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Faktoren, die Heißhungerattacken bei Patienten mit Morbus Parkinson auslösen
Verschiedene Studien haben einen Zusammenhang zwischen der Einnahme von
Dopaminagonisten (DA) und dem Auftreten von Impulskontrollstörungen bei M. Parkinson
gezeigt (Dodd et al. 2005; Voon et al. 2006; Driver-Dunckley et al., 2006). Weniger häufig
wurden Heißhungerattacken (HA) beschrieben (Nirenberg et al., 2005). DA greifen direkt in
das dopaminerge (mesolimbische) Belohnungssystem ein, welches als wesentlicher
Bestandteil für die Entstehung einer Sucht diskutiert wird. Daher liegt die Vermutung nahe,
dass die mesolimbische Region auch ursächlich an der Entstehung von Esssüchten (Binge
eating) beteiligt ist. Primäres Ziel der Studie war, heraus zu finden, ob bei
Parkinsonerkrankten eine Korrelation zwischen der Therapie mit DA und dem Auftreten von
HA besteht. Sekundär sollten weitere Faktoren ermittelt werden, die mit HA in
Zusammenhang stehen können.
117 Patienten mit idiopathischem Morbus Parkinson (UK Brain Bank Kriterien; Hughes et
al., 1991) wurden von der Parkinsonklinik Bad Nauheim rekrutiert. 74 der Patienten gaben an,
HA zu haben, die übrigen 43 Patienten ohne HA dienten als Kontrollgruppe.
Die beiden Gruppen wurden auf Unterschiede in ihrer Medikation, der Schwere der
Parkinson-Erkrankung, dem Essverhalten, der psychopathologischen Komorbidität:
Depression, Angststörung, Schlafstörung, sowie Zwangsstörungen untersucht. Die Befragung
der Patienten erfolgte an zwei Tagen, folgende Fragebögen wurden verwendet: UPDRS
(Unified Parkinsons Disease Rating Scale), Mini Mental Status Test, Fragebogen zum
Essverhalten (FEV), PDQ 39, State-Trait-Anxiety Inventory, Neuropsychiatrischer Befund
(NPI-Q) und Hamburger Zwangsinventar Kurzform (HZI-K).
Ergebnisse: Es gab keinen signifikanten Unterschied zwischen den beiden Gruppen in
Hinsicht auf die Dosis und die Zugehörigkeit der DA zu den Ergot-oder Non-Ergot-
Dopaminagonisten.
In beiden Gruppen kamen gehäuft Symptome vor, die auf Zwangsstörungen hinwiesen.
78,6% aller Patienten erreichten mindestens bezüglich eines Scores auffällige Werte, z.B.
besonders in den Bereichen Waschen, Reinigen, sowie Ordnen. Bis auf die Kategorie
Denken von Worten und Bildern (p < 0,03) war kein signifikanter Unterschied zwischen
den Gruppen zu erkennen.
Es ergab sich eine positive Korrelation zwischen psychopathologischen Komorbiditäten und
dem Auftreten von Heißhunger. Depressionen und Schlafstörungen traten häufiger bei den
Patienten mit HA auf. Schlafstörungen kamen dagegen signifikant häufiger als in der
Kontrollgruppe (p=0,01) vor. Zusätzlich zeigte sich ein signifikanter Unterschied beim
Auftreten von nächtlichen Hungergefühlen (p= 0,00). 68,9 % der Probanden mit HA gaben
diese als störend an, in der Kontrollgruppe nur 18,6%. Ein abnormes Essverhalten mit
stärkerer Störbarkeit des Essverhaltens und stärker erlebten Hungergefühlen fand sich
häufiger bei Parkinson-Patienten mit HA.
Bei Auswertung des PDQ 39 zeigte sich, dass Patienten mit HA ein wesentlich schlechteres
emotionales Wohlbefinden (p=0,016) angaben und auch ihre körperlichen Symptome
(p=0,001) negativer als die Probanden der Kontrollgruppe bewerteten.
