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    Die Rolle von Überzeugungen von Eltern und Lehrpersonen bei der Erklärung herkunftsbedingter Leistungsdisparitäten von Primarschülerinnen und -schülern

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    In nationalen und internationalen Schulleistungsstudien wird regelmässig empirisch bestätigt, dass Kinder mit bestimmten familiären Herkunftsmerkmalen (z.B. niedriges elterliches Ausbildungsniveau, niedriger sozioökonomischer Status oder Fremdsprachigkeit in der Familie) geringere schulische Leistungen erbringen als ihre Mitschülerinnen und Mitschüler, auf die diese Merkmale nicht zutreffen. Der starke Zusammenhang zwischen der familiären Herkunft und den Leistungen weist darauf hin, dass das Prinzip der Chancengleichheit verletzt wird. Gleichzeitig gibt es auf gesellschaftlicher sowie auf politischer Ebene einen breit abgestützten Konsens, dass alle Kinder in der Schule – unabhängig von ihrer familiären Herkunft – die gleichen Chancen haben sollen. Um Hinweise für die Herstellung von mehr Chancengleichheit in der Schule zu erhalten, ist es wichtig zu verstehen, welche Interaktionen zwischen Akteurinnen und Akteuren, die an Bildungsprozessen beteiligt sind, Chancenungleichheit verursachen. Studien zeigen, dass Überzeugungen von Eltern und Lehrpersonen (z.B. Selbstwirksamkeitsüberzeugungen zur Unterstützung, Leistungserwartungen) direkt sowie indirekt die schulischen Leistungen von Schülerinnen und Schülern beeinflussen. Die vorliegende Dissertation möchte zu einem vertieften Verständnis beitragen, wie verschiedene inhaltsspezifische Eltern- und Lehrpersonenüberzeugungen sowohl separat als auch in Interaktion die Entstehung bzw. Reproduktion von Leistungsdisparitäten von Schülerinnen und Schülern unterschiedlicher sozialer und sprachlicher Herkunft erklären. Auf der theoretischen Grundlage der Ansätze des «Parental Involvement» und der selbsterfüllenden Prophezeiungen werden in der vorliegenden Dissertation folgende Ziele verfolgt: Erstens wird die Entstehung von verschiedenen inhaltsspezifischen Überzeugungen von Eltern und Lehrpersonen sowie deren Folgen auf Leistungen von Schülerinnen und Schülern in Deutsch und Mathematik untersucht. Zweitens wird analysiert, wie Elternüberzeugungen, vermittelt über Lehrpersonenüberzeugungen, auf Leistungen wirken. Drittens wird überprüft, wie diese Zusammenhänge Leistungsdisparitäten bei Schülerinnen und Schülern in Abhängigkeit ihrer sozialen und sprachlichen Herkunft erklären. Basierend auf empirischen Daten aus zwei Schweizer Forschungsprojekten (längsschnittliche Daten aus der Perspektive von Schülerinnen und Schülern der Primarstufe, Eltern und Lehrpersonen) wurden vier Artikel verfasst. Die Ergebnisse zeigen, dass die Überzeugungen von Eltern und Lehrpersonen mehrheitlich von familiären Herkunftsmerkmalen abhängen, wobei es je nach Herkunftsmerkmal zum Teil Unterschiede in den Zusammenhängen gibt. Inhaltsspezifische Erwartungen von Lehrpersonen erklären im Sinne einer selbsterfüllenden Prophezeiung die Leistungen sowie die Anstrengungsbereitschaft der Schülerinnen und Schüler. Diskrepanzen in Schulniveauerwartungen, bei niedrigerer Lehrpersonenerwartung im Vergleich zu den Eltern, wirken sich negativ auf die Leistungen aus. Eltern- und Lehrpersonenüberzeugungen vermitteln mehrheitlich in Interaktion die Zusammenhänge zwischen Herkunftsmerkmalen und Leistungen, was die gemeinsame Wirkung von Eltern- und Lehrpersonenüberzeugungen illustriert. Geringe Selbstwirksamkeitsüberzeugungen zur Lernunterstützung von Eltern erklären niedrige Leistungserwartungen von Lehrpersonen. Schätzen die Lehrpersonen das familiäre Umfeld eines Kindes als wenig lernförderlich ein, richten sie tiefere Schulniveauerwartungen an die Schülerinnen und Schüler. Die Befunde liefern ein vertieftes Verständnis darüber, wie Überzeugungen von Eltern und Lehrpersonen die Entstehung von Leistungsdisparitäten zwischen Schülerinnen und Schülern unterschiedlicher sozialer und sprachlicher Herkunft erklären und wie die Schule selbst bei der Entstehung von Chancenungleichheit mitbeteiligt ist
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