39 research outputs found

    Das Menschenrecht auf Bildung und der Schutz vor Diskriminierung: Exklusionsrisiken und Inklusionschancen

    Full text link
    Das Recht auf Bildung ist nicht nur ein eigenständiges Menschenrecht, sondern auch ein zentrales Instrument, um den Menschenrechten zur Geltung zu verhelfen. Als Empowerment Right hat es eine wichtige Bedeutung für die Befähigung von Menschen, sich für die eigenen Rechte einzusetzen und sich im solidarischen Einsatz für die Menschenrechte anderer zu engagieren. Die Studie erklärt die normativen Grundlagen des Menschenrechts auf Bildung und erläutert die menschenrechtlichen Strukturelemente, die bei der umfassenden Verwirklichung der Bildungsrechte von Kindern und Jugendlichen zu berücksichtigen sind. Sie bietet Anregungen für eine Politik der Inklusion und Integration in der Bildung, die angemessen auf die Verschiedenheit der Lernenden reagieren kann

    Prekäre (Sorge-)Arbeit, prekäre Lebenszusammenhänge

    Get PDF
    Mit Prekarisierung werden zunehmend unsichere Erwerbs- und Lebenslagen beschrieben. In der Prekarisierungsforschung ist das Interesse an den subjektiven Wahrnehmungen von prekär Beschäftigten und Erwerbslosen gewachsen. Doch wie lässt sich das Verhältnis zwischen objektiven Strukturen prekärer Arbeit und deren subjektiver Wahrnehmung bestimmen? In unserem Beitrag diskutieren wir, ausgehend von einer mehrdimensionalen Heuristik von Prekarität im Lebenszusammenhang (Wimbauer/Motakef 2020), wie prekär Beschäftigte ihre prekäre Lebenslage unter Anerkennungsgesichtspunkten wahrnehmen. In dem Beitrag stehen Überlegungen im Zentrum, welche Rolle sozialstrukturelle Kategorien dabei einnehmen. Insbesondere fokussieren wir die Kategorie Geschlecht als eine zentrale Strukturkategorie und stellen prekäre (Sorge-)Arbeit ins Zentrum. Damit wollen wir explizit die verbreitete androzentrische Verkürzung von prekärer Arbeit auf prekäre Erwerbsarbeit überschreiten. Wir stellen Befunde unserer anerkennungstheoretisch fundierten empirischen Studie – das DFG-Projekt „Ungleiche Anerkennung? Arbeit und Liebe im Lebenszusammenhang prekär Beschäftigter“ (WI2142/5-1) – vor (Wimbauer/Motakef 2020). In dieser Studie haben wir eine geschlechtersensible Perspektive auf Prekarität und Anerkennung (Honneth, Butler) im Lebenszusammenhang entfaltet und eine Heuristik mit acht Dimensionen von Prekarität entwickelt. Wir haben 24 prekär Beschäftigte – Paare und Menschen ohne Paarbeziehung – mittels Paar- und Einzelinterviews befragt: - Wofür wünschen sie in der Erwerbsarbeit, in Paar- und Nahbeziehungen Anerkennung? Wofür erhalten sie tatsächlich Anerkennung? Wo zeigen sich Anerkennungsdefizite? - Welche Bedeutung haben die verschiedenen Lebensbereiche und Anerkennungsdefizite für die Befragten, wie deuten sie ihre Situation? - Können Anerkennungsdefizite in der Erwerbssphäre in anderen Lebensbereichen, durch Partner/in, Familie, Freund*innen oder anderes kompensiert werden – oder kumulieren Anerkennungsdefizite? Im Ergebnis