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Annonacin, a Natural Complex I Inhibitor of the Mitochondrial Respiratory Chain, causes Tau Pathology in Cultured Neurons.
Unter dem Begriff Tauopathien fasst man eine Gruppe chronisch progredienter neurodegenerativer Erkrankungen zusammen, die durch abnorme Akkumulation von hyperphosphoryliertem Tau Protein im Perykarion neuraler Zellen gekennzeichnet sind. Tau gehört zur Familie der axonalen Mikrotubuli-assoziierten Proteine. Die physiologische Funktion von Tau ist die Stabilisierung von Mikrotubuli und die Regulation axonaler TransportvorgĂ€nge. Eine neurodegenerative Tauopathie, die auf der karibischen Insel Guadeloupe endemisch ist, wurde epidemiologisch mit dem Konsum von Annonaceae-Pflanzen assoziiert. Diese enthalten Annonacin, den prototypischen Vertreter der Substanzklasse der Acetogenine, einer Gruppe von lipophilen Inhibitoren von Komplex I der Atmungskette. Vorausgehende experimentelle Arbeiten unserer Arbeitsgruppe konnten folgendes zeigen: Chronische systemische Behandlung von Ratten mit Annonacin fĂŒhrt zu Nervenzellverlust im Gehirn in einem Verteilungsmuster, wie es bei den Patienten auf Guadeloupe in postmortem Untersuchungen gefunden wurden. Annonacin fĂŒhrt durch Energie-Verarmung in Konzentrations-abhĂ€ngiger Weise zu Zelltod in mesenzephalen Kulturen. Zur weiterfĂŒhrenden ĂberprĂŒfung der Hypothese, dass Annonacin kausal an der Ătiologie der Erkrankung auf Guaedloupe beteiligt ist, untersuchten wir, ob Annonacin die Phosphorylierung und die intrazellulĂ€re Verteilung des Tau Proteins beeinflusst.
Wir fanden, dass eine 48-stĂŒndige Behandlung von primĂ€ren Nervenzellen aus dem Striatum embryonaler Ratten in vitro mit Annonacin zu einer Konzentrations-abhĂ€ngigen Umverteilung von Tau aus dem Axon in das Perykarion fĂŒhrt. Das umverteilte Tau war an mehreren Epitopen phosphoryliert, wie durch Phospho-spezifische Antikörper nachgewiesen wurde. Der primĂ€re molekulare Wirkmechanismus von Annonacin, die Inhibition von Komplex I, hat zwei primĂ€re intrazellulĂ€re Konsequenzen, nĂ€mlich erstens eine Zunahme von Sauerstoffradikalen und zweitens eine Abnahme der ATP-Konzentration. Obwohl Radikal-FĂ€nger die Annonacin-induzierten Sauerstoffradikale neutralisieren konnten, verhinderten sie nicht die Redistribution von Tau. Dies wurde aber wohl verhindert durch eine Stimulation der ATP-Produktion via anaerobe Glycolyse. Diese Beobachtungen legen nahe, dass die Annonacin-induzierte Umverteilung von phosphoryliertem Tau nicht aus oxydativem Stress, sondern aus Energie-Verarmung resultiert. Diese Interpretation wurde unterstĂŒtzt durch die Beobachtung, dass andere zu Energie-Verarmung fĂŒhrende Neurotoxine (MPP+, 3-NP) ebenfalls zu intrazellulĂ€rer Umverteilung von phosphoryliertem Tau fĂŒhrten. Eine Elektronen-mikroskopische Analyse zeigte, dass Annonacin auch zu einer Akkumulation von Mitochondrien im Perykarion von kultivierten Nervenzellen fĂŒhrt. Ca. 30% des phosphorylierten Tau im Zytoplasma erschien Elektronen-mikroskopisch an die Ă€uĂere Membran von Mitochondrien gebunden. Video-Mikroskopie von lebenden Nervenzellen zeigte, dass Annonacin rasch zu einem umfassenden retrograden Transport von Mitochondrien aus den Neuriten in das Perykarion fĂŒhrte. Wir schlussfolgerten, dass die Annonacin-induzierte Umverteilung von Tau und Mitochondrien funktionell verknĂŒpft sind, da Taxol, eine Substanz, die Microtubuli stabilisiert und Tau von Mikrotubuli verdrĂ€ngt, sowohl den retrograden Transport von Mitochondrien als auch die Akkumulation von phosphoryliertem Tau im Perykarion vollstĂ€ndige blockierte. SchlieĂlich fanden wir, dass Annonacin infolge der Tau-Umverteilung zu einer Tau-Verarmung in den Axonen und konsekutiv zu einer ultrastrukturell darstellbaren Destabilisierung von Mikrotubuli fĂŒhrte. Daher scheint Annonacin zu einer Akkumulation von phosphoryliertem Tau im neuronalen Perykarion durch retrograden axonalen Transport und zu konsekutiver axonaler SchĂ€digung zu fĂŒhren.
In ihrer Gesamtheit legen diese Untersuchungen nahe, dass Annonacin in der Lage ist, VerĂ€nderungen im Phosphorylierung-Zustand und in der intrazellularen Verteilung des Mikrotubuli-assoziierten Proteins Tau in einer Weise zu verĂ€ndern, wie sie charakteristisch fĂŒr humane Erkrankungen vom Typ der Tauopathien ist. Daher untermauern diese Ergebnisse weiter die Hypothese, dass regelmĂ€Ăiger Konsum von Annonaceae Pflanzen in der Tat an der Ătiologie der Tauopathie auf Guadeloupe beteiligt sein könnte