209 research outputs found

    EuropÀische versus nationale Gleichheit

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    Der europĂ€ische Integrationsprozess lĂ€sst sich als ein Prozess der Verlagerung von SouverĂ€nitĂ€tsrechten von den Nationalstaaten auf die Institutionen der EuropĂ€ischen Union interpretieren. Die heutige EuropĂ€ische Union startete mit der Festlegung einer gemeinsamen Verwaltung fĂŒr die Kohle- und Stahlindustrie. Schritt fĂŒr Schritt wurden andere Bereiche in den Prozess der Vertiefung einbezogen: Eine Zollunion wurde gegrĂŒndet, ein gemeinsamer Binnenmarkt und eine Wirtschafts- und WĂ€hrungsunion wurden gebildet, und schließlich wurde fĂŒr eine Teilgruppe der EU-LĂ€nder eine gemeinsame WĂ€hrung eingefĂŒhrt. Der Prozess der zunehmenden europĂ€ischen Integration lĂ€sst sich aber nicht nur als ein Prozess der Zunahme europĂ€ischer Regelungen und der Ausbildung eines eigenstĂ€ndigen europĂ€ischen Institutionensystems beschreiben, sondern auch als ein Prozess der Etablierung einer europĂ€ischen Werteordnung. Die Union ist auch ein politischer Werteunternehmer, der mit seinen Politiken in die Werteordnungen seiner MitgliedslĂ€nder eingreift. Sie verfĂŒgt ĂŒber ein Skript einer europĂ€ischen Gesellschaft und versucht, mit ihren Politiken ihre Vorstellungen einer europĂ€ischen Gesellschaft zu realisieren. Dabei hat die EU zum Teil sehr dezidierte Vorstellungen darĂŒber, wie eine Familie, die Ökonomie, der Wohlfahrtsstaat oder eine Zivilgesellschaft idealiter aussehen soll. Wir haben an anderer Stelle mithilfe einer Analyse des PrimĂ€r- und SekundĂ€rrechts der EU zu zeigen versucht, welche Werteordnung – differenziert nach WertsphĂ€ren – die EU prĂ€feriert (vgl. Gerhards/Hölscher 2005). Wir knĂŒpfen in der folgenden Untersuchung an diese Analysen an, konzentrieren uns hier auf das Gleichheitsskript der EuropĂ€ischen Union und gehen dabei folgenden drei – miteinander verknĂŒpften – Fragen nach. 1\. In einem ersten Schritt beschreiben wir mit Rekurs auf das EU-Recht und die EU- Politiken, wie die EuropĂ€ischen Union die Idee einer allein binnennationalen Gleichheit transnationalisiert und ersetzt hat durch die Idee einer Gleichheit aller BĂŒrger Europas. Ein Blick in die Vertragsentwicklungen wird zeigen, dass die Union Schritt fĂŒr Schritt das Prinzip der Gleichheit aller UnionsbĂŒrger auf unterschiedliche Politikfelder ausgedehnt und damit die LegitimitĂ€t nationalstaatlicher Schließung und von nationalen Sonderregelungen durchbrochen hat. Dies gilt vor allem fĂŒr den Bereich der Wirtschaft und die Herstellung eines gemeinsamen europĂ€ischen Binnenmarktes. 2\. Manche Autoren gehen davon aus, dass sich mit einer EuropĂ€isierung der Politikfelder und einer Strukturierung eines europĂ€ischen gesellschaftlichen Raumes auch die Wahrnehmungen der BĂŒrger verĂ€ndern, so dass man von einer EuropĂ€isierung von Einstellungen und Werteorientierungen sprechen kann. Ulrich Beck und Edgar Grande haben jĂŒngst die These formuliert: »Im Anschluss daran soll hier die These entwickelt werden, dass sich die bisherigen Verzerrungen in der Wahrnehmung sozialer Ungleichheiten – das heißt die Herstellung und Aufrechterhaltung der Unvergleichbarkeit von gleichen Ungleichheiten zwischen und ĂŒber nationale Grenzen hinweg – im Zuge der grenzverĂ€ndernden Grenzenpolitik der EuropĂ€isierung auflösen.« (Beck/Grande 2004: 266) Ob dies wirklich der Fall ist, wollen wir fĂŒr den Bereich der Gleichheit auf dem Arbeitsmarkt prĂŒfen. In welchem Maße unterstĂŒtzen die BĂŒrger die Vorstellung, dass auslĂ€ndische BĂŒrger auf dem Arbeitsmarkt die gleichen Zugangsmöglichkeiten und Rechte genießen wie die eigenen BĂŒrger, oder umgekehrt formuliert: In welchem Maße gehen die BĂŒrger davon aus, dass InlĂ€nder gegenĂŒber europĂ€ischen AuslĂ€ndern einen bevorzugten Zugang zu ArbeitsplĂ€tzen haben sollen? UnterstĂŒtzen die EU-BĂŒrger das Skript der EU- Institutionen von einer Gleichheit der ArbeitskrĂ€fte oder favorisieren sie ein Ungleichheitskonzept, das zwischen InlĂ€ndern und AuslĂ€ndern unterscheidet? Wird die institutionelle EuropĂ€isierung also durch eine mentalitĂ€tsmĂ€ĂŸige EuropĂ€isierung (Heidenreich in diesem Band) unterstĂŒtzt? Die Frage nach einer UnterstĂŒtzung des EU-Skripts durch die BĂŒrger ist fĂŒr die LegitimitĂ€t der Politiken der EU nicht unerheblich, wie die Ablehnung der europĂ€ischen Verfassung in den MitgliedslĂ€ndern Frankreich und den Niederlanden gerade gezeigt haben. Demokratien sind strukturell auf die UnterstĂŒtzung ihrer BĂŒrger angewiesen. Bleibt diese aus, kann es zu LegitimitĂ€tsproblemen der Institutionen selbst kommen. 3\. Die deskriptiven Befunde werden zeigen, dass das Gleichheitsskript der EU bei den BĂŒrgern Europas keine mehrheitliche UnterstĂŒtzung findet, wobei es erhebliche Unterschiede zwischen den LĂ€ndern gibt. Neben einer Deskription gehen wir in einem dritten Schritt der Frage nach, wie man die gefundenen Unterschiede zwischen den LĂ€ndern erklĂ€ren kann. Dazu formulieren wir zuerst Hypothesen, die wir mit Hilfe einer multivariaten Analyse ĂŒberprĂŒfen werden. In einem abschließenden Kapitel gehen wir auf mögliche politische Implikationen der Befunde ein. Die empirische Grundlage unserer Rekonstruktion der Werteorientierung der BĂŒrger bilden SekundĂ€ranalysen von reprĂ€sentativen Bevölkerungsbefragungen, die in den Mitglieds- und BeitrittslĂ€ndern durchgefĂŒhrt und in denen die BĂŒrger nach Werteeinstellungen gefragt wurden