zeigen wir, dass bei allen prekär Beschäftigten unseres Samples, die Sorgearbeit leisten, diese unter prekären Bedingungen stattfindet, aber nicht alle Befragten diese auch als Nichtanerkennung wahrnehmen. Grundlegend für die Wahrnehmung von Prekarität, insbesondere von der Prekarität von Sorgearbeit und des Sorgearrangements, sind zunächst die gesellschaftlich vermittelten subjektiven Deutungen und Relevanzsetzungen. Blickt man weiter auf die Kategorie Geschlecht, so zeigt sich die Wahrnehmung der Prekarität von Sorge als vergeschlechtlicht. Offenbar werden an Frauen und Männer unterschiedliche Sorge- und Erwerbsarbeitserwartungen gestellt. Leisten Frauen Sorge, nehmen sie deren Prekarität wahr, zugleich normalisiert die Geschlechternorm aber offenbar ihre Prekaritätswahrnehmung. Wir diskutieren, dass es eine Chance darstellen kann, wenn immer mehr Männer Geschlechternormen überschreiten und im Sinne einer ‚caring masculinity‘ Sorgearbeit leisten. In unserem Sample wird von ihnen prekäre Sorge stärker wahrgenommen und skandalisiert, wobei insgesamt nur sehr wenige Männer unserer Studie nennenswert Sorgearbeit leisten. Daneben ist die Prekaritätswahrnehmung geschlechterübergreifend dann sehr ausgeprägt, wenn die Einlösung einer als legitim betrachteten Norm – Meritokratie in der Erwerbssphäre, aber auch zum Beispiel das Recht auf Familiengründung – verhindert wird. Weiter stellt sich die Frage, wie normative Orientierungen von Individuen angeeignet werden: Auch wenn die Erwerbsnorm im aktivierenden Sozialstaat für alle gilt, sind nicht alle an ihr orientiert. Wer ist warum am Ernährermodell orientiert und wer will warum um jeden Preis ein Hausfrauen- oder Zuverdienerinnenmodell vermeiden, wie wir es in unserem Sample auffanden? Neben biographischen Erfahrungen sind zudem die individuelle Lebenshaltung und bestimmte psychische Dispositionen von Bedeutung, auch wenn dies Fragen aufwirft, die uns an die Grenzen der Soziologie bringen und womöglich in den Aufgabenbereich der Psychologie fallen. So ist am Ende die Frage nach den subjektiven Wahrnehmungen ein komplexes Wechselverhältnis aus gesellschaftlichen Rahmen der Anerkennbarkeit (Butler), institutionellen Anerkennungsordnungen, normativen Orientierungen, vermittelt durch sozialstrukturelle Positionierungen und durch subjektive biographische Erfahrungen im Elternhaus, der Familie, der Erwerbssphäre und durch psychosoziale Dispositionen. It’s the tructure, stupid? – ja und nein. Die Struktur ist mächtig, aber sie ist nicht übermächtig. Sie begrenzt und ermöglicht Deutungen, und einer der wichtigsten Zwischenschritte dabei sind – neben Ressourcen – die Normen, wie zum Beispiel Geschlechter- und Arbeitsnormen. Aber auch diese können, wie nicht nur unsere Empirie zeigt, womöglich an der einen oder anderen Stelle überschritten werden. Die Soziologie kann erforschen, wann, wie und warum dies möglich ist. Noch besser kann sie dies erforschen, wenn sie dabei – so unser Fazit – auf interdisziplinäre Hilfe zurückgreift. &nbsp

