101 research outputs found

    Vom Ende der Natur als normativer Begründungsressource in spätmodernen Gesellschaften

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    "Allgemein wird in der Soziologie heute die selbstkritische Diagnose eines 'ökologischen Defizits' gestellt. Häufig verbunden ist damit die Forderung, Natur als Kategorie in die Soziologie (wieder)einzuführen. Wenn man jedoch akzeptiert, daß Soziologie die Wissenschaft von den gesellschaftlichen Ordnungsvorstellungen und des sinnhaft orientierten Handelns ist, fällt es schwer, einen direkten Bezug zu den stofflich-materiellen Aspekten herzustellen, die Grundlage einer ökologischen Selbstgefährdung sein mögen. Naheliegender und im soziologischen Forschungsprogramm anschlußfähiger erscheint es zunächst, die Bedeutung der jeweiligen Naturvorstellungen für die Begründung gesellschaftlicher Ordnungskonzepte zu untersuchen. In meinem Beitrag vertrete ich die These, daß sich der Geltungsanspruch jeglicher Rekurse auf Natur in spätmodernen Gesellschaften hier als kaum noch begründbar erweist. Denn solange man Natur als gegeben und von gesellschaftlicher Manipulation unbeeinflußt konzipieren konnte, eignete sich der Rekurs auf Natur zur stabilen Grenzziehung für den Geltungsbereich gesellschaftlicher Verantwortung: Gesellschaftliche Entscheidungen sind zu begründen, naturbedingte Ereignisse sind als Schicksal hinzunehmen. Doch mit den wachsenden wissenschaftlich-technischen Manipulationsmöglichkeiten und unter dem Eindruck ökologischer Krisenerscheinungen wird diese Grenzziehung problematisch. An die Stelle der Grenze zwischen Gesellschaft und Natur tritt nun die Grenze zwischen Wissen und Nicht-Wissen. Hier rückt die Wissenschaft in eine Schlüsselstellung für die Integration der ganzen Gesellschaft ein. Aber die Wissenschaft ist selbst, zumindest in ihrem Objektivitätsanspruch und damit in ihrem Anspruch, allgemeingültige Definitionen des Wissensstands liefern zu können, auf die Unterscheidung zwischen Gesellschaft und Natur angewiesen, deren Realitätsgehalt und Gültigkeit gerade im Schwinden begriffen ist. Daraus ergeben sich problematische Konsequenzen, die weder in einer linearen Fortschreibung der Modernisierungstheorie noch im Sinne reflexiver Modernisierung einfach zu lösen sind." (Autorenreferat

    Gesellschaft ohne Klassen? Vorstellungsbilder der deutschen Sozialstruktur

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    Die Schlüsselbegriffe sozialer Ungleichheit (z. B. Stand, Kaste, Klasse, Schicht) sind immer auch gesellschaftspolitische Legitimations- und Kampfformeln gewesen und können zugleich doch analytisch-theoretisch verwendet werden. Das wird am Beispiel des Klassenbegriffs gezeigt. Nach 1945 wurden in der deutschen Soziologie die tiefgreifenden Veränderungen der Sozialstruktur als Entwicklung zur „nivellierten Mittelstandsgesellschaft“ (Helmut Schelsky), später als Sozialstruktur „jenseits von Klasse und Schicht“ (Ulrich Beck) interpretiert. Der Beitrag zeigt, wie sich – entgegen weit verbreiteten Annahmen – Klassengesellschaften zwar verändert haben, „Klassengesellschaftlichkeit“ (auch im globalen Maßstab) jedoch nach wie vor strukturbestimmend geblieben ist.The key terms of social inequality (e. g. status, class, caste, stratum) have always been used for the legitimation of socio-political action. At the same time, they can also be employed as analytical and theoretical tools, as this paper aims to show exemplarily with the term ‘class’. The changes in social structure after 1945 have been interpreted in various ways by German sociologists, for instance in Helmut Schlesky’s concept of the “levelled middle-class society”, or as a social structure “beyond class and stratum” (Ulrich Beck). It is here to be pointed out that, while ‘class societies’ have changed (locally as well as globally), ‘class sociability’ has remained determinative for the social structure

