Langfristige Entwicklungsprognose nach extremer Frühgeburt

Abstract

Dank intensiver perinataler Betreuung und Einsatz modernster medizinischer Techniken überleben heute immer mehr extrem unreife Frühgeborene an der Grenze zur Lebensfähigkeit (derzeit: 22+0 – 24+6 vollendete SSW) und haben die Chance auf ein Leben ohne Behinderung. Allerdings darf das Risiko langfristiger Entwicklungsstörungen nicht unterschätzt werden. Ziel der Studie war eine umfassende Gesamtbeurteilung der Folgen extremer Frühgeburtlichkeit mit Schwerpunkt auf der genauen Evaluation der kognitiven Entwicklung, Verhaltensauffälligkeiten, schulischer Adaptation, Förder- und Therapiebedarf, familiäres Umfeld und elterliche Bildung. Dazu erfolgte eine standardisierte Nachuntersuchung der Frühgeborenen < 25 SSW der Geburtsjahrgänge 1999-2003 aus den Perinatalzentren Ulm und München im Alter zwischen 7 und 10 Jahren (n = 105). Erfasst wurden u. a. neurologische, körperliche und kognitive Fähigkeiten, schulische Leistungen, Verhalten, sozio-familiärer Hintergrund, Therapie- und Förderbedarf. Zur Anwendung kamen bewährte, standardisierte Testverfahren (HAWIK IV, FEW-2 bzw. DTVP 2, LOS-KF 18, GMFCS) und Verhaltensfragebögen (CBCL und SDQ) sowie die standardisierte ausführliche Anamneseerhebung mittels Fragebogen. Daten liegen von 79 von 105 Kindern (75 %) vor. 24 % der Kinder wurden im Gesamturteil als moderat oder schwer beeinträchtigt eingestuft. Im Mittel lag der Gesamt-IQ bei 87, bei 38 % unter 85. Knapp die Hälfte der Kinder besuchte keine Regelschule. Neben kognitiven Defiziten, Problemen der schulischen Adaptation und Lernschwierigkeiten bestanden Beeinträchtigungen des Gesundheitszustandes, erhöhter medizinischer Therapiebedarf sowie die Notwendigkeit zusätzlicher schulischer bzw. pädagogischer Förderung. 20 % der Kinder wurden von ihren Eltern im Verhalten auffällig eingeschätzt, insbesondere wurden Aufmerksamkeitsprobleme, Hyperaktivität, soziale und emotionale Probleme geschildert. Neben Entwicklungsverzögerungen traten gehäuft Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten (34 %), Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen (19 %) und Autismus-Spektrum-Erkrankungen (6 %) auf. Auch Frühgeborene < 25 SSW zeigen häufig aus medizinisch-neurologischer Sicht eine günstige Entwicklung. Dennoch sind kognitive Einschränkungen, Entwicklungsverzögerungen, Verhaltensauffälligkeiten und Probleme der schulischen Adaptation häufig. Oft bestehen bis ins Schulalter relevante Einschränkungen und erfordern langfristig Therapien, pädagogische Förderung und psychologische Unterstützung. Ein einheitliches, standardisiertes follow-up mit differenzierter psychologischer Diagnostik und Beratung für extreme Frühgeborene im (Vor-) Schulalter, d. h. jenseits des 2. LJ scheint notwendig

    Similar works

    Full text

    thumbnail-image

    Available Versions