    Ungleiche Anerkennung? ‚Arbeit’ und ‚Liebe’ im Lebenszusammenhang prekär Beschäftigter

    Get PDF
    Im Zentrum des Beitrages stehen der Wandel von Erwerbsarbeit und dessen Auswirkungen auf das Verhältnis von ‚Arbeit‘ und ‚Leben‘. Mit der Pre­ka­ri­sie­rung von Arbeit wird eine Zunahme an unsicheren und nicht existenzsichernden Beschäftigungs­ver­hältnissen diagnostiziert, die bis in die Mittelschicht reicht. Da pre­käre Be­schäftigung auch als Verlust von sozialer Anerkennung erfahren werden kann, wer­den Auswirkun­gen auf den ganzen Lebenszusammenhang vermutet. Die Geschlechterforschung weist darauf hin, dass vor allem Frauen prekär beschäftigt waren und sind. Doch die Aus­weitung der Pre­ka­ri­sie­rung kann auch eine Verunsicherung des Geschlechterverhältnisses be­deuten, wenn v.a. über Erwerbsarbeit sozialisierte Männer ihre Er­näh­rer­rol­le verlieren (vgl. Motakef 2015).Wir berichten aus einem laufenden DFG-Forschungsprojekt, das am Institut für Sozialwissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin angesiedelt ist und in dem eine anerkennungs- und geschlechtertheoretische Per­spektive (vgl. Wimbauer 2012) auf prekäre Beschäftigung im Lebenszusammenhang entwickelt wird. Im Zentrum steht die interaktive (Paar-)Praxis der Herstellung von Anerkennung und von (Geschlechter-)Ungleichheiten bei prekär Beschäftigten mit und ohne Paarbeziehung. In Verbindung von Prekarisierungs- und Anerkennungsforschung im Anschluss an Honneth und Butler werden die Ambivalenzen und Wechselwirkungen von prekärer Beschäftigung mit Paar- und Nahbeziehungen (Freundschaften und Familienbeziehungen), dem Haus­haltskontext, weiteren Lebensbereichen, mit Ge­schlech­terkonzepten und dem Ge­schlech­ter­verhältnis untersucht.Mittels qualitativer Paar- und Einzelinterviews entlang einer rekonstruktiv-in­ter­sub­jektiven Forschungslogik erforschen wir Anerkennungschancen, das Verhältnis von ‚Ar­beit‘ und ‚Leben‘ / ‚Liebe‘ sowie (Geschlechter-)Ungleichheiten bei prekär Be­schäftigten: Wofür finden die Einzelnen in der Erwerbssphäre und in Nah­beziehungen An­er­kennung, wie nehmen sie dies wahr? Weitet sich Prekari­sie­rung auf den ganzen Le­bens­zusammenhang und damit auch auf Nah- und Paar­be­zie­hun­gen aus? Oder können Nah­beziehungen Einschränkungen von Anerkennung in der Er­werbssphäre mildern? Wie gestaltet sich dies bei Personen ohne Partner/in, die nicht über die An­er­ken­nungs­form ‚Liebe‘ im Bereich von Paar­be­zie­hun­gen verfügen? Und (wie) ver­ändern sich Geschlechterleitbilder, Vorstellungen von Männ­lich­keit und Ge­schlech­terverhältnisse durch prekäre Beschäftigung

    Wechselwirkungen, Kompensationen und Ambivalenzen von Nicht/Anerkennung im Lebenszusammenhang prekär Beschäftigter

