thesis

Molekulare Determinanten der Kaliumkanalblockade durch die Substanz 293B und der Inaktivierung der a-Untereinheit KCNQ1 im kardialen IKs-Kanalkomplex

Abstract

Das Chromanol 293B stellt die Leitsubstanz einer möglicherweise neuen Kategorie von Klasse­III­Antiarrhythmika dar. Im Herzen inhibiert es potent und spezifisch den Kaliumkanal I Ks , der an der Repolarisation der Membran bei Ablauf eines Aktionspotentials beteiligt ist. Er ist aus der Alpha­Untereinheit KCNQ1 und der Beta­Untereinheit MinK aufgebaut. Es bestehen deutliche biophysikalische Unterschiede zwischen den Strömen homomerer KCNQ1­ und heteromerer I Ks (KCNQ1/MinK)­Kanäle. Die Koexpression mit MinK verändert aber auch die Pharmakologie von KCNQ1. In der vorliegenden Arbeit trugen zwei unabhängige Lösungsansätze dazu bei, die Interaktion der beiden Untereinheiten molekular besser zu verstehen. Dabei wurden als Methoden die zielgerichtete Mutagenese, die Expression der Wild­Typ­Proteine und der Mutanten in Xenopus­Oozyten und deren elektrophysiologische Analyse angewendet. Im ersten Teil wurde die Bindungsstelle des I Ks ­Inhibitors 293B molekular identifiziert, während im zweiten Teil der Mechanismus der Inaktivierung der Alpha­Untereinheit KCNQ1 untersucht wurde. In den beiden Ansätzen wurde ausgenutzt, dass die zu KCNQ1 eng verwandten KCNQ2­ Kanäle weder sensitiv gegenüber 293B waren noch eine Inaktivierung zeigten. Die Expression von MinK­Mutanten, die alle veränderbaren Regionen des Proteins abdeckten, ergab, dass keine dieser Mutationen die Affinität des I Ks ­Kanals gegenüber 293B wesentlich beeinflusste. Das war erstaunlich, da homomere KCNQ1­Kanäle durch das Chromanol 293B um den Faktor 4­5 schwächer zu blockieren sind als I Ks ­Kanäle und da zusätzlich gezeigt wurde, dass sich auch das Ausmaß der Stereoselektivität von 293B und anderer verwandter I Ks ­Inhibitoren in Bezug auf KCNQ1 und I Ks stark unterscheidet. Es konnte aus den Ergebnissen indirekt vermutet werden, dass MinK offensichtlich auf allosterische Art die Affinität des Inhibitors erhöht. Um einen Hinweis auf die I Ks ­Spezifität des Blocks durch 293B auch innerhalb der KCNQ­ Familie zu erhalten, wurde zunächst die Inhibition der verwandten KCNQ2 und KCNQ3­Kanäle getestet, die sich als kaum signifikant erwies. In diesem Zusammenhang wurde auch ein neues Mitglied der KCNQ­Familie kloniert, KCNQ5, das schwach sensitiv gegen 293B war, nicht im Herzen vorkommt aber wahrscheinlich zusammen mit KCNQ2/KCNQ3 zum neurona­ len M­Strom beiträgt. Dies ergab Hinweise darauf, dass von anderen KCNQ­Kanälen differente Proteinsequenzen die hohe Sensitivität des KCNQ1­Kanals gegenüber 293B determinieren. Die Bindungsstelle an der Alpha­Untereinheit KCNQ1 wurde anschließend durch KCNQ1/KCNQ2­ Chimären auf die innere Porenregion eingegrenzt. Durch detaillierte Untersuchung mithilfe von Punktmutationen identifizierten wir Aminosäuren in der Transmembranregion S6 (I337) und der Porenschleife H5(V307), deren Austausch gegen die entsprechenden KCNQ2­ Aminosäuren die Affinität von 293B zu KCNQ1­ sowie zu I Ks ­Kanälen um den Faktor 4­20 herabsetzten. Durch Analogiemodellierung mithilfe der bekannten Kristallstruktur des KcsA­ Kaliumkanals konnte ein 3D­Modell der KCNQ1­Porenregion erstellt werden, aus dem sich ergab, dass die Seitenketten der Aminosäure Isoleucin 337 in das Lumen der inneren Pore gerichtet sind. Aus dem Modell konnte weiterhin das Phenylalanin 340 als in das Lumen gerichtet identifiziert werden. Dieses Ergebnis konnte durch weitere Mutagenese­Experimente evaluiert werden, aus denen hervorging, dass Veränderungen an dieser und benachbarten Positionen die Sensitivität sowohl von KCNQ1­ als auch von I Ks ­Kanälen gegenüber 293B um den Faktor 10­100 verminderten. Das 293B­Molekül konnte so in das Modell integriert werden, dass sich attraktive Interaktionen mit diesen beiden Resten (F340 und I337) ausbilden. Die innere Porenregion stellt auch für viele Inhibitoren anderer Kaliumkanäle eine wichtige Determinante für hohe Affinität dar. Die in H5 gelegene Aminosäure V307 schien nach dem Modell nicht an einer 293B­Interaktion direkt beteiligt zu sein. Es fiel aber bei der Charakterisierung auf, dass das veränderte Protein nicht mehr inaktivierte. Daher sollte ein Zusammenhang zwischen dem 293B­ Wirkmechanismus und der intrinsischen KCNQ1­Inaktivierung untersucht werden. Es wurden wiederum durch einen Chimärenansatz zunächst die Regionen identifiziert, die für eine KCNQ1­Inaktivierung notwendig sind. Anschließend wurde nach punktuellem Austausch von KCNQ1­Aminosäuren gegen analoge KCNQ2­Reste für eine weitere Position im Transmembransegment S5 (G272) ein Verlust der Inaktivierung festgestellt. Die zweite nicht­ inaktivierende Mutante G272C war Wild­Typ­gleich 293B­empfindlich, woraus sich vermuten ließ, dass die schwache Empfindlichkeit gegenüber 293B und der Verlust der Inaktivierung der KCNQ1­Mutante V307L nicht in Zusammenhang stehen. Die Ergebnisse machten aber molekular den Unterschied der KCNQ1­Inaktivierung zu den beiden klassischen Inaktivierungsarten von Kaliumkanälen, N­ und C­Typ, deutlich. Zuvor war dies nur anhand unterschiedlicher biophysikalischer Eigenschaften gezeigt worden. Das zuvor erstellte KCNQ1­ Modell unterstützte die Resultate, da sich in ihm die beiden Regionen S5 und die Porenhelix H5 etwa auf Höhe der beiden Aminosäuren V307 und G272 kreuzen, was eine Interaktion dieser Regionen suggeriert. Zudem ist bei der ein Long­QT­Syndrom verursachenden KCNQ1­Mutation L273F die mutierte Stelle unmittelbar neben dem Valinrest 307 lokalisiert. Diese besonders stark inaktivierende LQT1­Mutante erhielt auch unter der Einwirkung von MinK eine nachweisbare Inaktivierung aufrecht. Da die KCNQ1­Inaktivierung durch MinK­Koexpression normalerweise aufgehoben wird, spricht dies für eine pathophysiologische Relevanz der KCNQ1­Inaktivierung

    Similar works