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Anpassung von Salmonella spp. an neue Wirte durch horizontalen Transfer translozierter Effektorproteine
Salmonellosen gehören weltweit zu den drei häufigsten registrierten, lebensmittelbedingten
bakteriellen Darmerkrankungen. Dabei sind bestimmte S. enterica-Subspezies-I-Serovare an
einen speziellen Wirt adaptiert, andere Serovare zeigen hingegen ein breites Wirtsspektrum.
Der Krankheitsverlauf einer Salmonellose wird aber auch von der Spezies des infizierten Wir-
tes bestimmt. Je nach infiziertem Wirt können beispielsweise milde bis akute Enterocolitis,
aber auch schwere systemische Infektionen beobachtet werden.
Um sich im Laufe ihrer Evolution optimal an ihre Wirte anzupassen, haben Salmonella spp.
nach der Abspaltung vom kommensalen E. coli schrittweise neue Virulenzeigenschaften er-
worben. Dies geschah vor allem über horizontalen Gentransfer (Ochman und Moran, 2001).
Im ersten Schritt wurde die Salmonella-Pathogenitätsinsel 1 (SPI1), später SPI2 erworben.
Beide Inseln kodieren jeweils einen Typ-III-Translokationsapparat und dazu gehörende trans-
lozierte Effektorproteine, welche die Wirtszellreaktionen zum Vorteil des Pathogens modulie-
ren. Die Inseln sind zu unterschiedlichen Phasen der Salmonellosen aktiv. Das für die Wirts-
zellinvasion verantwortliche Typ-III-Translokationssystem von SPI1 kann auch Effektoren in
die Wirtszellen schleusen, die außerhalb der SPI1 kodiert sind. Der in SPI1 kodierte Translo-
kationsapparat ist in Salmonella spp. hoch konserviert (Li et al., 1995).
In der vorliegenden Arbeit wurde die Rolle der translozierten Effektorproteine bei der Evolu-
tion von Salmonella spp. hin zu tierpathogenen Erregern untersucht. Es konnte gezeigt wer-
den, daß die meisten SPI1-abhängig translozierten Effektoren (SipA, SipB, SipC, SptP, SopB,
SopD und SopE2), ob innerhalb oder außerhalb von SPI1 kodiert, ebenfalls hoch konserviert
vorliegen. Phylogenetische Analysen zeigten, daß diese konservierten Effektoren früh in der
Salmonella-Entwicklung, nämlich zwischen 50 und 160 Millionen Jahren (im Zeitrahmen der
SPI1-Aufnahme), akquiriert wurden. So handelt es sich hierbei um Faktoren mit einer basalen
bzw. zentralen Virulenzfunktion, die Salmonella spp. von kommensalen Escherichia spp.
unterscheiden.
Es konnte gezeigt, daß die konservierten Effektorproteine SopE2 und SopB maßgeblich an
der Wirtszellinvasion beteiligt sind (Mirold et al., 2001). Diese Invasion-vermittelnden Effek-
toren sind weit entfernt von SPI1, in separaten chromosomalen Loci, kodiert. Diese Beobach-
tung steht in gewissem Widerspruch zur klassischen Definition der Pathogenitätsinsel. Die
invasionsrelevanten Effektoren SopB und SopE2 bilden zusammen mit dem SPI1-
Translokationsapparat eine funktionelle Einheit (ein sogenanntes „Invasionsvirulon“), obwohl
sie nicht -wie für Pathogenitätsinseln postuliert- auf demselben chromosomalen Element ko-
diert sind. Zusammen mit den phylogenetischen Daten aus dieser Arbeit, deuten diese Ergeb-
nisse daraufhin, daß der letzte gemeinsame Vorfahre aller heutigen Salmonella spp. bereits
sämtliche für die Wirtszellinvasion benötigten Effektorproteine kodierte und daß die Modula-
tion der Signaltransduktionswege in der Wirtszelle in S. bongori und in sämtlichen S. enteri-
ca-Subspezies konserviert sind. Es wird vielmehr ein Translokationsmodul durch die SPI1
bereitgestellt, durch das sowohl konservierte als auch variabel vorkommende Effektorproteine
in die Wirtszelle geschleust werden können.
Es konnten jedoch auch Variationen festgestellt werden. Die beiden für die Effektorproteine
SopE- und AvrA-kodierenden Gene sind variabel in der Salmonella-Population verteilt. AvrA
ist am Rande der SPI1 kodiert und es wird vermutet, daß es nicht zum Kern der SPI1 gehört.
Das variable SopE ist bei Zentisom 60 des Salmonella-Chromosoms, abgetrennt von SPI1
(Zentisom 63), kodiert. Das variable Effektorprotein SopE und wahrscheinlich auch AvrA
tragen vermutlich als „Adaptationsproteine“ zur Feinmodulation der Wechselwirkung mit
dem Wirt bei. Vermutlich existieren noch wesentlich mehr variable Effektorproteine, die zu
dieser Feinanpassung beitragen.
