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    373 Camp Wolfsberg

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    Nach der alliierten Befreiung Mitteleuropas vom Terror des nationalsozialistischen Gewaltregimes im Jahre 1945 besetzten die vier Siegermächte USA, Großbritannien, Frankreich und die Sowjetunion Deutschland und Österreich. Während der für Deutschland vier- und für Österreich zehnjährigen militärischen Besatzung dominierte, gemeinsam mit dem wirtschaftlichen Wiederaufbau, in den ersten drei Jahren auch die alliierte Entnazifizierungspolitik. Im Zuge des militärstrategischen und gesellschaftspolitischen Kurses setzten die Westalliierten eine Sonderform von Internierungslagern ein. Sowohl mittel- bis hochrangige Repräsentanten der NS-Elite, als auch andere zivile wie militärische Mitglieder des NS-Regimes wurden in diese Lager in Gewahrsam genommen. Auf Basis neuer Forschungsergebnisse werden die, hier erstmals so bezeichneten, Besatzungslager vor dem Hintergrund der alliierten Nachkriegspolitik in Österreich und dem Einfluss der national- sowie internationalpolitischen Entwicklungen vorgestellt. Ein Überblick zu den verschiedenen Lagertypen im Europa des 20. Jahrhunderts skizziert die spezifischen politischen Rahmenbedingungen und jeweiligen Aufgaben von Lagern, um irreführende Vergleiche zu vermeiden. Der Charakter der Besatzungslager setzt sich zusammen aus den militärpolitischen Motiven, weiters der sozialen Struktur der Interniertengesellschaft und schließlich dem Ablauf des Lageralltags. Für die Einweisung in ein Besatzungslager gab es drei Beweggründe. Priorität hatte für die Alliierten bei Kriegsende die präventive Sicherheitsmaßnahme für die eigenen Truppen im Falle nationalsozialistischer Widerstandsaktionen. Danach folgte eine Phase des Festhaltens in den Besatzungslagern. Verdächtige Internierte, Zeugen und Mitwisser wurden teilweise verhört, um Kriegsverbrecher aussieben zu können. Zuletzt gab es seitens der Besatzungsbehörden Überlegungen zu Entnazifizierungsmaßnahmen und vereinzelt Versuche, diese innerhalb der Lager durchzuführen. Allerdings wurde das in den Besatzungslagern in Österreich nicht mit Konsequenz verfolgt; von den alliierten Wachsoldaten gab es grundsätzlich keine systematischen Misshandlungen oder Demütigungen der InsassInnen. Während das „Internierungslager Glasenbach“ bei Salzburg, auch „Camp Marcus W. Orr“, in der US-amerikanischen Besatzungszone in der zeithistorischen Forschung allgemein ein Begriff ist, sind hingegen die drei britischen Lager in Österreich nach 1945 weitgehend unbekannt geblieben. In der britischen Besatzungszone Osttirol, Kärnten und der Steiermark handelte es sich dabei um ein Netzwerk aus drei größeren Lagern und kleineren ersten Auffanglagern. Insgesamt etwa 10.000 Personen, überwiegend Männer aber auch Frauen, ab mittlerer NS-Führungsebene aufwärts waren auf die Lager Weissenstein bei Villach, Wolfsberg bei Klagenfurt und Wetzelsdorf bei Graz verteilt. Am Beispiel des ehemaligen Kriegsgefangenenlagers Stalag XVIII A in Wolfsberg, dem größten der drei britischen Besatzungslager, wird das Lagernetzwerk, der Lageraufbau und das Lagerleben der Internierten dargestellt. Die britische Lagerkommandantur beobachtete zwar die Interniertengesellschaft, griff aber nicht aktiv in Gestaltung und Ablauf des Lageralltags ein. Damit konnte sich analog ein extrem hoher Selbstorganisationsgrad in Form einer internen Lagerleitung entwickeln. Auffallend sind die regen intellektuellen und künstlerischen Aktivitäten, die gleichermaßen als Zeitvertreib und „Beschäftigungstherapie“ gegen den verbreiteten Lagerkoller zu verstehen sind. Verstärkt wurde er, neben Sorgen um die Verwandten zu Hause und zur eigenen Lebenssituation, durch einen allgemeinen Informationsmangel im Lager. Es gab von Seiten der Besatzungsbehörden keine offizielle Aufklärung für den Großteil der InsassInnen zu ihren jeweils individuellen Haftgründen. Damit war der Mehrheit der Zweck der Internierung nicht klar, was bei ZeitzeugInnen zum Teil heute noch der Fall ist. Der geringe Informationsgehalt für die InsassInnen zu ihrer Lagerhaft sorgte bei den Betroffenen für eine Atmosphäre der Frustration und führte zum ideologischen Rollentausch von Täter- und Mittäter- zur Opfergesellschaft. Mentalitätshistorisch für die gesellschaftliche Entwicklung der Zweiten Republik in Österreich relevant ist die Eigenwahrnehmung der Internierten in den Besatzungslagern als „Kriegsgefangene“. Obwohl sie diesem Status offiziell nicht entsprachen, fassten sie sich als eben solche auf. Das war zum einen auf die unpräzisen Bezeichnungen durch alliierte wie auch österreichische Behörden zurückzuführen. Zum anderen aber ermöglichte das auch, eine Distanz zur Kennzeichnung als „NationalsozialistIn“ zu schaffen. Bald schon zeigte sich der Arrest in den Besatzungslagern im Widerspruch zur gesellschaftlichen Entnazifizierungspolitik stehend. Das Resultat daraus war letztendlich, dass die Internierten in ihrer selbst geschaffenen Opferrolle und in einem intellektuellen Selbstbewusstsein bestärkt wurden.The ”Marcus W. Orr Internment Camp” in the US zone of Allied occupation – one of the commonly termed “De-nazification Camps” - is well known part of Austrian modern history. Much less well known are the three Camps in the British zone that existed between 1945 and 1948. Altogether approximately 10,000 individuals who had formerly had an active role at middle to high National Socialist service grades were detained in the Wetzelsdorf, Wolfsberg and Weissenstein Camps. Arrest and detention at an, in this analysis for the first time so-called, Occupation Camp was part of the security and transitional justice procedures and initially an element of the re-education plans within the western Allied de-nazification strategy. Meanwhile national and international political developments were prioritised over, and outweighed issues of, the denazification of society. Within the Camps the detainees received virtually no information about their individual situations. The ensuing atmosphere of frustration caused a shift in self-perceptions “from delinquent to victim”

