Integrated hydrogeological and geochemical processes in swelling clay-sulfate rocks

Abstract

Quellende Ton-Sulfatgesteine führen immer wieder zu unvorhergesehenen Problemen im Tunnelbau oder bei oberflächennahen Geothermiebohrungen und machen dort langwierige Sanierungsmaßnahmen erforderlich. Die Prozesse, die dem Quellen zugrunde liegen, sind komplex. Im Allgemeinen wird davon ausgegangen, dass der Quellvorgang hauptsächlich auf die Umwandlung von Anhydrit zu Gips zurückzuführen ist. Auslöser ist in der Regel eine Änderung der hydraulischen Bedingungen, gefolgt von einem Wasserzutritt in die quellfähigen Gesteinsschichten, was wiederum die vorherrschenden geochemischen Bedingungen verändert. In der Folge kommt es zu einer Zunahme des Gesteinsvolumens im Untergrund. Dies führte in der süddeutschen Stadt Staufen, dem Untersuchungsstandort dieser Arbeit, zu großräumigen Hebungen an der Geländeoberfläche und, damit verbunden, zu großen Schäden an Häusern und Infrastruktur. Gerade diese hydrogeologischen und geochemischen Prozesse, sowie der Einfluss menschlicher Aktivitäten (z.B. Geothermiebohrungen), lassen sich jedoch nur sehr schwer nachvollziehen oder gar vorhersagen, da die genauen Zusammenhänge bisher unzureichend erforscht sind. Im ersten Teil dieser Arbeit wird zunächst ein 3D geologisches Modell entwickelt, um die komplexen geologischen Verhältnisse im Untersuchungsgebiet zu rekonstruieren. Dieses Modell stellt die geometrische Grundlage für die im weiteren Verlauf durchgeführten numerischen Untersuchungen der hydrogeologischen und geochemischen Prozesse des Quellphänomens dar. In diesem Zusammenhang wird außerdem eine Unsicherheitenanalyse der 3D geologischen Modellierung basierend auf der Theorie der Informationsentropie durchgeführt. Die Analyse veranschaulicht wie sich verschiedene geologische Erkundungsdaten unterschiedlich auf die vorhandenen Modellunsicherheiten und die Modellgeometrie auswirken. Der erstmals auf ein komplexes Standortmodell angewendete Ansatz ermöglicht dabei eine detaillierte, Voxel-basierte Visualisierung und Quantifizierung der Unterschiede und Änderungen der Unsicherheit zwischen mehreren Modellinterpretationen. Zusätzlich können mit Hilfe der verwendeten Jaccard- und der City-block-Distanzen Unähnlichkeiten zwischen den Modellen direkt identifiziert werden. Damit ermöglicht die Methodik unter anderem eine effizientere Durchführung von geologischen Erkundungskampagnen und bietet außerdem eine fundierte Grundlage für Kosten-Nutzen-Analysen. Für die komplexen geologischen Verhältnisse des Untersuchungsstandorts Staufen zeigt sich, dass mit zunehmender Datendichte mehr geologische Strukturen identifiziert werden, gleichzeitig aber auch vermehrt lokal hohe strukturelle Unsicherheiten auftreten. Im zweiten Teil der Arbeit wird ein neuartiger Modellansatz entwickelt und numerisch als radialsymmetrisches, reaktives Transportmodell umgesetzt. Das Model kann genutzt werden, um den Quellprozess abzubilden und berücksichtigt folgende Einflüsse: 1) die veränderten hydraulischen Randbedingungen auf Grund menschlicher Aktivitäten (Geothermiebohrungen), 2) die Wasserverfügbarkeit in der Quellzone, und 3) die Geochemie. Dazu wird die Quellhebung an der Geländeoberfläche in Abhängigkeit der geochemischen Umwandlung von Anhydrit in Gips und einer daraus abgeleiteten Volumenzunahme im Untergrund simuliert und quantifiziert. Der Modellansatz trennt dabei zwischen advektivem Stofftransport entlang von Klüften im Gestein und der Umwandlung von Anhydrit zu Gips in der Gesteinsmatrix. Um den beiden Wirkungsbereichen (Domänen) spezifische Porositäten zuordnen zu können, wird ein Zwei-Domänen Modellierungsansatz (``dual domain approach\u27\u27) verwendet, der diese gleichzeitig über eine Transferrate für den diffusiven Wassertransport koppelt. Mit diesem Modellansatz können prozessspezifische hydraulische, geochemische und mechanische Modellparameter basierend auf geodätischen Hebungsdaten in einer inversen Modellierung abgeschätzt werden. Die hierbei ermittelten Reaktionskonstanten für Anhydritlösung (\SI{2.4e-5}{\mole\per\square\metre\per\second}) und Gipsfällung (\SI{3.2e-6}{\mole\per\square\metre\per\second}) sind vergleichbar mit Literaturwerten aus Laborversuchen. Es zeigt sich jedoch, dass der diffuse Stofftransport in die Gesteinsmatrix wesentlich die Geschwindigkeit des Quellprozesses beeinflusst, was insbesondere bei niedrigen Gesteinsporositäten (z. B. kompakte Anhydritlagen) ein limitierender Faktor sein kann. Insgesamt ist das Modell in der Lage, den am Untersuchungsstandort beobachteten Hebungsverlauf abzubilden. Im dritten Teil der Arbeit wird das zuvor entwickelte Quellhebungsmodell auf die komplexe geologische Situation am Untersuchungsstandort Staufen angewendet. Dadurch können, im Vergleich zum radialsymmetrischen Ansatz, sowohl lokale Grundwasserströmungen, als auch die örtlichen geologischen Gegebenheiten explizit und umfassend bei der Simulation des Quellprozesses berücksichtigt werden. Das Modell kann genutzt werden, um eine Prognose über die weitere Entwicklung der Hebungsprozesse in Abhängigkeit der Sanierungsmaßnahmen vorzunehmen und bietet damit die wissenschaftliche Grundlage für eine Bewertung verschiedener Strategien, um den Quellprozess zu stoppen. Die Methode ermöglicht eine Bilanzierung der Wasserzuflüsse in die Quellzone, sowie eine Abschätzung des zukünftige Quellpotentials für individuelle Sanierungsszenarien. Für den Untersuchungsstandort Staufen zeigen die Ergebnisse, dass auch bei einer unvollständigen, nachträglichen Abdichtung der Erdwärmesonden der Wasserfluss in die Quellzone und damit der Quellprozess durch entsprechende hydraulische Gegenmaßnahmen gestoppt werden kann. Außerdem wird ersichtlich, dass umfassende geologische, hydraulische und geochemische Informationen für eine stichhaltige Simulation der Quellprozesse und eine Beurteilung geeigneter standortspezifischer Sanierungsmaßnahmen erforderlich sind

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