Postoperative Schluckstörungen und Stimmveränderungen nach Schilddrüsenoperationen

Abstract

Schluckstörungen und Stimmveränderungen nach Operationen der Schilddrüse oder der Nebenschilddrüsen sind geläufige Beschwerden, die meist intraoperativen Komplikationen wie Nervenverletzungen zugeschrieben werden. Ihr Auftreten nach komplikationslosem Eingriff wird häufig nicht registriert oder als transiente Folge der orotrachealen Intubation gedeutet. Dass allerdings auch andere Mechanismen zugrunde liegen und die Schluckstörungen und Stimmveränderungen auch langfristig bestehen können, wurde bisher nur wenig untersucht. Daher war es das Ziel dieser Studie, prädisponierende Faktoren für die genannten Beschwerden nach komplikationsloser Chirurgie zu eruieren. Hierfür wurden mögliche Assoziationen mit dem Alter, dem Geschlecht, dem Body-Mass-Index (BMI), dem Volumen des resezierten Gewebes, der zugrundeliegenden Erkrankung, der Therapieform und dem Nikotinkonsum geprüft. Außerdem sollte der Anteil der Patienten mit länger bestehenden Schluckbeschwerden und Stimmveränderungen gemessen werden. Es wurden 358 Patienten, die zwischen November 2012 und Oktober 2014 am Universitätsklinikum Ulm an der Schild- oder Nebenschilddrüse operiert wurden, postalisch mittels eigens kreiertem Fragebogen kontaktiert. Davon erhielten wir 222 Rückmeldungen, von denen 219 bzw. 198 für die Fragestellung zu den Schluckstörungen bzw. zu den Stimmveränderungen ausgewertet werden konnten. Bei den Schluckstörungen lag der Anteil der Patienten, deren Beschwerden länger als 3 Monate anhielten, bei 17,6%. Als signifikante Risikodiagnose für postoperative Schluckbeschwerden zeigte sich der Morbus Basedow mit einem 2,7-mal häufigeren Auftreten anhaltender Schluckbeschwerden. Weiterhin scheint die größere Invasivität der Eingriffe bei Malignomen mit einem 2,6-mal häufigeren Auftreten anhaltender Beschwerden ein klarer Risikofaktor für postoperative Schluckbeschwerden zu sein. Besonders nach Lymphknotendissektionen wurde mit 33,3% die größte Quote an postoperativen Beschwerden berechnet. Nach den zumeist weniger invasiven Operationen bei Hyperparathyreoidismus traten signifikant seltener postoperative Schluckbeschwerden auf, die Quote bei allen anderen betrachteten Erkrankungen war 3,5-mal größer. Keine Assoziation konnte festgestellt werden zwischen postoperativen Schluckstörungen und Patientenalter, Geschlecht, Resektatvolumen, BMI oder Raucherstatus. Der Anteil der Patienten mit länger als 3 Monate anhaltenden Stimmveränderungen lag bei 23,1%. Die häufigste Beschwerdequalität war hier mit 15,2% die Heiserkeit. Es bestand im Gegensatz zu den Schluckbeschwerden eine Korrelation mit dem Patientenalter. Je älter die Patienten, desto wahrscheinlicher die anhaltenden Stimmveränderungen. Frauen berichteten signifikant häufiger über das Bestehen von Stimmveränderungen als Männer. Ebenso wurde signifikant festgestellt, dass Raucher 2,2-mal häufiger an postoperativen Stimmveränderungen leiden als Nichtraucher. Zudem traten nach Operationen bei Hyperparathyreoidismus signifikant seltener Stimmveränderungen auf als nach allen anderen untersuchten Indikationen. Nicht signifikant, aber dennoch auffällig war, dass Stimmveränderungen nach Nebenschilddrüsen-Exstirpation 63% seltener auftraten als nach den anderen untersuchten Therapieformen. Keinen Zusammenhang festgestellt werden konnte jeweils zwischen dem Resektatvolumen oder BMI und dem Auftreten von postoperativen Stimmveränderungen. Insgesamt gilt festzuhalten, dass postoperativen Schluckbeschwerden und Stimmveränderungen nach primär komplikationslosen Eingriffen mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden muss. Insbesondere sollte in der Patientenaufklärung stärker auf diese Risiken hingewiesen werden und eine größere Sensibilität dafür entwickelt werden, ebendiese Patienten mit andauernden Beschwerden zu erkennen und möglichst früh einer logopädischen Therapie zuzuführen. Hierfür sind sicherlich weitere Nachforschungen hinsichtlich der zugrundeliegenden Mechanismen und Risikofaktoren erforderlich, auch wenn die Ergebnisse dieser Arbeit bereits einige Hinweise beinhalten, welchen Patienten diesbezüglich verstärkte Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte

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