Traumatische Erlebnisse, Psychopathologie und Delinquenz bei Heimjugendlichen im Schweizer Jugendhilfe- und Jugendstrafsystem

Abstract

Die Studie liefert einen Überblick zur Häufigkeit traumatischer Erfahrungen sowie der Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) sowohl bei zivil- als auch bei strafrechtlich eingewiesenen Heimjugendlichen in der Deutschschweiz. Weiterhin wurden auf Basis der potentiell traumatischen Erlebnisse der Jugendlichen verschiedene Muster bzw. Profile traumatisierender Vergangenheiten identifiziert und in Zusammenhang mit Psychopathologie, Delinquenz und Merkmalen der aktuellen Maßnahme gesetzt. Insgesamt 245 Jugendliche aus 31 Einrichtungen wurden in die Studie eingeschlossen. Der Altersbereich reichte von 8 bis 25 Jahre, mit einem Mittelwert von 16,8. Ein Viertel der Jugendlichen war weiblich. Der Großteil (81 %) der Heimjugendlichen gab an, bereits mindestens eine potentiell traumatische Erfahrung gemacht zu haben; von diesen erfüllten 54 % mit mindestens einem Ereignis das DSM-IV-A-Kriterium der PTBS. Mit 4 % (Mädchen 4,7 %, Jungen 3,9 %) liegt die Prävalenz der Posttraumatischen Belastungsstörung ca. viermal höher als in der Allgemeinbevölkerung. Bei der Bildung von "Trauma-Klassen" mittels einer Latenten Klassenanalyse fanden sich drei Gruppen: "Ohne Traumatisierung", "Mittlere Traumatisierung" und "Schwere Traumatisierung". Die weiteren Analysen verdeutlichten einen Zusammenhang zwischen schwerer, interpersoneller Traumatisierung und psychischen Auffälligkeiten sowie delinquentem, insbesondere Gewaltverhalten. Die kinder- und jugendpsychiatrische Versorgung insbesondere der schwer traumatisierten Jugendlichen zeigte sich dagegen als unzureichend. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass der Großteil der Jugendlichen in der stationären Jugendhilfe spezifische (trauma-)pädagogische Konzepte bzw. Zugang zu traumapsychotherapeutischen Behandlungsmöglichkeiten benötigt. Weiterhin wurde deutlich, dass die Diagnosekriterien der Posttraumatischen Belastungsstörung die komplexe Störungssymptomatik der schwer traumatisierten Heimjugendlichen offensichtlich nicht abbilden konnte

    Similar works

    Full text

    thumbnail-image

    Available Versions