5 research outputs found
Variation und VariabilitÀt der Unterkieferform in der Hausmaus
In dieser Doktorarbeit beschreibe ich zunĂ€chst die Variation in der Unterkieferform wildgefangener MĂ€use, wobei das Hauptaugenmerk auf der Hausmaus, Mus musculus, liegt. Unter Einbeziehung gefangengehaltener MĂ€use, von InzuchtstĂ€mmen und einiger Experimentalpopulationen versuche ich dann herauszuarbeiten, welche biologischen Prozesse die beobachteten Variationsmuster erklĂ€ren könnten. Hierbei kommen auch genetische und entwicklungsbiologische Aspekte zum Tragen, d.h. die der Variation zugrundeliegende VariabilitĂ€t. Meine wichtigsten Ergebnisse sind folgende: 1) Mahalanobis-Distanzen basierend auf canonical-variates-Analyse von Prokrustes-Koordinaten sind ein gutes MaĂ fĂŒr den Formunterschied zwischen zwei Populationen. In Kombination mit der Benutzung mikrotomographischer Aufnahmen von MĂ€use-Hemimandibeln sind sie ausreichend robust gegenĂŒber verschiedenen Problemen betreffend QualitĂ€t der Proben und Weiterverarbeitung der Daten, als da sind Begrenzungen der ProbengröĂe, systematische Fehler in Bezug auf Alter, Geschlecht und GröĂe der Tiere, Orientierung der Specimen im Tomographen, PrĂ€paration der Knochen und Registrierung der MeĂpunkte. 2) PhĂ€notypische PlastizitĂ€t als Reaktion auf Umweltfaktoren beeinfluĂt die Unterkieferform weniger stark, als eĂ dem durschschnittlichen Formunterschied zwischen zwei Populationen entspricht, d.h. Formunterschiede zwischen wilden Populationen beruhen zu groĂen Teilen auf genetischen Unterschieden. 3) Verschiedene Kategorien von Selektion könnten auf die Unterkieferform gewirkt haben. Vier Populationen von MĂ€usen aus sommertrockenen Gebieten haben sehr Ă€hnliche Formen, was bedeuten könnte, daĂ diese Form durch stabilisierende Selektion konserviert wurde. Eine Population von M. m. domesticus aus einem Dorf in den spanischen Pyreneen, wo die MĂ€use sympatrisch mit M.spretus lebten, ist in ihrer Unterkieferform stark divergent von andern M. musculus. Es könnte sich hierbei um einen Fall von character displacement, d.h. evolutionĂ€re Betonung der Nischenunterschiede zur Konkurenzvermeidung, handeln. Zwei Populationen von M. m. domesticus, die sich von nicht weit zurĂŒckliegenden Kolonisationsereignissen durch menschlichen Transport auf den subantarktischen Kerguelen-Inseln herleiten, weichen von anderen HausmĂ€usen in teilweise Ă€hnlichen Richtungen ab, was einen Fall paralleler Anpassung an das kalte Klima auf diesen Inseln darstellen könnte. 4) InzuchtstĂ€mme der Hausmaus unterscheiden sich stĂ€rker von wilden HausmĂ€usen und voneinander als unterschiedliche Arten in der Natur. Dies beruht vermutlich auf nichtadditiven, epistatischen Interaktionen zwichen and der Morphogenese beteiligten Genen. Diese Hypothese wird unterstĂŒtzt durch die Beobachtung, daĂ F1-Tiere aus Kreuzungen zwischen verschiedenen InzuchtstĂ€mmen nicht lediglich wie Zwischeformen zwischen den ParentalstĂ€mmen aussehen, sondern sich wieder teilweise der Wildform annĂ€hern. 5) Genetisch diverse (nicht ingezĂŒchtete) Populationen von wilden HausmĂ€usen, die im Labor gehalten werden, verĂ€ndern ihre Unterkieferform im Lauf weniger Generationen, wenn auch weniger stark als InzuchtstĂ€mme. Sie unterscheiden sich auch weniger voneinander als dies bei InzuchtstĂ€mmen der Fall ist. Möglicherweise liegt hier ein noch unbekannter (epigenetischer) Mechanismus zugrunde, der durch die Laborhaltung induziert wird. 6) Die Formabweichungen von Kerguelen-MĂ€usen, InzuchtstĂ€mmen und gefangen gehaltenen WildmĂ€usen (âabgeleitete Populationenâ) sind in ihren Richtungen nicht zufallsverteilt. Dieses Muster muĂ aus einer merkmalsbezogenen Perspektive untersucht werden. Die geometrische Morphometrie bietet dafĂŒr keine geeigneten Methoden. Einfache Alternativmethoden, basierend auf MeĂstrecken, ermöglichen es, die Ăhnlichkeit der Richtungen von FormverĂ€nderungen zu quantifizieren und die beteiligten Regionen des Unterkiefers zu identifizieren. 