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Raumbezogene IdentitĂ€t als Faktor fĂŒr eine nachhaltige Raumplanung
Die vorliegende kumulative Dissertation widmet sich raumbezogener IdentitÀt. Es geht
um die Frage, wie dieses PhĂ€nomen ein Faktor fĂŒr eine Raumplanung sein kann, die das
PrĂ€dikat ânachhaltigâ tragen soll. Auf Basis einer umfassenden Literaturrecherche zu den
Begriffen Raum, Landschaft und IdentitÀt wird zunÀchst ein GrundverstÀndnis raumbezogener
IdentitÀt hergeleitet. Demnach handelt es sich um einen Teilbereich individueller
IdentitÀt, der an subjektive RaumreprÀsentationen gebunden ist und sich in Vorstellungen
persönlicher Zugehörigkeit sowie emotionalen Zuwendungen Ă€uĂert (raumbezogene
personale IdentitÀt). Raumbezogene IdentitÀt ist jedoch immer auch als ein kollektives
PhÀnomen zu sehen. Aus dieser Perspektive ist es als gemeinschaftliches, diskursiv hergestelltes
Wissen ĂŒber rĂ€umliche Spezifik zu fassen, ĂŒber das sich ein Sozialzusammenhang
mit âseinemâ Raum verbindet. Dieses Wissen tritt Individuen als IdentitĂ€tsangebot bzw. als
gesellschaftlich vorgehaltenes Deutungsmuster gegenĂŒber, zu dem sie sich positionieren
können/mĂŒssen. In dieser komplexen Form verstanden, könne raumbezogene IdentitĂ€t
â so zumindest lĂ€sst sich die wissenschaftliche Debatte zusammenfassen â in dreierlei
Weise BeitrÀge zu Prozessen einer nachhaltigen Raumplanung leisten:
⹠Als Kontextvariable, die ein vertieftes Problem- und KonfliktverstÀndnis ermöglicht,
âą als aktivierendes Potential, das zum Erreichen einer hohen Akteursbeteiligung regelmĂ€Ăig
auf die inhaltliche Agenda gesetzt werden kann sowie
⹠als Planungsobjekt, das es zu erhalten, in allen TeilrÀumen zu gewÀhrleisten und integrativ
zu berĂŒcksichtigen gilt.
Vor diesem Hintergrund leitet sich eine ForschungslĂŒcke ab. Denn es zeigt sich auch, dass
praktische Planer*innen raumbezogener IdentitÀt oftmals mit Skepsis oder einer nicht unproblematischen
KomplexitÀtsreduktion begegnen. Kritikpunkte an der gegenwÀrtigen
Forschung sind aus raumplanerischer Sicht, dass Fragen nach der rÀumlichen Dimension
vernachlÀssigt werden. Denn identitÀtsstiftende Merkmale sowie die Verortungen und Abgrenzungen
von IdentitÀtsrÀumen werden nur selten thematisiert. Ebenso werden Kon-
flikte im Zusammenhang mit raumbezogener IdentitÀt wenig reflektiert und empirisch
untersucht. Ăberdies ist zu konstatieren, dass die akademische Literatur zwar Hinweise
zur Nutzung raumbezogener IdentitÀt in der Raumplanung enthÀlt, diese aber vielfach
vage bleiben. Daher soll diese Arbeit einen Beitrag leisten, raumbezogene IdentitÀt operationalisierbar
und somit fĂŒr Planungsprozesse, die auf eine nachhaltige Raumentwicklung
ausgerichtet sind, besser nutzbar zu machen. Dieser Anspruch lÀsst sich in mehrere
Teilziele untergliedern:
1. Konzeptionell: Ableiten eines VerstÀndnisses raumbezogener IdentitÀt, das theoretisch
fundiert, hinsichtlich der rÀumlichen Dimension konkretisiert und somit in
der Raumplanung anwendbar ist,
2. methodisch: Aufzeigen von Möglichkeiten zur Erfassung einer so verstandenen
raumbezogenen IdentitÀt sowie
3. planungspraktisch: Darstellen von Möglichkeiten zum Einbinden raumbezogener
IdentitÀt in die Raumplanung.