    Handlungssinn und Utopieverzicht

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    Hans-Georg Soeffner, der die Aufmerksamkeit für Rituale in die wissenssoziologische Hermeneutik eingeführt und nicht zuletzt am Faszinosum künstlerischer und gegenkultureller Beispiele behandelt hat, wird sich kaum darüber verwundert zeigen (wenn zuerst vielleicht auch ein Widerstreben empfindend), selbst zum Anlass und Gegenstand ritueller Behandlung zu werden.&nbsp

    "Künste im Transformationsprozeß"

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    Ost und West: Zukunftsperspektiven in Deutschland

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    Der Beitrag dokumentiert ein Diskussionsforum der Deutschen Gesellschaft für Soziologie. Moderiert von Wolfgang Zapf diskutierten der Soziologe Ulrich Beck, der Leiter der "Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben", Dr. Heinrich Hornef, Pfarrer Ehrhardt Neubert von der Studien- und Begegnungsstätte der EKD Berlin, Dr. Bernd Pfalzgraf als Vertreter des sächsischen Wirtschaftsministers und der stellvertretende SPD-Vorsitzende Wolfgang Thierse, MdB. Den Ausgangspunkt bildeten drei Thesen von Zapf: Die ostdeutsche Transformation hat sich trotz Stimmungsschwankungen stabilisiert; die Bilanzen der gesamtdeutschen Transformation sind kritisch, aber im ganzen positiv; die deutschen Probleme werden im internationalen, besonders europäischen Rahmen, zurücktreten, denn die wesentlichen Umbrüche in Ostdeutschland sind abgeschlossen. (ICB2

    Soziologie als "Wirklichkeitswissenschaft" jenseits von Naturalismus und Virtualitätseuphorie: Eröffnungsvortrag des 33. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie

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    Der für den Kasseler Soziologiekongress gewählte Titel "Die Natur der Gesellschaft" eröffnet unterschiedliche Bedeutungsfelder: Zum einen geht es um den Anspruch mancher Naturwissenschaftler, abschließende Erklärungen zu liefern, welche die Sozial- und Kulturwissenschaften vielleicht sogar überflüssig machen könnten. Mit diesem Kampf der Disziplinen war stets auch die Frage verbunden, ob es eher "die Gesellschaft" oder "das Leben" sei, durch die man zu einem Verständnis der Existenzbedingungen des Menschen kommen könne. Zum anderen ergab sich eine Herausforderung für die Soziologie durch reduktionistische naturwissenschaftliche Erklärungsansätze und deren große öffentliche Resonanz. Die Formulierung "Natur der Gesellschaft", die sich schon bei Georg Simmel findet, weist vor diesem Hintergrund auf die soziale Konstruktion von äußerer und innerer Natur sowie auf die sozialen und soziologischen Verständnisse naturaler Voraussetzungen des menschlichen Lebens hin. Der Kasseler Soziologiekongress hat zum Ziel, sich vor allem mit den Ursachenformen, Funktionen und Folgen der heutigen biopolitischen Wende auseinanderzusetzen. Der vorliegende Eröffnungsvortrag thematisiert unter anderem die evolutionstheoretische Einheitswissenschaft, die "Entnaturalisierung" der Soziologie, die Sonderstellung des Menschen in der Natur, die lebensphilosophischen Ansätze in der Soziologie und die disziplinübergreifenden Annäherungsmöglichkeiten zwischen Soziologie als "Wirklichkeitswissenschaft" und den Lebenswissenschaften. (ICI2

    Sonderstellung oder ökologische Nische? Wolfgang Köhler und Michael Tomasello aus der Sicht der Philosophischen Anthropologie

