749 research outputs found

    Die unsicheren Kanäle

    Get PDF
    Zeitgenössische IT-Sicherheit operiert in einer Überbietungslogik zwischen Sicherheitsvorkehrungen und Angriffsszenarien. Diese paranoid strukturierte Form negativer Sicherheit lässt sich vom Ursprung der IT-Sicherheit in der modernen Kryptografie über Computerviren und -würmer, Ransomware und Backdoors bis hin zum AIDS-Diskurs der 1980er Jahre nachzeichnen. Doch Sicherheit in und mit digital vernetzten Medien lässt sich auch anders denken: Marie-Luise Shnayien schlägt die Verwendung eines reparativen, queeren Sicherheitsbegriffs vor, dessen Praktiken zwar nicht auf der Ebene des Technischen angesiedelt sind, aber dennoch nicht ohne ein genaues Wissen desselben auskommen

    Rethink Digital Health Innovation: Understanding Socio-Technical Interoperability as Guiding Concept

    Get PDF
    Diese Dissertation sucht nach einem theoretischem Grundgerüst, um komplexe, digitale Gesundheitsinnovationen so zu entwickeln, dass sie bessere Erfolgsaussichten haben, auch in der alltäglichen Versorgungspraxis anzukommen. Denn obwohl es weder am Bedarf von noch an Ideen für digitale Gesundheitsinnovationen mangelt, bleibt die Flut an erfolgreich in der Praxis etablierten Lösungen leider aus. Dieser unzureichende Diffusionserfolg einer entwickelten Lösung - gern auch als Pilotitis pathologisiert - offenbart sich insbesondere dann, wenn die geplante Innovation mit größeren Ambitionen und Komplexität verbunden ist. Dem geübten Kritiker werden sofort ketzerische Gegenfragen in den Sinn kommen. Beispielsweise was denn unter komplexen, digitalen Gesundheitsinnovationen verstanden werden soll und ob es überhaupt möglich ist, eine universale Lösungsformel zu finden, die eine erfolgreiche Diffusion digitaler Gesundheitsinnovationen garantieren kann. Beide Fragen sind nicht nur berechtigt, sondern münden letztlich auch in zwei Forschungsstränge, welchen ich mich in dieser Dissertation explizit widme. In einem ersten Block erarbeite ich eine Abgrenzung jener digitalen Gesundheitsinnovationen, welche derzeit in Literatur und Praxis besondere Aufmerksamkeit aufgrund ihres hohen Potentials zur Versorgungsverbesserung und ihrer resultierenden Komplexität gewidmet ist. Genauer gesagt untersuche ich dominante Zielstellungen und welche Herausforderung mit ihnen einhergehen. Innerhalb der Arbeiten in diesem Forschungsstrang kristallisieren sich vier Zielstellungen heraus: 1. die Unterstützung kontinuierlicher, gemeinschaftlicher Versorgungsprozesse über diverse Leistungserbringer (auch als inter-organisationale Versorgungspfade bekannt); 2. die aktive Einbeziehung der Patient:innen in ihre Versorgungsprozesse (auch als Patient Empowerment oder Patient Engagement bekannt); 3. die Stärkung der sektoren-übergreifenden Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Versorgungpraxis bis hin zu lernenden Gesundheitssystemen und 4. die Etablierung daten-zentrierter Wertschöpfung für das Gesundheitswesen aufgrund steigender bzgl. Verfügbarkeit valider Daten, neuen Verarbeitungsmethoden (Stichwort Künstliche Intelligenz) sowie den zahlreichen Nutzungsmöglichkeiten. Im Fokus dieser Dissertation stehen daher weniger die autarken, klar abgrenzbaren Innovationen (bspw. eine Symptomtagebuch-App zur Beschwerdedokumentation). Vielmehr adressiert diese Doktorarbeit jene Innovationsvorhaben, welche eine oder mehrere der o.g. Zielstellung verfolgen, ein weiteres technologisches Puzzleteil in komplexe Informationssystemlandschaften hinzufügen und somit im Zusammenspiel mit diversen weiteren IT-Systemen zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung und/ oder ihrer Organisation beitragen. In der Auseinandersetzung mit diesen Zielstellungen und verbundenen Herausforderungen der Systementwicklung rückte das Problem fragmentierter IT-Systemlandschaften des Gesundheitswesens in den Mittelpunkt. Darunter wird der unerfreuliche Zustand verstanden, dass unterschiedliche Informations- und Anwendungssysteme nicht wie gewünscht miteinander interagieren können. So kommt es zu Unterbrechungen von Informationsflüssen und Versorgungsprozessen, welche anderweitig durch fehleranfällige Zusatzaufwände (bspw. Doppeldokumentation) aufgefangen werden müssen. Um diesen Einschränkungen der Effektivität und Effizienz zu begegnen, müssen eben jene IT-System-Silos abgebaut werden. Alle o.g. Zielstellungen ordnen sich dieser defragmentierenden Wirkung unter, in dem sie 1. verschiedene Leistungserbringer, 2. Versorgungsteams und Patient:innen, 3. Wissenschaft und Versorgung oder 4. diverse Datenquellen und moderne Auswertungstechnologien zusammenführen wollen. Doch nun kommt es zu einem komplexen Ringschluss. Einerseits suchen die in dieser Arbeit thematisierten digitalen