Zum Erreichen der Untersuchungsziele werden die Ergebnisse von vier Fallstudien dargestellt.
Die Fallstudiengebiete sind der Landkreis LĂŒchow-Dannenberg, Teile der Landkreise
Ludwigslust-Parchim (Teilraum âGriese Gegendâ) und Steinburg (Teilraum âSteinburger
Elbmarschenâ) sowie die Hansestadt LĂŒbeck. Die sieben FachbeitrĂ€ge, die den
Kern dieser Dissertation ausmachen, dokumentieren sowohl die empirischen Ergebnisse
der Fallstudien wie auch den iterativ-zyklischen Erkenntnisgewinn in Bezug auf die Forschungsziele.
In konzeptioneller Hinsicht wird das GrundverstÀndnis raumbezogener IdentitÀt, bestehend
aus einer personalen wie auch einer kollektiven Dimension, durch eine rÀumliche
Dimension erweitert. Basierend auf unterschiedlichen theoretischen Annahmen wird in
den FachbeitrÀgen zunehmend deutlicher herausgestellt, wie eine solche Dimension konzeptionell
zu fassen ist. Es handelt sich dabei um die Referenzpunkte, die als Raum bzw.
Landschaft gedeutet werden und ĂŒberdies als ProjektionsflĂ€che identitĂ€tsstiftender Zuschreibungen
fungieren. Oder mit anderen Worten: Es sind diejenigen Merkmale eines
Gesamtraumes, die zur Konstruktion individueller und kollektiver raumbezogener IdentitÀt
herangezogen werden sowie die Verortungen der Gebiete, mit denen diese Merkmale
assoziiert werden. Wie die Fallstudien zeigen, sind fĂŒr Planende zum einen die Referenzpunkte
und IdentitÀtsrÀume selber interessant. Dies gilt insbesondere dann, wenn Individuen
mit unterschiedlichen Denk- und Handlungslogiken sowie divergierenden sozialkulturellen
HintergrĂŒnden sie als identitĂ€tsstiftend empfinden. Zum anderen werden die
Bedeutungszuschreibungen zu einer relevanten GröĂe, wenn WidersprĂŒche, Ambivalenzen
und Konflikte sichtbar werden, die sich auf die gleichen Referenzpunkte beziehen.
Insgesamt erwies sich dieser konzeptionelle Zugang als pragmatisch und dennoch in der
Lage, tiefe Einblicke in die Strukturierung raumbezogener IdentitÀt innerhalb rÀumlich de-
finierter SozialzusammenhÀnge zu geben. Dies geht mit einer hohen Wahrscheinlichkeit
einher, in der praktischen Raumplanung anwendbar zu sein.
Auf Grundlage der konzeptionellen Erweiterung entwickelt diese Dissertation Methoden
zur Analyse raumbezogener IdentitĂ€t ĂŒber deren rĂ€umliche Dimension. Eine geeignete
Erhebungsmethode stellen leitfadengestĂŒtzte Interviews dar. In den vier Fallstudien
berichten insgesamt 117 Interviewpartner*innen ĂŒber âihreâ Referenzpunkte raumbezogener
IdentitĂ€t â also ĂŒber Merkmale, die sie i.) als spezifisch verstehen, ii.) als Symbol
rÀumlicher Zugehörigkeit deuten und iii.) emotional besetzen. In die Interviews lÀsst sich
zudem ein Frageblock einbauen, in dem es um die Lage und Abgrenzung der jeweiligen
IdentitÀtsrÀume geht (was auch zeichnerisch erhoben werden kann). Anhand des so gewonnenen
Datenmaterials werden unterschiedliche Auswertungsverfahren erprobt und
sukzessive weiterentwickelt. Eine grundlegende Form der Datenauswertung besteht aus
qualitativen Inhaltsanalysen, deren Ergebnisse Listen aller identitÀtsstiftenden Merkmale
sind. An diese basale Auswertung sind weitere Analyseebenen anschlussfÀhig. Auf diesen
lÀsst sich erstens der Frage nachgehen, welche Merkmale hÀufig in Beziehung zueinander
dargestellt werden. Damit werden âgeclusterteâ Referenzpunkte sichtbar. Zweitens
können â in stĂ€rkerer Anlehnung an rekonstruktive Auswertungsverfahren â BrĂŒche,
Ambivalenzen, WidersprĂŒche und Konflikte herausgearbeitet werden, die an bestimmten
Referenzpunkten festgemacht werden. Drittens lassen sich die IdentitÀtsrÀume in den
Blick nehmen, die sozusagen als âTrĂ€gerâ bestimmter Referenzpunkte gelten. Werden
diese zeichnerisch erhoben, können mit Geographischen Informationssystemen Ăberlagerungsanalysen
durchgefĂŒhrt werden, die besonders relevante IdentitĂ€tsrĂ€ume sichtbar
machen. Insgesamt prÀsentiert diese Dissertation somit nicht nur eine singulÀre Methodik
zur Analyse raumbezogener IdentitÀt. Stattdessen besteht das Ergebnis in einem
flexiblen MethodenbĂŒndel, aus dem in AbhĂ€ngigkeit der raumplanerischen Aufgabenstel-
lung und rÀumlichen Ausgangslage ein angepasstes Methodendesign ableitbar ist.