Schlussfolgerung: Aufgrund der erheblichen Beeinträchtigung von Patienten mit HA sollten
Patienten mit erhöhtem Risiko für HA mit Hilfe der herausgearbeiteten Risikofaktoren
identifiziert werden und bei Einleitung einer Therapie engmaschig überwacht werden. Auch
die Behandlung der Patienten mit Serotoninagonisten ist zu überlegen. Abschließend ist zu
bemerken, dass die Pathophysiologie der HA noch nicht ausreichend geklärt ist, was
angesichts der Beeinträchtigung der Lebensqualität durch HA und der gesundheitlichen
Risiken des Binge eatings dringend erforderlich wäre.Abstract
Background: The therapy with dopamine agonists has been implicated in causing several
compulsive behaviours, including pathological gambling, hypersexuality and compulsive
eating.
Objective: The aim of this study was to examine the relation between the dopamine
replacement therapy and the development of compulsive eating in Parkinson patients and find
other factors which can be related to the change in eating behaviours.
Methods: 117 subjects with idiopathic Parkinson disease (PD) were recruited from the year
2005 to 2007, 74 patients who had recently developed compulsive eating and 43 as controls
with unobtrusive eating behaviours.
We collected the important demographic data, including medical therapies. In form of
structured clinical interviews we tried to find other psychopathological illness and compared
the data of the two groups.
Results: The medication with dopamine agonists was not associated with compulsive eating.
There was no difference of the therapy between the two groups, both got non ergot DA and
ergot DA in an equal daily dose.
However, there was a positive relation between craving for food and other psychopathological
illnesses.
Binge eaters reported greater distress and lower tolerance of negative mood compared to
controls. They showed a tendency to have more lifetime rates of depression and anxiety than
the control group. There was a significant difference concerning night sleeping disorders.
68% of the patients with compulsive eating reported also about nocturnal eating.
In both groups the Parkinson patients showed many symptoms of obsessive compulsive
disorders. The highest scores we found in the subscales ordering and washing/ cleaning.
Conclusion: There is no influence of DA in the development of compulsive eating. However,
PD patients showing compulsive eating behaviour suffer more frequently from depression,
anxiety and sleeping disorders than controls. The craving for food often leads to weight gain
which can cause more difficulties in the efficient therapy of the movement disorders
Die Rolle sozialer Interaktion bei der Wiederholung syntaktischer Strukturen: Eine Studie zur Videopräsentation und Sprecheranzahl bei Vierjährigen
von Lehmden F. Die Rolle sozialer Interaktion bei der Wiederholung syntaktischer Strukturen: Eine Studie zur Videopräsentation und Sprecheranzahl bei Vierjährigen. Bielefeld: Universität Bielefeld; 2013.Seit der Einführung von Kindersendungen im Fernsehen gibt es immer wieder Studien, die sich mit dem Lernen durch das Fernsehen beschäftigten. Diese zeigten, dass gerade jüngere Kinder unter drei Jahren Probleme damit haben, Inhalte vom Fernseher zu übernehmen, die sie ohne Weiteres in einer sozialen Interaktion mit einem Erwachsenen lernen könnten (z.B. Barr & Hayne, 1999; Robb, Richert, & Wartella, 2009; Troseth & DeLoache, 1998). Diese Probleme werden als Video-Defizit bezeichnet. Im Bereich von Sprache wurde z.B. bei Nomen und Verben gezeigt, dass Kinder ab 22 bzw. 42 Monaten in der Lage sind, diese von Videos zu lernen (Krcmar, Grela, & Lin, 2007; Roseberry, Hirsh-Pasek, Parish-Morris, & Golinkoff, 2009). Bei Kindern ab drei Jahren ist der Wortschatz nicht mehr das aussagekräftigste Kriterium für den Spracherwerb. Vielmehr steht in diesem Alter die Betrachtung der grammatischen Fähigkeiten im Mittelpunkt. Das Video-Defizit in Bezug auf die Grammatik bei älteren Kindern wurde jedoch bisher in empirischen Studien vernachlässigt.
Die vorliegende Studie untersucht die Fragestellung, ob bei Vierjährigen Kindern Effekte einer sozialen Interaktion bei der Wiederholung einer grammatischen Struktur zu finden sind und vergleicht daher eine Video-Präsentation mit einer Live-Präsentation der Passivstruktur.