Gesundheitsinnovationen Wege zur Defragmentierung der Informationssystemlandschaften. Andererseits ist ihre eingeschränkte Erfolgsquote u.a. in eben jener bestehenden Fragmentierung begründet, die sie aufzulösen suchen. Mit diesem Erkenntnisgewinn eröffnet sich der zweite Forschungsstrang dieser Arbeit, der sich mit der Eigenschaft der 'Interoperabilität' intensiv auseinandersetzt. Er untersucht, wie diese Eigenschaft eine zentrale Rolle für Innovationsvorhaben in der Digital Health Domäne einnehmen soll. Denn Interoperabilität beschreibt, vereinfacht ausgedrückt, die Fähigkeit von zwei oder mehreren Systemen miteinander gemeinsame Aufgaben zu erfüllen. Sie repräsentiert somit das Kernanliegen der identifizierten Zielstellungen und ist Dreh- und Angelpunkt, wenn eine entwickelte Lösung in eine konkrete Zielumgebung integriert werden soll. Von einem technisch-dominierten Blickwinkel aus betrachtet, geht es hierbei um die Gewährleistung von validen, performanten und sicheren Kommunikationsszenarien, sodass die o.g. Informationsflussbrüche zwischen technischen Teilsystemen abgebaut werden. Ein rein technisches Interoperabilitätsverständnis genügt jedoch nicht, um die Vielfalt an Diffusionsbarrieren von digitalen Gesundheitsinnovationen zu umfassen. Denn beispielsweise das Fehlen adäquater Vergütungsoptionen innerhalb der gesetzlichen Rahmenbedingungen oder eine mangelhafte Passfähigkeit für den bestimmten Versorgungsprozess sind keine rein technischen Probleme. Vielmehr kommt hier eine Grundhaltung der Wirtschaftsinformatik zum Tragen, die Informationssysteme - auch die des Gesundheitswesens - als sozio-technische Systeme begreift und dabei Technologie stets im Zusammenhang mit Menschen, die sie nutzen, von ihr beeinflusst werden oder sie organisieren, betrachtet. Soll eine digitale Gesundheitsinnovation, die einen Mehrwert gemäß der o.g. Zielstellungen verspricht, in eine existierende Informationssystemlandschaft der Gesundheitsversorgung integriert werden, so muss sie aus technischen sowie nicht-technischen Gesichtspunkten 'interoperabel' sein. Zwar ist die Notwendigkeit von Interoperabilität in der Wissenschaft, Politik und Praxis bekannt und auch positive Bewegungen der Domäne hin zu mehr Interoperabilität sind zu verspüren. Jedoch dominiert dabei einerseits ein technisches Verständnis und andererseits bleibt das Potential dieser Eigenschaft als Leitmotiv für das Innovationsmanagement bislang weitestgehend ungenutzt. An genau dieser Stelle knüpft nun der Hauptbeitrag dieser Doktorarbeit an, in dem sie eine sozio-technische Konzeptualisierung und Kontextualisierung von Interoperabilität für künftige digitale Gesundheitsinnovationen vorschlägt. Literatur- und expertenbasiert wird ein Rahmenwerk erarbeitet - das Digital Health Innovation Interoperability Framework - das insbesondere Innovatoren und Innovationsfördernde dabei unterstützen soll, die Diffusionswahrscheinlichkeit in die Praxis zu erhöhen. Nun sind mit diesem Framework viele Erkenntnisse und Botschaften verbunden, die ich für diesen Prolog wie folgt zusammenfassen möchte: 1. Um die Entwicklung digitaler Gesundheitsinnovationen bestmöglich auf eine erfolgreiche Integration in eine bestimmte Zielumgebung auszurichten, sind die Realisierung eines neuartigen Wertversprechens sowie die Gewährleistung sozio-technischer Interoperabilität die zwei zusammenhängenden Hauptaufgaben eines Innovationsprozesses. 2. Die Gewährleistung von Interoperabilität ist eine aktiv zu verantwortende Managementaufgabe und wird durch projektspezifische Bedingungen sowie von externen und internen Dynamiken beeinflusst. 3. Sozio-technische Interoperabilität im Kontext digitaler Gesundheitsinnovationen kann über sieben, interdependente Ebenen definiert werden: Politische und regulatorische Bedingungen; Vertragsbedingungen; Versorgungs- und Geschäftsprozesse; Nutzung; Information; Anwendungen; IT-Infrastruktur. 4. Um Interoperabilität auf jeder dieser Ebenen zu gewährleisten, sind Strategien differenziert zu definieren, welche auf einem Kontinuum zwischen Kompatibilitätsanforderungen aufseiten der Innovation und der Motivation von Anpassungen aufseiten der Zielumgebung verortet werden können. 5. Das Streben nach mehr Interoperabilität fördert sowohl den nachhaltigen Erfolg der einzelnen digitalen Gesundheitsinnovation als auch die Defragmentierung existierender Informationssystemlandschaften und trägt somit zur Verbesserung des Gesundheitswesens bei. Zugegeben: die letzte dieser fünf Botschaften trägt eher die Färbung einer Überzeugung, als dass sie ein Ergebnis wissenschaftlicher Beweisführung ist. Dennoch empfinde ich diese, wenn auch persönliche Erkenntnis als Maxim der Domäne, der ich mich zugehörig fühle - der IT-Systementwicklung des Gesundheitswesens