    Kritik des neuen Kultes der Minderheitensprachen

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    Die Geschichte der Minderheitensprachen in den letzten 200 Jahren ist vielerorts eine Geschichte ihrer UnterdrĂŒckung. Im Kontext der Entstehung von Nationalstaaten wurden und werden bis heute die Sprachen der Minderheiten vielfach benachteiligt, zum Teil verboten und ihre Sprecher auf unterschiedliche Art und Weise unter‐drĂŒckt. Mit Beginn der 1970er Jahre findet aber eine Umkehr in der Interpretation des Status der Minderheitensprachen statt, die verbunden ist mit einer StĂ€rkung der Rechte der Minderheiten auf internationaler und nationaler Ebene. Eine Allianz von Juristen, Linguisten, Anthropologen, Sozialwissenschaftlern, sozialen Bewegungen und verschiedenen internationalen Organisationen war erfolgreich, die Idee des Schutzes der Minderheitensprachen vielerorts zur hegemonialen Idee werden zu las‐sen. So legitim es einerseits ist, gesellschaftlichen Gruppen, die eine eigene Sprache sprechen, das Recht zur sprachlichen Selbstbestimmung einzurĂ€umen und sie vor der Verfolgung ihrer Sprache zu schĂŒtzen, so ĂŒbertrieben scheinen andererseits man‐che Forderungen zu sein, die den Schutz der Minderheitensprachen in den Status ei‐nes neuen Kults erheben. Die folgenden Überlegungen unterziehen die Argumente und Deutungsmuster, die den Kult der Minderheitensprachen begrĂŒnden, einer kri‐tischen PrĂŒfung. Zuvor geht der Blick zurĂŒck, um das VerhĂ€ltnis von Nationalstaats‐entstehung und Minderheitenpolitik kurz zu skizzieren (Kapitel I). Im nĂ€chsten Schritt werden die rechtlichen Regelungen und deren diskursive Legitimation, die dem Kult der Minderheitensprachen zu Grunde liegen, dargestellt (Kapitel II), um dann im dritten Schritt die PlausibilitĂ€t der Argumente zu diskutieren (Kapitel III).The history of language minorities in the last 200 years has been quite often the history of their marginalisation and suppression. However, since the beginning of the 1970s the status of minority languages has changed dramatically. Minority language speakers have gained recognition and their rights have been strengthened both nationally and internationally. The article critically examines the arguments which have been brought forward to establish the new cult of minority languages. In a first step we will go back in time and describe how the emergence of nation states and the suppression of minority languages went hand in hand. Against this backdrop we will describe how the status of minority languages has changed in last 40 years; we will reconstruct the juridical rules and their discursive legitimation which form the basis of a new cult of minority languages. Finally, we will discuss the plausibility of the arguments which legitimize the new cult of minority languages