    Get PDF
    Nach Axel Honneths (1994, 2003, 2011) Anerkennungstheorie sind die Menschen zwingend auf intersubjektive Anerkennung durch andere angewiesen, denn nur in der Bestätigung durch andere können sie ein ungestörtes Selbstverhältnis entwickeln. So streben die Menschen nach Anerkennung für das, was sie tun, und hierfür ist in gegenwärtigen westlichen Gesellschaften Erwerbsarbeit eine wesentliche Quelle. Zum anderen möchten sie Anerkennung ihres höchstpersönlichen So-Seins, wofür Nah- und Paarbeziehungen zentral sind. Anerkennung ist allerdings ungleich verteilt (Wimbauer 2012) wie etwa nach beruflicher Position, (Aus-)Bildung, Migrationshintergrund oder Geschlecht in der Erwerbssphäre. Nicht erwerbstätige Menschen sind von Anerkennung aus der Erwerbssphäre komplett ausgeschlossen.Wie gestalten sich die Anerkennungsverhältnisse bei prekär Beschäftigten? Prekäre Beschäftigungsverhältnisse gehen zumindest potentiell mit Anerkennungsdefiziten einher, die vielfältig zum Ausdruck kommen können: Befristete Beschäftigungsformen, Beschäftigungen in Teilzeit, als Leiharbeiter*in, im Niedriglohn- und Niedrigeinkommensbereich sind oft mit unsicheren und schlechten Arbeitsbedingungen verbunden, mit geringen Einkommen und wenig Selbstverwirklichungsmöglichkeiten (Motakef 2015). In dem Vortrag, der diesem Beitrag zugrunde lag, fokussierten wir aus einer Perspektive auf den gesamten Lebenszusammenhang Anerkennung bei prekär Beschäftigten: Kann fehlende Anerkennung in der Erwerbssphäre durch Anerkennung in persönlichen Nahbeziehungen oder anderweitig abgefedert oder sogar ausgeglichen werden? Unsere theoretischen Grundlagen sind Axel Honneths Sphärentheorie der Anerkennung, die wir um prekarisierungs- und anerkennungstheoretische Überlegungen von Judith Butler ergänzen. Mit Butler entwickeln wir dabei eine Sensibilität für Ambivalenzen und Paradoxien von Anerkennungsverhältnisse und fragen nach der Bedeutung der Rahmen der Anerkennbarkeit.Wir stellten erste Ergebnisse aus dem Projekt „Ungleiche Anerkennung? ‚Arbeit‘ und ‚Liebe‘ im Lebenszusammenhang prekär Beschäftigter“ (DFG AZ Wi2142/5-1) vor. Befragt wurden acht prekär Beschäftigte, die nicht in einer Paarbeziehung leben und sieben prekär beschäftigte Paare in narrativ-(paar-)bio­gra­phi­schen Paar- und Einzelinterviews zu den unterschiedlichsten Lebensbereichen. Aus Platzgründen beschränken wir uns hier auf Ergebnisse zu prekär Beschäftigten Singles. Wenn wir von Lebenszusammenhang sprechen, fokussieren wir in diesem Beitrag Wechselwirkungen zwischen Erwerbsarbeit, Nahbeziehungen sowie Selbstsorge.Wir zeigten, dass Nichtanerkennungsprozesse im Lebenszusammenhang nicht als einseitig kausale Phänomene zu verstehen sind. Das heißt, Anerkennungsdefizite in der Erwerbssphäre, die sich bei allen befragten prekär beschäftigten Singles auffinden ließen, führen nicht automatisch zu Nichtanerkennung etwa auch in Nahbeziehungen, kulminieren also nicht notwendig. Vielmehr zeigen sich komplexe Wechselwirkungen im gesamten Lebenszusammenhang und Ambivalenzen von Nicht/Anerkennung. Wir stellten zwei Konstellationen solcher Wechselwirkungen anhand exemplarischer Fälle (Veronika V. und Ulrike U.) vor:1. Gelungene Kompensation oder Vererträglichung beruflicher Nichtanerkennung: Zwei der acht Befragten verfügen über eine biographisch bedingte berufliche ‚Nichtanerkennungsresistenz‘ und können subjektiven Sinn und Anerkennung auch jenseits von prekärer Erwerbsarbeit und einer nicht vorhandenen Partnerschaft generieren. Anerkennungsdefizite in der Erwerbssphäre werden hier also etwa durch Freundschaften oder alternative Sinnorientierungen ansatzweise kompensiert oder (temporär) vererträglicht. Wie wir anhand des Fallbeispiels Veronika zeigen, ist dies nur im Lebenszusammenhang, also unter Berücksichtigung weiterer Lebensbereiche, zu verstehen.2. keine Kompensation, sondern ambivalente Anerkennung: Doch es gibt auch Fälle, in denen berufliche Nichtanerkennung weniger deutlich oder nicht durch Anerkennung in anderen soziale Beziehungen oder durch Selbstanerkennung vererträglicht oder kompensiert wird. Insbesondere kommen bei einigen der befragten Singles körperliche Einschränkungen, chronische Krankheiten und/oder psychische Belastungen zur prekären Arbeitssituation hinzu, was sich zu Verlaufskurven und Ausschlüssen aus der Erwerbs- wie aus der ‚Liebessphäre‘ verdichten kann. Hierbei gibt es Fälle, in denen eine zu Erwerbsarbeit alternative Sinnorientierung gar nicht existiert bzw. nicht geschaffen werden kann oder bei denen sich Kompensationsversuche von Nichtanerkennung in der Er­werbs- und Paarbeziehungssphäre durch alternative Vergemeinschaf­tungen als fragil, ambivalent und teils selbstdestruktiv gestalten. Auch dies veranschaulichen wir an einem exemplarischen Fall

    Autonomie – Gelehrsamkeit – Ignoranz: Exemplarische Deutungen materieller Unterlegenheit bei gering verdienenden Männern in prekären Paarhaushalten