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    Wenn das Werk des Primatenforschers Michael Tomasello hier mit den viel älteren Untersuchungen des Gestaltpsychologen Wolfgang Köhler in Beziehung gesetzt wird, so deshalb, weil dessen kognitionspsychologische Experimente mit Schimpansen in der Anthropoiden-Forschungsstation der Preußischen Akademie der Wissenschaften auf Teneriffa von den Hauptautoren der Philosophischen Anthropologie, nämlich Max Scheler, Helmuth Plessner und Arnold Gehlen, mit großer Aufmerksamkeit rezipiert worden sind. Die Veranstalter der Heidelberger Tagung haben in ihrer Erläuterung des Themas ausdrücklich die anthropologische Tradition der Philosophie (und dann auch Soziologie) in Deutschland ins Spiel gebracht, da sich Tomasello als „direkter Gegenpol zur teilweise dominierenden Soziobiologie und evolutionären Psychologie“ erwiesen habe und somit in einer gewissen Nähe zu diesen älteren Deutungen des Menschen stehe

    „1968“ und die externalisierte Revolution

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    Durch die Erinnerung an das Symboljahr "1968", das zumindest für ein ganzes Jahrzehnt steht, sind die Tatsachen in großen Zügen bekannt, zumal sie fünfzig Jahre danach in den Medien vielfach in Erinnerung gerufen worden sind. Durch den Protest gegen den Vietnamkrieg internationalisiert, wurden die mit der Studentenbewegung verbundenen Konflikte in unterschiedlichen Ländern zugleich zum Katalysator für Auseinandersetzun­gen um jeweils spezifische nationale Problemlagen. Aus deutscher Sicht kann ein Aspekt der Ereignisse ›2 x ›68‹ genannt werden, nämlich die Differenz zwischen den entgegengesetzten symbolischen Ereignissen des ›Pariser Mai‹ für die BRD und der Niederschlagung des ›Prager Frühlings‹ für die DDR. Das eine war mit Revolutionsphantasie aufgeladen, das andere mit dem Ende jeglicher Hoffnung auf eine Reformierbarkeit des Staatssozialismus verbunden. Unter den theorieorientierten deutschen Verhältnissen waren das ›ganz Andere‹ (Theodor W. Adorno) und die Emphase der Utopie (Ernst Bloch) beflügelnde gedankliche Über­schreitungen des status quo und boten die (Neu-)Entdeckung der Marx’schen Kapitalismus­kritik überraschende Deutungsmöglichkeiten der gesellschaftlichen Realität, wenngleich nicht selten in scholastische und doktrinäre Selbstisolierungen einmündend. Eine Störung der gesellschaftlichen Ordnung war die Studentenrevolte allemal, aber war es auch eine Revolution? Dieses Wort bekam eine Deckung vor allem durch den Import aus den Befreiungsbewegungen im Prozess der Dekolonialisierung, sodann durch die Mythisierung des von Mao Tse-tung angeführten ›Langen Marsches‹ und die kubanische Revolution samt die mit dem Namen Che Guevaras verbundene Ausbreitung auf ganz Südamerika. Aber die Revolution im eigenen Land blieb aus. Und doch hatte ›1968‹ durchaus seinen Anteil an einem tiefgreifenden gesellschaftlichen Wandel. Was in den Epizentren Berlin und Frankfurt entstanden war, wurde als ›Kulturrevolution‹ in fast allen Universitätsorten und schließlich im ganzen Land ›nachgespielt‹ und verband sich mit unterschiedlichsten anderen Formen des Aufbegehrens. Vielleicht kam in Deutschland die wirkliche ›Revolution‹ aber erst im Zusammenhang mit der Liberalisierung und dem Zusammenbruch der Sowjetunion, also mit dem, was merkwürdigerweise mit einem Wort von Egon Krenz die ›Wende‹ heißt
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