Stressbedingte EKG-Merkmalsveränderungen bei Alltagstätigkeiten von Führungskräften
Abstract
Stress am Arbeitsplatz hat eine hohe gesundheitliche Relevanz in Bezug auf kardiovaskuläre Erkrankungen. Es ist daher von großer Bedeutung, kardiovaskuläre Veränderungen anhand von spezifischen Merkmalsveränderungen im Elektrokardiogramm (EKG) frühestmöglich zu erkennen und deren Relevanz zu beweisen. Es finden sich dazu viele Arbeiten, die diesen Zusammenhang unter vorgeschriebenen Rahmenbedingungen untersuchen. Nur wenige vorhandene Arbeiten beschäftigen sich mit alltagsgetreuen Gegebenheiten. In der vorliegenden Interventionsstudie geht es daher vor allem um das Ziel, stressbedingte EKG-Merkmalsveränderungen bei Alltagstätigkeiten von Führungskräften herauszuarbeiten. Insgesamt wurden für die Auswertung 49, hauptsächlich männliche Führungskräfte, im Alter zwischen 31 und 61 Jahren mit Verantwortung für 2 bis 230 Mitarbeitende gewonnen. Alle Probanden bekamen einen EKG-Gurt für 24 Stunden angelegt und sollten für diesen Zeitraum die jeweils durchgeführten Tätigkeiten mit deren Zeitraum notieren. 481 einzelne Tätigkeiten konnten in die 9 stressrelevanten Kategorien Schlaf; Arbeit Allein, in der Gruppe und mit Bewegung verbundene Arbeit; Sport; Privat Allein, in der Gruppe und mit Bewegung verbundene Privattätigkeiten; Autofahrt eingeteilt und berücksichtigt werden. Zusammenfassend zeigte die statistische Auswertung, dass sich hauptsächlich die EKG-Merkmale der Kategorie Schlaf und der Kategorie Sport signifikant von den restlichen Tätigkeitskategorien unterschieden. Vor allem die Werte im RR-Intervall, PR-Intervall und QT-Intervall lagen für die Kategorie Schlaf gegenüber den anderen 8 Tätigkeitskategorien deutlich höher. In der Kategorie Sport zeigten sich das RR-Intervall, das ST-Intervall, das QT-Intervall und das quadratische Mittel aufeinanderfolgender RR-Intervalle (RMSSD) mit deutlich niedrigeren Werten im Vergleich zu den restlichen Tätigkeitskategorien. Antagonistisch dazu verzeichnete die frequenzkorrigierte QT-Zeit (QTc) für die Kategorie Sport vergleichsweise hohe Werte. Im Vergleich der Kategorien Arbeit (Allein und in der Gruppe) und Privat (Allein und in der Gruppe) konnte vor allem ein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den Werten der Kategorie Arbeit Gruppe und Privat Allein gezeigt werden. Alle EKG-Merkmale mit Ausnahme der QTc verzeichneten in der Tätigkeitskategorie Privat Allein höhere Werte als in der Kategorie Arbeit Gruppe. Die QTc verhielt sich wiederum antagonistisch zu den restlichen Merkmalen. Auch die Kategorien Privat Gruppe und Privat Allein unterschieden sich in den 4 EKG-Merkmalen RR-Intervall, PR-Intervall, QT-Intervall und Standardabweichung der RR-Intervalle (SDNN) signifikant. Für den Zusammenhang zwischen den angegebenen Perceived Stress Scale (PSS- 4) Werten und den EKG-Merkmalen in der Kategorie Schlaf konnte kein statistisch signifikantes Ergebnis ermittelt werden. Lediglich die Herzratenvariabilität (HRV)-Merkmale RMSSD und Prozentsatz benachbarter RR-Intervallpaare, die mehr als 50 ms voneinander abweichen (pNN50), zeigten einen moderaten Korrelationseffekt gegenüber dem PSS-4 Gesamtindex in der Tätigkeitskategorie Schlaf. Mögliche Limitationen der dargestellten Arbeit sind vor allem die offengehaltenen Tätigkeitsprotokolle sowie das unterschiedliche Stresslevel der einzelnen Probanden. Auch die Aufnahmequalität der EKG-Aufzeichnungen unter alltagsgetreuen Rahmenbedingungen stellt eine Einschränkung dar. Die vorliegende Studie bietet weiterhin eine Grundlage für zukünftige Untersuchungen der betrachteten Population, sei es in zusätzlichen EKG-Merkmalen wie den frequenzabhängigen HRV-Parametern oder den Amplituden der einzelnen EKG-Abschnitte. Auch die kardiale Abwehrreaktion (CDR) und die T-Wellen Alternans (TWA) eignen sich als Gegenstand zukünftiger Studien. Schlussfolgernd kann mit der Arbeit gezeigt werden, dass sich auch während Alltagstätigkeiten EKG-Veränderungen finden lassen. Die dargestellte Studie liefert einen weiteren Beleg für die negative Auswirkung von Stress auf die kardiovaskuläre Gesundheit. Die klinische Aufgabe besteht darin, mittels präventiver nichtinvasiver Maßnahmen, wie beispielsweise dem EKG, zur Reduktion der kardiovaskulären Morbidität beizutragen. Allerdings ist es von großer Bedeutung, in Zukunft weitere physiologische Merkmale wie Elektroenzephalographie (EEG) oder Elektromyographie (EMG) zur Stresserkennung zu untersuchen, um multimodale Prozesse im Sinne des maschinellen Lernens für die Prävention entwickeln zu können- doc-type:doctoralThesis
- Text
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