Gespräche über Nachhaltigkeit – nachhaltige Gespräche? Die kommunikative Konstruktion der sozialen Fiktion Nachhaltigkeit

Abstract

In diesem Artikel machen wir das Sprechen über Nachhaltigkeit zum Untersuchungsgegenstand, indem wir nachvollziehen, wie Nachhaltigkeit kommunikativ konstruiert und dabei als dynamische, aber relativ stabile soziale Fiktion erkennbar wird. Wir leisten gleichzeitig einen Beitrag zur methodischen und methodologischen Reflexion der handlungspraktischen Relevanz des (sozialen) Imaginären. Dabei stützen wir uns auf eine empirische Studie, innerhalb derer wir sozialwissenschaftlich induzierte Gespräche mit und zwischen Personen, die über die Nachhaltigkeit ihres Alltags sprachen, untersucht haben. Die Teilnehmenden dieser Gespräche sahen sich mit dem bekannten Dilemma konfrontiert, dass vollständig nachhaltiges Handeln aufgrund des universellen Geltungsanspruchs der Nachhaltigkeit unmöglich zu sein scheint. Mithilfe der dokumentarischen Methode arbeiten wir die Art und Weise des kommunikativen Umgangs mit der Unmöglichkeit, allen Nachhaltigkeitsanforderungen gerecht zu werden, an empirischem Material heraus. Im Fokus stehen dabei insbesondere Rechtfertigungsmuster, normativ-imaginäre Gedankenspiele und die rhetorische Distanzierung von tagtäglichen Handlungszwängen durch grammatikalische Konstruktionen im Konjunktiv, die auf wünschenswerten oder unerwünschten, dys- oder utopischen Alternativszenarien fußen. Theoretisch beziehen wir uns auf den kommunikativen Konstruktivismus und die Übertragung des literaturanthropologischen Konzepts des Fingierens nach ISER (1991) auf die wissenssoziologische Forschung. Nachhaltigkeit dient uns als Beispiel, anhand dessen die kommunikative Konstruktion sozialer Fiktionen mit universalem Geltungsanspruch herausgearbeitet wird

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