Empowerment als gesundheitsfördernde Strategie in der psychosozialen Arbeit : eine evaluative Studie im Tageszentrum der Psychosozialen Arbeitsgemeinschaft (PSAG) in Basel
Empowerment, verstanden als professionelles Konzept zur Unterstützung von Selbstbestimmung, war der Ausgangspunkt eines Empowerment-Experimentes, das wir im Tageszentrum der psychosozialen Arbeitsgemeinschaft (PSAG1) in Basel durchgeführt haben. Während sechs Wochen veränderten wir das Pro-gramm des Tageszentrums so, dass es den Teilnehmerinnen2 möglich wurde, ein einwöchiges Projekt selber zu bestimmen, vorzubereiten und durchzuführen.
Die vorliegende Arbeit beschreibt diesen Prozess, die Untersuchung, die zu dessen Evaluation durchgeführt wurde und die Auswirkungen, die es hatte und hat.
In Interviews, die vor und nach dem Pilotprojekt durchgeführt wurden, wurde erforscht, welche Auswirkungen das Projekt auf die Teilnehmer des Tageszentrums hatte. Die Auswertung zeigte, dass eine Mehrheit der Befragten von überwiegend positiven Erfahrungen differenziert berichteten. Die qualitative Auswertung dieser Interviews führte dazu, ‚Empowermenttypen’ festzustellen, die, entsprechend dem Schwerpunkt ihres Profites aus dem Projekt, als ‚Entwickler’ oder ‚Nutzer’ bezeichnet wurden. Wichtige Aufschlüsse in Bezug auf das Projekt, aber auch im Hinblick auf Neuerungen, die wir im Tageszentrum verwirklichten, ergaben sich auch aus der Auswertung der Interviews der Teilnehmerinnen, die sich in Bezug auf das Projekt ambivalent geäussert hatten und auch jener, die vom Projekt nicht profitiert hatten.
Aus der qualitativen Auswertung der Interviews ergaben sich weiter ‚Ach-sen der Gesundheitsförderung durch Empowerment’. Es konnten aus den Daten vier solcher Brennpunkte der Entwicklung zu mehr Selbständigkeit ausgemacht werden. Die erste Achse dreht sich um die Erfahrungen, die Psychiatrie-Erfahrene mit der Gruppe von Peers machen können, wenn sie die Gelegenheit haben, mit ihnen zusammen ein Projekt zu verwirklichen. Die zweite Achse bezieht sich auf Fähigkeiten, die Psychiatrie-Erfahrene im Verlauf eines solchen Prozesses (wieder-) entdecken. Die dritte hängt mit Selbsterkenntnissen zusammen, die die Betroffenen gewinnen. Die vierte Achse schliesslich damit, dass sie ihr kritisches Bewusstsein schärfen, wenn sie merken, dass ihre Meinung gefragt ist und Einfluss hat.
Zusammen mit den Interviews wurden Fragebogen eingesetzt, die die Befindlichkeit, das Kohärenzgefühl (SOC = sense of coherence) und die Qualität der Kontrollmeinung erhoben. Hier ergab sich, dass jene Teilnehmer, die vom Projekt profitierten, auch einen höheren SOC-Wert aufwiesen, was darauf hin-weist, dass es ihnen eher möglich war, im Leben einen Sinn zu sehen. Damit wird auf die Bedeutung der Sinnfrage, im Kontext der Rehabilitation psychisch beeinträchtigter Menschen, hingewiesen und die Frage gestellt, wie psychosoziale Institutionen hier einen Beitrag leisten können.
Dem erwähnten Empowermentprojekt und seiner Erforschung schlossen sich grundsätzliche Überlegungen zum Konzept des Tageszentrums PSAG an, die zu Umgestaltungen führten. In einem neuen Angebot (Freejob) haben Teilnehme-rinnen des Tageszentrums Gelegenheit, Freizeitangebote zu entwickeln, anzubie-ten und zu begleiten und das Fachteam des Tageszentrums hat die Gelegenheit, mit diesen Teilnehmern Erfahrungen zu machen, die vorher im Tageszentrum nicht gemacht werden konnten. Wenn man davon ausgeht, dass diese erweiter-ten Erfahrungsmöglichkeiten einen positiven Einfluss auf die Zukunftserwartungen des Fachpersonals in Bezug auf die Teilnehmerinnen haben, so ist diese Erweiterung wichtig, weil zumindest für stationär behandelte, an einer Schizophre-nie erkrankte Menschen, nachgewiesen ist (Dauwalder et al. 1984), dass die Zukunftserwartungen des Fachpersonals, mehr noch als die Zukunftserwartungen der Patienten selber, den Rehabilitationsverlauf beeinflussen