BezĂŒglich der planungspraktischen Einbindung raumbezogener IdentitĂ€t ergab sich
ein breit gefÀchertes Feld an Empfehlungen. Die erarbeiteten Hinweise stellen Konkretisierungen
der drei oben beschriebenen Möglichkeiten dar. Raumbezogene IdentitÀt kann
als Kontextvariable in raumplanerische Ăberlegungen eingebunden werden, indem âBetroffenheitenâ
von Referenzpunkten und IdentitÀtsrÀumen durch vorhersehbare Entwicklungen
ermittelt werden. Dies ist besonders dann möglich, wenn die Daten mit Geographischen
Informationssystemen bearbeitet und mit anderen raumbezogenen DatensÀtzen
verknĂŒpft werden können. Auf dieser Grundlage lĂ€sst sich besser antizipieren, inwieweit
rĂ€umliche Entwicklungen von Akteuren und der Ăffentlichkeit als Bedrohung wahrgenommen
werden, die sich in VerlustÀngste steigern können. Im Konfliktfall setzt dieses
vertiefte ProblemverstĂ€ndnis Raumplaner*innen in die Lage, frĂŒhzeitige und passgenaue
Vermeidungs- und Mediationsstrategien durchzufĂŒhren. Kenntnisse ĂŒber widersprĂŒchlich
besetzte Referenzpunkte tragen hingegen dazu bei, interne IdentitÀtskonflikte besser
zu verstehen und LösungsansÀtze zu entwickeln. Eine Option liegt im Suchen nach
sogenannten âZwischenrĂ€umenâ â also Deutungen raumbezogener IdentitĂ€t, die i.) an
vorhandene Referenzpunkte anknĂŒpfen, ii.) allerdings nicht an die Extreme bestehender
WidersprĂŒchlichkeiten und die iii.) ggf. schon als âSonderfĂ€lleâ existieren. Eine raumplanerische
Fokussierung auf solche Referenzpunkte und Deutungen kann das Risiko offener
Konflikte entschÀrfen, ohne jedoch mit einem thematischen und personellen Ausschluss
einherzugehen, der wiederum eine nachhaltige Raumentwicklung blockieren könnte. Als
aktivierendes Potential lassen sich Einblicke, wie sie in dieser Dissertation empirisch erhoben
werden, nutzen, um die intrinsische Motivation von Akteuren und der Ăffentlichkeit
zur Beteiligung an Planungsprozessen zu erhöhen. Dies kann durch einseitige Kommunikation
der öffentlichen Hand erfolgen. Letztere kann die Ankerpunkte raumbezogener
IdentitĂ€t bestĂ€ndig thematisieren und ĂŒber dieses kollektive Erinnern individuelle Lesarten
raumbezogener IdentitĂ€t stĂ€rken. Ein regelmĂ€Ăiges Thematisieren vermag wiederum
die Teilnahmebereitschaft zu erhöhen. Möglichkeiten bieten sich etwa im Rahmen
der Umweltbildung, durch AuĂen- und Selbstdarstellungen sowie durch das Bereitstellen
neuer Dienstleistungen (z.B. im Tourismus und/oder durch das Anbieten von Apps zur
besseren Erlebbarkeit entsprechender Merkmale). Ăberdies können Raumplaner*innen
