Elektrophysiologische Korrelate eines phonologischen Wahrnehmungsdefizits bei Erstklässlern - eine Studie mit der Mismatch Negativity im ereigniskorrelierten Hirnpotential

Abstract

Defizite in der Wahrnehmung und Verarbeitung akustischer Reize spielen eine große Rolle in der Ätiologie der Lese- und Rechtschreibstörung. Es wurden Erstklässler mit einem diagnostizierten auditiven Wahrnehmungsdefizit untersucht, die am Beginn des Erlernens von Lesen und Schreiben standen, ohne bereits an einer manifesten Lese- und Rechtschreibstörung zu leiden. Das auditive Wahrnehmungsdefizit wurde durch Elektroenzephalographie mit Messung der Mismatch Negativity, welche die präattentive auditive Signalverarbeitung widerspiegelt, weiter untersucht und spezifiziert. Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung konnte mittels eines Verhaltenstests (phonematischer Teil der Differenzierungsprobe II nach Breuer/Weuffen) und einer elektrophysiologischen Messmethode (Elektroenzephalographie mit Messung der Mismatch Negativity) nachgewiesen werden, dass Kinder, die an einem auditiven Wahrnehmungsdefizit leiden, tatsächlich eine zerebrale Verarbeitungsstörung akustischer Stimuli aufweisen. Dieses Defizit tritt - in Analogie zur für Probanden mit Lese- und Rechtschreibstörung publizierten Literatur - sprachspezifisch auf, da es nicht bei der Präsentation von Sinustönen unterschiedlicher Frequenz beobachtet wurde. Die bei diesen Kindern durch Sprachstimuli evozierte Mismatch Negativity gleicht in ihrer Struktur derjenigen von Kindern und Erwachsenen mit manifester Lese- und Rechtschreibstörung. Es konnte gezeigt werden, dass bereits am Schulbeginn durch einen sehr einfach durchzuführenden Verhaltenstest Kinder mit einem erhöhten Risiko für die spätere Entwicklung einer Lese- und Rechtschreibstörung identifiziert werden können. Es ist also vorstellbar, diesen Test als Screening-Verfahren hinsichtlich eines auditiven Wahrnehmungsdefizits in Grundschulen einzusetzen. Die frühe Erkennung eines solchen Defizits gestattet eine früh einsetzende Förderung der Kinder unter anderem auf phonologischer Ebene, um das Risiko einer späteren Lese- und Rechtschreibstörung zu reduzieren

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