Die Wechselwirkung der ionisierenden Strahlung von Sternen oder anderen Strahlungsquellen mit dem umgebenden Gas spielt bei vielfältigen astrophysikalischen Fragestellungen eine entscheidende Rolle. So erlaubt beispielsweise die Untersuchung des Verlaufs der Reionisation von Wasserstoff und Helium im Universum Rückschlüsse auf die Entwicklung früher Sternpopulationen und aktiver galaktischer Kerne. Bei der Untersuchung der chemischen Zusammensetzung von Sternentstehungsgebieten – und damit zusammenhängend der Evolution von Galaxien – sind Analysen des Spektrums der damit assoziierten H ii-Regionen von zentraler Be-
deutung. Dies erfordert zum einen ein Verständnis der mikrophysikalischen Zusammenhänge, auf welchen die Ionisations- und Rekombinationsvorgänge sowie die Heiz- und Kühlprozesse im ionisierten Gas basieren, zum anderen die Berücksichtigung der makroskopischen Dichtestruktur des interstellaren Gases.
In der vorliegenden Arbeit wird ein Verfahren zur dreidimensionalen Simulation der Wechselwirkung von ionisierender Strahlung mit atomarem Gas vorgestellt und auf Fragestellungen im Zusammenhang mit photoionisiertem Gas auf unterschiedlichen Skalen angewendet.
Die verwendete Methode beinhaltet ein numerisch stabiles Verfahren zur Berechnung der zeitlichen Veränderung der Ionisations- und Temperaturstruktur in Abhängigkeit von der Dichte und der Zusammensetzung des Gases sowie der spektralen Energieverteilungen der ionisierenden Quellen. Sie berücksichtigt dabei die Ionen und Atome des Wasserstoffs, des Heliums und der häufigsten Metalle.
Zuerst untersuchen wir, inwieweit unterschiedliche Sternpopulationen zur Reionisation des Universums beigetragen haben können (Wasserstoff: Reionisation abgeschlossen bei einer Rotverschiebung von z ∼ 6; Helium: bei z ∼ 2.8). Eine der hierfür in Frage kommenden stellaren Populationen besteht aus massereichen, aus primordialem Material zusammengesetzten Sternen der Population III, welche aber zum Ende der Reionisationsphase bereits durch Sterne späterer Populationen ersetzt worden ist. Wir simulieren deshalb auch Reionisationssze-
narien durch entwickeltere stellare Populationen. Dies ist zum einen eine Population, deren Anfangsmassenverteilung derjenigen im gegenwärtigen Universum entspricht, zum anderen eine, deren ionisierende Strahlung im Wesentlichen durch sehr massereiche, durch stellare Verschmelzungsprozesse entstandene Sterne erzeugt wird. Das Hauptergebnis dieser Untersuchung ist, dass in letzterem Fall die Beteiligung von nur ca. 1 % der
neu gebildeten stellaren Masse an Verschmelzungsprozessen ausreichend ist, um den Großteil der für die Helium II - Reionisation erforderlichen Photonen bereitzustellen, sofern die Effektivtemperaturen der so entstandenenSterne bei mindestens 65 000 K liegen, wohingegen eine
He II - Reionisation mit einer der heutigen entsprechenden Anfangsmassenverteilung nicht möglich ist.
Anschließend analysieren wir den Zusammenhang zwischen den temperatur- und metallizitätsabhängigen spektralen Energieverteilungen von O-Sternen und den Eigenschaften der umliegenden H II - Regionen. Dafür wird ein Gitter von Sternmodellen erstellt, die den Temperatur- und Metallizitätsbereich von O-Sternen in Sternentstehungsgebieten des heutigen Universums abdecken. Die Auswirkungen der stellaren Eigenschaften auf die Temperatur- und
Ionisationsstruktur des umliegenden Gases werden dabei zuerst mittels sphärisch-symmetrischer Rechnungen untersucht. Anschließend werden für eine Auswahl dieser Sternspektren zusätzliche Effekte untersucht, die sich aus der dreidimensionalen Dichtestruktur des Gases und der unterschiedlichen räumlichen Verteilung der Quellen auf das Emissionsspektrum der umgebenden H ii-Regionen ergeben. Dabei zeigt sich, dass unterschiedliche Dichtestrukturen sich zwar auf die Intensitätsverteilung der einzelnen Linien
auswirken, die Gesamtemission der jeweiligen Linien jedoch weitgehend unverändert bleibt und analoges für die unterschiedliche räumliche Verteilung von Strahlungsquellen innerhalb einer
H II - Region gilt.