    [Tagungsbericht zu:] Der Holocaust und die Geschichte der Völkermorde im 20. Jahrhundert. Zur Bedeutung und Reichweite des Vergleichs. Wien: Sybille Steinbacher, Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien; Raphael Gross, Fritz Bauer Institut, Geschichte und Wirkung des Holocaust Frankfurt/Main; in Kooperation mit der Österreichischen HochschülerInnenschaft, 24.10.2011-25.10.2011

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    Am 24. und 25. Oktober 2011 veranstalteten Sybille Steinbacher vom Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien und Raphael Gross vom Fritz Bauer Institut, Geschichte und Wirkung des Holocaust Frankfurt/Main in Kooperation mit der Österreichischen HochschülerInnenschaft die Tagung "Der Holocaust und die Geschichte der Völkermorde im 20. Jahrhundert. Zur Bedeutung und Reichweite des Vergleichs". Im Mittelpunkt der Wiener Tagung standen Fragen nach der Entwicklung des Topos "Singularität des Holocaust", der Einordnung des nationalsozialistischen Judenmords in die Reihe der Völkermorde und dessen Vergleichbarkeit, beispielsweise mit den stalinistischen Verbrechen. Weiters wurde diskutiert, ob und wie den Zeitgenossen des "Dritten Reichs" die Gewaltexzesse gegen Zivilisten und ethnische Minderheiten zur Zeit des Ersten Weltkriegs bewusst waren. Ziel war es, die Bezüge der noch relativ jungen Komparativen Genozidforschung und der Holocaustforschung zu beleuchten, ferner den Merkmalen "ethnischer Säuberungen" nachzugehen und die Verbrechensgeschichte des letzten Jahrhunderts an ausgewählten Beispielen, wie dem Völkermord an den Armeniern, zu analysieren. ..

    Literaturverzeichnis

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