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Ist ein Onlinejournalist noch ein "echter" Journalist?

Abstract

Untersuchungsgegenstand: Die Entwicklung des Mediums Internet brachte viele Veränderungen mit sich. Sowohl die Nachrichtengenerierung, als auch die Nachrichtenrezeption haben sich signifikant verändert. Der Fokus der Arbeit liegt auf der Beleuchtung der Unterschiede der Rolle des Onlinejournalisten zum Printjournalisten. Allgemein wird angenommen, dass sich Arbeitsabläufe, von der Recherche, bis hin zur Verbreitung von Nachrichten, stark von den einzelnen Arbeitsschritten des Printjournalismus unterscheiden. Damit einhergehend wurde untersucht, inwieweit sich das Fremd- und Selbstbild des Onlinejournalisten im Vergleich zum Printjournalisten verändert hat. Um alle relevanten Bereiche abzudecken, wurden auch Finanzierungsmodelle, verschiedene Darstellungsformen in der Berichterstattung sowie Organisationsstrukturen in Print- beziehungsweise Onlineredaktionen erläutert. Theorie: Die theoretische Basis der Arbeit bildet das Gesetz der Komplementarität von Wolfgang Riepl. Davon ausgehend, wurden verschiedene Theorien zur Veränderung der Rolle von Medien beleuchtet, wenn neue Medien entwickelt werden. Dazu zählen: die funktionale Konvergenz sowie die Supplementierung von Medien. Um die institutionelle Struktur des Systems Journalismus darzustellen, wurden die Theorien von Schimank zur gesellschaftlichen Differenzierung sowie die Überlegungen von Altmeppen zu Journalismus und Medien als Organisationen näher beleuchtet. Ziel, Fragestellung, Hypothese: Ziel der Arbeit war es herauszufinden, inwieweit Onlinejournalismus mit traditionellem Printjournalismus vergleichbar ist. Der Fokus lag dabei auf der Rolle des Journalisten selbst: Welche neuen Aufgaben haben Journalisten, die in Onlinemedien tätig sind? Wie werden sie von den Rezipienten beurteilt beziehungsweise wie gestaltet sich ihr Selbstbild? Die Forschungsleitende Frage lautet: Ist ein Onlinejournalist noch ein „echter“ Journalist? Darauf basierend wurden weitere Forschungsfragen und Hypothesen abgeleitet: Forschungsfrage 1: Inwiefern lässt sich das Rollenbild des Onlinejournalisten, mit dem von Journalisten, die Texte in gedruckten Zeitungen veröffentlichen vergleichen? Hypothese 1a: Wenn ein Journalist ausschließlich für ein Onlinemedium zuständig ist, dann legt er mehr Wert auf Aktualität und Schnelligkeit in der Verbreitung der Nachricht, als auf intensive oder investigative Recherche. Hypothese 1b: Je größer das Angebot an kommerziellen Weblogs ist, desto weniger bedeutsam ist die Rolle des Journalisten als Gatekeeper. Hypothese 1c: Wenn ein Journalist ausschließlich für ein Onlinemedium tätig ist, dann wird er vom Publikum nicht als Journalist im Sinne eines „public watchdog“, als „Vierte Gewalt“ im Staat, wahrgenommen. Hypothese 1d: Je mehr Aufmerksamkeit eine Information von Seiten der Rezipienten erhält, desto weniger wird im Zuge der Recherche auf journalistische ethische Standards Wert gelegt. Hypothese 1e: Je geringer die rechtliche und finanzielle Absicherung von Onlinejournalisten ist, desto negativer schätzen Journalisten ihre berufliche Zukunft bezüglich Karriere und Verdienst ein. Forschungsfrage 2: Welche Arbeitsschritte im Arbeitsalltag von Journalisten werden durch die Verlagerung der Veröffentlichung von Printmedien auf Onlinemedien obsolet beziehungsweise verändert? Hypothese 2a: Der Aufgabenbereich von Onlinejournalisten erstreckt sich von technischen Belangen, über Aufgaben des Marketings bis hin zur Wartung und Überprüfung von Foren. Für redaktionelle Tätigkeiten kann lediglich ein geringer Teil der Arbeitszeit investiert werden. Hypothese 2b: Onlinejournalisten messen dem Internet als Recherchequelle einen höheren Stellenwert zu, als Redakteure von Printmedien. Hypothese 2c: Aufgrund der geforderten Aktualität bei Onlinemedien, wird