    Doing Research. Wissenschaftspraktiken zwischen Positionierung und Suchanfrage

    Get PDF
    Forschung wird zunehmend aus Sicht ihrer Ergebnisse gedacht - nicht zuletzt aufgrund der Umwälzungen im System Wissensschaft. Der Band lenkt den Fokus jedoch auf diejenigen Prozesse, die Forschungsergebnisse erst ermöglichen und Wissenschaft konturieren. Dabei ist der Titel Doing Research als Verweis darauf zu verstehen, dass forschendes Handeln von spezifischen Positionierungen, partiellen Perspektiven und Suchbewegungen geformt ist. So knüpfen alle Beitragenden auf reflexive Weise an ihre jeweiligen Forschungspraktiken an. Ausgangspunkt sind Abkürzungen - die vermeintlich kleinsten Einheiten wissenschaftlicher Aushandlung und Verständigung. Der in den Erziehungs-, Sozial-, Medien- und Kunstwissenschaften verankerte Band zeichnet ein vieldimensionales Bild gegenwärtigen Forschens mit transdisziplinären Anknüpfungspunkten zwischen Digitalität und Bildung. (DIPF/Orig.

    Informationsströme in digitalen Kulturen

    Get PDF
    Wir sind umgeben von einer Vielzahl an Informationsströmen, die uns selbstverständlich erscheinen. Um diese digitalen Kulturen zu beschreiben, entwickeln medienwissenschaftliche Arbeiten Theorien einer Welt im Fluss. Dabei erliegen ihre Diagnosen oftmals einem Technikfetisch und vernachlässigen gesellschaftliche Strukturen. Mathias Denecke legt eine systematische Kritik dieser Theoriebildung vor. Dazu zeichnet er die Geschichte der Rede von strömenden Informationen in der Entwicklung digitaler Computer nach und diskutiert, wie der Begriff für Gegenwartsbeschreibungen produktiv gemacht werden kann

    Handbook Transdisciplinary Learning

    Get PDF
    What is transdisciplinarity - and what are its methods? How does a living lab work? What is the purpose of citizen science, student-organized teaching and cooperative education? This handbook unpacks key terms and concepts to describe the range of transdisciplinary learning in the context of academic education. Transdisciplinary learning turns out to be a comprehensive innovation process in response to the major global challenges such as climate change, urbanization or migration. A reference work for students, lecturers, scientists, and anyone wanting to understand the profound changes in higher education

    Die Digitale Stadt: Kuratierte Daten für urbane Kollaborationen

    Get PDF
    Städte sind heute zu Big Data-Produzentinnen geworden. Neue Technologien können diese Daten miteinander verknüpfen, was enormes Potential für die Stadtentwicklung birgt. Doch wie lassen sich diese Daten kuratieren, damit sowohl die Bürger*innen als auch die Expert*innen der Stadtentwicklung besser zusammenarbeiten können? Die Autor*innen unterziehen den technisch getriebenen Smart City-Diskurs einer kritischen Analyse und stellen dabei den konkreten Nutzen für die Menschen ins Zentrum ihrer Überlegungen. Sie beschreiben Praktiken des "City Science Labs" an der HafenCity Hamburg, in dem datenbasierte Werkzeuge zur Entscheidungsfindung in urbanen Reallaboren erprobt und angewendet werden, und diskutieren konkrete Beispiele

