Stellenwert von Kardiokompressionssystemen in der außer- und innerklinischen Reanimation : eine retrospektive Registeranalyse und prospektive Metaanalyse

Abstract

Der Kreislaufstillstand ist ein dramatisches notfallmedizinisches Ereignis, dessen ernüchternde Prognose sich seit der Erstbeschreibung der Kardiopulmonalen Reanimation (CPR) im Jahr 1960 nicht grundlegend verändert hat. Ein vielversprechender neuartiger Therapieansatz sind mechanische Kardiokompressionssysteme. Fragestellung: Welchen Einfluss hat der Einsatz von Kardiokompressionssystemen im Vergleich mit manueller CPR mittels Herzdruckmassage auf das Outcome von Erwachsenen mit Kreislaufstillstand? Primärer Zielparameter ist die Rückkehr eines Spontankreislaufs (ROSC). Unter den sekundären Zielgrößen befinden sich Krankenhausaufnahme und -entlassung, neurologisches Outome, sowie eine Vielzahl an Surrogatparametern für die Durchführung und Qualität der CPR, die im Text ausgeführt werden. Material und Methoden: Zunächst sollen in einer retrospektiven Analyse alle außerklinischen Kreislaufstillstände ausgewertet werden, die in den Jahren 2007 bis 2012 im Deutschen Reanimationsregister dokumentiert wurden. Die in diesem Zeitraum angewendeten Systeme, AutoPulse® und LUCAS® (Interventionsgruppen) werden mit manueller CPR (Kontrollgruppe) verglichen. Anhand außerklinischer Risikofaktoren kann der ROSC-After-Cardiac-Arrest (RACA) Score errechnet und mit der beobachteten Rate an ROSC verglichen werden. Eine multivariate Analyse adjustiert den Einfluss der mechanischen CPR auf die Rate an ROSC nach epidemiologischen Faktoren und Therapiemaßnahmen. Die statistische Auswertung erfolgt mit SPSS Statistics® 21.0, IBM, ARMONK/USA. In einem zweiten Schritt soll schließlich in einer Metaanalyse der Einfluss von Kardiokompressionssystemen auf das primäre und sekundäre Outcome anhand der aktuell verfügbaren Literatur geklärt werden. Hierzu werden die gängigen Literaturdatenbanken nach Studien durchsucht, die Kardiokompressionssysteme mit manueller CPR vergleichen. Diese Publikationen werden mit Hilfe von Review Manager® 5.3, The Nordic COCHRANE Centre, KOPENHAGEN/Dänemark, analysiert und bewertet. Ergebnisse: In die Analyse des Deutschen Reanimationsregisters können 11.217 Patienten eingeschlossen werden (167 AutoPulse®, 156 LUCAS®, 10.894 manuell). ROSC wird in 57,1% bei AutoPulse® erreicht (95%-Konfidenzintervall 49,5%-64,8%; RACA-Score 46,6%). Bei LUCAS® wurde ROSC in 46,5% erreicht (38,4%-54,7%; RACA 43,4%) und bei manueller CPR in 40,1% (39,2%-41,1%; RACA 39,9%). Adjustiert nach Einflussfaktoren beträgt die odds ratio für ROSC unter Berücksichtigung der CPR-Dauer 1,70 (1,12-2,57) für AutoPulse® und 1,66 (1,09-2,51) für LUCAS®. Ohne Berücksichtigung der CPR-Dauer beträgt sie 1,39 (0,98-1,97) für AutoPulse® und 0,99 (0,68-1,43) für LUCAS®. Die Metaanalyse zeigt signifikant mehr ROSC bei Systemen mit semizirkumferentiell konstringierenden Bändern, während dies für Systeme mit mechanischen Stempeln nicht gezeigt werden kann. Je länger das Outcome der Patienten nachbeobachtet wird, desto geringer zeigt sich die Überlegenheit der Kardiokompressionssysteme, so dass sich bis zur Klinikentlassung und dem Langzeitüberleben keine signifikanten Unterschiede zwischen Interventions- und Kontrollgruppen mehr nachweisen lassen. Nach mechanischer CPR zeigen die Patienten signifikant seltener ein günstiges neurologisches Outcome. Hinsichtlich weiterer Zielparameter zeigt sich eine sehr inkonsistente Studienlage. Diskussion: Während AutoPulse® die Rate an ROSC signifikant erhöht, erfüllen LUCAS® und manuelle CPR das erwartete Outcome (RACA). Diese Beobachtung wird auch durch die Metaanalyse gestützt. Adjustiert nach Risikofaktoren zeigen beide Systeme eine Überlegenheit gegenüber manueller CPR; diese Beobachtung ist hauptsächlich der Berücksichtigung der Reanimationsdauer in der multivariaten Analyse zuzuschreiben. Diesem Effekt stehen in der Metaanalyse erfasste Schwierigkeiten bei der Anwendung und ein verzögerter Ablauf der Reanimation entgegen. Grundsätzlich ist zu beachten, dass die Frage, welche Technik die bessere ist, auch stark von der Qualität der manuellen CPR in der Kontrollgruppe abhängt. Die Metaanalyse zeigt einige Hinweise für mögliche Anwendungsbereiche und Indikationen für Kardiokompressionssysteme auf. Auch in diesem Zusammenhang besitzen Zeitpunkt und Dauer der CPR einen zentralen Stellenwert. Schlussfolgerung: Mit Hilfe von Kardiokompressionssystemen lassen sich sicher und effektiv Thoraxkompressionen durchführen. Allerdings kann deren Anwendung die Prognose der Patienten beeinträchtigen, insbesondere wenn sie lebensrettende therapeutische Maßnahmen verzögen. Unter definierten Bedingungen, insbesondere wenn Transport, Umgebungsbedingungen oder Therapie eine prolongierte Reanimation erwarten lassen, wenn es die Sicherheit des Teams oder der Ablauf der Reanimation erfordern, oder aber als Überbrückung bis zu einer definitiven Therapie, kann die mechanische CPR Vorteile bieten. Grundsätzlich sollten Kardiokompressionssysteme nur in definierten Situationen nach ärztlicher Indikationsstellung und mit klaren therapeutischen Konzepten eingesetzt werden

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