    Get PDF
    Was in Paarbeziehungen als Eigentum gilt und wie es gedeutet wird, ist eng mit Männlichkeit verknüpft. Gerade in prekären Lebenslagen können hegemoniale Männlichkeitsvorstellungen wie die Ernährermännlichkeit kaum oder nicht realisiert werden. Paare in prekären Lebenslagen müssen zudem aushandeln, wer Eigentum, Besitz, aber auch Schulden, verantwortet – also ein*e Partner*in oder das Paar gemeinsam. Wie wird also Eigentum in Paaren in prekären Lebenslagen verhandelt und wie wird dabei Männlichkeit relevant? Empirische Grundlage ist eine Studie, die wir im Rahmen des DFG-Projekts „Ungleiche Anerkennung? Arbeit und Liebe im Lebenszusammenhang prekär Beschäftigter“ durchgeführt haben. Wir befragten 24 prekär Beschäftigte – Paare und Menschen ohne Paarbeziehung – mittels Paar- und Einzelinterviews. Theoretisch nahmen wir eine geschlechter- und ungleichheitssoziologische und eine Anerkennungsperspektive ein. Wir fragten nach den Wechselverhältnissen aus unsicherer Erwerbsarbeit, Anerkennung und den vergeschlechtlichten Lebenszusammenhängen der prekär Beschäftigten. Zudem fragten wir, ob an der Ernährerrolle als zentrale Handlungsorientierung festgehalten wird, auch wenn Männer diese nicht realisieren können. Oder wird die enge Kopplung von Männlichkeit und Erwerbsarbeit brüchig und gewinnt Sorge (caring masculinity) als Handlungsorientierung an Bedeutung? Wir präsentieren drei Konstellationen des männlichen Umgangs mit prekären Eigentumsverhältnissen: 1. Nach einer Erschöpfungserkrankung als Führungskraft entscheidet sich Walter W. bewusst gegen Sicherheiten und erprobt sich als autonomer Einsiedler im Verzicht auf Eigentum und Nähe. 2. Die geringe Kompetenz von Ben B. mit (ihren) Finanzen und Eigentum umzugehen führt dazu, dass er zunehmend zu einem „gelehrsamen Schüler“ seiner Partnerin wird. 3. Clemens C. versteht sich als „Eigenbrötler“ und wertet die Anstrengungen um Einkommen und Eigentum seiner Partnerin, die Familienernährerin der vier-köpfigen Familie ist, als sinnlosen Ausdruck ihres Arbeitseifers ab. Im Ergebnis argumentieren wir, dass die Ernährermännlichkeit durchaus weiter angestrebt wird, auch wenn sie nicht realisiert werden kann. In wenigen Fällen kann sie auch und insbesondere im Zusammenhang mit einer „beruflichen Nichtanerkennungsresistenz“ in der Handlungsorientierung an Bedeutung verlieren, womit sich aber große Ambivalenzen, d.h.  sorgelose Selbstzentrierungen eröffnen. Wimbauer, Christine und Mona Motakef (2020): Prekäre Arbeit – prekäre Anerkennung? Eine Studie über unsichere Lebensverhältnisse. Frankfurt/New York: Campus, (open access) https://www.campus.de/buecher-campus-verlag/wissenschaft/soziologie/prekaere_arbeit_prekaere_liebe-15931.htm

    Prekäre Arbeit, prekäre Liebe : Über Anerkennung und unsichere Lebensverhältnisse

    Full text link
    Erwerbsarbeit und Paarbeziehungen sind wichtige Quellen für Anerkennung. Doch was geschieht, wenn Arbeit prekär wird? Wie wirken sich unsichere Arbeitsverhältnisse und Anerkennungsdefizite auf die Liebe aus, auf Beziehungen und auf die Lebenszusammenhänge der Menschen überhaupt? Welche Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern werden sichtbar? Das Buch zeichnet anhand von Interviews eindrücklich nach, welch destruktives Potenzial prekäre Erwerbsarbeit entfalten kann und was das für die Einzelnen, für Paare und für die Gesellschaft bedeutet. Außerdem entwickeln die Autorinnen Vorschläge, wie sich auf prekäre Beschäftigung, Geschlechterungleichheiten sowie auf Anerkennungsbedürftigkeit und Verletzbarkeit reagieren lässt

