research

Moderne Nutztierfütterung und Nachhaltigkeit - ein Widerspruch?

Abstract

Die Fütterung landwirtschaftlicher Nutztiere ist eines der zentralen Themen der Gegenwart für die Nachhaltigkeit in der Lebensmittelproduktion. Die Produktion der Futtermittel erfordert Ressourcen(Ackerflächen und Grünland, Düngemittel, Energie) und ruft direkte Emissionen, v.a. über die Düngemittel und den Energieverbrauch hervor. Bei der Mischung der Futtermittel kommt weiterer Ressourcenverbrauch, insbesondere durch die Beimischung von Mineralstoffen, hinzu. Die Fütterung kann, abhängig von der Balance der Nährstoffe, in erheblichem Ausmass die Emissionen durch die Tiere und ihre Ausscheidungen beeinflussen (Methan und weitere Klimagase wie Lachgas, Stickstoffund Phosphorverbindungen, die ins Grund- und Oberflächenwasser gelangen). Mit diesen Umweltwirkungen muss sich die tierhaltende Landwirtschaft auseinandersetzen, und der Begriff „moderne Nutztierfütterung“ muss sich auf das Ziel beziehen, so sparsam wie möglich mit den Ressourcen umzugehen, und Emissionen so weit wie möglich zu reduzieren. Dies beinhaltet einerseits die wissenschaftlich basierte Formulierung von Rationen, welche optimal auf die Leistungsansprüche, den von Genotyp und physiologischem Status abhängigen Bedarf und damit verbunden die Tiergesundheit abgestimmt sind. Optimierte Phasenfütterung bei Monogastriern sowie individuell exakt bestimmte und zugeteilte Rationen z.B. für Milchkühe oder Zuchtsauen sind dabei die wichtigsten Ansätze, die unbestritten sind und zunehmend eingesetzt werden. Der Begriff „Precision Livestock Farming“ (PLF) drückt den Anspruch aus, der an solche Ansätze heutzutage gestellt wird. Die Frage nach der Minimierung der Umweltwirkungen durch die Fütterung kann jedoch nicht nur über optimale Rationen beantwortet werden, sondern muss sich in einer ganzheitlicheren Betrachtung auch auf eine optimale Landnutzung beziehen. Dazu gehört die nachhaltige und effiziente Nutzung von Grünland durch Wiederkäuer, die Flächenbezogenheit der Produktion mit Monogastriern, die Verwendung regionaler und betriebseigener Futtermittel und, wo dies nicht möglich ist, die Reduktion des Tierbesatzes. Bei näherer Betrachtung ist letzteres, also die Beschränkung der Tierzahlen ein unumgängliches Element der Nachhaltigkeit in der modernen Tierproduktion. Nicht zuletzt gehört zum Anspruch einer modernen Tierhaltung auch eine wissenschaftlich basierte Position zum Tierwohl. Wissenschaftliche Fundierung sollte bei diesem Thema neben agrarwissenschaftlichen Disziplinen auch auf die Verhaltensbiologie und die Ethik bezogen sein. Auch die Fütterung kann, wie nachfolgend gezeigt werden soll, in einer verhaltensbiologischen und ethischen Perspektive angeschaut werden, was dann zu Positionen führen mag, die mit Effizienzparadigmen in deutlichem Konflikt stehen. Daraus resultieren Widersprüche und Zielkonflikte zwischen Nachhaltigkeitszielen und ethischen Ansprüchen an das Tierwohl. Diese Dilemmata bringen auch die Nutztierwissenschaften von der Moderne in die Postmoderne, in welcher eine positivistisch lineare Problemlösung gar nicht mehr möglich scheint. Sich dieser Widersprüchlichkeit anzunehmen und damit aus dem rein agrarwissenschaftlichen Kontext herauszutreten, dürfte eine der schwerwiegenden Aufgaben auch für die Tierernährung der Zukunft sein

    Similar works