nur die geologische Karte als visualisierendes Medium fachspezifischen Wissens an Bedeutung gewonnen, sondern auch eine grundlegende Ablösung einstiger Interpretationsmuster der Fossilien stattgefunden. Die fundamentale Bedeutung bestimmter Fossilgruppen für relative Altersbestimmungen von Gesteinseinheiten führte in eine geologische Zeitskala, die ihre ersten hierarchischen Abschnitte erhielt, wie etwa 1839 mit dem auf Geländearbeiten im südöstlichen England zurückgehenden Silur. An diese Gegebenheiten anknüpfend steht der Erstnachweis für Silur in der Oberlausitz während einer auf Initiative der Naturforschenden Gesellschaft zu Görlitz (NfG) zwischen 1856 und 1857 ausgeführten geologischen Kartierung im Zentrum dieses Beitrags. Neben der Bedeutung dieses Silur-Erstnachweises als epistemischer Baustein für weitere kollektiv erarbeitete biostratigraphische Erkenntnisse werden Praktiken des Wissenstransfers um paläontologische Funde herausgestellt, die nicht nur Beschreibungen, sondern auch Abbildungen und Probematerialien verlangten. Zudem unterlag die wissenschaftliche Aussagekraft von Publikationen und Karten schlussendlich den Fertigkeiten der Lithographen, Xylographen und Buchdrucker. Abgesehen davon stellt der Beitrag die Rahmenbedingungen vor, innerhalb der das Agieren der Mitglieder der NfG mit dem Druck der kolorierten geologischen Karte sowie der mit 50 Abbildungen versehenen Beschreibung das Kartier-Projekt erfolgreich verwirklichte.With the increase in empirical data from field research after 1800, the geological map became more important as a visual medium for subject-specific knowledge. A fundamental detachment of previous patterns of interpretation of fossils took place also. The recognized importance of certain fossil groups for determining the relative age of rock units led to a geological time scale that received its first sections, such as the Silurian in 1839, that dates back to field work in southeastern England. Following on from that, the focus of this article is the first evidence of the Silurian in Upper Lusatia during a geological mapping carried out on the initiative of the Naturforschende Gesellschaft zu Görlitz (NfG) 1856 –1857. Highlighted are the importance of this Silur-proof for further biostratigraphic knowledge and the practices of knowledge transfer, which required not only descriptions, but also illustrations and sample materials. Moreover, the scientific informative value of publications and maps was ultimately subject to the skills of the lithographers, xylographers and printers. Apart from that, the article presents the framework conditions within which the NfG successfully realized the mapping project by printing the colored geological map and the description with 50 illustrations
Promoting the self-regulation skills of children and adolescents in day care centres and schools
The well-being and development opportunities of children and adolescents are extremely important for the future development of our society. However, these are under threat in many ways, not least from the effects of crises and wars. Recent psychological and neuroscientific research shows that the self-regulation skills of children and adolescents play a central role in their well-being and opportunities for development. These skills encompass cognitive, emotional, motivational and social skills that allow them to achieve personal goals and react flexibly to change. These include the ability to focus ones own attention and be fully aware of factors that can be distracting, such as the intensive use of social media. The ability to regulate emotions and social skills are also critical. One of the main tasks of the German National Academy of Sciences Leopoldina is to provide evidence-based advice to policymakers and the public. For this reason, the Leopoldina is publishing with this statement. It has been prepared over the past two years by an interdisciplinary working group dedicated to addressing how to include the promotion of self-regulation skills in children and adolescents as an evidence-based guiding principle in the German school and education system