Zwischen Pionierleistung und Existenzängsten

Abstract

Das Verständnis von Vaterschaft hat in den letzten Jahren einen Wandel erfahren, der sich u.a. in veränderten Leitbildern aktiver Vaterschaft und entsprechenden politischen Maßnahmen äußert. Während politische Maßnahmen wie die Ausweitung der Elternzeit zum Wandel von Diskursen und Praktiken beitragen und viele Arbeitsorganisationen ihre Vereinbarkeitsprogramme auf Väter ausweiten, zeichnen sich im Alltag widersprüchliche Entwicklungen ab. Nur ein Drittel aller Väter nimmt Elternzeit, und diejenigen, die dies tun, nehmen in der Regel nur ein bis zwei Monate in Anspruch. Noch geringer ist der Anteil derjenigen Väter, die weiterführende Vereinbarkeitsmaßnahmen nutzen und/oder ihre Arbeitszeit reduzieren. Der Beitrag sucht nach Erklärungen für diese widersprüchlichen Befunde und stellt die Frage nach dem Anspruchsbewusstsein von Vätern („sense of entitlement“) in den Mittelpunkt. Empirische Grundlage sind sieben Unternehmensfallstudien aus unterschiedlichen Wirtschaftsbereichen im Rahmen des Projekts „Arbeitsorganisationen und väterliche Lebensführung“ (Universität Bielefeld) aus Betrieben unterschiedlicher Größe und Sektor- bzw. Branchenzugehörigkeit. Es wird angenommen, dass Organisationen das Bewusstsein legitimer Ansprüche fördern oder seine Entwicklung verhindern können. Eine zentrale Rolle spielen dabei verborgene Regeln im Unternehmensalltag, die offiziellen Unternehmenspolitiken zuwider laufen (können). Sie erzeugen bei den betroffenen Vätern Angst (vor Karrierenachteilen, Mehrarbeit der Kolleg/-innen und Teamkonflikten bis hin zum Verlust des Arbeitsplatzes). Viele treffen bereits eine Entscheidung gegen eine aktive Vaterschaft, bevor negative Folgen eingetroffen sind. Diese Folgen treffen Väter stärker als Mütter, da sich Väter stärker als Familienernährer verstehen.&nbsp

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