Schließlich befassen wir uns mit der Frage, inwieweit reine Photoionisationsmodelle, die davon ausgehen, dass die gesamte Strahlung von heißen, massereichen Sternen in der galaktischen Scheibe stammt, ausreichend sind, um die Ionisationsstruktur und Linienemission des diffusen ionisierten Gases (DIG) zu erklären, welches zwar über geringere Teilchendichten verfügt als "klassische" H II - Regionen, das allerdings durch seine räumliche Ausdehnung den Großteil der Masse des ionisierten interstellaren Gases enthält. Einen Schwerpunkt
bildet hierbei die Untersuchung, in welchem Ausmaß die H II - Regionen in der Umgebung der ionisierenden Quellen deren spektrale Energieverteilung verändern. Zur Bestimmung der Eigenschaften des DIG werden sowohl sphärisch-symmetrische als auch 3D-Simulationen durchgeführt, wobei in letzteren die Eigenschaften des DIG in der Umgebung eines Spiralarmes nachgebildet werden. Dabei zeigt sich eine starke Abhängigkeit der Ionisationsstruktur von der räumlichen Struktur des Gases. So führt die erhöhte Rekombinationsrate in
überdichten Bereichen zu verstärkter Absorption, andererseits entstehen im Falle großräumiger Dichteinhomogenitäten aber auch "Kanäle" niedriger Dichte, durch die die ionisierende Strahlung den scheibennahen Bereich der Galaxie verlassen kann. Unsere Photoionisationsmodelle legen nahe, dass die Ionisation des DIGs überwiegend durch relativ kühle O-Sterne (Teff. ≲
35 000 K) erfolgt, oder zusätzlich zur Photoionisation weitere Energiequellen vorliegen.The interaction between the ionizing radiation of stars and other sources of radiation with the surrounding gas is of key importance for a variety of astronomical problems. For instance, an examination of the cosmological reionization history of hydrogen and helium provides
information about the evolution of early stellar populations and active galactic nuclei. Studies of the emission spectra of H ii regions surrounding newly formed hot stars are essential for the analysis of the chemical composition of the star formation regions, which in turn
is an important tool for reconstructing the evolution of galaxies. Performing such analyses requires an accurate understanding of the micro-physical processes which determine the thermal balance, the ionization, and the recombination processes within the ionized gas. It is also necessary to consider the complex macroscopic structure of the interstellar gas, especially
inhomogeneities in the density structure of the interstellar medium.
In this work we present a method for three-dimensional simulations of the effects of the
radiation from the sources of ionization on the (atomic) gas in their environment and apply it to several astronomical problems involving gas at different scales. The method includes a
numerically stable approach for computing the temporal evolution of the ionization and the temperature structure in dependence of the density and the composition of the gas as well as the distribution of the embedded sources. It considers the atoms and ions of hydrogen, helium,
and the most abundant metals.
First, we examine to what extent stars may have contributed to the hydrogen reionization of the universe completed at z ∼ 6, and the reionization of He ii, which was complete at z ∼ 2.8. One type of stellar population that may have contributed to the reionization process are
massive primordial population III stars. As these have been replaced by later stellar populations towards the end of the reionization period, we additionally simulate reionization scenarios by more evolved stellar populations: one with an initial mass function (IMF) that corresponds to the mass distribution in the present universe and a population whose ionizing radiation
originates primarily from very massive stars formed by stellar collisions in dense clusters. The main result of the study is that a fraction of only about 1 % of the newly formed stellar matter to contribute in such mergers is sufficient to provide the dominant fraction of the photons required to ionize He II, if the effective temperature of the merger products is at least 65000 K. By contrast a stellar population with the current IMF, whose ionizing spectrum is dominated by "normal" O-stars, is not able to provide a similar number of He II ionizing photons.
Next, we study the relation between the temperatures and metallicities of O-type stars and the line emission of the surrounding H ii regions. To realize this aim, we create a grid of stellar
models that covers the temperature and metallicity range of O-stars found in star-formation
regions in the present universe. The effects of the stellar metallicities and temperatures on the surrounding gas are first studied using spherically symmetric models. In a second approach the effects of a three-dimensional density structure of the gas and different distributions of the
ionizing stars on the emission line spectrum are studied for a subset of the stellar models.
Hereby we show that different density structures lead to different intensity distributions in
synthetic narrow-band images, but the total emission of the corresponding lines is only weakly affected. The same applies to different spatial distributions of the same set of stars.
As a last study in this work we examine whether pure photoionization models that assume hot massive stars close to the galactic disk as the only sources of ionization are able to explain the
ionization structure and emission line ratios found in the diffuse ionized gas (DIG), which is
characterized by considerably lower mass densities than the H II regions in the immediate
surrounding of hot stars, but which due to its large spatial extent still contributes most to the total mass of the ionized gas in disk galaxies. The focus of our study lies
on the modification of the stellar spectra of the ionizing sources by the H II regions in their environment. The examination is performed for the spherically symmetric case as well as for the 3D case, where we study the properties of the diffuse ionized gas in the surroundings of a spiral arm. The results of the 3D simulations show a strong dependence of the ionization
structure on the distribution and the degree of inhomogeneity of the gas. On the one hand, the increased recombination rates in the overdense regions result in increased absorption. On
the other hand, large-scale inhomogeneities lead to the formation of “channels” of low density through which the ionizing radiation is able to leave the regions of the galaxy close to the
galactic disk. The higher O III/Hβ emission line ratios predicted by the simulations compared to the observations indicate that the photoionization is dominated by relatively cool O stars
(Teff ≲ 35 000 K), or additional energy sources are present