Die 'Sorge um sich' als Gegenkonzept zum Aktivitätsparadigma: Inklusions- und Exklusionspotentiale

Abstract

Der Beitrag befasst sich mit der in den Altersdiskurs eingebrachten Formel der ‚Sorge um sich’ (Foucault) und thematisiert Übergänge zwischen 'drittem' und 'viertem' Alter sowie die damit verbundenen Ein- und Ausgrenzungen. Die ‚Sorge um sich‘ lässt sich zunächst positiv als Entlastung verstehen: In der Selbstsorge und in der Zuwendung zu sich selber können sich ältere Menschen den gesellschaftlichen Forderungen nach unablässiger Aktivität und dem gesellschaftlichen Druck der Nützlichkeit entziehen. Ein solches Selbstverhältnis, das nach Foucault immer auch eine gesellschaftliche Praxis meint und damit an der Pflicht gegenüber anderen orientiert ist, setzt bestimmte Spielräume voraus: in erster Linie Zeit, um sich mit sich selbst und mit anderen zu beschäftigen – also in reflexiver Selbstdistanz bewusst und selbstbestimmt zu leben. Alte Menschen verfügen in der Regel über Zeitressourcen. Sobald jedoch die Grenze zur Hochaltrigkeit erreicht wird, droht die Entlastung einer Sorge um sich in ihr Gegenteil umzuschlagen. Nun steht den nach wie vor grossen alltäglichen Zeitressourcen eine schwindende Lebenszeit gegenüber. Reflexionspotentiale erodieren im Prozess des körperlichen und geistigen ‚Verfalls’. Anstatt für sich selbst Sorge tragen zu können, setzt verstärkte Abhängigkeit ein. Der Beitrag stellt das normative Konzept einer ‚Sorge um sich‘ in seiner Ambivalenz theoretisch zur Diskussion und fragt nach der Grenzziehung zwischen einem inkludierten 'dritten' und einem exkludierten 'vierten' Alter sowie nach den entsprechenden sozialen Bezugsgruppen und deren Chancen auf Selbstsorge

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