'Herausforderung' wird im allgemeinen Sprachgebrauch häufig verwendet. In der psychologischen Forschung wird er in Theorien von Lazarus (1984), Csikszentmihalyi (1988) und Kobasa (1979) gebraucht. Aus den Theorien werden Merkmale herausgearbeitet, die wahrscheinlich dazu führen, dass eine Situation als Herausforderung eingeschätzt wird: ein wichtiges Ziel, Schwierigkeit der Situation, ausreichende Fähigkeiten und Konsistenz der Bewertungsmaßstäbe. Weiterhin wurde der Zusammenhang von Herausforderung zu berichteter Krankheit diskutiert. Die genannten Merkmale wurden mit Hilfe eines 'policy-capturing'-Ansatzes untersucht. Es wurde ein Fragebogen entwickelt, der Situationsbeschreibungen bestehend aus den Merkmalen Ziel, Schwierigkeit, Fähigkeit und Konsistenz sowie ein Kontextbeschreibung enthielt, außerdem Skalen zur Erfassung von psychosomatischen Beschwerden. Die Situationsbeschreibungen sollten auf den Grad der Herausforderung eingeschätzt werden. Dieser Fragebogen wurde 68 Studierenden der Universität Konstanz vorgelegt. Die gemittelten Beta-Gewichte aus Regressionsanalysen geben an, wieviel Gewicht den Merkmalen für die Einschätzung der Situation zukommt. Es ergab sich, dass ein wichtiges Ziel und die Schwierigkeit der Situation positive Prädiktoren für die eingeschätzte Herausforderung waren, ausreichende Fähigkeiten und Konsistenz dagegen negative Prädiktoren. Die eingeschätzte Herausforderung war entgegen der Erwartung ein negativer Prädiktor für die berichteten psychosomatischen Beschwerden. Die unerwarteten Ergebnisse können dadurch erklärt werden, dass in der vorliegenden Arbeit keine klare Abgrenzung von Herausforderung und Bedrohung vorgenommen wurde. Dadurch wird auch verständlicher, warum Herausforderung positiv mit psychosomatischen Beschwerden zusammenhängt. Herausforderung scheint also nicht so positiv zu sein, wie es im Sprachgebrauch und auch in den genannten Theorien verwendet wird