128 research outputs found

    Problematisierungen des Körperverhaltens und die Zukunft der Sexualität

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    "1. Problemzonen der Körperlichkeit. Die soziale Organisation des Sexualverhaltens knüpft weithin an Körperumstände an (z.B. Alter, Gewalt, Krankheit, ethnischer Exotismus, Behinderung, Körperöffnungen). Die gesellschaftliche Reaktion auf Sexualdevianz benutzt ihrerseits den Leib. Die Problemdynamik findet ein reiches Betätigungsfeld vor. 2. Aktuelle Tendenzen des Problembetriebs. Die Körperrahmungen sexueller Handlungen werden heute in einem früher ungeahnten Maß öffentlich gezeigt. Die Bilderexplosion dient keineswegs nur einer Normalisierung; vielmehr betreibt sie eine Naturalisierung, die zu neuen Grenzziehungen anregen wird. Die Körperdimension befördert eine Biologisierung des Wissens. Dabei wird viel alter Wein (der von 1900) in neue Schläuche gegossen. Die 'alte' Biologisierung der Sexualität wird durch eine 'neue' abgelöst, die sich an Oberflächenmerkmalen der physischen Erscheinung festmacht. Das Sexuelle wird erneut biowissenschaftlich gerahmt. Das Verschwinden kritischer (=sozialwissenschaftlich orientierter) Sexualwissenschaft hinterlässt ein Vakuum und ermöglicht den Auftritt neuer Strategien. Eine Problemindustrie kommt in Gang, die mit körperbezogenen Strategien (Trainings, Medikamente) eine neue Normalität herstellt. Die jetzt junge Generation wird die Korporalisierung (der Sexualität) und die Biologisierung (des Wissens) miteinander kurz schließen. In der Luft liegen z.B. die Wiederkehr der reproduktiven Bindung in der Sexualität und eine Aufwertung der Ehegatten-Sexualität. 3. Zukunft. Die Kontinuität eines 'Weiter so' ist unwahrscheinlich. Zu erwarten stehen neue Bindungen. Die sexuell aktiven Altersgruppen werden erheblich von Menschen (Männern) mit Migrationshintergrund bestimmt sein. Die Diversität der Sexualkultur steigt an. Dies wird Toleranz erfordern, aber nicht automatisch hervorbringen. Konflikte um die 'richtige' Sexualität werden also zunehmen. Das okzidentale Modell der Rationalisierung von Sexualität kann sich nicht einfach fortsetzen; es leidet unter dem Dualismus Körper - Geist." (Autorenreferat

    Simmels Spuren in der Soziologie eines Jahrhunderts

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    Die Grundlagen für die in den 1890er Jahren neue Fachdisziplin Soziologie hat der Philosoph Georg Simmel etwa gleichzeitig mit Emile Durkheim, aber ein Jahrzehnt vor Max Weber gelegt. So gut wie alle Nachfolger*innen setzen sich mit diesem Autor fruchtbar auseinander. Als Theoriestifter wird Simmel allerdings häufig verkannt. Der Artikel zeigt seine Einflüsse auf die nachfolgenden Denkschulen: Sozialphänomenologieund Interpretative Soziologie, Struktur-Funktionalismus und Systemtheorie, Kritische Theorie und die aktuellen Strömungen. Aber trotz der Kontinuitäten verwischen sich die Spuren Simmels, wozu einige erklärende Ideen angeboten werden.&nbsp

    Körpervermittelte Rechtlosigkeit: die KZ-Haft als Idealtypus

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    "Das Konzentrationslager NS-deutscher Prägung bietet ein Exempel für den Ablauf sozialer Exklusion. Die Insassen erleiden einen totalen Rechtsverlust. Sämtliche Bürgerrechte werden entzogen, und zwar mit Maßnahmen, die primär zum Körper der Delinquenten greifen. Regulative, symbolische und kommunikative Mechanismen werden erst nachrangig eingesetzt. Es sind die physischen Umstände von Einweisung, Aufenthalt und Haftdauer, welche Situation und schließliches Schicksal des Subjekts bestimmen: Ernährung, Wohnen, Bekleidung, Gesundheitsversorgung, Arbeit, Übergriffe u.a. Auch die 'Körpernähe' des anfänglichen Haftgrundes beeinflusst die Überlebenschance. Soziale Exklusion vollzieht sich hier über eine buchstäblich körperliche Aussonderung aus der umgebenden Gesellschaft. Zugleich zeigt sich eines der gesellschaftlichen Modelle für das Verhältnis von Körper und Recht. Körperprozeduren markieren die Stufen der Häftlingskarriere. Die Insassen durchschreiten die Stadien des Rechtsverlusts, indem ihr Körper sich transformiert. Die Belastungen können durch die Unterstützung von Mithäftlingen aufgefangen werden. Als ein Surrogat für Regelsysteme im Lager dient die gruppeninterne Solidarität - wenn vorhanden. Die lagerinternen Regeln entstammen nicht dem Recht der Außengesellschaft. Sie werden von der SS bestimmt und körperunmittelbar kommuniziert. Auch wenn sich so etwas wie eine 'Häftlingsgesellschaft' bestünde, sind die Routinen und Regeln des Lagerlebens kein 'Recht'. Die körpervermittelte Rechtlosigkeit wird nicht unterschiedslos in den totalitären Politikregimes angetroffen. Zu vergleichen ist vielmehr eine Körperdiktatur wie in NS-Deutschland mit einer Erziehungsdiktatur wie in der DDR. Auch Demokratien kennen den körpervermittelten Rechtsentzug. Welche 'Natur' mag es sein, auf die Gesellschaft sich hier reduziert? An den Lagern auf 'reichsdeutschem' Boden (wie Buchenwald, Dachau, Ravensbrück - nicht aber an Vernichtungsmaschinen wie Auschwitz-Birkenau) lässt sich eine Ausschließungsstrategie in beinahe idealtypischer Reinheit beobachten. Die deutsche Soziologie hat sich dafür nur selten interessiert, die internationale umso mehr." (Autorenreferat

