Ein griechischer Gelehrter im Exil: Dimitris Chatzis in Ungarn

Abstract

In der vorliegenden Arbeit werden die Exiljahre des griechischen Schriftstellers Dimitris Chatzis (1913-1981) untersucht. Dimitris Chatzis lebte zwischen 1950 und 1975 in Ungarn als politischer Flüchtling und staatenloser Emigrant. Er war einer von 6000 Griechen, die nach dem griechischen Bürgerkrieg (1946-1949) nach Ungarn emigrieren mussten. Die Gesamtzahl der griechischen Flüchtlinge in den Ländern Osteuropas erreichte 60.000. Weil die griechischen Flüchtlinge sich nur langsam integrierten, konnte die Kommunistische Partei Griechenlands die Menschen kontrollieren, von anderen Informationsquellen isolieren und ihnen ihre eigenen Medien anbieten: die griechischsprachigen Zeitungen, die Radiosendungen und die Bücher aus der eigenen Produktion der Partei. Chatzis arbeitete bei der Zeitung „Laikos Agonas“ und für kurze Zeit beim Ungarischen Rundfunk in der griechischen Sektion. Er nahm teil an der Verbreitung der kommunistischen Propaganda der Partei. Chatzis gehörte am Anfang zu den oberen Kreisen der Partei, aber schon sehr früh sammelte er schlechte Erfahrungen mit den Parteimechanismen und erlitt Demütigungen von Seiten der Parteiführung. 1951 wurde er mit einer lächerlichen Begründung aus der Partei ausgeschlossen. Er lebte in einem Zeitalter in Ungarn das bezeugte, dass dieses Regime keine Zukunft hat. Mit den ungarischen Ereignissen von 1956 beschäftigte er sich allerdings eher wenig, er blieb politisch links orientiert und unterstützte sogar nach seiner Repatriierung 1975 den Eurokommunismus. Chatzis war selbst Schriftsteller, aber seine Tätigkeit in der Partei hinderte ihn am Schreiben, da er verschiedene Aufgaben innerhalb der KPG erledigen musste. Wahrscheinlich war eine solche Aufgabe die Bekanntmachung der griechischen Literatur in den osteuropäischen Ländern, damit die griechischen Flüchtlinge das Mitgefühl der Bürger dieser Länder bekommen und die Partei mehr finanzielle Unterstützung erhält. Chatzis nahm diese Aufgabe mit Enthusiasmus auf sich und unterrichtete seine Schicksalsgenossen und auch die interessierten Ungarn in der griechischen Sprache und Literatur. Seine Kurse wurden von Ungarn besucht, die später in der Übersetzung griechischer Werke großartige Arbeit leisteten. Sein Unterricht wurde gemeinsam mit ungarischen Klassischen Philologen abgehalten. 1962 bekam Chatzis eine Lehrstelle an der Universität ELTE in Budapest, wo er seine Existenz aufbauen konnte. Die Umgebung erleichterte es ihm, sich weiterzubilden. Er bekam 1969 den Doktortitel mit seiner Dissertation „Die Monodien über die Eroberung Konstantinopels durch die Türken“. In den 60er und 70er Jahren arbeitete er für den Verlag „Europa“, der ein weites Spektrum an Weltliteratur herausgab. In Ungarn war zu dieser Zeit ein immer größer werdendes Interesse für die neugriechische Literatur zu beobachten. Es erschienen eins nach dem anderen griechische Werke, die Chatzis zum Druck vorbereitete, mit Nachwort und Bemerkungen versah und deren Übersetzungen er mit den Originalwerken verglich. Er selbst übersetzte nicht, diese Arbeit ließ er von ungarischen Dichtern und Schriftstellern erledigen, die meistens eine klassische Vorbildung hatten und von denen viele ausgezeichnet die neugriechische Sprache erlernten. In seinen fünf Anthologien präsentierte Chatzis mehrere hundert byzantinische und neugriechische Literaturwerke in ungarischer Übersetzung. Chatzis repatriierte 1975, aber lebte nur sechs Jahre in seiner geliebten Heimat. Er begann ein neues Leben, das leider zu kurz geworden ist. Griechenland verlor Werke von Chatzis, die nicht entstanden konnten, weil der Schriftsteller von seiner Heimat und seiner Muttersprache, sowie von der griechischen Realität abgeschnitten wurde und diese Umstände ihn am literarischen Schaffen erheblich hinderten. Ungarn gewann dagegen großartige griechische Literaturwerke, die ins Ungarische übersetzt wurden, und eine neogräzistische Tradition, die von Chatzis gegründet wurde. Für die Koordinierung dieses kulturellen Transfers, der einzigartig innerhalb der