    Making the Case for Promoting English as Europe’s Lingua Franca

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    The 28 European Union member states have 24 different official languages. While the EU seeks homogenisation and convergence of the member states in many policy areas this does not apply to its language policy. The present article discusses six arguments why the European language policy should be changed and the use of English as a lingua franca be encouraged

    Why the EU should change its language policy: making the case for promoting English as Europe's Lingua Franca

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    "The 28 European Union member states have 24 different official languages. While the EU seeks homogenisation and convergence of the member states in many policy areas this does not apply to its language policy. The present article discusses six arguments why the European language policy should be changed and the use of English as a lingua franca be encouraged." (author's abstract

    Transnationales linguistisches Kapital der BĂŒrger und der Prozess der europĂ€ischen Integration

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    Der politische Prozess der europĂ€ischen Integration hat entscheidend zu einer EuropĂ€isierung der Gesellschaften Europas beigetragen. Ob dieser systemische Prozess der EuropĂ€isierung von einer lebensweltlichen EuropĂ€isierung im Sinne einer Zunahme der Kommunikation zwischen den BĂŒrgern verschiedener MitgliedslĂ€nder begleitet wird, hĂ€ngt entscheidend von der Mehrsprachigkeit der BĂŒrger ab. In welchem Maße die BĂŒrger der 27 LĂ€nder mehrsprachig sind und wie man die Unterschiede in der Ausstattung mit transnationalem, linguistischem Kapital erklĂ€ren kann, ist das Thema des Artikels. In einem ersten Schritt werde ich die Sprachpolitik der EuropĂ€ischen Union beschreiben. Diese ist durch zwei Merkmale gekennzeichnet: Die Akzeptanz der sprachlichen HeterogenitĂ€t der EuropĂ€ischen Union und der Verzicht auf eine Politik der sprachlichen Homogenisierung einerseits und die Förderung der Mehrsprachigkeit der BĂŒrger Europas zur Verbesserung der Integration Europas andererseits. Im zweiten Schritt analysiere ich auf der Basis einer Auswertung einer Eurobarometerbefragung, ĂŒber welches transnationale linguistische Kapital die BĂŒrger Europas verfĂŒgen, das sie in die Lage versetzt, am EuropĂ€isierungsprozess zu partizipieren. Die Ergebnisse werden zeigen, dass die Kompetenzen der Mehrsprachigkeit zwischen den LĂ€ndern und innerhalb der LĂ€nder sehr unterschiedlich verteilt sind, es Ă€hnlich wie bei anderen Kapitalien eine Ungleichheit in der Kapitalausstattung der BĂŒrger gibt. Im dritten Schritt gehe ich der Frage nach, wie man diese Ungleichheit erklĂ€ren kann. Dazu werden zuerst einige Hypothesen formuliert, die dann durch eine multivariate Analyse ĂŒberprĂŒft werden. Die Mehrsprachigkeit der BĂŒrger kann durch folgende Faktoren relativ gut erklĂ€rt werden: den Grad der ModernitĂ€t und die GrĂ¶ĂŸe eines Landes, in dem jemand lebt, die VerfĂŒgung ĂŒber institutionalisiertes kulturelles Kapital und durch die Klassenlage des Befragten. Dieser Befund bestĂ€tigt andere Ergebnisse, die gezeigt haben, dass es vor allem die oberen Schichten sind, die vom Prozess der systemischen europĂ€ischen Integration profitieren, weil sie in der Lage sind, daran zu partizipieren

    results from a 13 country survey

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    European citizenship consisting of equal economic, social, and political rights for all EU citizens has come under pressure in recent years due to the different crisis the EU had to face. Based on a survey conducted in 13 EU member states we examined to what extent EU-citizens support the notion that citizens from other European countries should enjoy the same rights as nationals. Overall, only 56 % of EU citizens support the idea that EU foreigners and national citizens should be treated equally. In addition, we find remarkable variations between the countries. Multivariate analysis indicates that cultural factors on the individual and the country level have a strong impact on attitudes towards Europeanised equality, whereas structural factors that are related to individuals’ and a countries’ socioeconomic position are only of minor importance. One can conclude from our findings that the EU is not only situated in an institutional but also in a legitimacy crisis