meist auf die Überprüfung von Fakten, sowie auf Lektorate verzichtet. Hypothese 2d: Je kommerzieller die veröffentlichten Themen sind, desto eher wird auf Interaktivität gesetzt und dem Rezipienten die Möglichkeit zur Kommentierung der Berichte gegeben. Hypothese 2e: Je etablierter die Redaktion eines Onlinemediums ist, desto mehr Wert wird auf den Austausch mit Journalisten aus Printredaktionen gesetzt. Hypothese 2f: Aufgrund der geringeren Ressourcen bezüglich Zeit und Geld, veröffentlichen Internetjournalisten eher fremde Texte von Presseagenturen und Pressestellen als Journalisten, die für gedruckte Zeitungen tätig sind. Hypothese 2g: Je geringer der Wert einer Nachricht eingeschätzt wird, desto eher wird auf die Mehrfachverwertung von Nachrichten gesetzt. Forschungsfrage 3: Welche Qualitätsstandards gibt es im Onlinejournalismus und inwiefern sind diese mit den Standards die im Printjournalismus üblich sind vergleichbar? Hypothese 3a: Da sich Journalisten in einer Internet- Nachrichten- Redaktion an einer 24/7-Aktualität orientieren müssen, werden für journalistische Texte typische Wesensmerkmale wie Universalität, Periodizität, Publizität und Aktualität eher vernachlässigt. Hypothese 3b: Aufgrund der vielen Möglichkeiten der Rezipienten an den Inhalten von Onlineberichten mitzuwirken, reduziert sich die Verantwortung der Redaktionen an der Gestaltung der Inhalte. Forschungsfrage 4: Inwiefern haben sich Themen, Formate und Stil der Texte im Vergleich zu Berichten die online veröffentlicht werden verändert? Hypothese 4a: Aufgrund der hohen Reichweite von Onlinemedien, ist die Berichterstattung über lokale Ereignisse geringer als bei Printmedien. Hypothese 4b: Je höher der Anspruch der Aktualität gefordert ist, desto eher wird auf stilistische Feinheiten verzichtet. Hypothese 4c: Da das Internet ein verhältnismäßig junges Medium ist, konzentrieren sich Onlinejournalisten verstärkt auf das Aufgreifen und die Vermittlung von Trends und neuer Ideen als Printjournalisten. Forschungsdesign: Als Ergänzung zu einer ausführlichen Literaturstudie, bei welcher sowohl ältere, als auch aktuelle Literatur zum Thema Print- und Onlinejournalismus recherchiert wurden, dienten fünf ExpertInneninterviews mit RedakteurInnen aus dem Print- und dem Onlinebereich. Die Interviews orientierten sich an einem Leitfaden, der auf den im Vorfeld generierten Forschungsfragen und Hypothesen basierte. Im Zuge der anschließenden Analyse der Experteninterviews, wurden die besagten Forschungsfragen und Hypothesen bearbeitet. Ergebnisse: Die Ergebnisse der Literaturstudie und der ExpertInnenbefragung, ließen keine eindeutige Beantwortung der forschungsleitenden Frage: „Ist ein Onlinejournalist noch ein „echter“ Journalist?“ zu. Mit der neuen Generation der Journalisten, die vom Print-, in den Onlinebereich abwandern beziehungsweise von Beginn ihrer beruflichen Tätigkeit an, ausschließlich für Internetplattformen tätig waren, veränderten sich jedoch eindeutig der Arbeitsalltag und die Berufsrolle der „schreibenden Zunft“. Diese Veränderung betrifft auch journalistische Darstellungsformen und Aufgabenbereiche. Kommentar und Glosse, wie man sie aus der Printzeitung kennt, wurden zu Blogs oder kurzen Postings. Der Rezipient bekommt nicht mehr schlicht reserviert, was er wissen muss. Leser oder User werden dazu angehalten sich selbst jene Informationen zusammenzusuchen, die für sie von Interesse sind. Der Journalist wandelt sich vom Gatekeeper zum Gatewatcher und teilt seine Rolle als „public watchdog“ mit tausenden von Laien, die durch die neuen Technologien, aktiv an der Generierung und Verbreitung von Nachrichten teilnehmen. Durch diese Verschiebung der Aufgabenbereiche, verliert der Journalist nach Ansicht der befragten Experten, ein wenig seiner Kompetenz und berufsbedingten Reputation

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