    Das Paarinterview

    Get PDF
    Das Leben in Paarbeziehungen gilt als kulturelle Selbstverständlichkeit des globalen Nordens. Paarbeziehungen fanden in der Soziologie aber lange kaum Aufmerksamkeit, wenngleich Simmel (1985 [1921/22]) sie schon früh als Realität sui generis und als eigenständigen Analysegegenstand fasste. Mit dem Brüchigwerden des geschlechterungleichen männlichen Ernährermodells des golden age of marriage and the family haben sich Familien- und Lebensformen pluralisiert. Geschlechterungleichheiten in Paaren haben sich zum Teil verringert, aber bestehen trotz Egalisierungstendenzen fort. Vor diesem Hintergrund ist auch in der Soziologie das Interesse an Paarbeziehungen als Realität sui generis und eigenständigem Untersuchungsgegenstand gewachsen, zu deren Erforschung zunehmend (wenn auch noch insgesamt selten) paarzentrierte Analyseinstrumente eingesetzt werden. Bisher existieren aber nur wenige systematische Ausführungen hierzu. In unserem Beitrag stellten wir daher methodologische Grundlagen des Paarinterviews in der interpretativen Sozialforschung sowie methodische und methodenpraktische Aspekte seiner Anwendung vor (Wimbauer, Motakef 2017a,b). Diese veranschaulichten wir an empirischem Material aus dem DFG-Projekt „Ungleiche Anerkennung? ‚Arbeit‘ und ‚Liebe‘ im Lebenszusammenhang prekär Beschäftigter“ (Wi2142/5-1) (Motakef, Wimbauer 2018; Motakef, Bringmann, Wimbauer 2018). Wir diskutierten besondere Erkenntnisinteressen und -möglichkeiten des Paarinterviews, thematisierten Anwendungsbereiche, Stärken, aber auch method(olog)ische Grenzen von und offene method(olog)ische Fragen zum Paarinterview. Am Beispiel von Interviews mit prekär beschäftigte Paaren zeigten wir, wie es durch Paarinterviews möglich wird, Einblicke in vielfältige relationale Aspekte und insbesondere in die Interaktionen, Aushandlungen, Performances und Präsentationen des Paares und als Paar in situ zu erhalten. Mittels Paarinterviews können Macht- und Ungleichheitsverhältnisse im Paar sowie die Prozesshaftigkeit und Dynamik des Sozialen ausschnitthaft beobachtet werden

    Ambivalente Praxen der (Re-)Produktion: Fürsorge, Bioökonomie und Geschlecht in der Lebendorganspende

    Get PDF
    "Frauen spenden wesentlich häufiger Organe, während Männer häufiger Organe empfangen. Wie sich dieses Geschlechterverhältnis in der Lebendorganspende begründet, ist bisher wenig erforscht. Ziel des Beitrags bildet die Entwicklung einer Genderperspektive auf die Lebendorganspende. Unsere These lautet, dass Lebendorganspenden eine ambivalente und vergeschlechtlichte Praxis der (Re)Produktion darstellen. Mit Rückgriff auf Marx und seine geschlechtersoziologischen Kritiken sowie anknüpfend an bioökonomische Arbeiten erarbeiten die Autorinnen ein doppeltes Verständnis von (Re-)Produktion als Selbst- und Fürsorge und als eine (Wieder-)Herstellung von Lebensprozessen. Auf der Basis von qualitativen Interviews wird rekonstruiert, wie Betroffene einer Lebendorganspende auf (Re-)Produktion Bezug nehmen. Eine Lebendorganspende umfasst nicht nur den singulären Akt der Transplantation, so unser Fazit, sondern bildet eine Herausforderung für das Verhältnis von Körper, Arbeit und Leben aller Beteiligten." (Autorenreferat)"Women are more likely to donate organs, while men are more likely to receive organs. So far, little research has been done into the reason for this gender disparity in regard to living organ donation. This article aims to develop a gender perspective on living organ donation. The authoresses argue that living organ donation should be understood as an ambivalent and gendered practice of (re)production. Based on Marx, feminist criticisms on his work and bioeconomic studies, they develop a dual understanding of (re)production as a form of care and (re)building of life processes. Based on qualitative interviews they reconstruct how the involved living organ donors relate to (re)production. The authoresses conclude that living organ donation should not be limited to the individual act of transplantation, but should be understood as a challenge for the relationship between the body, work and life of all those involved." (author's abstract