    EU policy on equality between homo- and heterosexuals and citizens' attitudes toward homosexuality in 26 EU member states and Turkey

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    "The article first describes how the principle of non-discrimination of homosexuals is anchored in EU legislation and influences concrete policies of the European Union. The second section gives an analysis of the extent to which citizens of 26 EU Member States and Turkey support the idea of nondiscrimination of homosexuals. The descriptive findings show that the idea of non-discrimination is not supported by the majority of the European citizens, and that there are substantial differences be-tween the countries. A sense that homosexuality is justifiable is particularly low in recently-acceded country groups, and is almost nonexistent in Turkey. In the third section, we explain these differences by referring, among other factors, to the level of modernization of a country, the value orientation of the respondent, the level of edu-cation and the religious orientation of the respondent. The results show, that a high level of modernization, the interviewee’s level of education, and post-materialist val-ues have the strongest impact on non-discrimination attitudes. One may therefore conclude that support for non-discrimination toward homosexuals will increase if new member states go through a period of modernization similar to that of th old member states." [author's abstract

    From Babel to Brussels: European integration and the importance of transnational linguistic capital

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    Globalisation and the political process of European integration opened the European Union member states to one another. As different EU member states have different languages, participation in globalisation and the process of European integration is dependent on Europeans’ ability to speak the languages of others. Those who speak multiple languages can more easily come into contact with citizens of other countries, conduct business and diplomacy, cooperate academically, organise protests across national boundaries, or enter into romantic relations with them. In short, they can socialise transnationally in a number of different dimensions. Those who only speak their native language are, in contrast, tied to their home country and can only take slight advantage of the perks of a united Europe and a globalised world. Possessing transnational linguistic capital is a deciding factor in whether or not someone can participate in an emerging European society; it becomes a new measure of social inequality, a resource that can either lead to societal inclusion or exclusion. The question central to our study is to what degree citizens in the twentyseven EU member states possess transnational linguistic capital and how to explain the differences in multilingualism both between and within the member states. We present a general explanatory model for foreign language proficiency, create hypotheses from this model and test them empirically. Drawing on a survey conducted in twenty‐seven European countries it can be shown that the peoples’ ability to speak different languages can be very well predicted with the help of the different explanatory factors. We find that country size, the prevalence of a respondent’s native language, the linguistic difference between one’s mother tongue and the foreign language, and age affect language acquisition negatively, whereas a country’s level of education has a positive influence. Using Bourdieu’s theory of social class, we show that besides other factors a respondent’s social class position and the level of education are important micro‐level factors that help to increase a person’s transnational linguistic capital. One must put these results in the context of the state of the art. The analysis of multilingualism is a major topic in linguistics, psychology, and education. The societal conditions in which language learners are embedded are hardly taken into account in these studies. This would not be worth discussing any further if sociology was not relevant to multilingualism; but the contrary seems to be true. Our analysis shows that the neglected societal conditions are actually of central importance in determining transnational linguistic capital

    Eine Analyse verschiedener Migrantinnengruppen auf Basis der Daten des Sozio-ökonomischen Panels

