Für die Erforschung des Weltraums durch den Menschen, aber auch für
die Gesundheit auf der Erde allgemein, ist ein grundlegendes Verständnis
über die Adaption des Knochens essentiell. Die Regulierung des Auf- und
Abbaus des Knochens wird über seine Deformation gesteuert, welche
wiederum aus der mechanischen Belastung dessen resultiert. Diese
Zusammenhänge zu verstehen, die Auswirkungen von verschiedenen
Aktivitäten auf die Deformation des Knochens zu kennen und in Relation
setzten zu können, ist der Schlüssel zu dem gesuchten, grundlegenden
Verständnis.
Im Zuge dieser Arbeit wurde hierfür eine Methode entwickelt, diese
Zusammenhänge qualitativ und quantitativ herzuleiten. Basierend auf in
vivo Messungen an der Tibia wurde ein Algorithmus zur in silico Analyse
der vorliegenden Daten entwickelt. Dieser macht sich die Konsequenzen
des Hookeschen Gesetzes in Form des Superpositionsprinzips zu Nutze,
um quasi-invers aus der gemessenen Deformationsbewegung die dafür
notwendigen Kräfte zu bestimmen. Diese können in einer Finite Elemente
Analyse (FEA) mit den rekonstruierten Tibia-Knochen verwendet werden,
um deren Spannungs-Dehnungs-Zustand zu bestimmen.
Zur Validierung der Annahmen und Randbedingungen des Algorithmus
wurde ein biomechanischer Messstand konstruiert. In diesem konnten in
replica und ex vivo Untersuchungen durchgeführt werden. Zu diesem
Zweck wurden Tibia-Replikate aus Komposite-Material bzw. Leichenbeine
künstlich über Aktuatoren mit Kräften beaufschlagt und über eine
spezielle Anwendung von Motion Capturing die Deformationsbewegung
des Knochens gemessen.
Die Auswertung der in vivo Daten mittels der in silico Analyse lieferte
quantitative Ergebnisse zur Dehnung in der Tibia für diverse alltägliche
Aktivitäten. Diese Ergebnisse sind, im Gegensatz zur bisherigen gängigen
Methode, jedoch nicht auf einen singulären Messpunkt limitiert, sondern
decken den kompletten rekonstruierten Bereich der Tibia ab. Dies führte
zur Feststellung, dass die aktuell angenommenen Werte zu niedrig
angesetzt sind. Hinzu kommt, dass die Analyse eine zeitliche und örtliche
Varianz der Peak-Dehnungen im Knochen über den Ablauf einer Aktivität
aufzeigt. Diese Ergebnisse verändern das bisherige Verständnis über die
Knochenadaption und deren Regulierungsmechanismen