Problemstellung und Zielsetzung Neuere Untersuchungen zeigen, dass bei einer Abnahme der minimalen interokklusalen Distanz (MID) in aufeinanderfolgenden Kauzyklen das Arbeits/Balanceseiten Verhältnis (A/B-Verhältnis) der Masseteraktivitäten zunimmt. Dieser Effekt, der "MID-abhängigen relativen Aktivierung" wurde als Schutzstrategie gedeutet, die verhindern soll, dass sich Zähne auf der Balanceseite beim Kauen destruktiv berühren. Diese logische Deutung ist noch nicht hinreichend gesichert, da Änderungen des A/B-Verhältnisses auch als Folge unterschiedlicher Kaukräfte beim Kauen unterschiedlich harter Nahrung beobachtet wurden. Da eine Veränderung der MID beim Kauen meist mit einer Veränderung der Kaukraft einhergeht, kann sich theoretisch hinter der MID-abhängigen relativen Aktivierung tatsächlich eine Abhängigkeit von der Kaukraft verbergen. Die Beantwortung dieser Frage ist zum Verständnis neuromuskulärer Strategien, die für physiologische Funktionabläufe bestimmend sind, wichtig. Ziel dieser Arbeit war es, die These zu prüfen, dass die A/B-Verhältnisse der Mm. masseteres beim Kauen primär von der MID abhängen und dass die Kaukraft nur über ihre mögliche Assoziation zur MID mit den A/B-Verhältnissen korreliert ist. Material und Methoden Bei 24 funktionsgesunden männlichen Probanden wurden die Unterkiefer-bewegungen sowie die elektrischen Aktivitäten der Mm. masseteres und temporales bei rechts - und linksseitigem Kauen von "weichen" und "harten" Gummibären gleicher Sorte und Charge aufgezeichnet. Für jede Person und jeden Kauzyklus wurden aus den Unterkieferbewegungen die MIDs und aus den r.m.s.-Elektromyogrammen die Aktivitätsamplituden und deren A/B-Verhältnisse ermittelt. MIDs, Aktivitätsamplituden und A/B-Verhältnisse wurden pro Kauzyklus über die Anzahl der Personen gemittelt. Die mittleren A/B-Verhältnisse wurden einerseits mit den MIDs, andererseits mit den Aktivitätsamplituden korreliert und die Beschaffenheit und Qualität der Korrelationen miteinander verglichen. Ergebnisse Beim Kauen harter Nahrung waren die Muskelaktivitäten signifikant höher und die A/B-Verhältnisse kleiner als mit weicher Nahrung. Gleichzeitig waren bei harter Nahrung die MIDs signifikant größer. Mit beiden Konsistenzen waren die A/B-Verhältnisse signifikant und eng mit den MIDs korreliert. Die MID-Abhängigkeiten der A/B-Verhältnisse bei hartem und weichem Kaugut gingen stetig ineinander über. Unabhängig vom Kaugut zeigten die A/B-Verhältnisse eine signifikante und enge Korrelation zur MID, die durch eine Potenzfunktion vom Typ 1/xa beschrieben werden konnte. Im Gegensatz dazu ergaben sich zwischen den A/B-Verhältnissen und der Muskelaktivität nur moderate und kaum signifikante Korrelationen. Schlussfolgerungen Die Ergebnisse sprechen für die zu prüfende Ausgangsthese, dass das A/B-Verhältnis primär von der MID beeinflusst wird. Ein beobachteter grober Zusammenhang zwischen der Kaukraft und dem A/B-Verhältnis ließ sich auf die größeren MIDs zurückführen, die bei der härteren Nahrung auftraten. Unter Brücksichtigung der experimentellen Einschränkungen bekräftigen die Ergebnisse die Vermutung, dass die neuromuskuläre Steuerung in Form der MID-abhängigen relativen Aktivierung primär eine Strategie zur Kontrolle von Okklusalkontakten anwendet. Die in der Literatur postulierte Rekrutierung zusätzlicher balanceseitiger Masseteraktivität bei erhöhtem Kraftbedarf könnte eine Sekundärstrategie darstellen, die jedoch bei der Zerkleinerung eines bestimmten Kauguts der MID-abhängigen relativen Aktivierung untergeordnet ist. Um diese erstmalig getroffenen Aussagen zu erhärten wäre es sinnvoll, das vorliegende Experiment durch erweiterte, modifizierte Kaukraftvorgaben und Bolushärten zu wiederholen.Problem and aims Recent research indicated that with decreasing minimal interocclusal distance of the jaw gape in sequent chewing strokes(MID) there results a increasing ratio between the working- balancing- activity of the masseter muscles . This effect of the “MID- depending relative activation” is suspected as a protection strategy for inhibiting destructive tooth contacts on the balancing side during chewing. This logic interpretation has not already been saved enough, as changes in the working- balancing- ratio may also be a result of different chewing forces during chewing food with different hard properties. As a change of the MID during chewing is mostly accompanied by a change of the bite forces, it could theoretically be possible that a dependence of the bite forces of the MID-depending relative activation is hiding. The reply of this question is important for the understanding of neuromuscular strategies that set the tone for physiological function procederes. This study aimed to prove the thesis that working- balancing- ratios of the masseter muscles are primarily depending on the MID and further that the chewing force is only correlated to working- balancing ratios over its possible association to the MID. Materials and methods In 24 healthy male students, the jaw movements and the electric activities of the masseter muscles and temporales muscles were recorded during chewing soft and heard Gummi Bears on the right and on the left side. For each person and each chewing stroke the MIDs were determined out of the jaw movements - the activity amplitudes and its w-b ratios were detected out of the r.m.s.- electromyograms. MIDs, activity amplitudes and w-b ratios were averaged for each chewing stroke over the number of test persons. The averaged w-b ratios were correlated on the one hand with the MIDs, on the other hand with the activity amplitudes. The texture and the quality of the correlations were compared. Results In chewing hard food the muscle activities were higher and the w-b- ratios were lower than in chewing soft food. The MIDs were also significant larger in chewing hard food. Both hard and soft food the w-b- ratios were significant and strictly correlated to the MIDs. The MID- dependences of the w-b ratios blended into each other in both cases. Irrespective from the kind of food the w-b ratios showed a significant and tight correlation to the MID that could be descriped with a power function type 1/xª. In contrast there is only a moderate correlation between the w-b-ratios and the muscle activity. Conclusions The results prove the entire thesis that the w-b- ratio is primarily influenced by the MID. An observed rough context between the chewing force and the w-b- ratio could be traced back to the bigger MIDs that appeared in the case of chewing harder food. Considering the experimentally limits the results support the suspicion that the neuromuscular control, in terms of the MID- depending relative activation, primarily utilizes a strategy to control occlusal contacts. Literature postulates an additional recrution of balancing- sided masseter activity when more bite force is needed- this could be a secondary strategy that is subordinate to the MID- depending relative activation when hackling certain food. To corrobarate these results it would be suggestive to repeat this experiment in an enlarged way, especially in regard to modified chewing force tasks and different bolus properties