In dieser Arbeit wurde weiterhin der horizontale Transfer von sopE detailliert untersucht.
SopE ist in Typhimurium auf SopEΦ, einem Bakteriophagen der P2-Familie, kodiert. SopE ist
das erste Effektorproteingen, bei dem die horizontale Übertragung über den Mechanismus der
lysogenen Konversion nachgewiesen werden konnte. Bisher war bei Salmonella spp. nur der
Phagen-vermittelte horizontale Transfer durch Transduktion bekannt. Die spezifische Integra-
tionsstelle von SopEΦ in das Salmonella-Chromosom wurde näher charakterisiert. Es konnte
gezeigt werden, daß SopEФ in der attL-Region eines bereits integrierten kryptischen Propha-
gen (CP4-57) integriert ist, der seinerseits in ssrA, dem Gen für die kleine stabile tmRNS,
integriert ist.
Epidemiologische Untersuchungen wiesen zudem darauf hin, daß der Erwerb des sopE-Gens
durch lysogene Konversion mit SopEФ einen selektiven Vorteil gegenüber sopE-negativen
Typhimurium-Stämmen darstellen. SopE-tragende S. enterica-Subspezies-I-Serovar Typhi-
murium-Stämme lösten in den siebziger und achtziger Jahren verstärkt Epidemien aus. Darü-
berhinaus konnte gezeigt werden, daß SopEФ-Lysogene eine gesteigerte Virulenz aufweisen.
Dies wurde sowohl in Zellkulturversuchen (diese Arbeit) als auch in Rinderinfektionsversu-
chen (Zhang, zur Publikation eingereicht) experimentell nachgewiesen.
Schließlich wurde in dieser Arbeit auf die Koevolution von Salmonella spp. und Virulenzfak-
tor-tragenden Bakteriophagen untersucht. Es wurde festgestellt, daß die genetischen Mecha-
nismen, welche den Modulaustausch zwischen Bakteriophagen vermitteln, auch dazu führen,
die Flexibilität der Salmonella spp. bezüglich der Wirtsanpassung zu steigern. Dieser Mecha-
nismus stellt möglicherweise für die Bakterien und damit auch für die assoziierten Bakteri-
ophagen einen Selektionsvorteil dar. Es wurde beobachtet, daß der Virulenzfaktor SopE in
einigen Serovaren der S. enterica-Subspezies-I nicht auf einem P2-ähnlichen sondern auf ei-
nem lambdoiden Bakteriophagen kodiert ist. Es konnte demzufolge zum ersten Mal beobach-
tet werden, daß ein Virulenz-vermittelndes Effektorproteingen in dem Genom zweier ver-
schiedener Phagenfamilien kodiert ist und durch diese Phagen möglicherweise horizontal
transferiert werden kann. Die ermittelten DNS-Sequenzen um sopE lassen vermuten, daß eine
konservierte sopE-tragende Kassette (oder „Moron“) durch homologe Rekombination zwi-
schen den zwei verschiedenen Bakteriophagenfamilien (P2- und lambdoid) transferiert wor-
den ist. Diese Art des Transfers von Virulenzgen-Modulen zwischen verschiedenen Phagen-
Familien erlaubt die flexible Neukombination von Phagen-kodierten Effektorproteinen.
Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß variabel vorkommende translozierte Effektorpro-
teine die Pathogen-Wirt-Beziehung optimieren können. Neukombinationen dieser Effektoren
können über horizontalen Transfer hergestellt werden und somit die optimale Anpassung an
die jeweiligen Wirte gewährleisten. Dabei spielt der horizontale Transfer von Virulenzgenen
über konvertierende Bakteriophagen eine wesentliche Rolle. Günstige Kombinationen von
variablen Effektorproteinen sind wahrscheinlich entscheidend an der Entstehung neuer Epi-
demiestämme beteiligt. Die effizienten horizontalen Transfermechanismen zwischen ver-
schiedenen Salmonella spp. als auch zwischen verschiedenen Phagenfamilien tragen so dazu
bei, daß Salmonella spp. ein äußerst breites Spektrum von Wirten infizieren können und daß
neue Epidemieklone mit höherer Frequenz entstehen können
Phage mediated horizontal transfer of the sopE1 gene increases enteropathogenicity of Salmonella enterica serotype Typhimurium for calves
Epidemiological evidence shows that the sopE1 gene is associated with Salmonella Typhimurium phage types causing epidemics in cattle. In this study we demonstrate that horizontal transfer of the sopE1 gene by lysogenic conversion with the SopEΦ increased enteropathogenicity of S. Typhimurium in the bovine ligated ileal loop model. These data support the hypothesis that phage mediated horizontal transfer of the sopE1 gene contributes to the emergence of epidemic cattle-associated S. Typhimurium clone
Phage mediated horizontal transfer of the sopE1 gene increases enteropathogenicity of Salmonella enterica serotype Typhimurium for calves
ISSN:0378-1097ISSN:0168-6496ISSN:0920-8534ISSN:0168-644