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Die Entwicklung des Fremdenverkehrs am niederösterreichischen Alpenostrand unter besonderer Berücksichtigung der Verschönerungsvereine
An Hand des Sektorenmodells des französischen Soziologen und Volkswirtschafters Jean Fourastié konnte einerseits die Migration aus den Kronländern nach Wien gezeigt und der Prozeß verdeutlicht werden, der die Stadt bis 1915 auf über 2 Mill. Einwohner hat anwachsen lassen. Damit war eine große Bevölkerungsballung mit Beschäftigten überwiegend im sekundären und tertiären Sektor vorhanden, welche die wesentliche Voraussetzung für eine touristische Nachfrage gebildet hat.
Urlaubsziele müssen „industriefern und naturnah“ sein; dazu kommt, daß die Faktoren Natur und Landschaft sehr gewichtig sind. Somit verfügt das Umland im Südwesten von Wien über ein besonders attraktives Naturpotential. Diese idyllische Landschaft war für das städtische Bürgertum die „Urlaubslandschaft“ schlechthin. Für die begüterten Schichten war ein privates Landhaus erklärtes Ziel, wobei architektonische Vorbilder des alpinen Raumes mit Holzbalkonen, Salettln und Verzierungen in Laubsägetechnik gefordert waren. Sie waren es auch, die eine „präzise“ Vorstellung von der mit der Heimatscholle verwurzelten Landbevölkerung hatten. Durch den Besuch der Fremden, der Touristen des städtischen Bürgertums, wurde bei der einheimischen Bevölkerung ein nachhaltiger Einfluß auf die herkömmliche Ordnung ausgeübt. Dies führte so weit, daß sich nicht die Bewohner der Bergregionen vorstellen und bestimmen konnten, sondern die von außen Angekommenen haben durch ihre selektive Betrachtungsweise das bis heute nachwirkende Klischee des „Älplers“ gestaltet und formuliert. Die Touristen definierten selbst die Natur, in der sie sich in Alleen und Parkanlagen „ergehen“ konnten.
Es waren schließlich die Verschönerungsvereine, die sich von innen heraus entwickelt hatten, um die Anregungen und Vorstellungen der Gäste zu erforschen und nach Möglichkeit umzusetzen. Andererseits haben auch die Gäste regionalspezifisches Kulturgut wie etwa Kleidung, Tänze und Lieder übernommen. Die Verschönerungsvereine können als Vorläufer heutiger Tourismusorganisationen in Teilbereichen angesprochen werden, ohne daß allerdings eine durchgehende Kontinuität immer belegbar ist.
Der Verfasser hat bereits 1971 eine Definition des Fremdenverkehrs vorgestellt. Für ihn ist der „Fremdenverkehr [ ... ] der Inbegriff der Wechselbeziehungen und Wechselwirkungen zwischen Personen, die andernorts ihren Hauptwohnsitz sowie ihre Haupteinkommensquelle haben, und ihrer neuen Umgebung“. Damit werden frühzeitig die Aussagen volkskundlicher Autoren aus den Jahren 1988 und 1992 vorweggenommen.
Durch die verkehrsmäßige Erschließung der Landschaft im Zuge des Ausbaues des Eisenbahnnetzes wurden früher nur umständlich und beschwerlich erreichbare Regionen an die Reichshaupt- und Residenzstadt Wien herangebracht. Dieser Vorgang wurde am Beispiel des Semmerings sowie des Kamptales aufgezeigt.
Durch das Staatsgrundgesetz des Jahres 1867 war es erst möglich, Vereine zu gründen. Alpine Vereine sowie Verschönerungsvereine hatten bei der Entwicklung des Tourismus besonderes Gewicht. Es wurden die alpinen Vereine beleuchtet, welche mit ihren Wegen und Schutzhütten schon in den frühen Jahren die touristische Infrastruktur am Alpenostrand präsentiert hatten. Der „sanfte Tourismus“ wurde ebenfalls diskutiert.
Die Verschönerungsvereine von Bad Fischau, Bad Vöslau, Baden und Perchtoldsdorf, alle am Alpenostrand gelegen, wurden ausführlich abgehandelt und dabei volkskundliche Themen besonders hervorgehoben. Der Verein von Bad Fischau ist der einzige, der nach der nationalsozialistischen Unterbrechung bereits 1946 die vereinsrechtliche Meldung bei der zuständigen Bezirkshauptmannschaft abgegeben hatte und bis in die Gegenwart aktiv ist.
Die in den Statuten der Verschönerungsvereine festgeschriebenen Aufgaben können als Essenz zusammengefaßt werden mit: „Verschönerung des Ortes, Anlage von Wegen mit Pflanzungen sowie Parks und Einrichtungen für die Gäste“