MöglichkeitsrĂ€ume schaffen, die Akteuren und der Ăffentlichkeit die Gelegenheit geben,
rÀumliche Entwicklungen mit Einfluss auf konkrete Referenzpunkte oder IdentitÀtsrÀume
zu thematisieren. Dies kann in einseitiger Richtung erfolgen (Konsultation) aber auch
als (zweiseitige) Diskussion mit EntscheidungstrÀger*innen und Raumplaner*innen ausgestaltet
sein. Dementsprechend sind unterschiedliche Formate denkbar, die schriftliche
Eingaben aber auch klassische Partizipationsmethoden umfassen können (z.B. runde Tische,
ZukunftswerkstĂ€tten). Eine darĂŒber hinausgehende Möglichkeit ist das Anbieten
von Anreiz- und UnterstĂŒtzungsstrukturen zur DurchfĂŒhrung koproduktiver Projekte mit
Bezug zu Referenzpunkten bzw. IdentitÀtsrÀumen. Bei der Entwicklung und Umsetzung
solcher Projekte gibt die öffentliche Hand Entscheidungsvollmachten und Verantwortung
an interessierte Einwohner*innen, Expert*innen und FunktionstrÀger*innen ab. Bei all
diesen Formaten sind â so untermauern die empirischen Ergebnisse dieser Dissertation
ganz klar â einheitliche Besetzungsmuster von Referenzpunkten und IdentitĂ€tsrĂ€umen
weder vorauszusetzen noch anzustreben. SchlieĂlich kann raumbezogene IdentitĂ€t ein
Planungsobjekt darstellen. Entsprechende Kenntnisse lassen sich in unterschiedliche Formate
der informellen Raumplanung einbeziehen. Referenzpunkte raumbezogener IdentitÀt
können z.B. in Konzepte zur integrierten lÀndlichen Entwicklung sowie in integrierte
Stadtentwicklungskonzepte, regionale Entwicklungskonzepte oder Kreisentwicklungs-
konzepte eingehen. Darin können sie als StÀrke oder SchwÀche des jeweiligen Bezugsraumes
herausgestellt, in entsprechende Handlungsfelder und konsistente Entwicklungsziele
ĂŒberfĂŒhrt und mit unterschiedlichen teilrĂ€umlichen bzw. sektoralen Entwicklungen
abgestimmt werden. Der Eingang in solche Dokumente kann eine Voraussetzung sein,
um z.B. die Grundlagen raumbezogener IdentitÀt zu entwickeln. Denn die Referenzpunkte
lassen sich dann als BewertungsmaĂstab potentieller Projekte nutzen, bei der Koordinierung
finanzieller Mittel berĂŒcksichtigen sowie als ein wichtiger Orientierungspunkt
der formellen Raumplanung darstellen. WĂ€hrend eine Verwendung in informellen Verfahren
wegen der höheren FlexibilitÀt zwar wahrscheinlicher ist, ist eine Nutzung in der formellen
Raum- und Landschaftsplanung zumindest nicht ausgeschlossen. Möglichkeiten
einer BerĂŒcksichtigung werden exemplarisch fĂŒr Landschafts(rahmen)plĂ€ne, UmweltvertrĂ€glichkeitsprĂŒfungen
sowie die Eingriffsregelung diskutiert.