    Empirical Essays on Inequality

    Get PDF
    This dissertation consists of four empirical chapters on inequality, with Chapters 1 and 2 focusing on regional inequality, and Chapters 3 and 4 examining the origins of inequality at the individual level. The first chapter makes a methodological contribution to the literature on inequality across regions by providing the fayherriot command for the statistical software Stata. The command implements the Fay-Herriot model (Fay and Herriot, 1979), a small-area estimation technique (Rao and Molina, 2015) that improves the precision of region-level direct estimates using region-level covariates. The command implements the default model and encompasses additional options to a) produce out-of-sample predictions, b) adjust non-positive random effects variance estimates, and c) deal with the violation of model assumptions. An application of the command in the last part of the chapter shows that the statistical precision of regional income estimates can be considerably improved, allowing for a more robust examination of inequality between regions. Similar to the first chapter, the second chapter is concerned with providing improved data for the analysis of regional differences. For this purpose, the chapter presents a novel regional database of tax revenues for the interwar period in Germany. The database contains annual income and payroll, corporate, wealth, and turnover tax revenues for 900 tax districts in the former German Empire over the period 1926 to 1938. Moreover, the database provides geocoded borders for each tax district and year, allowing researchers to flexibly link the tax data to other geocoded data sources. The use of the data is further facilitated by a detailed description of the interwar German tax system in the second part of the chapter. Comparing the tax data with historical regional GDP estimates, the chapter finds high correlations, suggesting that tax data are valid proxy for regional economic development and a useful data source for regional analyses. The third chapter focuses on individual inequality and one of the largest shocks to private wealth in 20th century Germany: the destruction of the housing stock during the Second World War. By the end of the war, an estimated \num{20} percent of the West German housing stock had been destroyed, and the chapter examines the extent to which regional differences in destruction can explain differences in private wealth today. As the empirical basis, the analysis links a unique dataset on the levels of wartime destruction in 1739 West German cities with recent micro data on household wealth provided by the German Socio-Economic Panel (SOEP). The results indicate that wealth is still significantly lower today among individuals born in cities or villages that were badly damaged. Similarly, the destruction of parents’ cities or villages of birth has significant negative effects on the wealth of their descendants. These detrimental effects are robust after controlling for a rich set of pre-war regional and city-level control variables. In a complementary mediation analysis, the chapter studies potential channels such as health, education, and work experience, through which the wartime destruction could have affected wealth accumulation. The fourth chapter investigates wealth inequality between migrants and natives in Germany. In particular, the chapter examines the role of characteristics and behavior for the development of the large wealth gaps between the two groups. Based on data from the SOEP, the results of this chapter show that the native-migrant wealth gap is large and persistent throughout the 2002 to 2017 period. A subsequent decomposition analysis exploits the panel dimension of the data and shows that working-age migrants cannot significantly catch up with natives in terms of net wealth because they lack sufficient levels of income, inheritances, and inter-vivos gifts. The results also indicate that especially native individuals consume, transfer, or lose significant amounts of wealth over time, which reduces the pace at which the wealth inequality between migrants and natives increases.Diese Dissertation setzt sich aus vier empirischen Kapiteln über Ungleichheit zusammen, wobei die Kapitel 1 und 2 regionale Ungleichheiten behandeln, während die Kapitel 3 und 4 Ungleichheit auf individueller Ebene untersuchen. Das erste Kapitel leistet einen methodischen Beitrag zur Literatur über regionale Ungleichheit, indem es den Befehl fayherriot für die Statistiksoftware