7) Mithilfe eines eigens entwickelten manuellen Protokolls wurden 20 Gruppen miteinander kovariierender MeĂstrecken (interlandmark distances, ILMDs) identifiziert, die wiederum in 5 âHauptmerkmaleâ gruppiert werden können. Diese resultieren möglicherweise aus unterschiedlicher Zuweisung von begrenzten Wachstumsressourcen zu den FortsĂ€tzen des Unterkiefers oder aus funktioneller Koppelung zwischen voderen und hinteren Bereichen. 8) Die 5 Hauptmerkmale âerklĂ€renâ groĂe Anteile der Variation in verschiedenen ZusammenhĂ€ngen: Abweichung der âabgeleiteten Populationenâ von WildmĂ€usen, Variation innerhalb sowohl genetisch diverser als auch ingezĂŒchteter Populationen (im letzteren Fall besteht ein Zusammenhang zur InstabilitĂ€t von EntwicklungsvorgĂ€ngen), âepistatische Abweichungenâ bei Auszuchttieren vom Mittelwert zwichen den ElternstĂ€mmen, sowie nachgeburtliche FormverĂ€nderungen. Diese Vielfalt von ZusammenhĂ€ngen ist ein Hinweis darauf, daĂ ein GroĂteil genetischer und entwicklungsbiologischer VerĂ€nderungen sich in einer begrenzten Anzahl von FormverĂ€nderungen niederschlĂ€gt. Die 5 Hauptmerkmale sind allerdings von geringerer Bedeutung fĂŒr die ErklĂ€rung von Formunterschieden zwischen Populationen und Arten. 9) Unter Zusammenfassung der Hinweise auf die epistatische Grundlage bestimmter Formunterschiede und der spezifischen ZusammenhĂ€nge, in denen sich diese Formunterschiede manifestieren, schlage ich folgende Hypothese vor: epistatische Varianz und InstabilitĂ€t der Entwicklung produzieren einen GroĂteil der Variation innerhalb von Populationen. Die Unterschiede zwichen Populationen und Arten, die durch genetischer Evolution entstehen, beruhen hauptsĂ€chlich auf additiver genetischer Varianz, die andere Formunterschiede hervorbringt als Epistasias und InstabilitĂ€t. Diese Varianz wird möglicherweise durch stabilisierende Selektion eingeschrĂ€nkt und spielt daher innerhalb von Populationen eine geringere Rolle.In this thesis, I provide a description of the shape space of wild mouse mandibles with a focus on Mus musculus. Extending the comparisons to captive mice, inbred strains and some experimental populations, I try to infer which biological processes might account for observed patterns of shape variation, including genetic and developmental aspects (variability). I obtain the following results: 1) Mahalanobis distances based on CVA of Procrustes coordinates are a good measure of the global shape difference between two populations. Combined with the use of two-dimensional projections of ”CT images of mouse hemimandibles, they are sufficiently robust in the face of diverse problems with sample quality and data processing, such as limitations in sample size, sampling errors with respect to sex, age and size of the animals, orientation of the samples inside the ”CT scanner, preparation of bones and landmark digitization error. 2) Phenotypic plasticity as a reaction to environmental differences affects mandible shape by a smaller amount than the average distance between samples of wild-caught populations, suggesting that the shape differences between wild populations mostly have a genetic basis. 3) Various types of selection may have acted on shape. Four populations of mice from summer-dry regions cluster closely together, indicating that stabilizing selection may have conserved their shape. A M. m. domesticus sample from a site in Spain where the mice live in sympatry with a population of M. spretus is highly divergent from other M. musculus. This could represent a case of character displacement. Two populations of M. m. domesticus representing rather recent events of colonization on the subantarctic Kerguelen islands have diverged from other M. musculus in partially similar directions, which could represent an adaptation to the cold climate on these islands. 