Insgesamt belegt diese Dissertation, dass sich der Begriff der raumbezogenen IdentitÀt
fĂŒr die Raumplanung sinnvoll operationalisieren lĂ€sst, wenn er konzeptionell auf die
rÀumliche Dimension zugespitzt wird. Dies erlaubt es, aus einem hier dargestellten Katalog
unterschiedlicher Methoden ein Analysedesign zu erstellen, das situativen Erkenntnisinteressen
und Rahmenbedingungen angepasst werden kann. Die mit diesen Methoden
produzierten Daten weisen wiederum eine hohe AnschlussfÀhigkeit an die Denk- und
Handlungsroutinen sowie die langjÀhrig etablierten Instrumente der Landschafts- und
Raumplanung auf. Somit kann es gelingen, raumbezogene IdentitÀt zu einem Faktor in der
Raumplanung zu machen, der sich systematisch einbinden lÀsst. Dies trÀgt dazu bei, der
Raumplanung eine breite Perspektivenvielfalt zu geben, durch die Nachhaltigkeit von einem
theoretischen Leitbild zu einem tatsÀchlichen PrÀdikat rÀumlicher Entwicklung wird
RĂ€ume nachhaltig entwickeln: Landschaftsbezogene IdentitĂ€ten als theoretische und praktische Herausforderung fĂŒr die rĂ€umliche Planung
Ausgangspunkt des Beitrages ist die Annahme, dass nachhaltige Raumentwicklung in substanzieller Hinsicht an ein relationales RaumverstĂ€ndnis und prozedural an die Auseinandersetzung mit Konflikten gebunden ist. Diese Anforderungen werden auf einen konkreten Gegenstand der rĂ€umlichen Planung bezogen: landschaftsbezogene IdentitĂ€ten. Deren Konzeptualisierung erfolgt als individuelle Deutungen landschaftlicher Spezifik, die sich der MaterialitĂ€t ebenso wie gesellschaftlicher Deutungsmuster bedienen. FĂŒr die empirische Erfassung werden landschaftsbezogene IdentitĂ€ten als Zuspitzung der 'angeeigneten physischen Landschaft' konkretisiert. Im Zentrum des Interesses stehen also solche Merkmale, die zur individuellen Konstruktion spezifischer Landschaft 'zusammengeschaut' werden und auf die sich Zugehörigkeits- bzw. Zusammengehörigkeitsvorstellungen sowie emotionale Zuwendungen beziehen. An diesen als Referenzpunkte bezeichneten Merkmalen kommen auch identitĂ€tsrelevante Konflikte zum Ausdruck, also gegensĂ€tzliche Deutungen landschaftlicher Spezifik. In einer lĂ€ndlichen Fallstudienregion werden so verstandene landschaftsbezogene IdentitĂ€ten mit qualitativ-rekonstruktiven Methoden sichtbar gemacht. Die Ergebnisse von 28 leitfadengestĂŒtzten Interviews belegen ein vielfĂ€ltiges Spektrum an Referenzpunkten, die zwar individuell unterschiedlich besetzt sind, aber dennoch wiederholt auftreten. Zudem zeigen sich gegensĂ€tzliche Deutungsmuster: Dieselben Merkmale gelten den einen als identitĂ€tsstiftend, den anderen nicht. Die Diskussion resĂŒmiert die theoretisch-konzeptionellen und methodologischen Ăberlegungen vor dem Hintergrund der empirischen Ergebnisse und leitet Implikationen fĂŒr die rĂ€umliche Planung ab. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf Handlungsempfehlungen zur Bearbeitung konfliktĂ€r verfasster Lesarten landschaftsbezogener IdentitĂ€t.This paper is based on the assumption that sustainable spatial development requires a relational perspective on space and a specific focus on conflict resolution. These general requests are applied to a specific spatial planning topic: landscape identities. The latter are defined as individual interpretations of specific landscape features referring to both physical environments and social place meanings. For an empirical assessment, landscape identities are operationalized as a variation of the 'appropriated physical space'. Thus, our core interest is on spatial features used for subjective interpretations about landscape distinctiveness, for the formation of a sense of belonging and togetherness as well as for emotional attachments. Based on these so-called reference points, a determination of identity-relevant conflicts becomes possible, i.e. of opposing landscape identity interpretations. In a rural case study region, landscape identities are made visible using qualitative-reconstructive methods. The results of 28 semi-structured interviews indicate a diverse spectrum of reference points. These features were repeatedly discussed even though the individual meanings ascribed to them vary. Furthermore, our results show conflicting interpretations: the same features are regarded by some as identity-creating, but explicitly not by others. In face of the empirical results, the theoretical and methodological considerations are discussed and planning implications are suggested. A particular focus is on opportunities to deal with conflicting interpretations of landscape identities
Landschaftsbezogene IdentitÀt: AnsÀtze zur Konzeptualisierung, Erfassung und Integration in Place Branding-Prozesse
