Between superstition and state-imposed reason. The ‚Evil’ in the rural folk culture of southern Carinthia.

Abstract

Der Beitrag hat Aspekte und Manifestationen des „Bösen“ in der bäuerlichen Volkskultur, insbesondere im Volksglauben und im Volksbrauchtum der überwiegend agrarisch geprägten Welt Südkärntens zum Inhalt. Den Schwerpunkt bilden dabei volkskundliche und religionswissenschaftliche Untersuchungen aus dem zweisprachigen Gebiet des Unteren Gailtales. Im Beitrag werden zum einen aus der Volksfrömmigkeit geschöpfte, archaische Abwehrmechanismen gegen das „Böse“ dargestellt, zum anderen konkrete Maßnahmen des Staates, mit denen dieser seit dem Aufgeklärten Absolutismus gegen den Volks- und insbesondere Aberglauben durch obrigkeitliche Verordnungen und in der Rechtsprechung einschritt, skizziert. Insbesondere junges Leben bei Mensch und Vieh, aber auch Frauen, waren durch das „Böse“ bedroht. Dieses konnte sich in Form von Zauberei, gesprochen (Wortzauber) oder durch Handlungen gesetzt (Schadenzauber), manifestieren. Es war jedoch auch in Form von Geistern und Dämonen gegenwärtig. Andererseits personalisierte sich das im weitesten Sinn „Böse“ vorrangig in der Gestalt der Frau, etwa der Milch- oder sonstigen Schadenzauber treibenden Hexe oder Zauberin und auch der Percht (slow. Pəhtra), einer in einem Erdloch hausenden Gestalt, die alljährlich am Vorabend des Dreikönigstages in die Häuser kam/kommt. Dämonen und Geister wie die etwa die neun uroki, die bei der Geburt ihr Unwesen treiben, oder der Schab sind hingegen geschlechtlich nicht konnotiert und treten weitestgehend als geschlechts- und/oder körperlose Wesen auf. Während die uroki nicht personalisiert sind, materialisierte sich etwa der Schab (slow. škopnjak) als brennende Garbe, glühender Besen oder Feuerkugel mit leuchtendem Schweif. Besondere Vorkehrungen wurden auch bei Todesfällen gesetzt. Im Unterschied zum „Bösen“, das in Form weitestgehend körperloser Geister und Dämonen bei Geburt und Hochzeit den Menschen bedroht, ist der „böse“ Tote personalisiert, d. h. konkret fass- und sichtbar in der Person eines Verstorbenen, der etwa als sog „Nachzehrer“ Lebewesen (Mensch und Tier) in den Tod nachziehen kann. Nach Abschluss aller Abwehrriten und mit der Beisetzung tritt erneut eine Transformation ein, denn nunmehr geht vom „bösen“ Verstorbenen keine Gefahr mehr aus. Bis weit über die Zeit der Aufklärung hinaus, vereinzelt sogar bis ins frühe 20. Jahrhundert konkretisierte sich das „Böse“ nach Meinung dieser agrararischen Gesellschaft vorrangig im Schadenzauber, den Dritte Mensch und Tier zufügten. Die Versuche von Staat und Kirche gegen diesen Aberglauben vorzugehen, blieben über lange Zeit weitestgehend erfolglos. Wie stark man in geradezu archaischen Vorstellungen vom Bösen, das sich durch Zauberei, aber auch durch Unwetter manifestierte, verhaftet war, machte der hartnäckige Widerstand des Landvolkes gegen die Einschränkungen von Bittprozessionen und insbesondere das sogenannte Wetterläuten unter Kaiser Joseph II. (reg. 1780–1790) deutlich. Ein Landpfarrer, der die staatlichen Verbote einhielt, hatte bei seinen Pfarrkindern im Regelfall einen schweren Stand.This article covers aspects and manifestations of the ‚Evil’ in rural folk culture in general, and folk belief and customs of the predominately agrarian world of southern Carinthia in particu-lar. The focus lies on the study of ethnological phenomena as well as aspects of religious stud-ies in the bilingual area of the Lower Gailtal. The article deals on the one hand with archaic defence mechanisms against the ‚Evil’ deriving from folk piety, on the one hand, it portrays specific provisions from the state, who, since enlightened absolutism, intervened against folk belief in general and superstition in particular with official decrees and through jurisdiction. The young, among man and beast alike, as well as women were particularly threatened by the ‚Evil’, which could manifest itself in the form of magic, either spoken (word magic) or through actions (black magic), or in the shape of ghosts and demons. At the same time, the ‘Evil’ in the broadest sense personified itself primarily in the shape of the woman, such as the milk spells or other black magic performing witch or sorceress, or the Percht (Slovenian Pəh-tra), a figure living in a dugout, which every year on the eve of Epiphany came and still comes to peoples’ houses. Demons and ghosts like the nine uroki, which walk abroad at deliveries, or the Schab are not sexually connoted and generally occur as sex- and/or bodiless creatures. While the uroki are not personalized, the Schab (Slovenian škopnjak) manifests itself as burning sheaf, fiery broom or fireball with glowing tail. Furthermore, cases of death also called for special provisions. In contrast to the ‘Evil’ which threatens births and marriages in the form of primarily bodiless ghosts or demons, the ‘evil’ death is personalized, i.e. prehensile and visible in the person of the deceased, which could carry away with it living beings (man or animal) as so called ‘nachzehrer’. After all the de-fence rites and the burial have been performed, another transformation takes place, as the ‘evil’ deceased then no longer poses a threat. Until long after the period of Enlightenment, here and there even until the early 20th century, according to the agrarian society, the ‘Evil’ displayed itself primarily in the form of black magic inflicted on man and animal by a third party. Attempts by state and church to proceed against this superstition for a long time remained mostly ineffective. How vigorously people clang to downright archaic concepts of the ‘Evil’, which could manifest itself not only in the form of magic but also in thunder-storms, can be seen in the persistent resistance of the peas-antry against restrictions on supplicatory processions and especially the so-called weather tolling under the emperor Joseph II (reign 1780–1790). A country parson who abode to the official prohibitions usually had a hard time with the children of the parish

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