Desinfektion von Persönlicher Schutzausrüstung

Abstract

Die Dekontamination von Persönlicher Schutzausrüstung (PSA) in biologischer Gefahrenlage mit Verdacht auf Kontamination der PSA durch ein hochpathogenes biologisches Agens sollte effektiv, in kurzer Zeit durchführbar und anwenderkompatibel sein. Die Erfahrungen im Bezug auf die Wirksamkeit von Desinfektionsmitteln auf PSA-Materialien sind limitiert und evidenzbasierte Empfehlungen über ihre Anwendung bei Verdacht auf Kontamination mit hochpathogenen Agenzien, insbesondere den resistenten Bacillus-Sporen nicht verfügbar. Unser Auftrag bestand in der Etablierung eines standardisierten Prüfverfahrens zur Bewertung von Desinfektionsmitteln hinsichtlich ihrer Wirksamkeit auf PSA-Oberflächen gegen unterschiedliche Klassen von biologischen Agenzien und Prüfung der im Laborversuch gewonnenen Erfahrungen in Praxisversuchen. Im Hinblick auf die o. g. Kriterien, die hochwirksamen antimikrobiellen und zusätzlich sporiziden Eigenschaften, stand als Desinfektionsmittel Peressigsäure im Fokus unserer Studie. Zur Entwicklung von Prüfmodellen nach dem Prinzip der quantitativen Keimträgertestung wurden zunächst Sporen von Bacillus subtilis ATCC 6633 als Surrogat für B. anthracis eingesetzt. Die Sporen wurden auf Keimträger aus PSA-Materialien aufgetragen und durch Lufttrocknen auf der Oberfläche fixiert. Drei verschiedene Prüfmodelle wurden entwickelt, die sich in der Desinfektionsmittelmenge und der Auftragungstechnik voneinander unterschieden: Im Modell 1 wurde der Keimträger (1,0 x 0,8 cm) vollständig mit 1 ml PES überschichtet (Tauchmodell), im Modell 2 wurde lediglich die kontaminierte Oberfläche des Keimträgers (Größe: 2,5 x 2,2 cm) mit 100 μl oder 50 μl PES tropfenförmig ohne mechanische Einwirkung überschichtet (Überschichtung ohne Mechanik) und im Modell 3 erfolgte die Überschichtung der kontaminierten und umgebenden Fläche (2 cm2) mit 10 μl PES unter mechanischer Verteilung als dünner Flüssigkeitsfilm (Überschichtung mit Mechanik). Durch Zugabe von z. B. 0,2 % SDS als Detergenz konnte die Oberflächenspannung der PES-Lösung deutlich reduziert und damit eine bessere Flächenbenetzung der hydrophoben PSA-Oberfläche erreicht werden. Die Wirksamkeit der PES gegen Sporen von B. subtilis ATCC 6633 konnte mit jedem der Modelle bestätigt werden. Unter den Versuchsbedingungen reduzierten 1,0 % und 0,5 % PES innerhalb von 2-3 min die keimungsfähigen Sporen bis zu der methodisch bedingten Nachweisgrenze von ca. 6 log10-Stufen. Modell 3 (Überschichtung mit Mechanik) wurde aufgrund der strengen und der Praxis am nächsten kommenden Prüfbedingungen (geringes Desinfektionsmittelvolumen und Auftragung durch mechanische Verteilung) als Standardprüfverfahren favorisiert und unter unterschiedlichen Bedingungen (niedrige Temperaturen, organische Belastung, unterschiedliche PSA-Materialien) erfolgreich getestet. Die Untersuchungen von B. anthracis-Sporen zeigten, dass sich diese durch eine höhere PES-Toleranz auszeichneten als die verwendeten Surrogatsporen. Mit B. anthracis-Sporen wurde die maximal ermittelbare Sporenreduktion (≥ 5 log10) innerhalb einer Einwirkzeit von 2-3 min mit 2,0 % PES erreicht. Auf der Suche nach einem ähnlich resistenten, jedoch apathogenen Sporensurrogat wurde schließlich der B. thuringiensis-Stamm DSM 350 ausgewählt. Die Behandlung der Sporen dieses Stammes mit 2,0 % PES ± Tenside (0,2 % SDS oder ein SLES-haltiges Produkt) führte unter Anwendung der Prüfmodelle 2 und 3 (Überschichtung ohne und mit Mechanik) innerhalb von 3-5 min zu einer Reduktion von keimungsfähigen Sporen von > 5-6 log10-Stufen. Ähnlich wie mit den Sporen des B. subtilis-Stammes wurden auch mit den B. thuringiensis-Sporen gut reproduzierbare Ergebnisse erhalten. Diese Sporen erwiesen sich als ein geeignetes Surrogat zur Optimierung des Prüfmodells 3 (Überschichtung mit Mechanik) als Standardprüfverfahren zur Testung der sporiziden Wirkung von Desinfektionsmitteln auf PSA. Auch mit Vaccinia- und Adenovirus sowie Rizin als Kontaminanten konnte die Wirksamkeit von PES in dem Standardprüfverfahren untersucht werden. Dabei zeigte sich, dass 0,1 % PES schon nach 1 min eine Reduktion der Viren bis zur maximal ermittelbaren Reduktion von 5 bzw. 6 log10-Stufen bewirkte. Um eine deutliche Reduktion der Rizinaktivität zu erreichen, waren allerdings eine PESKonzentration von 2,0 % und eine Einwirkzeit von 10 min erforderlich. Die anhand der Prüfmodelle 2 und 3 ermittelten sporizid wirksamen Parameter wurden auf ihre Effektivität in der Praxis mit einer Schaufensterpuppe oder Probanden in PSA getestet. Die Kontamination der PSA erfolgte mit B. thuringiensis- Sporen. Durch Begießen oder Besprühen unter leichtem Druck mit 2,0 % PES in Kombination mit 0,2 % Tensid wurde innerhalb von 5 min eine hohe Sporenreduktion auf der PSA-Oberfläche erreicht. Dieser Effekt konnte noch durch zusätzliche mechanische Verteilung der PES/Tensid-Lösung auf der PSA-Oberfläche erhöht werden. Aufgrund der guten Korrelation zwischen den Modellergebnissen und den Ergebnissen der Praxisversuche schlagen wir vor, das Standardprüfverfahren (Überschichtung mit Mechanik) alleine oder in Kombination mit Prüfmodell 2 (Überschichtung ohne Mechanik) zur Vorprüfung von Desinfektionsmitteln bezüglich ihrer sporiziden Wirkung auf PSA-Oberflächen zu verwenden. Die Praxistauglichkeit sollte anschließend im Rahmen einer Validierung unter Praxisbedingungen verifiziert werden. Voraussetzung ist, dass die verwendeten Testorganismen bzw. -sporen hinsichtlich ihrer Resistenz gegenüber dem zu prüfenden Desinfektionsmittel den tatsächlichen Zielagenzien entsprechen. Die Prüfverfahren bieten eine Reihe von Variationsmöglichkeiten, z. B. können unterschiedliche PSA-Materialien und unterschiedliche Agenzien als Kontaminanten getestet werden. Darüber hinaus ermöglichen die Modelle, Untersuchungen zur Optimierung der Wirksamkeit von Desinfektionsmitteln durchzuführen

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