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Alles beim Alten? Putins dritte Präsidentschaft
Am 26. September hat Präsident Medwedew auf dem Parteitag von Einiges Russland Wladimir Putin als Kandidaten für die Präsidentenwahlen im März 2012 vorgeschlagen. Damit scheint die Ordnung wiederhergestellt. Doch die Situation hat sich geändert, die Probleme haben sich verschärft und von dem neuen Präsidenten muss man neue Lösungen erwarten. Gewiss kann man davon ausgehen, dass Putin die wichtigste Aufgabe, die Moderation der Interessen im herrschenden Elitenkartell, erfolgreich löst. Doch die Frage, ob es gelingt, die unzufriedene Bevölkerung wieder an die Administration heranzuziehen und in das politische System zu integrieren, muss offen bleiben. Und ob es gelingt, die realen sozialen und ökonomischen Probleme zu lösen, steht dahin. Innovative Ideen ist Putin bisher schuldig geblieben
Kündigen die Bürger den Gesellschaftsvertrag?
Am 10. Dezember 2011 kam es in Moskau zu einer Massenkundgebung, an der an die 40.000 Menschen teilnahmen. Die Demonstration richtete sich gegen die Fälschung der Dumawahlen, die am 4. Dezember stattgefunden hatten. Der Massenprotest brach mit der »resignativen Akzeptanz« und dem Rückzug ins Private dar, der die Haltung der Bevölkerung in den letzten Jahren gekennzeichnet hatte. Damit entsteht für die politische Führung eine neue Lage. Sie muss in aller Eile ein neues politische Arrangement organisieren,um eine Putin-Mehrheit für die Präsidentenwahlen am 4. März zustandezubringen. Erste Überlegungen deten darauf hin, dass man einerseits die Neugründung einer liberalen Partei ins Auge fasst, aber parallel dazu ein rechtes Wählerspektrum ansprechen will
Pandemie, soziale Lasten und "Feinde ringsum": Putins Botschaft an die Föderalversammlung am 21. April 2021
Am 21. April 2021 präsentierte Präsident Putin der Föderalversammlung, die beide Häuser des Parlaments umfasst, seinen alljährlichen Rechenschaftsbericht - die Botschaft an die Föderalversammlung. Er thematisierte darin die Corona-Pandemie mit ihren Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft und kündigte Maßnahmen an, um das Wirtschaftswachstum wiederherzustellen und den Lebensstandard wieder anzuheben. Putin berichtete von der geplanten Regionalreform und ging zum Schluss kurz auf die internationale Lage ein. Der Präsident betonte, Russland werde alles tun, um seine Interessen zu verteidigen. In der gegenwärtigen schwierigen Situation entwickelt die Putinsche Führung keine konstruktiven politischen Ideen. Urteilt man nach der "Botschaft" existiert für die Gesellschaftspolitik kein Konzept, das über die Verteilung von Geldsubventionen an die Bevölkerung hinausgeht. Es gibt anscheinend auch keine Vorstellung von einer konstruktiven Rolle Russlands in der internationalen Politik. Der Putinschen Elite fehlt die Phantasie, die Einsicht und die Kraft, die Probleme anzugehen. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Putins Russland in ein Szenario Breshnew 2.0 hineinsteuert
NATO-Öffnung und russische Sicherheit
Die russische Führung stellt sich nach wie vor gegen eine Öffnung der NATO nach Osten. Diese Haltung ist angesichts der prekären Situation verständlich, in der sich Russland befindet: Wirtschaftlich eine Mittelmacht, muss es doch aufgrund seiner Lage auf vielfältige sicherheitspolitische Herausforderungen in Europa wie in Asien reagieren. Eine Irritation an der Westflanke kann ihr nicht zupass kommen. Indes hat sich der Charakter der Ablehnung in Russland geändert. Die ursprüngliche weltanschaulich motivierte und in Antiwestlertum wurzelnde Haltung ist einer pragmatischen, auf Kooperation abgestellten Auffassung gewichen, die sich Ende 1996 zur Formulierung einer härteren, aber rational begründeten Position im Vorfeld von Verhandlungen verändert hat. Die russische Führung erwartet mit Recht, dass der Westen ihre Sicherheitsinteressen ernst nimmt - insbesondere was die militärischen Kräfteverhältnisse angeht - , und dass er bereit ist, Russland in den europäischen Prozess einzubinden. (BIOst-Dok
Wahlen und Machtarrangements: Putin oder Medwedew - ist das wirklich der Kern der Frage?
