Tahiti als Paradies : Reprasentation durch Europa

Abstract

In der letzten Hälfte des 18. Jahrhunderts, gerade in der Zeit der Aufklärung, "entdeckt" Europa die Südinseln. Um die neu erhaltenen Erkenntnisse weiterzugeben, wurden viele Reiseberichte geschrieben, die dazu beitrugen, den Mythos der Südinseln entstehen zu lassen. Der Mythos wurde durch viele fiktionale Texte wiederholt und konsolidiert. Dabei hat der Diskurs des "Guten Wilden" mitgewirkt, der seit Rousseau das aufgeklärte Europa fasziniert hatte. Die Schönheit der Landschaft und der Leute in Tahiti begeistert die Reisenden und wird durch den Vergleich mit Motiven der griechischen Mythologie idealisiert. Einfalt und Naivität der Tahitianer sowie Gleichheit ihrer Gesellschaft fasziniert viele Europäer. Tahiti befindet sich in ihren Augen immer noch im glücklichen Naturzustand, der im damaligen europäischen Diskurs mit dem anfänglichen Paradies der Menschheit gleichbedeutend war. So wird Tahiti zum Mittel zur Kritik am durch die Zivilisation verdorbenen Europa und der Reisebericht zur Geschichtsreflexion. Indem der Mythos von seligem Naturzustand in fiktiven Texten wiederholt wird, ist Tahiti auf Mittel zur Kritik an Europa reduziert und wird von seiner wirklichen Vielseitigkeit abstrahiert. Die realen gesellschaftlichen Zustände in Tahiti, die in das idyllische Wunschbild nicht passen, versucht man durch die allgemeine Aufklärung zu verbessern, die das aufgeklärte Europa nun als Subjekt der menschlichen Entwicklung fördert und auf alle Völker übertragen will. In keinem realen oder fiktionalen Reisebericht begegnet einern Tahiti selbst. "Tahiti" ist eine Repräsentation durch das aufgeklärte Europa. Europa mythisiert Tahiti nach eigenen Vorstellungen, um es danach auf ein Medium zur Kritik an eigenen Mißständen zu reduzieren. In der Begegnung mit dem anderen, die die Möglichkeit der Selbstrelativierung in sich birgt, erkennt das aufgeklärte Europa nur sich selbst als das Subjekt der Aufklärung der Welt

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