    Ambivalente Praxen der (Re-)Produktion : Fürsorge, Bioökonomie und Geschlecht in der Lebendorganspende

    Full text link
    Frauen spenden wesentlich häufiger Organe, während Männer häufiger Organe empfangen. Wie sich dieses Geschlechterverhältnis in der Lebendorganspende begründet, ist bisher wenig erforscht. Ziel des Beitrags bildet die Entwicklung einer Genderperspektive auf die Lebendorganspende. Unsere These lautet, dass Lebendorganspenden eine ambivalente und vergeschlechtlichte Praxis der (Re-)Produktion darstellen. Mit Rückgriff auf Marx und seine geschlechtersoziologischen Kritiken sowie anknüpfend an bioökonomische Arbeiten erarbeiten wir ein doppeltes Verständnis von (Re-)Produktion als Selbstund Fürsorge und als eine (Wieder-)Herstellung von Lebensprozessen. Auf der Basis von qualitativen Interviews wird rekonstruiert, wie Betroffene einer Lebendorganspende auf (Re-)Produktion Bezug nehmen. Eine Lebendorganspende umfasst nicht nur den singulären Akt der Transplantation, so unser Fazit, sondern bildet eine Herausforderung für das Verhältnis von Körper, Arbeit und Leben aller Beteiligten.Ambivalent practices of (re)production. Care, bioeconomy and gender in living organ donation Women are more likely to donate organs, while men are more likely to receive organs. So far, little research has been done into the reason for this gender disparity in regard to living organ donation. This article aims to develop a gender perspective on living organ donation. We argue that living organ donation should be understood as an ambivalent and gendered practice of (re)production. Based on Marx, feminist criticisms on his work and bioeconomic studies, we develop a dual understanding of (re)production as a form of care and (re)building of life processes. Based on qualitative interviews we reconstruct how the involved living organ donors relate to (re)production. We conclude that living organ donation should not be limited to the individual act of transplantation, but should be understood as a challenge for the relationship between the body, work and life of all those involved

    Das Paarinterview in der soziologischen Paarforschung : Method(olog)ische und forschungspraktische Überlegungen

    Full text link
    Paarinterviews erlauben die Erfassung von Interaktionen, Aushandlungen,Performances und Präsentationen des Paares und als Paar in situ. Sie liefern Einblicke in diekonkrete Paarpraxis und in die Darstellung der Praxis im Interview als doing couple, aber auch alsdoing gender, doing family, doing recognition oder doing inequality. Mit dem Blick auf Individuen inPaarbeziehungen mittels Paarinterviews können Macht- und Ungleichheitsverhältnisse im Paarsowie die Prozesshaftigkeit und Dynamik des Sozialen ausschnitthaft beobachtet werden.Paarinterviews werden in der nichtstandardisierten Sozialforschung zunehmend, jedoch weitausseltener als Einzelinterviews verwendet. Bisher gibt es im deutschsprachigen Raum kaumsystematische methodische und methodologische Überlegungen zum gemeinsamen Paarinterview.Basierend auf der Fassung von Paarbeziehungen als Realität sui generis und als eigenständigemAnalysegegenstand zeigen wir - verortet im interpretativen Paradigma - Erkenntnisinteressen,Anwendungsbereiche und Stärken von Paarinterviews für die soziologische Paarforschung auf.Zudem präsentieren wir neben ausgewählten soziologischen Paarforschungen methodischeAspekte der Durchführung und Anwendung, method(olog)ische Grenzen von und offenemethod(olog)ische Fragen zum Paarinterview (nicht nur) in der soziologischen Paarforschung
    corecore