Die Auswirkungen des Gewebetraumas auf die Deformierbarkeit und Migrationsfähigkeit von polymorphkernigen Leukozyten und ihre Modulation durch die Protein Kinase D
Nach einem Gewebetrauma setzt der menschliche Organismus eine Kaskade von
biochemischen Reaktionen in Gang, die den Körper des Patienten noch Tage und
Wochen in einem Alarmzustand halten. Auch die Leukozyten, vor allem neutrophilen
Granulozyten, sind in diese Reaktion eingebunden. Dabei kommt ihnen einerseits
eine protektive und heilungsfördernde Wirkung zu, andererseits kann eine
überschießende Aktivierung der Granulozyten auch zu beträchtlichen Organschäden
führen, teilweise bis hin zum Tod. Das Ausmaß, in dem diese polymorphkernigen
Neutrophilen (PMN) im Körper aktiv werden, bemisst sich unter anderem daran, wie
effizient sie die Blutbahn verlassen und ins Gewebe einwandern können. Um durch
das Endothel der Kapillaren zu wandern, müssen die PMN ihr Zytoskelett in sehr
hohem Maße dynamisch reorganisieren. Diese Umformungsreaktion wird maßgeblich
durch das Enzym Protein Kinase D (PKD) reguliert. In der vorliegenden Arbeit wurde
untersucht, in welchem Ausmaß ein Gewebetrauma die Deformierbarkeit und
Migrationsfähigkeit der PMN beeinflusst. Dazu wurden PMN von Versuchsschweinen
und menschlichen Spendern, sowie Neutrophil-artige differenzierte humane
Promyelozytenleukämie-Zellen (NB4) mit spezifischen PKD-Inhibitoren inkubiert
und auf zweierlei Weise untersucht. Ihre passive Deformierbarkeit wurde kontaktfrei
mithilfe eines Optical Stretchers gemessen, ihre aktive Migrationsfähigkeit mithilfe
eines Migrations-Essays mit simulierter Endothelschicht und einem chemotaktischen
Lockstoff.
Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, dass ein Gewebetrauma im Verlauf von 12 h zu
einer signifikanten Zunahme der Deformierbarkeit von Schweine-PMN führt,
während ein analoger Effekt auf ein chirurgisches Gewebetrauma bei humanen PMN
eintritt. Auch ihre aktive transendotheliale Migrationsfähigkeit wird in signifikantem
Maße erhöht. Des Weiteren konnte gezeigt werden, dass diese Reaktionen maßgeblich
durch das Enzym PKD kontrolliert werden. Die Inhibition der PKD führte zu seiner
Verminderung von sowohl der passiven Deformierbarkeit, als auch der transendothelialen Migrationsfähigkeit. Dabei machte es keinen signifikanten
Unterschied, ob vorher ein Gewebetrauma erfolgt war oder nicht. Dieser Effekt der
PKD wurde zusätzlich an NB4-Zellen nachgewiesen.
Anhand dieser Ergebnisse lässt sich sehr gut nachvollziehen, dass ein Gewebetrauma
zu einer stark erhöhten Aktivierung von neutrophilen Granulozyten führt, die die
Blutbahn verlassen und ins Gewebe einwandern. Dieser Zustand ist systemweit und
tritt verzögert erst Stunden bis Tage nach dem akuten Ereignis auf. Es kann also
abgeleitet werden, dass auch nicht betroffene Organsysteme von dieser erhöhten
Entzündungsreaktion betroffen sind und somit die trauma-load, sprich die
Gesamtbelastung des Organismus durch das Gewebetrauma, auch noch Tage später
ansteigt.
Zusammenfassend belegt diese Arbeit die starke Zunahme der Deformierbarkeit und
Migrationsfähigkeit von PMN im Rahmen einer Gewebetraumareaktion des
Organismus und zeigt, dass dies essentiell durch die Protein Kinase D vermittelt wird