    Geschlechtsspezifische Subkulturen

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    Homosexuality and Homophobia – a Trajectory of Western Late Modernity.

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    Abstract: Homosexuality and homophobia are social phenomena which have a history. From the middle of the 19th century onward, the criminalization, pathologization, and scientification of same-sex practices proliferated. At the same time, an increasing number of mainly men-desiring-men went public, volunteered as objects of scientific research, and developed various forms of resistance. Together, these reciprocal processes merged into a double-helix of an increasingly sharp and aggressive character. The article argues that the increasing repression, and the growing number of self-articulations constitute a trajectory which established the social organization of same-sex practices. With its epicenter in Central Europe, the initiation of this trajectory at around 1850 marked the beginning of a new and distinct era.Abstract: Homosexuality and homophobia are social phenomena which have a history. From the middle of the 19th century onward, the criminalization, pathologization, and scientification of same-sex practices proliferated. At the same time, an increasing number of mainly men-desiring-men went public, volunteered as objects of scientific research, and developed various forms of resistance. Together, these reciprocal processes merged into a double-helix of an increasingly sharp and aggressive character. The article argues that the increasing repression, and the growing number of self-articulations constitute a trajectory which established the social organization of same-sex practices. With its epicenter in Central Europe, the initiation of this trajectory at around 1850 marked the beginning of a new and distinct era

    Probleme mit der Problemsoziologie

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    Auf der Grundlage der von Joel Best und Heinz Steinert vorgetragenen Kritiken und Vorschläge zur Soziologie der sozialen Probleme diskutiert der Beitrag die Stellung der Problemforschung innerhalb der Soziologie und plädiert für eine Lösung, die beide Ansätze miteinander verbindet, wie dies am Beispiel der Medizin-Soziologie veranschaulicht wird. Bei der abschließenden Betrachtung über die Zukunft der Problemsoziologie wird betont, dass die Analyse von Missständen - Aufdeckung, Anprangerung, Erklärung - nicht restlos in eine Soziologie sozialer Probleme abgeschoben werden kann, sondern das dies eigentlich die Aufgabe der gesamten Soziologie ist und dort auch stattfindet - insoweit man sich nicht auf die Frage nach der 'Ordnung' kapriziert. Konflikttheorien haben immer auch die Schattenseiten des Zusammenlebens thematisiert, also beispielsweise nicht nur Ehe, Familie und Nachwuchs, sondern auch Scheidung, Neurotisierung und innerfamiliale Machtverhältnisse. Nur der einseitige Blick auf Institution und Funktion hat soziologische Dunkelfelder geschaffen, in die dann eine Problemforschung hineinleuchtete. Wollte die Soziologie das Unordentliche genauso betrachten wie das Brave, dann bedürfte sie der Krücke einer Problemforschung nicht. (ICH

    Das Perpetuum mobile der Kontrollwissenschaften

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    Der Autor diskutiert den Stand der Kriminalsoziologie aus einer politischen Perspektive und grenzt sie von der Kriminologie ab: 'Nicht die Negativbilanz des Rechts wird gezogen ('Wer tut Böses?'), sondern die Positivbilanz ('Cui bono?').' Insbesondere das Thema 'Innere Sicherheit' wird als eine Herausforderung für die Soziologie betrachtet und eine neue Sichtweise gefordert. Danach erhalten soziale Probleme eine neue Dimension: die Sicherheitsbilanz der gesellschaftlichen Mitglieder als 'objektive Bedingung' und nicht mehr als subjektive Bewertung. Kritisch analysiert werden ferner Theorien über abweichendes Verhalten und soziale Kontrolle. (pra

    Moral als Imperativ im Diskurs über soziale Missstände

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    Untersucht wird die diskursive Konstruktion gesellschaftlicher Übel, für die nach einer Intervention gerufen wird (in der Soziologie: soziale Probleme). Moralische Überzeugungen begründen das Urteil als misslich. Sie beeinflussen bereits die Wahrnehmung der Wirklichkeit, folgen einer bestimmten Erzählstruktur und nehmen einen wissenspolitischen Lauf. Der Spezialfall einer imperativen Moral, der historisch neu zu sein scheint und gegenwärtige Missstandsdiskurse prägt, verfährt auf eine vehement diktatorische Weise
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