Die Integration raumbezogener IdentitĂ€t gilt als Erfolgsfaktor fĂŒr Place Branding. Dennoch ist der Begriff der raumbezogenen IdentitĂ€t hĂ€ufig unzureichend konzeptualisiert. Das Ziel dieses Beitrags ist daher, einen theoretisch fundierten Umgang mit raumbezogener IdentitĂ€t in einem anwendungsbezogenen Kontext aufzuzeigen. Dies erfolgt am Beispiel des Forschungsvorhabens Regiobranding, in dem landschaftsezogene IdentitĂ€t - als spezifizierte Variante raumbezogener IdentitĂ€t - systematisch erhoben wurde. Ausgangspunkt theoretischer Ăberlegungen sind sozialkonstruktivistische LandschaftsverstĂ€ndnisse. Darauf aufbauend wird landschaftsbezogene IdentitĂ€t als individuelle und gesellschaftliche Deutung landschaftlicher Eigenheit und Typik sowie daran geknĂŒpfter Raumbindungen verstanden. Im empirischen Teil werden in einer lĂ€ndlichen Fallstudienregion individuelle Deutungen landschaftsbezogener IdentitĂ€t qualitativ erfasst und fallĂŒbergreifend ausgewertet. Dieses Vorgehen macht die
angeeignete identitĂ€tsstiftende Landschaft sichtbar, also Referenzpunkte, die wiederholt als raumbezogene Typik bzw. Eigenheit gedeutet und/oder als Komponente individueller Raumbindungen aktiviert werden. Die Ergebnisse zeigen eine hohe Bandbreite verschiedener Referenzpunkte, welche die Interviewpartner vielfĂ€ltig beschreiben, verbinden und als Bezugspunkte kognitiv-emotionaler Zuwendung nutzen. Durch die fallĂŒbergreifende Datenanalyse lieĂen sich zudem widersprĂŒchliche Deutungsmuster darstellen. Damit belegen die empirischen Befunde, dass landschaftsbezogene IdentitĂ€ten individuell konstruierte RealitĂ€ten darstellen, die im Vergleich weder eindeutig noch widerspruchslos sind. Vor diesem Hintergrund werden konkrete Handlungsempfehlungen fĂŒr die Nutzung landschaftsbezogener IdentitĂ€t in Place Branding-Prozessen herausgearbeitet.Integrating place identity is seen to be a crucial factor for successful place branding. However, in many cases, the term place identity is conceptualized not at all or in a simplifying way. This study aims to present a theory-based approach for using place identity in an applied context such as place branding. This occurs using the example of the Regiobranding research project, in which landscape identity - as a specified variant of place identity - was systematically surveyed. Starting from social-constructivist landscape approaches, landscape identity is presented as an individual and social representation of characteristic, typical landscapes and related place attachments. In the empirical part, individual interpretations of landscape identity were assessed in a rural case study region, using qualitative interviews. By a cross-case-analysis, the appropriated identity-forming landscape became visible. The latter is composed by points of reference, which are repeatedly given the meaning to be characteristic and which are frequently activated for place attachments. The results showed a high range of reference points, including various descriptions, connections, and emotional ties. Furthermore, the cross-case analysis revealed contradictory patterns of interpretation. Our study highlights that landscape identity is foremost an individual construction, which in comparison is neither unambiguous nor without contradictions. Within this context, practical implications for using landscape identity in place branding are presented
Spatial transformation
SPATIAL TRANSFORMATION
Spatial transformation / Abassiharofteh, Milad (Rights reserved) ( -
Raumbezogene IdentitĂ€ten verstehen und nutzen â Eine Chance fĂŒr zukunftsorientierte Regionen
The âZukunftsdiskursâ (future discourse) "Understanding and using place identities - an opportunity for future-oriented regions" (short title âZukunftsdiskurs Place Identitiesâ) has taken up and continued the debate on the foundations, goals and characteristics of regional identities. In workshops, actors in spatial planning and development, as well as scientists, discussed the topics of regionalization, regional development, place identities and attachments to 'Heimat' (homeland). The aim was to identify innovative approaches for regional development by considering place identities and developing practical implementation guidelines. The 'Zukunftsdiskurs' thus addressed the following objectives,
âą to point out identity-generating characteristics and their further development as an important prerequisite for the profiling of regions,
âą to use the knowledge of these potentials for regional change processes and
âą to make the debates about identity, 'Heimat' and participation more objective.