Weiterhin wird in dieser Studie die Bedeutung sozialer Interaktionen weiter untersucht werden, indem die Anzahl der Sprecher betrachtet wird. Kinder lernen nicht nur von einer Person eine Sprache, häufig sind mehrere Interaktionspartner beteiligt, die unterschiedliche Bezeichnungen für bestimmte Sachverhalte und verschiedene Vorlieben für Wörter oder Satzstrukturen haben. Wenn zwei Sprecher genau dasselbe produzieren, könnte dies ein Ausdruck einer sozialen Norm oder einer Konvention sein, an die sich Kinder möglicherweise eher anpassen, als wenn nur eine einzelne Person etwas Bestimmtes sagt. Auf Grund einer solchen Konvention könnten die Kinder in der Lage sein, das Gesagte zu generalisieren. Auf der anderen Seite könnte allein die soziale Interaktion mit einem Gegenüber dazu ausreichen, dass Kinder Lerninhalte generalisieren können (Csibra & Gergely, 2009). Die zweite Fragestellung der vorliegenden Studie ist demnach, ob bei Kindern Effekte der Sprecheranzahl bei der Wiederholung einer grammatischen Struktur auffällig werden und vergleicht daher eine Ein-Sprecher-Bedingung mit einer Zwei-Sprecher-Bedingung bei der Präsentation der Passivstruktur auf Video bzw. in einer Live-Situation.
Um die beiden soeben genannten Hauptfragestellungen zu untersuchen, wurden dafür in der vorliegenden Studie vierjährigen Kindern Passivsätze in vier Bedingungen präsentiert: in einer Live-Bedingung mit einem Sprecher (L1), in einer Live-Bedingung mit zwei Sprechern (L2), in einer Video-Bedingung mit einem Sprecher (V1) und in einer Video-Bedingung mit zwei Sprechern (V2). Vor und nach diesem Training mit Passivsätzen sollten die Kinder jeweils acht Bilder beschreiben, um zu untersuchen, ob sich die Verwendung von Passivsätzen nach dem Training veränderte.
Die statistischen Analysen brachten für die vier Gruppenvergleiche folgendes Ergebnis: Die Kinder beschrieben in den beiden Livebedingungen (L1 und L2) mehr Bilder im Nachtest mit Passivkonstruktionen als in den Videobedingungen (V1 und V2). In den Videobedingungen war kein signifikanter Primingeffekt auffällig, was dafür spricht, dass die Kinder eine soziale Interaktion benötigen, um Passive zu wiederholen. Zwischen den Sprecherbedingungen (d.h. zwischen der Präsentation von einem und zwei Sprechern) waren keine signifikanten Unterschiede in der Passivverwendung im Nachtest zu finden. Dies legt nah, dass allein die soziale Interaktion bei den Kindern für die Wiederholung von Passiven ausschlaggebend und die Sprecheranzahl dahingegen für die Kinder unwichtig war.
Selbst noch vierjährige Kinder weisen demnach beim Lernen vom Fernseher ein Video-Defizit auf und benötigen eine soziale Interaktionen beim Grammatikerwerb. Das Video-Defizit ist folglich nicht mit drei Jahren überwunden, wie häufig angenommen wird. Mit Erhöhung des Schwierigkeitsgrades der Aufgabe gewinnt die soziale Interaktion beim Fernsehgucken wieder an Bedeutung
Das Vorlesen von Kinderbüchern als implizites Mittel zur Sprachförderung im Bereich Grammatik
Lehmden von F, Kauffeldt J, Belke E, Rohlfing K. Das Vorlesen von Kinderbüchern als implizites Mittel zur Sprachförderung im Bereich Grammatik. Praxis Sprache. 2013;1:18-27
Zukunftskonzept Digitalisierung. Fünf Forderungen für die digitale Sprachtherapie
Jaecks P, Johannsen K, von Lehmden F, Jonas K. Zukunftskonzept Digitalisierung. Fünf Forderungen für die digitale Sprachtherapie . Logos. Die Fachzeitschrift für akademische Sprachtherapie und Logopädie. 2020;28(3):184-188
Digitalisierung in der Sprachtherapie - Warum die Entwicklung eines theoretischen Modells für die Verflechtung digitaler und originärer Ansätze notwendig ist
von Lehmden F, Albrecht K, Stegenwallner-Schütz M, Jaecks P, Jonas K. Digitalisierung in der Sprachtherapie - Warum die Entwicklung eines theoretischen Modells für die Verflechtung digitaler und originärer Ansätze notwendig ist. Sprachtherapie aktuell. Forschung-Wissen-Transfer. 2021: e2021-05