Länder Osteuropas war, war Chatzis ohne Zweifel die richtige Person zur richtigen Zeit am richtigen Ort.The present diploma thesis deals with the years in exile of the Greek author Dimitris Chatzis (1913-1981). Dimitris Chatzis lived in Hungary from 1950 until 1975 as a political refugee and stateless person. He was one of the 6000 Greeks who were forced to emigrate to Hungary after the Greek Civil War (1946-1949). The total number of Greek refugees in Eastern European countries reached 60.000 people. Because the Greek refugees did not become integrated rapidly, the Communist Party of Greece was able to control them, isolate them from other sources of information and provide them with their own media: Newspapers in Greek language, radio broadcasts and books produced by the party. Chatzis wrote for the newspaper „Laikos Agonas“, and also participated in the Greek section of the Hungarian radio broadcasting for some time. He played a part in the communist propaganda of the party. At the beginning he was one of the leading members but quite soon he had bad experiences with the mechanisms of the party and was humiliated by the party leadership. In 1951 he was excluded from the party for a ridiculous reason. He lived at a time in Hungary where it was becoming clear that this regime had no future. Nevertheless he did not engage in the Hungarian Revolution of 1956, but remained leftist and continued to support Eurocommunism after his repatriation in 1975. Chatzis himself was a writer, but his participation in the party kept him from writing, because he had to deal with various tasks in the CPG. One of those tasks probably was the publicizing of Greek literature in Eastern European countries, so that the Greek refugees would earn the peoples’ sympathy and the party financial support. Chatzis approached this task with great enthusiasm and taught the people who shared his fate, and also Hungarians who were interested, the Greek language and literature. His courses were attended by Hungarians who later on did an admirable job in translating Greek works. His lessons were held together with Hungarian classical philologists. In 1962 Chatzis started a teaching career at the ELTE University in Budapest, where he could secure his livelihood. This environment allowed him to develop his own education. He was awarded a doctorate in 1969 for his dissertation „Die Monodien über die Eroberung Konstantinopels durch die Türken“ (The Monodies about the Ottoman Conquest of Constantinople). In the 1960s and 1970s he worked for the publishing house „Europa“, which published a great spectrum of world literature. In Hungary an ever greater interest in Greek literature could be observed. A series of Greek works were published, which were prepared, appended by epilogues and replenished with notes by Chatzis, who also compared the original works with their translations. He himself did not translate; he preferred to leave this work in the hands of Hungarian poets and writers, who mostly had a classical education, and many of whom achieved excellent knowledge of the Greek language. In the five anthologies which were published by Chatzis many hundreds of Byzantine and Modern Greek texts were presented in Hungarian translation. Chatzis repatriated in 1975, but only lived six years in his beloved native country. He started a new life, which unfortunately was only a short one. Greece lost works by Chatzis which could not come into being because the writer was isolated from his native country and language, as well as the Greek reality, and these circumstances were a hindrance to his literary work. Hungary on the other hand won the translation of superb Greek literary works in Hungarian and the beginning of Modern Greek Studies, initiated by Chatzis. For the coordination of this cultural transfer, which was unique in the Eastern European countries, Chatzis was without a doubt the right person at the right time and at the right place

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This paper was published in OTHES.

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