Regionalization as a process of cooperative regional formation is not a foregone conclusion. However, if regional identity is discussed and made manageable for planning practice, regional development can take targeted action to shape regions in a future-oriented manner. The identification with one's region, the willingness to participate in planning processes and the understanding of joint and progressive territorial development are essential effects that the 'Zukunftsdiskurs' supports.Der Zukunftsdiskurs âRaumbezogene IdentitĂ€ten verstehen und nutzen â eine Chance fĂŒr zukunftsorientierte Regionenâ (Kurztitel âZukunftsdiskurs Raumbezogene IdentitĂ€tenâ) hat die Auseinandersetzung zu Grundlagen, Zielen und AusprĂ€gungen regionaler IdentitĂ€ten aufgegriffen und weitergefĂŒhrt. In mehreren Foren diskutierten Akteure/-innen der rĂ€umlichen Planung und Entwicklung sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Themen Regionalisierung, Regionalentwicklung, rĂ€umliche IdentitĂ€ten und HeimatbezĂŒge. Ziel war es, innovative AnsĂ€tze fĂŒr die BerĂŒcksichtigung raumbezogener IdentitĂ€ten bei der Entwicklung von Regionen zu erheben und praktische Umsetzungshinweise zu erarbeiten. Im Zukunftsdiskurs ging es also darum,
âą identitĂ€tsstiftende Merkmale und deren Weiterentwicklung als wichtige Voraussetzung fĂŒr eine Profilierung von Regionen aufzuzeigen,
âą das Wissen um diese Potenziale fĂŒr regionale VerĂ€nderungsprozesse zu nutzen und
⹠die Debatten um IdentitÀt, Heimat und Teilhabe zu versachlichen.
Regionalisierung als Prozess kooperativer Regionsbildung ist kein SelbstlĂ€ufer. Erfasst und diskutiert man jedoch regionale IdentitĂ€t und macht sie fĂŒr die Planungspraxis handhabbar, kann Regionalentwicklung hier gezielt ansetzen, um Regionen zukunftsorientiert zu gestalten. Die Identifikation mit der eigenen Region, die Bereitschaft, sich an Planungsprozessen zu beteiligen und das VerstĂ€ndnis von gemeinschaftlicher und progressiver Raumentwicklung sind wesentliche Effekte, die der Zukunftsdiskurs unterstĂŒtzt.NiedersĂ€chsisches Ministerium fĂŒr Wissenschaft und Kultur/gefördert aus Mitteln des NiedersĂ€chsischen Vorab/ZN3413/E
Analyzing Cultural Markers to Characterize Regional Identity for Rural Planning
Regional identity is the shared sense of regional âone-nessâ, distinctiveness and difference. However, it is an undervalued factor to promote development in lagging rural areas and little is known about methods to reveal its content. This paper aims to develop and apply a method to explore regional identity in rural areas. We argue that the most important cultural markers â understood as rural landscapes and heritage features, perceived as regional identity reference points â can be analyzed and used to characterize regional identity. To this end, a case study was undertaken in two rural areas in northern Germany. We conducted 55 semi-structured interviews and determined cultural markers, using a new procedure with different analysis stages (identification, collectivity, historical depth, relationships). Results revealed a broad spectrum of cultural markers exhibiting collective significance with respect to landscape, built structures, history, intangible heritage and land-use. Next to traditional cultural markers, we found modern ones, introduced after the Second World War. Partially, traditional and modern cultural markers were perceived as related. Based on this knowledge, a first characterization of both regional identities was conducted, showing differences between our study areas. While one regional identity appears to be fragmented, conflicting and influenced by modern cultural markers, the other was characterized as coherent and rooted in traditional cultural markers. However, the integration of these characterizations into further planning steps remains challenging and needs additional, regionally adapted methods. A key finding of the study is that there is no single standard method for linking regional identity and rural planning
Landscape identity: Approaches to its conceptualisation, capture and integration into place branding processes