Stata bereitstellt. Der Befehl implementiert das Fay-Herriot-Modell (Fay and Herriot, 1979), eine Small-Area-Methode (Rao and Molina, 2015), die die Genauigkeit direkter Schätzungen auf regionaler Ebene unter Verwendung von regionaler Kovariate verbessert. Der Befehl implementiert das Standardmodell und umfasst zusätzliche Optionen, um a) Out-of-Sample-Vorhersagen zu treffen, b) nichtpositive Schätzungen der Fehlertermvarianz zu korrigieren und c) mit weiteren Verletzung von Modellannahmen umzugehen. Eine Anwendung des Befehls im letzten Teil des Kapitels zeigt, dass das Fay-Herriot-Modell die statistische Genauigkeit von regionalen Einkommensschätzungen erheblich verbessern kann, was eine robustere Untersuchung der Ungleichheit zwischen Regionen ermöglicht. Ähnlich wie das erste Kapitel hat das zweite Kapitel das Ziel, die Datengrundlage für die Analyse regionaler Unterschiede zu verbessern. Zu diesem Zweck wird in dem Kapitel eine neue regionale Datenbank mit Steuereinnahmen aus der Zwischenkriegszeit in Deutschland bereit- und vorgestellt. Die Datenbank enthält die jährlichen Steuereinnahmen aus der Einkommen- , Körperschaft-, Vermögen- und Umsatzsteuer sowie die des Lohnsteuerabzugs für die rund 900 Finanzämter im ehemaligen Deutschen Reich im Zeitraum von 1926 bis 1938. Darüber hinaus bietet die Datenbank geocodierte Grenzen für jedes Jahr und jeden Finanzamtsbezirk, so dass die Steuerdaten flexibel mit anderen geocodierten Datenquellen verknüpft werden können. Um die Datennutzung weiter zu erleichtern, ist im zweiten Teil des Kapitels eine detaillierte Beschreibung des deutschen Steuersystems der Zwischenkriegszeit enthalten. Beim Vergleich der Steuerdaten mit Schätzungen für das regionale, historische Bruttoinlandsprodukt werden hohe Korrelationen festgestellt, was darauf hindeutet, dass die Steuerdaten ein gültiger Proxy für die regionale Wirtschaftsentwicklung und eine nützliche Datenquelle für regionale Analysen sind. Das dritte Kapitel behandelt Ungleichheiten zwischen Personen und analysiert einen der größten Schocks für das Privatvermögen in Deutschland im 20. Jahrhundert: die Zerstörung des Wohnungsbestands während des Zweiten Weltkriegs. Bei Kriegsende waren schätzungsweise 20 Prozent des westdeutschen Wohnungsbestands zerstört, und in diesem Kapitel wird untersucht, inwieweit regionale Unterschiede bei der Zerstörung Unterschiede im heutigen Privatvermögen erklären können. Als empirische Grundlage verknüpft die Analyse einen detaillierten Datensatz über das Ausmaß der Kriegszerstörungen in 1739 westdeutschen Städten mit aktuellen Mikrodaten zum Vermögen privater Haushalte aus dem Sozio-oekonomischen Panel (SOEP). Die Ergebnisse zeigen, dass das Vermögen von Personen, die in stark zerstörten Städten oder Dörfern geboren wurden, auch heute noch deutlich geringer ist. Ebenso hat die Zerstörung der Geburtsorte der Eltern signifikante negative Auswirkungen auf das heutige Vermögen ihrer Nachkommen. Die geschätzten Effekte sind robust auch nachdem für eine Reihe von Variablen auf regionaler und städtischer Ebene aus der Vorkriegszeit kontrolliert wird. In einer ergänzenden Mediationsanalyse werden in diesem Kapitel mögliche Wirkungskanäle wie Gesundheit, Bildung und Berufserfahrung untersucht, über die die Kriegszerstörung die Vermögensbildung beeinflusst haben könnte. Das vierte Kapitel untersucht die Vermögensungleichheit zwischen Zugewanderten und Einheimischen in Deutschland. Insbesondere untersucht das Kapitel die Bedeutung von Merkmalsunterschieden für die Entwicklung der Vermögensunterschiede zwischen den beiden Gruppen. Auf Grundlage von Daten des SOEP zeigen die Ergebnisse dieses Kapitels, dass das Vermögensgefälle zwischen Einheimischen und Zugewanderten sehr groß und über den gesamten Analysezeitraum von 2002 bis 2017 relativ stabil ist. Eine anschließende Dekompositionsanalyse nutzt die Paneldimension der Daten aus und zeigt, dass Zugewanderte im erwerbsfähigen Alter hinsichtlich des Nettovermögens über die Zeit nicht wesentlich zur einheimischen Bevölkerung aufschließen können, da sie nicht über das ausreichende Einkommen verfügen und nicht im gleichen Maße von Erbschaften oder Schenkungen profitieren. Die Ergebnisse deuten außerdem darauf hin, dass vor allem einheimische Personen im Laufe der Zeit signifikante Teile ihres Vermögens aufzehren, übertragen oder verlieren, wodurch sich die Geschwindigkeit verringert, mit der die Vermögensungleichheit zwischen Zugewanderten und Einheimischen zunimmt

    Verfassungsblatt: 2023/4

    Get PDF
    corecore