28 research outputs found
Die bronzezeitlichen Hügelgräber Griechenlands
Die Tradition, über den Totengräbern einen Erd- oder Steinhügel (lat. Tumulus) aufzuschütten,
war in der Bronzezeit in fast ganz Europa bekannt. Auch in Griechenland wurden die Toten seit
dem Beginn der Bronzezeit unter derartigen Hügeln beigesetzt. Das Aufkommen von Hügelgräbern in Mittel- und Südgriechenland in der frühhelladischen Periode wird vornehmlich als Ausdruck fremder Einwirkungen, von denen Griechenland vom Norden her erfasst wurde, betrachtet.
Derzeit scheint es jedoch, dass uns keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Annahme dieser
Einfl ussrichtung vorliegen. Ebenso wenige Beweise liegen uns für die Beziehungen der Hügelgräber des Balkans und Mitteleuropas zu derartigen Bestattungsformen in Griechenland vor.
Die Sitte, über den Totenbestattungen Erdhügel aufzuschütten, verbreitete sich über das griechische Festland in der frühhelladischen Periode. Sie war zwar nicht allgemein verbreitet, doch
liegen uns derzeit schon Belege dafür vor, die von der Popularität und zugleich von der besonderen Eigenart dieser Sitte ein Zeugnis ablegen.
Die mittlere Bronzezeit auf dem griechischen Festland war zweifellos die Blütezeit der Tumuli. Bekannt sind ca. fünfzig derartige Grabanlagen, vor allem aus dem Peloponnes, doch auch aus
Attika, Boiotien, Thessalia oder Epirus. Die meisten von ihnen wurden grabungsmäßig erforscht,
einige sind jedoch nur durch die Geländeprospektionen bekannt. Bis auf einige wenige Fälle, kann
nur schwer von ganzen Tumuli-Nekropolen gesprochen werden. Gewöhnlich kommen die Einzel-Hügelgräber auf ausgedehnten Flachgräberfeldern vor. Von kleinen Tumuli-Nekropolen kann
nur im Fall von Leukas, Miraki, Samikon, Routsi oder Maraton (Vrana) gesprochen werden.
Die Hügelaufschüttungen der mittelhelladischen Periode wiesen geringe Ausmaße und einen
runden Grundriss auf. Sie wurden größtenteils aus der Erde und unbearbeiteten Steinen errichtet,
gelegentlich zusätzlich mit Steinen befestigt wie auch mit steinernen Krepidomen umgeben. Sie
wurden gewöhnlich über den Einzelbrandgräbern von Frau oder Mann errichtet. Es kommen allerdings Aufschüttungen vor, die die Funktion von Familiengräbern oder Polyandronen erfüllten.
In manchen Fällen dienten die Hügelgräber als Kenotaphe, mit denen der außerhalb des Heimatlandes im Kampf gefallenen Krieger gedacht werden sollte.
In den meisten Tumuli ist das Grab zentral angeordnet. Es handelt sich dabei zweifellos um
die Erstbestattung, über der dann der Erdhügel errichtet wurde. Was die Art der Zentralbestattung
anbelangt, gab es bei den Tumuli der Bronzezeit keine Präferenzen. Bestattet wurde sowohl in
tönernen Pitoi, Steinkästen als auch in einfachen Gruben oder Kammergräbern. In manchen Tumuli sind keine Spuren von zentraler Bestattung vorhanden, doch könnte diese bis heute zerstört
worden sein. Die meisten Tumuli weisen auch Sekundärbestattungen auf.
Die Sitte der Beisetzung von Toten unter den Grabhügeln überdauert in der frühmykenischen
Periode, wird allerdings zweifellos viel weniger verbreitet. Die Errichtung von Grabhügeln knüpft
damals noch sehr deutlich an die Vergangenheit an und dürfte wohl für die neu entstehenden
Geschlechter oder Dynastien zu eine unter dem propagandistischen Aspekt attraktiven Sitte geworden, die möglicherweise in einer Form des Totenkultes, wie dies in Mykene wahrscheinlich
der Fall war, benutzt worden sein könnte.
Beim derzeitigen Forschungsstand ist eine Typologie der bronzezeitlichen Hügelgräber, sei es
auch eine grundlegende, nur schwer zu erstellen. Der Grund hierfür ist nach wie vor die zu knappe
Anzahl von Anhaltspunkten. Zu wenige Tumuli sind bislang erforscht worden, und die bereits
erforschten sind nicht immer umfassend veröffentlicht worden – eine ruhmvolle Ausnahme bildet
dabei die Tumuli-Nekropole R in Leukas.
Trotz unterschiedlicher politischer Wirren, der Migrationen und der militärischen Überfälle in
späterer Zeit klang die Sitte der Aufschüttung von Tumuli nicht aus, im Gegenteil – ihr Rang stieg
bedeutend an. Die Bestattungen unter den Tumuli standen nur den im Kampf gefallenen Helden oder Personen zu, die sich für die lokale Gemeinschaft auf eine besondere Weise verdient hatten.
Die Grabstätte wurde zum Symbol der gesellschaftlichen Stellung des Beigesetzten wie auch zum
Sinnbild der zu seiner Lebzeit vollbrachten Taten. Ein Tumulus war eben eines solcher Kennzeichen dafür. Große Bedeutung kommen bei diesem Prozess nicht zuletzt auch die Werke Homers,
die zur Verbreitung und Festigung der Tradition der Beerdigung von Helden unter den Griechen
geführt hatten. Homer, der für seine verstorbenen Recken die gewaltigen Erdaufschüttungen errichten ließ, nahm zweifellos als Beispiel die Sitten und Bräuche der Umwelt von damals.
Über die geometrische, archaische und klassische Periode hinweg belohnten die Griechen
ihre verdienten Mitbürger mit Bestattungen unter den Tumuli. Das prächtigste Beispiel dafür
ist selbstverständlich Soros von Marathon - ein gewaltiger Tumulus, unter dem die Gebeine der
athenischen Helden ruhen, die ihre Heimat vor dem persischen Überfall zu verteidigen suchten.
Der Tumulus von Marathon bildet zweifellos den Höhepunkt der griechischen Tradition, für die
gefallenen Helden die Erdaufschüttungen zu errichten, einer Tradition, die in der Bronzezeit ihren
Anfang nimmt