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    Der Beitrag untersucht Strategien der symbolischen Grenzarbeit bei Migrantinnen aus sechs verschiedenen Herkunftsgruppen (N=1.040) am Beispiel der Vornamenvergabe. Im Mittelpunkt steht die Frage, warum Migrantinnen bei der Wahl eines Vornamens fĂŒr ihr Kind die Strategie des boundary crossing (Vergabe eines im Zielland ĂŒblichen Vornamens) oder aber des boundary maintenance (Vergabe eines im Herkunfts-land ĂŒblichen Vornamens) verfolgen. Mit den Daten des Sozio-oekonomischen Panels untersuchen wir vier ErklĂ€rungsmechanismen: (1) den Grad der kulturellen Distanz zum Zielland, (2) die sprachliche, strukturelle und soziale Integration im Zielland, (3) die emotionale Identifikation mit Heimat- und Ziel-land und (4) das Geschlecht. Den grĂ¶ĂŸten ErklĂ€rungsbeitrag leisten die kulturelle Distanz und die struktu-relle Integration (deutsche Staatsangehörigkeit, Bildung). Die sprachliche Integration, Partnerschaften mit in Deutschland geborenen Personen und GefĂŒhle von Belonging haben hingegen in den multivariaten Ana-lysen keinen eigenstĂ€ndigen Effekt in den multivariaten Analysen.The paper investigates strategies of symbolic boundary making in six groups of migrants in Germany (N = 1,040) using the example of name giving for their newborn children. We analyze why some migrants pursue the strategy of boundary crossing (choosing a first name that is common in the host country) and others chose boundary maintenance (choosing a first name that is common in the home country). Using data of the German Socio-Economic Panel Study (SOEP) we analyze four theoretical explanations: (1) the degree of cultural distance from the host country, (2) linguistic, structural and social integration in the host society, (3) emotional identification with the host and the home country and (4) the child’s sex. The degree of cultural distance and structural integration (German citizenship, education) have the largest ef-fects on name giving, whereas linguistic integration, intermarriage with a German spouse and feelings of belonging do not contribute to explaining different name giving patterns in the multivariate models

    eine Untersuchung der Einstellungen der BĂŒrger in den 27 MitgliedslĂ€ndern der EU zum Beitritt der TĂŒrkei

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    Seit 2005 verhandelt die EuropĂ€ische Union mit der TĂŒrkei um die Aufnahme des Landes in die EU. Die TĂŒrkei hat große Anstrengungen unternommen, um durch politische und wirtschaftliche Reformen die geforderten Beitrittskriterien zu erfĂŒllen; sie hat sich zudem sozioökonomisch und kulturell den LĂ€ndern der EU angenĂ€hert. Eine Aufnahme der TĂŒrkei hĂ€ngt aber auch von der Zustimmung der BĂŒrger in den jetzigen MitgliedslĂ€ndern der EU ab. In welchem Maße die BĂŒrger in den 27 MitgliedslĂ€ndern der EU eine Aufnahme der TĂŒrkei in die EU begrĂŒĂŸen und wie man die Einstellungen der BĂŒrger erklĂ€ren kann, steht im Mittelpunkt des Artikels. In einem ersten Schritt beschreiben wir kurz den Stand der Verhandlungen zwischen der TĂŒrkei und der EU und die Entwicklungsschritte, die die TĂŒrkei in Richtung einer AnnĂ€herung an Europa zurĂŒckgelegt hat. Das zweite Kapitel ist einer Analyse der Einstellungen der BĂŒrger zum Beitritt der TĂŒrkei in 27 LĂ€ndern der EU auf der Basis einer Auswertung einer Eurobarometerumfrage gewidmet. Die deskriptiven Befunde werden zeigen, dass die Mehrheit der BĂŒrger eine Mitgliedschaft der TĂŒrkei ablehnt. Gerade in den LĂ€ndern, in denen die Ratifikation eines möglichen Beitrittsvertrages nicht auf parlamentarischem Wege, sondern ĂŒber ein Referendum erfolgen soll, stehen die BĂŒrgerinnen und BĂŒrger einem Beitritt der TĂŒrkei besonders ablehnend gegenĂŒber. Die Ablehnungsrate ist im Zeitverlauf sogar gestiegen. Die Ergebnisse zeigen weiterhin, dass es große Unterschiede sowohl zwischen den LĂ€ndern als auch innerhalb der LĂ€nder gibt. Wir gehen deswegen im dritten Kapitel der Frage nach, wie man diese Unterschiede erklĂ€ren kann. Dazu formulieren wir zuerst Hypothesen, die dann mit Hilfe multivariater Analysen ĂŒberprĂŒft werden. Vier Faktoren können die Einstellungen der BĂŒrger zu einer Mitgliedschaft der TĂŒrkei in der EU relativ gut erklĂ€ren: Je höher die BĂŒrger den ökonomischen Nutzen eines potentiellen TĂŒrkei-Beitritts fĂŒr ihr Land einschĂ€tzen, je geringer die faktischen oder befĂŒrchteten kulturellen Unterschiede sind, je positiver die Befragten der EuropĂ€ischen Union insgesamt gegenĂŒberstehen und je linker ihre politische Orientierung ist, desto eher befĂŒrworten sie auch die Erweiterung der EU um die TĂŒrkei
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