The integration of spatial identity is seen to be a crucial factor for successful place branding. However, spatial identity is often insufficiently conceptualised. In light of this, this article presents a theory-based approach to using spatial identity in an applied context such as place branding. This is done using the example of the Regiobranding research project. This project systematically surveyed landscape identity - a specified variant of spatial identity. Starting from social-constructivist approaches to landscape, landscape identity is presented as an individual and social interpretation of landscape distinctiveness and character and the associated place attachments. In the empirical part, individual interpretations of landscape identity are qualitatively recorded in a rural case study region and evaluated across all the cases. This cross-case analysis visualises the appropriated identity-forming landscape, in other words, the reference points that are repeatedly interpreted as distinctive or characteristic in relation to the space and/or that are frequently activated as components of individual place attachments. The results show an extensive range of different reference points: those interviewed describe these reference points in various ways, connect them, and use them as cognitive/emotional reference points. Furthermore, the cross-case analysis revealed contradictory patterns of interpretation. Our empirical findings highlight that landscape identity is predominantly an individually constructed reality, which is neither unambiguous nor without contradictions. Against this background, specific actions are recommended for using landscape identity in place branding processes
Using meaningful places as an indicator for sense of place in the management of social-ecological systems
Sense of place is increasingly advocated to support the management of social-ecological systems. Given the conceptâs complexity, we suggest that an indicator for sense of place is needed to facilitate its application in practical planning. We propose such an indicator called âmeaningful places,â defined as geographic locations to which (i) immediately perceived as well as socially constructed meanings are ascribed and (ii) evaluative attachments are tied. We applied the indicator in two independent case studies, LĂŒbeck and Lahn, both of which aimed to integrate sense of place in an actual planning process. The case studies differed in the spatial scale of the meaningful places, the indicatorâs operationalization, and the specific assessment methods. In the LĂŒbeck case, semi-structured interviews and a simple mapping method were used to analyze participantsâ âhome-regions.â The results revealed diverse but overlapping locations characterized as aesthetic, different from others, close to nature, and quiet (place meanings). In the Lahn case, a public participation GIS (public participation geographic information system [PPGIS]) survey was conducted and yielded insights into the spatial distribution of meaningful places. The results reflect a wide range of place meanings linked to, for example, activities, aesthetic qualities, or well-being. Furthermore, participants expressed different intensities of place attachments. Although the indicator is still in an exploratory stage, it allows for reflection on potential benefits for planning practitioners. The resulting data can be combined with spatial information usually used in planning processes, e.g., about the state of the underlying physical environment and/or foreseeable drivers of change. This offers new opportunities for managers regarding the determination of priorities to conserve meaningful places, the anticipation of conflicts, and the utilization of the communicative power of meaningful places. We argue that the benefits for planning justify a new direction of research devoted to the development and further advancement of the indicator
Impulspapier Zukunftsdiskurse Gesellschaftlicher Zusammenhalt
Eine Gesellschaft, die Menschen zusammenbringt, Ungerechtigkeiten und Ungleichheiten ĂŒberwindet, das ist die Vision vieler engagierter Menschen in Hannover. Doch was braucht es, um das vermeintliche Auseinanderdriften
unserer Gesellschaft aufzuhalten? Welche wissenschaftlichen Erkenntnisse gibt es, die fĂŒr die Praxis relevant sind? Gibt es Utopien, die uns verbinden?
In den Zukunftsdiskursen fĂŒllten Forschende und zivilgesellschaftlich Aktive aus Hannover gemeinsam den Begriff des gesellschaftlichen Zusammenhalts mit Leben. Die Beteiligten stimmten ĂŒberein, dass gesellschaftlicher Zusammenhalt ein vielschichtiges und âgeflĂŒgeltesâ Wort ist, dass sich auf individuelle GefĂŒhle und
Assoziationen zum sozialen Zusammenleben bezieht. Gesellschaftlicher Zusammenhalt ist kein âgeschĂŒtzterâ Begriff; durch mediale Diskurse entstehen unterschiedliche VerstĂ€ndnisse und Definitionen. Gleichzeitig wurden sehr viele positiv belegte Aspekte genannt, die mit ihm in Zusammenhang gebracht
werden, wie z.B. SolidaritÀt, Gemeinwohl, Gerechtigkeit, Teilhabe und Toleranz