Das ambivalente Verhältnis zu Gewalt bei engagierten linken Jugendlichen

Abstract

Linke Protestgruppen und Bewegungsakteure weisen unterschiedliche Auffassungen bezüglich der Definition und Legitimität von Gewalt auf. Während manche Gewalt grundsätzlich ablehnen, kann sie von anderen strategisch eingesetzt und von dritten wiederum als ein legitimes Mittel angesehen werden. Gleichwohl tritt gewaltförmiges Handeln im Rahmen von Protesten eher selten auf. Wird Gewalt strategisch eingesetzt, so entwickelt sich d as Eskalationsinteresse bei Protestakteuren meist erst im Verlauf der Auseinandersetzung und ist u. a. von den vorhandenen Ressourcen und Gelegenheitsstrukturen abhängig. Haben Protestgruppen nicht die Möglichkeit, ihr Anliegen über institutionalisierte Partizipationsformen einzubringen oder fehlen ihnen dazu die strukturellen oder finanzi­ellen Möglichkeiten, sind sie auf das Erlangen von Aufmerksamkeit durch spektakuläre Ereignisse angewiesen. Gewalt dient auch der Selbsterfahrung und der Selbstermächti­gung, dem Austesten eigener Grenzen oder der Befriedigung von Abenteuerlust. Die Ergebnisse einschlägiger Jugendstudien weisen darauf hin, dass politisch motivierte Gewalt nur von einem sehr kleinen Teil der Jugendlichen ausgeübt wird. In den meisten Fällen ist Gewalt nicht die Folge intentionalen Handelns, sondern Ergebnis eines interakti­ven Geschehens zwischen Demonstranten und Polizei.Der Beitrag geht der Frage nach, welche Bedeutung Gewalterfahrungen mit der Polizei und Konfrontationen mit rechtsextremen Gruppen für das politische Engagement von links-affinen Jugendlichen haben und wie sich entsprechende Erfahrungen auf das Engagement im biografischen Verlauf auswirken. Inwiefern führt die subjektive Verarbeitung von Gewalt-ereignissen zu einer Radikalisierung, zu einer ambivalenten Positionierung gegenüber Gewalt oder aber zu einer Distanzierung vom Engagement?Die empirische Basis des Beitrags bilden 35 problemzentrierte Interviews in ost- und west-deutschen Groß- und Mittelstädten. Die Auswahl der Befragten erfolgte nach Alter (15 bis 28 Jahre), Gruppen/Szenezugehörigkeit (engagiert in einer linksaffinen Bewegung oder Gruppe) und politischer Selbstverortung (Selbstbeschreibung als linksaffin)

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