Zwischen Putin und Medwedew scheint es einen öffentlich nicht erklärten Wettlauf um die Kandidatur für das Präsidentenamt zu geben. Beide lassen erkennen, dass sie das Amt anstreben, zwischen beiden scheint es in einigen Politikfeldern Meinungsunterschiede zu geben. Die Situation ist unklar. Zugleich herrscht in der Gesellschaft große Verunsicherung. In der Bevölkerung wächst die Verdrossenheit über die soziale Situation und die politischen Verhältnisse. Die Führungsschichten bringen Teile ihres Vermögens ins Ausland, solange nicht klar ist, welche Gruppen Ressourcenzugriff erhalten und welche Macht einbüßen. Vor diesem Hintergrund scheint das "Duell" Putin-Medwedew die eigentlichen Verteilungskämpfe zu verdecken. Doch bleibt die Frage offen, ob die neue - oder alte - Administration in der Lage ist, die Gesellschaft wieder zu integrieren. Die Maßnahmen, die notwendig sind, Frustration und Verdrossenheit der Bevölkerung zu überwinden, beschädigen die Interessen der Macht- und Geldelite
Akzeptanz, Protest, Legitimität? Die russische Gesellschaft und das System Putin
Präsident Putin genießt in der Bevölkerung nach wie vor hohes Vertrauen - im Gegensatz zu allen anderen russischen Politikern. Auch die staatlichen und gesellschaftlichen Institutionen werden kaum akzeptiert. Damit ergibt sich ein Bild, das für eine demokratische Entwicklung wenig Gutes verheißt. Den Institutionen, aus denen ein System demokratische Legitimation gewinnen könnte, - Parlament, Parteien, Verbänden, Gerichten - ist es in den 14 Jahren seit der Auflösung der Sowjetunion nicht gelungen, in den Augen der Bevölkerung Glaubwürdigkeit zu erlangen. Die politische Ordnung gewinnt allein über Personenvertrauen Legitimität, ein Institutionenvertrauen hat sich nicht aufgebaut. Diese Konstellation birgt in der Perspektive erhebliche politische Risiken in sich. Wenn die Integrationsfigur Putin abtritt, könnte das politische Konstrukt an Stabilität verlieren. Insofern sind die Sorgen über den möglichen Führungswechsel im Jahre 2008 durchaus berechtigt. Eine andere Person oder eine Institution, die die zerrissene und unzufriedene russische Gesellschaft integrieren könnte, ist bisher nicht in Sicht
"Change" auf Russisch? Medwedews erste Botschaft an die Föderalversammlung
Am 5. November 2008, am Tag nach dem denkwürdigen Wahlsieg Barack Obamas in den USA, trat der russische Präsident mit seiner ersten Botschaft an die Föderalversammlung vor die Nation. Es war eine bemerkenswerte Rede – eine Kampfansage an das eigene bürokratische Herrschaftssystem und ein Konzept für einen Wechsel der Politik, ein Konzept für change. Dmitrij Medwedew knüpfte an die Ideen von Rechtlichkeit und Modernisierung an, auf die er sich im Wahlkampf immer wieder berufen hatte. Vor der Versammlung der beiden Häuser des russischen Parlaments stellte er nun die Politik vor, mit der er sich diesen Zielen nähern will. Zugleich definierte er sein Selbstverständnis von der Rolle Russlands im Innern und in der internationalen Politik. Dabei nannte er zwei Gegner: im auswärtigen Bereich die USA, die sich internationaler Zusammenarbeit verweigern, im Inneren die »allmächtige Bürokratie«, die die Entwicklung im Lande bremst und in die falsche Richtung lenkt
Großmacht und Geschichte. Über die geistige Grundlegung der russischen Außenpolitik heute
Russlands Führung ist in den Jahren 2015 und 2016 wieder ein relevanter Akteur in der internationalen Politik geworden. Sie hat eine Vorstellung von der Rolle des eigenen Landes entwickelt, die der russische Außenminister im März 2016 in einem Artikel in der Zeitschrift »Russia in Global Affairs« dargelegt hat. Darin begründet er die russische Großmachtrolle im Rückgriff auf die eigene Geschichte, aus der eine Reihe von Grundsätzen abgeleitet werden: Russland ist eine der führenden Mächte der Welt und versteht sich als europäischer Staat. Zugleich wird ein »westlicher« Wertekanon abgelehnt und durch ein Bekenntnis zur eigenen Tradition und zu dem besonderen kulturell-zivilisatorischen Weg Russlands ersetzt. Russland soll mit der EU und den USA auf Augenhöhe kooperieren, verwehrt sich aber gegen Kritik an seinen inneren Verhältnissen. Man muss davon ausgehen, dass diese Vorstellungen die Perzeption der russischen Elite und ihr politisches Handeln prägen. Die deutsche und europäische Bereitschaft, mit der russischen Seite ins Gespräch zu kommen, ist groß. Doch der gegenwärtige russische Selbstvergewisserungsdiskurs macht es sehr schwierig, einen konstruktiven Dialog in Gang zu bringen, geschweige denn, eine Kompromisslinie zu finden
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