4) Inbred mouse strains are more divergent from wild mice and from each other than different species in nature, suggesting that nonadditive mechanisms of inheritance, especially epistasis, are important determinants of shape. This idea is supported by the finding that F1 of outcrosses between inbred strains look more similar to wild mice than their parentals, i. e. their phenotype is not just intermediate, and there is some complementation of changes from the wildtype, but no complete reversal. 5) Wild-derived outbred populations kept in the laboratory diverge from wild mice over the course of a few generations, albeit less so than inbred mice. They are, however, not more divergent from each other than wild populations. This finding may point toward the existence of some epigenetically inherited mechanism of shape change which is somehow induced under laboratory conditions. 6) The Kerguelen mice, inbred strains, and wild-derived outbred populations (âderided populationsâ) do not diverge from wild mice in random directions. This pattern needs to be analyzed from a trait-based perspective. Geometric morphometrics alone is not suitable to dissect overall variation into individual traits. Simple alternative methods based on interlandmark distances (ILMDs) help to quantify the similarity between directions of shape change and to dissect shape changes with respect to the mandibular subregions involved. 7) Using a purpose-designed manual protocol, 20 groups of covarying ILMDs are identified, which can themselves be grouped into 5 âmajor traitsâ. These can largely be assumed to represent tradeoffs of tissue mass allocation during growth and to some degree functional coupling between parts of the mandible. 8) The 5 major traits explain large proportions of variation in several contexts: divergence of the derived populations from wild mice, variation within outbred and inbred populations (for the latter, i.e. developmental instability), âepistatic deviationsâ of outcross F1 from the interparental mean, and postnatal longitudinal ontogenetic shape change. This variety of contexts indicates that a large part of the genetically/developmentally generated variation is expressed via a limited number of types of shape changes. At the same time, the 5 traits are less important for the explanation of differences between populations and species. 9) Taking together the evidence for epistatic genetic architecture of shape and the results on the specific contexts in which the corresponding shape changes are observed, I hypothesize that epistatic shape variance may relate to developmental instability and provides the major part of phenotypic variance in wild populations. Stabilizing selection is unable to control this variation. Evolutionary divergence, however, happens predominantly along axes of additive variance, which provide a lower part of phenotypic variance within populations under this model, potentially due to the action of stabilizing selection
Whole-mount in situ hybridization in the Rotifer Brachionus plicatilis representing a basal branch of lophotrochozoans
In order to broaden the comparative scope of evolutionary developmental biology and to refine our picture of animal macroevolution, it is necessary to establish new model organisms, especially from previously underrepresented groups, like the Lophotrochozoa. We have established the culture and protocols for molecular developmental biology in the rotifer species Brachionus plicatilis MĂŒller (Rotifera, Monogononta). Rotifers are nonsegmented animals with enigmatic basal position within the lophotrochozoans and marked by several evolutionary novelties like the wheel organ (corona), the median eye, and the nonpaired posterior foot. The expression of Bp-Pax-6 is shown using whole-mount in situ hybridization. The inexpensive easy culture and experimental tractability of Brachionus as well as the range of interesting questions to which it holds the key make it a promising addition to the âzooâ of evo-devo model organisms